Anna Drexler als traumatisierte Frau | Abendzeitung München

Anna Drexler als traumatisierte Frau

Anna Drexler, Ensemblemitglied der Kammerspiele, spricht über ihren ersten "Tatort". Sie denkt, dass sich Theater- und TV-Arbeit "gegenseitig befruchten können".
| Volker Isfort
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BR/Bernd Schuller Slider Tatort

Mit Förderpreisen ist die Schauspielerin Anna Drexler in den letzten Jahren überhäuft worden, am Sonntag ist sie als schwer traumatisierte Frau im neuen Münchner Tatort zu sehen, am 17. Dezember steht sie in der Premiere von Dostojewskis "Der Spieler" auf der Bühne der Kammerspiele.

AZ: Frau Drexler, Sie waren eigentlich schon weg aus München, wie kam es dann doch noch zu Ihrem Sinneswandel?

ANNA DREXLER: Genau, ich hatte geplant, ans Deutsche Theater nach Berlin zu gehen. Aber dann hat mich die Situation sehr ins Grübeln gebracht. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit für mich hier an den Kammerspielen eigentlich noch gar nicht beendet ist und wollte sehr gerne den Wechsel von Johan Simons zu Matthias Lilienthal miterleben. Ich bin sehr froh, dass ich die Möglichkeit hatte, hier zu bleiben. Es geht mir um die Leute, auch wenn das Ensemble jetzt ein anderes geworden ist. Und ich war sehr gespannt, was hier passieren wird, auch wenn ich mir im Vorfeld nichts ganz genaues darunter vorstellen konnte.

Es kommen ja nicht mehr die Regisseure der alten Garde, die Ihnen als Schauspielerin sagen, wo Sie zu stehen haben, was Sie zu machen haben.

So einen Regisseur habe ich noch nie getroffen. Das muss ein Regisseur nicht wissen, das möchte ich auch gar nicht hören. Wenn man sich nicht kennt, muss man erst einmal sehr viel mehr Zeit dafür aufbringen, eine Sprachebene zu finden, auf der man sich begegnet. Man muss ja Vertrauen aufbauen. Und dann geht man gemeinsam in eine Probe und niemand hat zunächst einen Plan. Wir haben natürlich das Buch gelesen und es gibt eine Textfassung, die vom Dramaturgen und vom Regisseur erstellt wurde, aber man muss ja selbst seinen Zugang finden. Ich wünsche mir immer eine Auseinandersetzung – daraus entstehen die Dinge.

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Sie entwickeln "Der Spieler" gemeinsam als Ensemble.

Ja, natürlich. Und es ist für mich das erste Mal, dass ich mit Leuten arbeite, die annähernd in meinem Alter sind. Das ist schön.

Das ist beim Münchner "Tatort" natürlich nicht so. Erstens sind die Kommissare doch etwas älter als Sie. Und zweitens hat man keine Zeit, vor der Kamera etwas zu entwickeln, da zählt ja jeder Drehtag.

Ja, das ist eine völlig andere Arbeit. Ich habe das Gefühl, dass die Arbeit dort im Vorfeld stattfinden muss. Das verunsichert mich manchmal noch, weil ich nicht genau weiß, wie diese Arbeit aussieht. Ich probe ja nicht jeden Tag für mich alleine von 11 bis 15 Uhr in meiner Küche. Und doch muss man mit einer Figur schon eine gewisse Zeit vor dem Dreh verbracht haben – da bin ich am Üben.

Sie sind also nicht auf Knopfdruck eine schwer traumatisierte Frau, die erlebt hat, wie ihr Vater die Familie auslöscht und nur das Mädchen überleben lässt – die Rolle, die Sie jetzt im "Tatort" spielen.

Nein, sicherlich nicht. Für meine Rolle im "Tatort" habe ich mir unter anderem Dokumentationen angesehen, um Wissen für die Figur heranzuschaffen.

Was denn für Dokumentationen?

Zum Beispiel über Teenager mit Depressionen. Ich kenne diese Krankheit nicht. Aber wie die Gesichter aussehen, oder besser gesagt, wie diese jungen Menschen aus ihren Gesichtern herausschauen, das war ein starker Eindruck für mich. Das ist so trostlos.

Und Sie üben so einen Ausdruck dann vor dem Spiegel?

Nein, das übe ich nicht vor dem Spiegel. Aber der Eindruck dieser Bilder hat mir geholfen, die Rolle besser zu verstehen, mehr von ihr zu erkennen.

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Hängt so eine Rolle nach?

Nein, das kann ich trennen. Das bringt mich nicht schlecht drauf. Man dreht eine Einstellung ja mehrmals und dazwischen sind oft Wartezeiten, in denen man plaudert oder Kaffee trinkt. Bei sehr emotionalen Szenen ist das natürlich nochmal anders, dafür muss ich mich zurückziehen, die kosten viel Kraft.

Sie haben wenig Text, aber viel Auftrittszeit. Das ist ungewöhnlich und macht die Rolle eigentlich noch schwieriger.

Das finde ich gerade schön. Mir fällt oft auf, dass im Fernsehen die Dialoge Informationen geben sollen. Das ist etwas, was mir als Schauspielerin kein Futter gibt, das ist zu einfältig. Ich war sehr froh über die Texte meiner Figur, die sind ja so wie von Ferne her. Ich habe sie zwar manchmal abgeändert, aber nur, um sie ein bisschen natürlicher wirken zu lassen.

Ist die Arbeit am Theater befriedigender?

Ich kann das nicht gegeneinander abwägen. Ich denke, das kann sich gegenseitig befruchten. Ich würde gerne mehr drehen und interessante Figuren natürlich jederzeit. Aber ich möchte jetzt auch nicht größenwahnsinnig werden.

Haben Sie sich schon einmal überlegt, was das für die Popularität bedeutet, wenn einen an einem Abend zehn Millionen Menschen sehen und nicht ein paar Hundert?

Das habe ich mir noch nicht überlegt, aber das ist sicherlich auch nur ein Phänomen von einem Tag. Wenn überhaupt! Ich bin ja niemand, der auf der Straße auffällt.
 

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