Digitec gibt Anleitung für perfekte Nackt-Selfies - 20 Minuten

Digitec gibt Anleitung für perfekte Nackt-Selfies

Aktualisiert

Close-up statt GanzkörperDigitec gibt Anleitung für perfekte Nackt-Selfies

Wie können intime Bilder sicher durchs Netz geschickt werden? Ein Online-Händler gibt Antworten. Jugendliche riskieren, sich strafbar zu machen.

Samuel Walder
von
Samuel Walder

Der Journalist Dominik Bärlocher hat für die Internet-Seite des Online-Händlers Digitec eine Anleitung geschrieben, wie sich Nackt-Selfie-Versender schützen können. Auf die Idee brachte ihn sein Chef, der seiner jungen Tochter das Internet näherbringen wollte. «Bei Kindern und Jugendlichen wirkt ein Verbot wie eine schriftliche Einladung, deshalb nützt das nichts», sagt er.

Er wolle die Situation nutzen, um den Eltern zu zeigen, dass man den Kindern das Thema Nacktselfie und die digitale Eigenbestimmung auf eine andere Art näherbringen kann. Der Tabubruch sei beabsichtigt. «Am besten macht man Nackt-Selfies gar nicht», sagt Bärlocher. Wenn es unbedingt sein müsse, solle man auf fünf Punkte achten:

1. Wenn du ein Nacktbild machst, achte darauf, dass man keine Narben, Muttermale, Tattoos oder andere Merkmale sieht, die man auch im Bikini oder der Badehose erkennt.

2. Man sollte einen neutralen Ort auswählen. Keine Fenster oder Fotos im Hintergrund sollten sichtbar sein.

3. Close-ups sind besser als Ganzkörper-Aufnahmen, da man nur das Geschlechtsteil sieht und nur die wenigsten wissen, wie das aussieht.

4. Traue niemandem!

5. Benutze immer eine App, die die Nachrichten automatisch löscht, zum Beispiel Signal.

«Sex ist digital»

«Wir leben in einer Zeit, in der Sex auch digital ist», schreibt Bärlocher. «Du kannst auf Tinder oder einer der anderen Dating-Apps flirten und auf Grindr One-Night-Stands suchen.» Doch wenn Bilder öffentlich würden und plötzlich Freunde und Mitmenschen die Bilder sehen könnten, sei das problematisch. Das Image könne dann «komplett im Eimer sein», sagt Bärlocher. Dazu kommt: Versender können sich wegen illegaler Pornografie strafbar machen und eine Strafanzeige riskieren.

Das Gesetz besagt, dass sich strafbar macht, wer unter 16-Jährigen pornografische Aufnahmen anbietet, zeigt oder zugänglich macht. Es drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Fünf Jahre drohen allen, die Aufnahmen herstellen, zeigen oder verschicken, die sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt haben. Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren dürfen solche Inhalte nur dann straflos verschicken, wenn sie voneinander einvernehmlich pornografische Aufnahmen herstellen oder konsumieren.

Es entwickelt sich eine Eigendynamik

Schlimmer dürfte aber die Scham sein, wenn die Aufnahmen den privaten Rahmen verlassen. Der Kinder- und Jugendpsychologe Urs Kiener sagt: «Wenn intime Fotos gegen den Willen des Absenders weitergesendet oder sogar im Internet veröffentlicht werden, entwickelt sich eine Eigendynamik.» Die Betroffenen würden die Kontrolle verlieren. «Viele fühlen sich dann sehr hilflos, teilweise werden sei dem Tratsch oder dem Spott der Kollegen ausgesetzt. Sie schämen sich, werden fertiggemacht und verzweifeln bisweilen.»

Das Versenden von intimen Fotos beginne oft als harmloser Austausch von Bildern mit dem Freund oder der Freundin. «Wie selbstverständlich geht man davon aus, dass die Fotos vertraulich behandelt werden.» Dabei handelt es sich nicht nur um ein Phänomen, das Kinder und Jugendliche betrifft. Auch Erwachsene verschicken Nackt-Selfies. Verteufeln will Kiener das Phänomen nicht: Der Austausch von intimen Bildern sei eine mögliche Variante der partnerschaftlichen Erotik, die ein grosses Vertrauen und Verantwortungsgefühl voraussetze. Wichtig sei, dass Jugendliche und Erwachsene lernen, wie sie mit den sozialen Medien umgehen, und wissen, wie man sich im Netz schützen kann.

Deine Meinung