Hanns-Josef Ortheil – Autorenblog

Aufbruch in den Mai 7 – und in die Emilia Romagna

Auf 3sat lief in den letzten Tagen immer wieder mal die Doku 50 Gründe, die Emilia Romagna zu lieben.

Macht Freude, das zu sehen! Und macht nachdenklich: Warum tief in den Süden Italiens fahren? Warum nicht einmal in den Norden, in so schöne, alte Städte wie Ferrara, Ravenna, Parma oder Bologna? Und warum nicht mehrere Tage in diesen Städten bleiben und sie genauer kennenlernen? Und warum nicht…tja, der Sommer naht, die Doku könnte Lust auf ein solches Kennenlernen machen.

Schicken Sie mir bitte ein Foto, wenn Sie die Region bereist und ein charakteristisches städtisches Detail entdeckt haben.

https://www.3sat.de/suche?q=50+Gr%C3%BCnde%2C+die+Emilia-Romagna+zu+lieben&synth=true&attrs=

Beethovens Neunte ist zweihundert Jahre alt

Vor zweihundert Jahren wurde Ludwig van Beethovens (1770-1827) Neunte Symphonie in C-Moll op. 125 zum ersten Mal im Wiener Theater am Kärtnertor uraufgeführt.

Der kanadische Filmregisseur Larry Weinstein, der bereits viele gute Filme über Musik gedreht hat, nahm das Ereignis zum Ausgangspunkt einer Dokumentation, in der er Beethovens Werk mit Ereignissen und Menschen unserer Zeit konfrontiert.

Der sehenswerte Film (Beethovens Neun – Ode an die Menschlichkeit) ist auf der ARTE-Mediathek abrufbar.

Verbunden mit Film und Musik wünsche ich allen Leserinnen und Lesern des Blogs ein intensives Pfingstfest!

https://www.arte.tv/de/videos/114231-000-A/beethovens-neun-ode-an-die-menschlichkeit/

Immanuel Kant lesen und verstehen

 

Im Jahr des 300. Geburtstages von Immanuel Kant (1724-1804) ist im Verlag C.H.Beck eine ausgezeichnete Kant-Darstellung des Kantforschers Marcus Willaschek erschienen.

Als Einführung in die Lektüre dieses Buches eignet sich ein Gespräch, das Wolfram Ellenberger mit dem Autor in der Sternstunde der Philosophie auf 3sat geführt hat.

Aufbruch in den Mai 6

Der Aufbruch in den Mai führt diesmal zu den weißen Tellerrändern der Gartengaststätte Mailand, in der frühabends ausschließlich frische, regionale Speisen in puristischer Zeichensprache zu Weißweinen aus Baden und Rheinhessen serviert werden.

Wir erkennen mehrere Nuancen Maigelb: die legere, abgeklärte der Frühlingskartoffeln, die angespannte der Spargelstangen, kulminierend in der verdichteten der Spargelspitzen, die versteckte der Eiersegmente, im Zwiegespräch mit Goethes grüner Sauce.

Die Phalanx der korpulenten Spargelleiber lehnt sich in Reih und Glied gegen die massiven Bollwerke der Kartoffelkorpora, flankiert von den grün-weißen Kräuterhügeln.

Bon appétit! Buon appetito! Guten Appetit!

Wie geht es dem Momentum?

(Am 16.5.2024 auch als Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“, S. 4)

Dieses Jahr ist auf dem besten Weg, ein ereignisstarkes Fußballjahr zu werden. Die deutschen Vereinsmannschaften beeindrucken in den europäischen Wettbewerben, und die Nationalmannschaft könnte es ihnen während der Europameisterschaft nachtun. Vieles hat sich, wie man so sagt, „zum Besseren gewendet“. Immerhin. Vieles ist aber auch stehengeblieben und ärgert.

