Landete die von Nicolette Krebitz gespielte, trinkfreudige Heldin in der ARD-Kom�die „Familie mit Hindernissen“ im Knast, was ihr in Anbetracht ihrer buckligen Verwandtschaft und nervenden XXL-Family gar nicht unlieb war, fl�chtet sie sich nun in „Trauung mit Hindernissen“ vor�bergehend in die Arme eines Mannes, der nicht an ihr herumzerrt. Denn (fast) alle stehen wieder auf der Matte und wollen was von ihr – einer, ihr neuer Partner, will sie sogar heiraten. Doch sie lehnt dankend ab... Kom�dien-technisch ist das nicht mehr so screwy wie 2017 und Krebitz' Heldin nicht mehr ganz so neben der Spur, daf�r erweitern ernstere T�ne das Stimmungsspektrum des Films. Ein paar prominente Abg�nge bei der Besetzung sind auch zu verzeichnen. Im mageren deutschen Fernsehkom�dien-Angebot ist dieses von Krebitz (ironisch), Prinz (deppert) & Prager (schusselig) k�stlich gespielte Patchwork-Kom�dien-Chaos aus Leipzig mit �si-Unterst�tzung ein echter Lichtblick.
Foto: MDR / Steffen JunghansEin antizipierendes Bild, das das Patchworkfamilien-Chaos wunderbar auf den Punkt bringt. Noch ist es nicht ihr eigenes Kind, das sich nachts in das Bett des gutm�tigen Philipp (Hary Prinz) und der genervten Katrin (Nicolette Krebitz) "verlaufen" hat, sondern Ella (Clara Veihelmann), die Tochter der �berforderten Frau von Katrins Ex.
Als ob sie nicht auch ohne Trauschein weiterhin gl�cklich zusammenleben k�nnten; zumal beide ja schon eine gescheiterte Ehe hinter sich haben: So jedenfalls sieht es Katrin (Nicolette Krebitz). Ihr Lebenspartner Philipp (Hary Prinz) hingegen ist wie besessen von der Idee einer romantischen Hochzeit. Obwohl Katrin seinen Antrag abgelehnt hat, gibt Philipp nicht auf und hat bald auch eine tatkr�ftige Verb�ndete an seiner verunsicherten Seite: Renate (Patricia Hirschbichler), die Schwiegermutter in spe, die ohne Vorwarnung bei den beiden in Leipzig auftaucht. Diese Person hat Katrin gerade noch gefehlt! Einziger Vorteil: Sie ist jetzt zumindest Julia (Lisa Bitter) los, die neue Frau ihres Ex-Mannes, die sich auf der Flucht vor ihrer Schwiegermutter (Daniela Ziegler) mit ihren quengelnden Kiddies ausgerechnet bei ihr einquartiert hatte. Katrin wei� mal wieder nicht, wo ihr der Kopf steht. Sie hat das Gef�hl, alle wollen was von ihr, so wie immer. Da sind ihre Kinder, Teenager Saskia (Emilie Neumeister) und der kleine Leo (Luis August Kurecki), noch die Vern�nftigsten. Und dann steht auch noch Papa Horst (Peter Prager) mit seiner Neuen auf der Matte. Da kommt Katrin Marcel (Michael Steinocher), der schnuckelige Bruder von Julia, gerade recht. Der ist auf der Durchreise auf dem Weg nach Indien. „Beneidenswert“, findet Katrin und krallt sich den jungen Mann – was die Lage keineswegs entspannt. Denn der eifers�chtige Philipp plant eine �berrumpelungs-Hochzeit, die dann allerdings zu einer Trauerfeier umfunktioniert werden muss.
Foto: MDR / Steffen JunghansMarcel (Michael Steinocher) ist anders als die Anderen. Er ist nett, jung und er dr�ngt sich nicht auf. Die geeignete Projektionsfl�che f�r Katrin (Nicolette Krebitz) & ihre Sehns�chte aus Zeiten, in denen man ungebunden war und alles m�glich erschien.
Landete die von Nicolette Krebitz gespielte Heldin in der ARD-Kom�die „Familie mit Hindernissen“ (2017) zwischenzeitlich im Knast, was ihr in Anbetracht ihrer buckligen Verwandtschaft und ihrer nervenden XXL-Familie gar nicht so unlieb war, fl�chtet sie sich ein Zuschauer-Jahr sp�ter in „Trauung mit Hindernissen“ in die Arme eines Mannes: einer, der nicht an ihr herumzerrt, sondern der den Traum von Freiheit und Ungebundenheit lebt. Das bedeutet Handlungsbedarf f�r den Noch-Partner, der sich allerdings auch anderweitig zu tr�sten wei�. Doch dieser, jener herzensgute, bald aber larmoyant beleidigte Philipp, den Hary Prinz dezent deppert und trockenhumorig gibt, macht so ziemlich alles verkehrt, was sich verkehrt machen l�sst. Und weil das so ist, ergibt sich aus dieser Beziehungskrise und den anderen famili�ren Miseren eine am�sante, sehr kurzweilige Kom�die, die allerdings vor dem dritten Akt mit einem Stimmungsbreak aufwartet. Bleibt die Grundtonlage mittelfristig zwar komisch, so bringt doch der Tod tragische Momente ins Spiel. Pl�tzlich vertiefen sich die Beziehungen, wird manches noch mal neu gedacht. Diese Wende nach 60 Minuten erm�glicht es allerdings auch, die Geschichte dramaturgisch in die Spur zu bringen und die Kom�die – der Titel deutet es ja an – doch noch happy zu beenden. Die Braut, die sich aus guten Gr�nden nicht traut, k�nnte, wie sie sagt, aufs Heiraten zwar gut verzichten – doch sei’s drum. Den Ernst des Lebens f�r das an sich leichte Genre zur Hilfe zu nehmen, ist auf jeden Fall die bessere Entscheidung, als das Ganze mit (romantischem) Gef�hl zu �berpudern. Auch der frech-ironische Abspann spielt augenzwinkernd mit der Happy-End-Konvention. Ohnehin wird man in dem Bewusstsein aus dem Film entlassen, dass es nicht der Tod sein muss, der diese Ehe scheiden wird. Wie die meisten Ehen heute. Illusionen macht sich hier keiner.�
Foto: MDR / Steffen JunghansDer emotional angeschlagene Philipp (Hary Prinz) findet Trost bei seiner Kollegin Melanie (Laura Preiss), die auf ihn offenbar schon l�nger ein Auge geworfen hat.
