Welche NS-Symbole sind verboten?
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Nach Höcke-Urteil in Halle

Debatte über Nazi-Zeichen: Die Schwierigkeit mit den Symbolen

Freiburg / Lesedauer: 3 min

Nach dem Urteil gegen AfD-Politiker Höcke wegen Verwendung einer SA-Parole, ist eine Debatte über Nazi-Symbole ausgebrochen. Welche Parolen und Zeichen verboten sind.
Veröffentlicht:15.05.2024, 18:00

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Die öffentliche Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist in Deutschland strafbar. Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafen vor. In der Regel geht es dabei um die Kennzeichen von NS-Organisationen.

Strafbar ist natürlich die öffentliche Verwendung des Hakenkreuzes und von NS-Grußformen wie dem ausgestreckten Arm (Hitler-Gruß). Auch die Grußformel „Heil Hitler“ oder die Parole „Sieg Heil“ sind strafbar.

Keine offizielle Verbotsliste

Es gibt allerdings keine offizielle Liste der verbotenen Kennzeichen. Bei NS-Organisationen entscheidet letztlich die Justiz, welche Signets und Parolen als Kennzeichen dieser Organisationen anzusehen sind und daher strafbar sind. Der Prozess kann zum Beispiel durch Strafanzeigen aus der Bevölkerung ausgelöst werden. Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, entscheidet ein Strafgericht über die Strafbarkeit der Verwendung, notfalls bis hin zum Bundesgerichtshof.

Publik werden solche Urteile zum Beispiel durch Strafrechtskommentare, dicke Erläuterungsbücher für Juristen. Aber es gibt auch spezielle Broschüren der Verfassungsschutzbehörden. Da von niemand erwartet wird, dass er vor jeder Äußerung umfassend recherchiert, kommt es in Zweifelsfällen auf den Vorsatz an.

Vorsatzfrage im Fall Höcke

Wer nicht weiß, dass eine patriotische Allerweltsformel wie „Alles für Deutschland“ als Kennzeichen der NSDAP-Sturmabteilung (SA) gilt, macht sich auch nicht strafbar. Im Fall von Björn Höcke war die Vorsatzfrage der entscheidende Punkt. Um zu verhindern, dass die Verbote durch kleine Abwandlungen leicht zu umgehen sind, hat der Gesetzgeber 1994 die Strafbarkeit um Kennzeichen erweitert, die verbotenen Kennzeichen „zum Verwechseln ähnlich sind“. Anlass war der von dem Neonazi Michael Kühnen genutzte Kühnen-Gruß mit austrecktem Arm und drei abgespreizten Fingern.

Damit ist aber nicht jede Umgehungshandlung strafbar. Die bei Rechtsradikalen beliebten Zahlenkombinationen 18 und 88 sind zum Beispiel keine strafbaren Kennzeichen. Hier werden die Buchstaben A und H nach dem Stand im Alphabet in die Zahlen 1 und 8 übersetzt, so dass 18 für Adolf Hitler steht und 88 für Heil Hitler. Mit der 88 wurde damit zwar ein neues Kennzeichen geschaffen, das aber kein von der NSDAP verwendetes Kennzeichen ist.

Das sind die Ausnahmen 

Sinn von Paragraf 86a ist es laut Rechtsprechung, die Kennzeichen verbotener Organisationen zu tabuisieren. Diese sollen im Alltag keine normale Rolle spielen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, als seien die Organisationen gar nicht verboten. Es kommt daher nicht darauf an, dass der Benutzer mit dem Kennzeichen für die Organisation werben will. Auch der rein kommerzielle Gebrauch von Hakenkreuzen ist daher nach Paragraf 86a strafbar.

Ausnahmen sieht die Strafnorm aber vor, wenn die Darstellung solcher Kennzeichen unter anderem der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Wissenschaft oder der Bildberichterstattung über geschichtliche Vorgänge dient.

Hakenkreuze für Antifa erlaubt

Nicht ausdrücklich erfasst von dieser Klausel war der Gebrauch von Hakenkreuzen in der Symbolik der Nazigegner. Bei der Antifa gibt es unzählige Motive auf Aufklebern und T-Shirts, bei denen Hakenkreuze zerschlagen, zertreten oder in den Papierkorb geworfen werden. Unter Berufung auf die Tabuisierungsfunktion des Paragrafen 86a StGB wurde 2006 ein Punk-Versandhändler aus Winnenden vom Landgericht Stuttgart zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er Antifa-Produkte mit Hakenkreuzen verkauft hatte.

Der Bundesgerichtshof hob die Bestrafung 2007 aber wieder auf und stellte klar, dass die Verwendung von NS-Kennzeichen immer dann zulässig ist, „wenn die Darstellung eindeutig die Bekämpfung der NS-Ideologie zum Ausdruck bringt“.