Wie etwa die Live-Übertragungen im Fernsehen, denen eine lebendige, originelle Sprache fast abhandengekommen ist. Stattdessen wimmelt es jetzt von scheinbaren Fachbegriffen und Phrasen, die in ihrer Häufigkeit steril, penetrant und lächerlich wirken. Da präsentieren sich Abwehrfronten laufend in wechselnden Dreier- oder Vierer-Formationen, nach dem besten Sechser oder Achter wird panisch gesucht, gegen und mit dem Ball wird laufend „gearbeitet“, das „Umschaltspiel“ hängt durch, denn eine Mannschaft zeigt mal wieder zu wenig „Charakter“ und ist nicht „mit breiter Brust“ unterwegs, sondern auf hartnäckiger Suche „nach dem Momentum“.

Live mögen Reportern schon einmal solche Floskeln unterlaufen. Wenn dieser dürre Slang aber von sogenannten „Experten“ im Nachspann erneut durchgeknetet wird, ist es unerträglich. Da stehen sie zu dritt oder viert als leblose Truppe an der Seitenauslinie und reden, dass es einen erbarmt. Haben sie wirklich genau hingeschaut oder jeden Spielzug bereits als „Ausübung“ eines Angestelltendaseins verstanden, das jedem Spieler etwas „aufgibt“ oder „abnötigt“? In solchen Fällen muss eine Mannschaft anscheinend ein „großes Herz beweisen“ oder gar eine Halbzeit lang „leiden“, während die Fans „Qualen erdulden“ oder „die Treue aufkündigen“.

Kein Wunder, dass erschöpfte Trainer und Spieler solche Plattheiten nach dem Ende einer Partie fast regungslos wiederholen. Der Kopf ist leer, nix geht mehr, das ist gerade noch verständlich, nicht jeder ist schließlich ein Thomas Müller, der bekanntlich schon während des Spiels mit dem „Schalk im Nacken“ kommuniziert.

Schön wäre es, wenn wenigstens die Fans einmal von ihrer großen Leidenschaft erzählen würden, die viele von ihnen Woche für Woche weite Distanzen zurücklegen lässt. „Fußball ist unser Leben“ hieß einmal ein Lied, das die deutsche Nationalmannschaft in den siebziger Jahren unter Leitung von Startenor Franz Beckenbauer auswendig sang. Das war munter, aber auch ernst gedacht und gilt noch immer, trotz Klimawandel. Was es aber genau meint und Menschen abverlangt, die einen Verein ihres Umfelds als Inbegriff ihrer intimsten Identitätsbildung verstehen, das erfährt man nirgends.

Fußball kommt also nur noch als spracharme Liveübertragung oder im ödesten aller Formate, im Liveticker, vor. Als ein Sport, der wie kaum ein anderer viele Menschen verbinden und von Hamburg noch München und zurück locken kann, gibt es ihn nicht. Geschweige denn als ein Leben, das am Wochenende nach einem Spiel beginnt und eine harte, lange Woche dauert, bis die eigene Mannschaft wieder auf einem Platz erscheint.

Nur alle paar Jahre sträuben sich einige Trainer und Spieler gegen die landesübliche Belanglosigkeit des Redens. So etwa Christian Streich, der Trainer des SC Freiburg, der nach vielen Trainerjahren auf seiner Abschiedstournee durch die deutschen Stadien ist. In Köln sprach er am Ende der Pressekonferenz vor ein paar Tagen zu den Fans des FC und zur ganzen Stadt: „Es war jedes Mal ein besonderes Erlebnis in dem Stadion und in dieser Stadt, die ich sehr schätze aufgrund ihrer Vielfalt, aufgrund dessen, dass da einfach die Menschen gut leben können, egal, wie sie orientiert sind oder wie sie sich bewegen. Ich bin wahnsinnig gern hier. Und jetzt ist erstmal das letzte Mal. Es war schön. Ich bedanke mich beim 1. FC Köln…“

Das waren ganz wunderbare Sätze, die wohl nicht nur Einheimische sehr bewegen und zugleich auch anstiften, die ewigen Nörgeleien über Köln einmal für ein Atemholen zu vergessen. Aber auch dazu, sich bei Christian Streich zu bedanken, der das gute Reden über Fußball sein ganzes Trainerleben lang nie verlernt hat.

Aufbruch in den Mai 5

Richard Kämmerlings hat in der Welt von einem der schönsten Mai-Gedichte der deutschen Literatur berichtet und von seiner Entstehung erzählt!

https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article251211124/Goethes-Verliebtsein-Fruehling-Gluecksgefuehle-was-der-Dichter-ueber-den-Mai-wusste.html

Mit diesen Lektüren verbunden, wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs ein sonniges Wochenende!