„Trauung mit Hindernissen“ scheint sich also etwas ernsthafter an der Beziehungsrealit�t abzuarbeiten als der Vorg�ngerfilm, der die Narration st�rker kom�diantisch unterf�ttert hat. So verzichtete Drehbuchautorin Sophia Krapoth („Immer wieder anders“) auf die Momente des doppelb�digen Beiseitesprechens der Heldin und auf deren direkten Ansprachen an den Zuschauer, den sie in ihrer Not (und weil sie die Identifikationsfigur ist) quasi auf ihre Seite zu ziehen versuchte. Das ist schade, machten doch diese spielerischen Elemente den ganz besonderen Reiz von „Familie mit Hindernissen“ aus. Dieses Mal muss Krebitz allein mit beil�ufig hingeworfenen „letzten Worten“ oder der Diskrepanz zwischen dem, was ihre mitunter etwas konfuse Katrin sagt und dem was sie f�hlt (vor allem in der Interaktion mit Philipps Nebenbuhler Marcel) f�r Ironie sorgen. Das ist – entsprechend zur Gesamttonlage des Films – vielleicht nicht mehr ganz so frech & bissig; und so ist es umso wichtiger, dass Nicolette Krebitz die Zwischent�ne wieder perfekt trifft. Auch Peter Prager ist ein versierter� Kom�diant: wunderbar eine Szene, in der vor lauter Melancholie Vater und Tochter nebeneinander im Bett einschlafen, sie im Hochzeitskleid, er in einer Marihuana-Wolke.
Foto: MDR / Steffen JunghansRenate (Patricia Hirschbichler), Philipps Schwiegermutter in spe, hat einen Plan, wie der Abgeblitzte seine Herzdame (Krebitz) vielleicht doch noch rumkriegen kann.
�beraus gelungen sind auch die Dialogwechsel zum Thema Seitensprung. Unangenehme Fragen diesbez�glich werden von Katrin prinzipiell charmant �berh�rt oder mit den entsprechenden Gegenfragen beantwortet. Auch Michael Steinocher als Projektionsfl�che f�r die bei der Heldin aufflackernden Sehns�chte nach Unabh�ngigkeit & Eigenverantwortung macht eine gute Figur: Sein Marcel ist hingerissen von Katrin, aber auch verunsichert, �berfordert von der Situation – und er bleibt ein Abenteurer, der seinen Weg (allein) gehen wird. F�r feine emotionale Nuancen am Rande und eine Teenie-Tochter ohne die Hauptsache-pampig-Klischees sorgt Emilie Neumeister. Auch wenn ihre Figuren in der Fortsetzung keine Rolle mehr spielen, so war mit Juergen Maurer und Franziska Weisz der Auftaktfilm noch um einiges hochkar�tiger besetzt. Eine kleine Entt�uschung ist Patricia Hirschbichler, der Ersatz f�r die verstorbene – unvergleichliche – Marie Gruber als Katrins Mutter; das ist keine Frage der Rolle, Gruber hat das weniger trutschig, weniger im Kom�dienstil der 70er Jahre, gespielt.
Foto: MDR / Steffen JunghansDie �lteren Herrschaften gehen zum Kiffen in den Keller. Das beliebte Kom�dien-Motiv wird erfreulicherweise nicht albern ausgespielt. Daniela Ziegler & Peter Prager
Vielleicht h�tte ein erfahrener Comedy-, Tempo- und Timing-Spezialist wie Oliver Schmitz (Grimme-Preise f�r „T�rkisch f�r Anf�nger“ & „Doctor’s Diary“), der „Familie mit Hindernissen“ inszeniert hat, der Drehbuch-Vorlage noch etwas mehr Pointierung und Akzentuierung angedeihen lassen als Nachwuchsregisseurin Anna-Katharina Maier („Hubert & Staller“); andererseits setzt „Trauung mit Hindernissen“ aber auch auf ernstere Stimmungen. Trotz einiger Abstriche also ist auch der zweite Film um das Leipziger Patchwork-Chaos von Katrin & Co ein Lichtblick im mageren deutschen Fernsehkom�dien-Angebot. Im Notfall entscheiden sich die Macher f�rs leicht Ironische als f�rs Derbe, f�rs Verspielte als f�rs oberfl�chlich Scherzhafte (wie leider zuletzt die Sawatzki/Milberg-Kom�die „Ihr seid nat�rlich eingeladen“). Das ist gut so. Nur etwas mehr Schr�glage und Screwball-Touch h�tte man sich gew�nscht. So sorgte beispielsweise der Running-Gag-Griff zur Flasche im Fr�hjahr 2017 f�r die k�stlichsten Momente, w�hrend die Heldin im neuen Film nur noch ein einziges Mal einen �ber den Durst trinken darf. (Text-Stand: 19.5.2018)
Foto: MDR / Steffen JunghansEine der sch�nsten Szenen dieser ARD-Kom�die, die auch z�rtlich & ernsthaft kann
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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