Hoffnung Schaff das Tagwerk meiner Hände, Hohes Glück, daß ich's vollende! Laß, o laß mich nicht ermatten! Nein, es sind nicht leere Träume: Jetzt nur Stangen, diese Bäume Geben einst noch Frucht und Schatten.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung
Quelle: Goethe, J. W., Gedichte. Ausgabe letzter Hand, 1827. Lieder
O Jüngling, sei weise, verwein' nicht vergebens Die fröhlichsten Stunden des traurigen Lebens, Wenn flatterhaft je dich ein Mädchen vergißt. Geh, ruf sie zurücke, die vorigen Zeiten! Es küßt sich so süße der Busen der zweiten, Als kaum sich der Busen der ersten geküßt.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung
Quelle: Goethe, J. W., Gedichte. Nachlese. Neue Lieder, hier aus: Unbeständigkeit
Ihn muß ich beklagen, der die Hoffnung senkt; ach, wie konnt er verzagen, wo des Herren Wille lenkt! All sein Trost in Schmerz und Leiden, all sein Ruhm in Spott und Schmach mußten von ihm scheiden, da die Hoffnung brach.
Annette von Droste-Hülshoff (1797 - 1848), eigentlich Anna Elisabeth Freiin von Droste zu Hülshoff, deutsche Dichterin
Durch mich gelangt man in die Stadt der Schmerzen, Durch mich zu wandellosen Bitternissen, Durch mich erreicht man die verlorenen Herzen. Gerechtigkeit hat mich dem Nichts entrissen; Mich schuf die Kraft, die sich durch alles breitet, Die erste Liebe und das höchste Wissen. Vor mir ward nichts Geschaffenes bereitet, Nur ew'ges Sein, so wie ich ewig bin: Laßt jede Hoffnung, die ihr mich durchschreitet
Dante Alighieri (1265 - 1321), italienischer Dichter und Philosoph; gilt als bedeutendster Dichter des europäischen Mittelalters, erhob Italienisch zur Literatursprache
Allmächtiger Gott! Mache mich schlicht ohne Überheblichkeit, ernst ohne Trauer, wahrhaft ohne Täuschung, mutig ohne Furcht, rührig ohne Leichtsinn. Laß meinen Weg gerade und sicher zum Ziel kommen. Laß mich immer auf dich hoffen.
Thomas von Aquin (1224 - 1274), eigentlich Thomas Aquinas, italienischer Philosoph und Dominikanerpater
Wenn die Hoffnung nicht wär, so lebt ich nicht mehr, denn die Hoffnung allein kann lindern die Pein. Und wie ging es denn hin, und wie ging es denn her, wenn die Hoffnung nicht wär! Wenn Sturm und auch Wind den Schiffsmann greift an, und so denkt er dabei, daß die Hoffnung noch sei. Und wie ging es denn hin, und wie ging es denn her, wenn die Hoffnung nicht wär!
Hoffnung hintergehet zwar, Aber nur, was wankelmütig; Hoffnung zeigt sich immerdar Treugesinnten Herzen gütig! Hoffnung senket ihren Grund In das Herz, nicht in den Mund!
Gottfried Keller (1819 - 1890), Schweizer Dichter und Romanautor
Quelle: Keller, Der grüne Heinrich, erste Fassung 1854-55; zweite, endgültige Fassung 1879-80. Vierter Band. 16. Kapitel: Der Tisch Gottes
Mein Körper ein Verlies aus Schmerzen die Seele von Verlust verzehrt kaum noch am Leben nur Verzweiflung gibst du mir wieder Hoffnung Wert
© Hans-Christoph Neuert (1958 - 2011), deutscher Aphoristiker und Lyriker
Quelle: Neuert, Traumspuren, 1998
Das kleine Licht im Dunkel Der Himmel spannt sich noch hell übers Tal. Allmählich wird er müde, kräftige Farben verblassen. Sie fließen in allen Blautönen, für di es keine Namen gibt. Und dennoch ist nur heimliche Bewegung. Auf den Hängen verbünden sich Waldungen, Wiesen und Weinberge gegen die nahe Nacht. Vom Tage noch stark, werfen sie alle Kräfte gegen die Schatten - um doch bald geschlagen zu sein. Beruhigung zieht ins Tal, nimmt siegreich Besitz. Das letzte Licht des Tages bäumt noch einmal auf an Anspruch und Nacht, verbrennt sich - ein qualvoller Tod… Gefaßt und klaglos ergibt sich der Abend und nirgendwo ist Trauer. Draußen hat sich überall Nacht festgesetzt, nur meine Kerze trotzt im Fenster. Ich betrachte gedankenvoll die kleine Flamme, erkenne das Wesen der Macht: Träume von Dauer verzehren den Augenblick… ich aber bekenne mich zu jedem Augenblick meines Lebens, in dem Hoffnung in mir kämpft - einsam gegen das unergründliche Schicksal…
© Elmar Kupke und Hans-Christoph Neuert (1942 - 2018), (1958 - 2011), deutsche Aphoristiker und Lyriker
Quelle: Kupke/Neuert, Lyricon 1, 1985
Hoffnungen Ein Mensch erkennt, dass dieses Jahr, Für ihn wohl nicht das beste war. Er kam auf der Karriereleiter Kein Stück, nicht eine Sprosse weiter. Sein Auto fuhr er an den Baum, Der Hund lief fort, manch’ böser Traum, Der ihn ob der Moneten quälte, Ließ ihn oft fragen, was er täte, Wenn nicht die Kinder und die Frau, Ihm hülfen, all’ das zu verdau’n. So freut sich unser Mensch gewiss, Dass dieses Jahr zu Ende ist. Es stimmt ihn froh, und macht ihn heiter, Denn nächstes Jahr geht’s sicher weiter. Bergauf mit des Berufes Glück, Der neue Hund kommt stets zurück, Das neue Auto fährt bestimmt, Zwischen den Bäumen – maßgeschwind, Und Frau und Kinder bleiben treu, An seiner Seite – was nicht neu. So bleibt dem Menschen stets erhalten, Die Hoffnung, dass es mit dem Alten, Ein Ende hat und dass das Neue, Ihm neuen Schwung gibt – ohne Reue.
© Wolfgang (WoKo) Kownatka (*1938), deutscher Luftwaffen-Offizier, NATO-Pressestabsoffizier, Bankkaufmann, freier Journalist und Aphoristiker
Quelle: Kownatka, Heiteres und Nachdenkliches über Mensch und Zukunft. Gedichte und Aphorismen, 2. Auflage 2006 (EA: 2005)