Aufbruch in den Mai 4

 

Weiter geht es! Wir fotografieren auf unserer Reise die schönsten Mai-Blüten und haben dafür natürlich eine Kamera dabei.

In einem Gespräch mit der Berufsfotografin Elfie Semotan hat der Schriftsteller Ferdinand Schmatz die Techniken und Gebrauchsformen der verschiedenen Kameras untersucht, die sie benutzt: F.S.: Was bedeuten Kameras für dich? – E.S.: Ich kann ja nicht malen. Die Kameras sind für mich einfach die Möglichkeit, das zu tun, was ich gerne tun möchte, nämlich Bilder zu machen. (S. 5)

Es beginnt mit einer Nikon, dann kommt eine Polaroid, danach eine Canon usw. – und immer wieder wird genau nachgefragt: Wann werden sie eingesetzt, welche Bilder machen  sie? Fotografieren ist eine ideale sensorische Ergänzung zum Schreiben, indem es viele Einfälle für Texte liefert.

Christian Streich spricht über Köln

Christian Streich, der Trainer des SC Freiburg, ist momentan auf Abschiedstournee, denn er wird die Mannschaft, deren Trainer er viele Jahre lang war, nach dieser Saison nicht mehr weiter trainieren. So ist jedes Auswärtsspiel das letzte vor Ort.

Am vergangenen Samstag (4.5.) war er mit seiner Mannschaft noch einmal in Köln (Ergebnis: 0:0) und sprach darüber in der Pressekonferenz. Es entstand ein nachdenklich stimmender Text, der Köln so sieht, wie man es in diesen schwierigen Zeiten auch einmal sehen sollte. Als eine offene, liebenswerte Stadt, in der man sich gerne aufhält, bewegt und Freundschaften schließt.

Als Kölner haben mich Streichs gute Worte sehr bewegt, ich bedanke mich!

Eröffnung der 23. Westerwälder Literaturtage 2024

Gestern Abend sind die 23. Westerwälder Literaturtage im Kulturwerk von Wissen/Sieg festlich eröffnet worden. Ich las aus meinem neuen Buch Von nahen Dingen und Menschen Passagen, die sich an das Thema des Kultursommers Rheinland-Pfalz („Sterne des Südens“) anlehnten.

So erfuhr das Publikum von Reisen nach Italien und Aufenthalten in Venedig und Rom aus den letzten markanten Jahren (2018-2023).

Ein besonderer Akzent entstand durch das begleitende Spiel des Gitarristen Thomas Karstens, der eine in Spanien von dem Gitarrenbauer Paulino Bernabé gebaute Gitarre spielte. Die Gitarre spielte in dem literarisch-musikalischen Duo Ortheil-Karstens die Rolle einer Südländerin, denn sie ist, folgt man ihrer Entstehung und Geschichte, in Griechenland (Kithara) entstanden und in Spanien und Italien zur heutigen klassischen Gitarre weiterentwickelt worden.

Aufbruch in den Mai 3

So, wir fahren jetzt weiter, es ist Wochenende, die Stürme und Gewitter haben sich etwas verzogen, die Sonne drängt sich langsam durch Nebel und Staubwolken aus fernen Regionen.

Wir haben das Buch des Fahrradenthusiasten Bernhard Flieher dabei, er erzählt darin seine persönlichen Fahrradgeschichten, erläutert seine Fahrradliebe, würdigt einige Fahrradhelden und endet mit einer kleinen Fahrradphilosophie: Der Blick geht über Wiesen und in den Wald, Felsen ziehen vorbei oder Häuser, Gewerbegebiete oder Maisfelder. Auf dem Fahrrad bleibt, auch wo es kein Ziel gibt, das reine Tun, die bloße Bewegung schön und erfüllend. (S. 45)

Während der Fahrt hören wir Musik, auch sie ist reines Tun, bloße Bewegung, schön und erfüllend. Yuja Wang spielt eine Étude von Philip Glass.

Ein schönes Wochenende wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs.