Hard, Fast and Beautiful | Kritik | Film | critic.de

Hard, Fast and Beautiful – Kritik

Eine Protagonistin, die erst eine werden muss. Ida Lupino erzählt von einer jungen Tennisspielerin auf dem Weg nach oben – und zeigt sie selbst als Tennisball, der zwischen der herrischen Mutter und dem besitzergreifenden Freund herumgeschlagen wird.

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Um jemanden wie Ida Lupino zu beschreiben – jemanden, der sich in einer Zeit hinter die Kamera gewagt hat, in der man als Frau eigentlich nur vor der Kamera Karriere machen konnte – benutzt man gerne unglückliche Begriffe wie Powerfrau. Dabei gibt diese Bezeichnung zwar vor, sich auf eine besonders starke Vertreterin ihres Geschlechts zu beziehen, meint tatsächlich aber nur eine Frau, die sich dieselben Privilegien wie die Männer herausnimmt. Und das hat Lupino zweifellos getan. Für ihre Produktionsfirma The Filmakers hat sie sich nicht nur auf Stoffe beschränkt, die sie auch wirklich überzeugten, sondern blieb auch bei der Umsetzung ambitioniert. Obwohl vieles in ihren Filmen funktional ist, kommt es immer wieder zu virtuosen oder visuell starken Momenten. Das kann eine lange Kamerafahrt sein, die den unüberbrückbaren Graben zwischen der Protagonistin und ihrer Umwelt verdeutlicht (Outrage, 1950) oder auch ein so begrenzter Schauplatz wie ein Auto, in dem die Figuren eingesperrt und von einer bedrohlichen Dunkelheit umgeben sind (The Hitch-Hiker, 1953). Hard, Fast and Beautiful – ein eher einfach gestricktes Melodram – scheint dagegen der am wenigsten ambitionierteste Film aus dem Frühwerk der Regisseurin zu sein. Allerdings sollte man sich von seinem unauffälligen Äußeren nicht täuschen lassen. Tatsächlich wird die Geschichte vom rasanten Aufstieg einer jungen Tennisspielerin aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählt.

„You better ask my mother“

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Bemerkenswert ist vor allem, dass die Heldin Florence (Sally Forrest, die nach Not Wanted (1949) und Never Fear (beide 1949) zum dritten Mal in Folge mit Lupino dreht), die lose auf der Sportlerin Helen Wills basiert, keineswegs das ist, was man gemeinhin unter einer starken Frau versteht. Sie ist eine großartige Sportlerin, aber in fast jeder Beziehung fremdbestimmt. Entscheidungen werden in ihrem Leben von anderen getroffen: was sie zu tun, aber auch, wie sie zu empfinden hat. Dabei ist es nicht das Patriarchat, das sie unterdrückt, sondern ihre entschlossene Mutter Millie (Claire Trevor), die ihre Tochter skrupellos zu dem treibt, was sie in ihrem eigenen Leben nicht geschafft hat. Florence, die mit adoleszenter Rebellion nichts anzufangen weiß, ist ein dankbares Opfer. Als sie nach einem gewonnenen Turnier von einem Reporter gefragt wird, wie sie sich fühlt, entgegnet sie ohne einen Anflug von Ironie: „You better ask my mother.“

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Gerade wegen der ennervierenden Passivität von Florence ist es nur konsequent, dass Lupino die Geschichte aus der Sicht der Mutter erzählt. Der Film beginnt mit ihrem entwaffnend ehrlichen Bekenntnis aus dem Off: „I always wanted something better for you. And I made up my mind to get it, no matter what to do.“ Und selbst wenn sich Hard, Fast and Beautiful mal von der allmächtigen Stimme löst, zeigt er, wie Millie ihre Tochter mit skeptischem Blick aus der Ferne überwacht oder mit den Waffen einer Frau – sprich: den kleinen manipulativen Tricks, die Männer wie der schmierige Talentsucher Fletcher Locke (Carleton G. Young) nicht durchschauen – den Weg zum Ruhm ebnet. Wie Lupino mit Millie umgeht, ist bezeichnend für ihre Sicht auf die Welt. Fast nie interessiert sie sich für abgrundtief schlechte Figuren. Was sie auszeichnet, ist vielmehr die Darstellung von Menschen, die in Zwängen und Widersprüchen gefangen sind. Millie wird vor allem von ihrer Wut darüber angetrieben, im Leben hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben zu sein. Die Vorstadtwelt ist für sie zu eng, das Haus zu klein, der Mann nicht reich genug und dann auch noch schwer krank. Millie will immer mehr und vergisst dabei, zu schätzen, was sie hat. Während der Eifer bei Florence zunächst noch frei und verspielt ist, hat er bei ihrer Mutter längst pathologische Züge angenommen.

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Obwohl die Handlung reichlich dramatisches Potenzial aufweist, ist Hard, Fast and Beautiful von einer disziplinierten Anspannung geprägt, die sich lange nicht entlädt. Lupinos Film ist einerseits klassisch, anderseits aber auch weder typisch für ein Melodram noch für einen Sportfilm. Dafür mangelt es ihm am emotional Exaltierten genauso wie am Heroischen. Wenn die Figuren einander endlich sagen, was sie denken, gibt es kein Orchester, das sie dabei anfeuert, und wenn sich Florence auf dem Tennisplatz beweisen muss, zeigt Lupino das aus größerer Distanz; konzentriert, aber ohne das Pathos, das solche Wettkämpfe in der Regel herausfordern. Was fehlt, ist der Ausbruch. Stattdessen brodelt es gewaltig hinter dem falschen Lächeln der Frauen.

Eine Frau wie ein Tennisball

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Hard, Fast and Beautiful funktioniert zwar auch, wenn man die Bezüge zwischen der Regisseurin und ihrer Hauptfigur ignoriert, ein Vergleich ist aber trotzdem aufschlussreich. Lupino begann ihre Schauspielkarriere bereits, als sie noch im frühen Teenageralter war. Sie ist in einem System aufgewachsen, das beglückende Bestätigung bringen kann, den Ehrgeiz anstachelt, aber auch unentwegt fordert, unter Druck setzt und zu Kompromissen zwingt. Florence ist zunächst wie ein Tennisball, der übers Spielfeld segelt; nur in Erwartung darauf, dass ihn jemand in eine andere Richtung schlägt. Der Kampf, der im Film ausgetragen wird, spielt sich dementsprechend auch weniger zwischen Mutter und Tochter ab als zwischen Mutter und Schwiegersohn in spe. Der bodenständige Gordon (Robert Clarke) hat zwar keine hohen Ansprüche im Leben, beharrt auf diesen aber deshalb nicht weniger energisch. Während Millie versucht, aus ihrer Tochter um jeden Preis etwas Besseres zu machen, will Gordon, dass sie genau so bleibt, wie sie gerade ist. Erstaunlich ist, was die Karrierefrau Lupino wirklich an ihrer Protagonistin interessiert: Nicht, dass sie hart kämpfen muss, um nach oben zu kommen, sondern, dass sie lernen muss, sich zu widersetzen, ja sogar zu verzichten. Millies Voice Over ist am Schluss verstummt. Ihre Tochter hat nun ihre eigene Stimme gefunden.

Trailer zu „Hard, Fast and Beautiful“


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