Panama Papers: Cellist und Putin-Freund in Offshore-Geschäfte verwickelt | News und Kritik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk

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Panama Papers Cellist und Putin-Freund in Offshore-Geschäfte verwickelt

Die Enthüllungen um die sogenannten Panama Papers belasten auch den russischen Cellisten und Putin-Freund Sergej Roldugin. Der Musiker erklärt, er habe mit den Geschäften die russische Musik fördern wollen.

Cellist Sergej Roldugin | Bildquelle: imago/ITAR TASS

Bildquelle: imago/ITAR TASS

Paganini oder Panama?

Der russische Cellist Roldugin

Der 1951 geborene Sergej Roldugin begann mit fünf Jahren Klavier zu spielen, mit acht lernte er Cello, studierte später in Riga und Leningrad. Von 1984 bis 2003 war er erster Cellist des Orchesters im Mariinsky-Theater, er lehrte als Professor am Konservatorium Petersburg, das er von 2003 bis 2004 auch leitete. Seit 2006 ist er künstlerischer Direktor des Sankt Petersburger Hauses der Musik, einer staatlichen Einrichtung, die junge hochbegabte Musiker fördert. Roldugin soll nach Recherchen internationaler Journalisten ein kolossales Offshore-Imperium aufgebaut haben, mit zwei Milliarden Dollar auf dem Konto. Roman Anin von der russischen Zeitung Nowaja Gazeta bezeichnet Roldugins Geldquellen als "merkwürdig". Es handle sich dabei um Scheinhandel mit russischen Staatskonzernen, um Spenden der wohlhabenden russischen Unternehmer oder Kredite, die nie zurückgegeben werden, sagt Roman Anin.

Offshore-Deals für das Haus der Musik

Vor kurzem äußerte sich Sergej Roldugin zu den Enthüllungen aus den Panama Papers. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, räumte Roldugin in einem Fernsehinterview des russischen Staatsfernsehens ein, über Offshore-Firmen Anteile an russischen Unternehmen zu halten. Alle Geschäfte, so betonte Roldugin, hätten allerdings dem Zweck gedient, die russische Musik zu fördern. So würden die Gewinne daraus fast ausschließlich zur Förderung von Nachwuchsmusikern im Sankt Petersburger "Haus der Musik" eingesetzt.

Ich wollte, dass wir die besten Instrumente, die besten Professoren und die besten Räume haben für unsere russischen Musiker. Das kostet wahnsinnige Summen.
Cellist Sergej Roldugin zur Begründung seiner Offshore-Geschäfte

Mäzene hätten Roldugin einen kleinen Anteil an Offshore-Geschäften angeboten. Der Cellist habe den Deals zugestimmt, "um nicht mehr betteln zu müssen, sondern eigenes Geld zur Unterstützung der großen russischen Kultur zur Verfügung zu haben". Das Haus der Musik, das Roldugin leitet, ist ein aufwendig restaurierter Palast, im Fundus befindet sich unter anderem ein Stradivari-Cello im Wert von elf Millionen Dollar.

Russische Opposition zweifelt an Roldugins Glaubwürdigkeit

Wie realistisch ist es, zwei Milliarden Dollar als Minderheitsaktionär zu verdienen und an Spenden zu sammeln, um talentierten russischen Musikern Instrumente zu finanzieren? Und warum hortet man das Geld dann in Überseekonten? Der russische Oppositionspolitiker Alexey Nawalny erklärt, es sei sehr einfach, den Ankauf von Musikinstrumenten für das Haus der Musik in Sankt Petersburg nachzuvollziehen, denn jedes Instrument bekomme eine Inventarnummer. Tatsächlich habe es Anschaffungen teurer Instrumente gegeben. Doch bezahlt habe das den Unterlagen zufolge der russische Staatshaushalt. Spenden von Roldugin seien nicht zu finden. Für importierte Musikinstrumente seien im Jahr etwa 50 Millionen Dollar ausgegeben worden. Sollte Roldugin also zwei Milliarden Dollar auf seinen Offshore-Konten besitzen, könnte er laut Nawalny 40 Jahre lang den gesamten Import von Musikinstrumenten nach Russland finanzieren.

Putin ist stolz auf seinen Freund

Der russische Präsident, Wladimir Putin, steht zu Sergej Roldugin. Er sei sogar stolz auf den Cellisten: "Fast alles, was er da verdient, gibt er dafür aus, Musikinstrumente im Ausland zu kaufen und sie nach Russland zu bringen." In einer Putin-Biographie wird Roldugin als dessen bester Freund bezeichnet. Der Cellist soll auch Patenonkel von Putins ältester Tochter sein. Diese langjährige Freundschaft habe, sagt Roldugin, wahrscheinlich dazu beigetragen, dass die Wirtschaft bereit sei, "für die Unterstützung der russischen Kultur zu spenden". Putin hatte bereits Ende vergangener Woche dem russischen Fernsehen erklärt, viele russische Künstler seien nebenbei wirtschaftlich tätig.

Soviel ich weiß, ist er Minderheitsaktionär in einem unserer Unternehmen und verdient dort ein bisschen Geld, natürlich nicht Milliarden, das ist Blödsinn.
Der russische Präsident Vladimir Putin über seinen Freund Sergej Roldugin

Briefkastenfirmen, mit denen Sergej Roldugin in Verbindung steht, sollen laut der Panama Papers von russischen Banken hohe Kreditlinien bekommen haben, ohne dass sie dafür Sicherheiten vorweisen mussten. Außerdem mussten sie Kredite nicht zurückzahlen und erhielten Entschädigungszahlungen für geplatzte Aktiengeschäfte.

Was sind Panama Papers?

Bei den sogenannten Panama Papers handelt es sich um interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca, die eine anonyme Quelle vor über einem Jahr der Süddeutschen Zeitung übermittelte. Es handelt sich hauptsächlich um E-Mails, PDFs und Fotodateien sowie Auszüge aus einer internen Datenbank von Mossack Fonseca, die belegen, dass die Kanzlei weltweit anonyme Briefkastenfirmen verkauft, mit deren Hilfe sich Geschäfte verschleiern lassen. Die Daten reichen von den 1970er-Jahren bis ins Frühjahr 2016. Die Süddeutsche Zeitung wertete die Dokumente gemeinsam mit dem International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) aus. Rund 400 Journalisten von mehr als 100 Medienorganisationen in rund 80 Ländern waren an der aufwendigen Recherchearbeit beteiligt.