Die Frau in Schwarz | Kritik | Film | critic.de

Die Frau in Schwarz – Kritik

Daniel Radcliffe und ein altes Haus. James Watkins macht sich an die Digitalisierung des Hammer-Kinos. 

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Eine Produktionsfirma mit dem Namen Hammer musste einfach Filmgeschichte schreiben. Unzählige Filme wurden über die Jahrzehnte im Auftrag des britischen Unternehmens gedreht, und obwohl dabei unterschiedliche Genres zum Einsatz kamen, sind es vor allem die Horrorfilme aus den 1950er und -60er Jahren, die mit dem Firmennamen in Verbindung gebracht werden. Besonderes Merkmal waren die Settings, durch die archetypische Figuren wie Dracula, Frankenstein oder die Mumie wandelten: Landschaften voller schwarzer Romantik, viktorianische Schlösser und die ungebändigten Kräfte der Natur. Dabei schien das Rezept der Filme nicht zeitlos zu sein. Nachdem 1980 noch die Serie Hammer House of Horror für das britische Fernsehen entstand, blieb es über zwei Jahrzehnte still um die Produktionsfirma.

Seit einigen Jahren läuft die Hammer-Maschine wieder, wenn auch vor allem durch Koproduktionen. Der Fokus liegt bisher auf poetischem Horrorkino. Nach Let Me In (2010), einem Remake des schwedischen Films So finster die Nacht (Låt den rätte komma in, 2008), folgt nun mit Die Frau in Schwarz (The Woman in Black) ein nostalgischer Gothic-Horrorfilm, mit dem sich der ewige Zauberlehrling Daniel Radcliffe die Brillenbügel abstoßen möchte.

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Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Susan Hill, ist die Handlung im späten 19. Jahrhundert angesiedelt. Der Anwalt Arthur Kipps (Radcliffe) leidet auch nach Jahren noch am Tod seiner Frau und muss sich hüten, nicht auch noch den Job zu verlieren. Ein Sonderauftrag führt ihn schließlich in ein abgelegenes Dorf, wo er den Nachlass einer Verstorbenen regeln soll. Die Einheimischen dort sind nicht besonders gastfreundlich und lassen ihre Kinder kaum nach draußen. Der Grund dafür scheint sich in dem Haus zu verbergen, das Arthur unter die Lupe nehmen soll. Hier hat eine Frau einst ihren Sohn verloren und sich darauf das Leben genommen. Ihr Geist soll noch heute auf dem Gelände hausen.

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Mit seinem Regiedebüt Eden Lake (2008) hat James Watkins den Versuch gewagt, Horrorfilm und Sozialdrama zu kreuzen. Das war ein mutiges Anliegen, das letztlich aber nur bedingt überzeugen konnte. Diesmal begnügt sich der Engländer mit einem klassischen Gruselfilm, der in erster Linie von seiner Atmosphäre lebt. Die Landschaft spielt dabei, ganz der Hammer-Tradition entsprechend, eine entscheidende Rolle. In die düstere Küstenregion verirrt sich kein Sonnenstrahl, und um zu der unheimlichen Villa zu gelangen, muss man einen schmalen Weg, der das Meer teilt, entlang. So nostalgisch der Film mit seiner Ausstattung ist, sind es doch gerade die offensichtlich digitalen, jeglicher Farbe beraubten Bilder, die ihn in der Gegenwart verorten.

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Aber auch in anderer Hinsicht ist Die Frau in Schwarz keineswegs altbacken. Die Welle asiatischer Horrorfilme inklusive ihrer Remakes, die bis vor einigen Jahren den Markt bestimmte, demonstrieren, dass Geister nie aus der Mode kommen. Die Ereignisse verlaufen dabei weitgehend nach bewährtem Muster: Mal quietschen die Dielen, mal huscht ein Schatten vorbei, und jedes Mal, wenn sich der Protagonist umdreht, ist nichts mehr zu sehen. Watkins gelingt es, solchen Hokuspokus trotzdem atmosphärisch zu inszenieren. Dafür braucht es die meiste Zeit nur Hauptdarsteller Radcliffe und das alte, verwinkelte Haus. Gerade bei visuellen Details beweist Watkins immer wieder Einfallsreichtum. Etwa wenn sich das Gesicht der schwarzen Frau in der Fensterscheibe mit dem von Arthur deckt oder sich das Kerzenlicht in den Augen einer Puppe spiegelt und der Eindruck entsteht, sie wäre zum Leben erweckt.

Die Frau in Schwarz beugt sich nicht dem Druck, ständig Hochspannung erzeugen zu müssen. Und das macht schon deshalb nichts, weil der Film auch als düsteres Melodram über den Verlust eines geliebten Menschen funktioniert. Arthur wird durch seinen Schmerz mit der schwarzen Frau verbunden, aber auch im Dorf sterben so viele Kinder, dass sich die Eltern erst gar nicht richtig an sie gewöhnen wollen. Wirklich keine Figur bleibt von diesen Verlustängsten verschont. Und am Ende gibt es nicht einmal mehr einen Unterschied zwischen den Lebenden und den Toten. 

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Kommentare


CriticSneaker

Klassische Genrekost - Nichts besonderes außer dass endlich mal auf laute, effekthascherische Musik verzichtet wird und das Ende nur Semi-happy ist.
Schauspielerische Leistung nicht zu bemängeln, aber naja...bessere gesehen.


Mo

Schöne Kostüme, wunderbare Landschaft, sehr gut gespielt


Sebastian

Eine sehr dünne Geschichte, die sich in seiner Wirkung fast nur auf die altbekannten Gruselklischees verlässt. Daniel Radcliffe läuft mit einigen Handlungsunterbrechungen ständig durch die Gruselvilla hin und her, um den Zuschauer die eine oder andere Möglichkeit zu bieten, sich etwas zu gruseln oder zu erschrecken. ...ein netter Film, der nicht viel Neues bietet und nur ander Oberfläche seines Themas kratzt.

Zu loben ist die herausragende Bildgestaltung. Auch die Szenenauflösung hat mir gefallen.






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