Zeugenschaft im Auschwitz-Prozess
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Letzte Aktualisierung: 16.05.2024

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Zeugenschaft im Auschwitz-Prozess

von Ilse Romahn

(22.10.2018) Das Fritz Bauer Institut und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst veranstalten anlässlich der Aufnahme der Dokumente und Tonbänder des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses in das Weltdokumentenerbe der UNESCO ein wissenschaftliches Symposium am 24. Oktober.

Das Symposium am Mittwoch, 24. Oktober 2018, 10.00–13.00 Uhr findet statt in der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, Lobby des PA-Gebäudes (Präsidium der Administration).

Mit der Aufnahme dieser Unterlagen in das Register des UNESCO-Weltdokumentenerbes bekräftigt die UNESCO die Einschätzung von Historikern und Zeitzeugen, dass der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965) eine historisch herausragende Rolle gespielt hat. Dieses Verfahren gegen erst 22 (später 20) Angehörige des Lager-Personals von Auschwitz rekonstruierte aufgrund der vielfältigen Tätigkeiten der Angeklagten im Lager das gesamte System des Vernichtungslagers. Es trug so wesentlich dazu bei, dass sich nicht nur die historische Forschung, sondern auch die breite Öffentlichkeit erstmals mit den Massenverbrechen im Holocaust beschäftigt hat.

Die Aufklärung der Öffentlichkeit war für den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der die Zuständigkeit des Frankfurter Landgerichts für diesen Prozess beim Bundesgerichtshof hatte feststellen lassen, ein gewünschter Nebeneffekt der rechtlichen Ahndung der Verbrechen.

Einzigartig sind die Tonbandaufnahmen der Vernehmungen im Gericht vor allem deshalb, weil sie Ton, Stimme, Sprache, Pausen, Übersetzungspausen, Zwischenrufe – kurz das Geschehen im Gerichtssaal – hörbar machen. Die schriftlichen Protokolle der Zeugenaussagen gaben den Wortlaut nicht wieder, sondern beschränkten sich auf Zusammenfassungen durch die Protokollführer. Das Symposium will die Besonderheit dieser Überlieferung hervorheben. Es wird die Zeugen in den Blick nehmen und ihre Geschichten, ihre Situation sowie ihre Emotionen vorführen und analysieren.

Programm
Begrüßung Prof. Dr. Sybille Steinbacher, Direktorin des Fritz Bauer Instituts
Grußwort Staatsminister Boris Rhein, Hessischer Minister für Wissenschaft und Kunst
»Zum Zwecke einer späteren Archivierung«
Die Überlieferung der Tonbandmitschnitte des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses
Johannes Beermann, Fritz Bauer Institut
Filmausschnitte aus einem Gespräch mit dem Auschwitz-Überlebenden und Prozesszeugen Jehuda Bacon, Jerusalem
Erich und Otto Dov Kulka als Zeugen im Frankfurter Auschwitz-Prozess
Katharina Stengel, Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow Leipzig
Hördokumente mit Aussagen Otto Dov Kulkas und Filip Müllers
»Wenn Sie die Freundlichkeit hätten, uns genau zu übersetzen, wie der Zeuge es sagt…«
Einige Bemerkungen zu der Rolle der Dolmetscherinnen und Dolmetscher im Frankfurter Auschwitz-Prozess
Prof. Dr. Peter Davies, University of Edinburgh