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INGE MAUX: Kokettieren mit dem „Oscar“

17.12.2019 | INTERVIEWS, Schauspieler

 
Fotos: Privat

INGE MAUX

Kokettieren mit dem „Oscar“

Die Schweiz hat den – für Interessenten bei Netflix zu betrachtenden – Spielfilm „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ für den Auslands-„Oscar“ eingereicht. Auf die Shortlist der Nominierungen hat er es dann doch nicht geschafft. Dennoch war es für die Österreicherin Inge Maux ganz wichtig, hier dabei zu sein. Ihre Darstellung einer „jüdischen Mame“ hat ihr buchstäblich weltweit Anerkennung eingebracht

Mit Inge Maux sprach Renate Wagner

Frau Maux, wie sind Sie zu Motti Wolkenbruchs „Mame“ geworden?

Ich habe schon in der Schweiz gearbeitet, zum Beispiel in dem Film „Vecchi Pazzi“ mit Andrea Jonasson, von daher kannten mich einige Leute, die auch wussten, dass ich jiddische Lieder singe. Und so hat man mich auf diese Rolle angesprochen. Ich habe dann erst den Roman von Thomas Meyer gelesen und gedacht, das ist eine so phantastische Figur, die besetzen die doch niemals mit mir, dafür nehmen sie einen Star wie Hannelore Elsner oder in dieser Größenordnung.

Und dann passierte das Wunder?

Ja, Regisseur Michael Steiner ist ein Ulrich Seidl-Fan, also kannte er mich aus dessen Film „Paradies Liebe“, und man lud mich zu einem Treffen mit dem Darsteller des Motti, Joel Basman, ein. Und die  Chemie zwischen uns stimmte vom ersten Augenblick an. Und als dann noch Udo Samel als Vater Wolkenbruch zu uns stieß, waren wir das perfekte Team. Und ich bekam meine Traumrolle als orthodoxe jüdische Mame, die mit ansehen muss, wie ihr Sohn sich in eine Schickse verliebt … was so ungefähr das Schlimmste ist, was ihresgleichen passieren kann.

Der Film wurde im Vorjahr beim Filmfest Zürich gezeigt und erhielt hymnische Kritiken. Und ein paar vernichtende Kritiken von orthodoxer Seite…

Ja, und das ist schmerzlich, weil man offenbar das Gefühl hatte, wir machen uns über orthodoxes Judentum lustig, weil wir das Thema so locker und humorvoll behandeln. Dabei ist das das Letzte, was wir beabsichtigt hätten.


Motti und Mame

Wieso läuft der Film jetzt nicht auch in Österreich und Deutschland?

Ja, das ist ein Wahnsinn, wir hatten auch so viele Einladungen zu internationalen Festivals – und dann stellt sich heraus, dass DCM, die den Weltvertrieb hatten, den Film an Netflix verkauft haben. Ich bin nur froh, dass wirklich viele Leute Netflix schauen, und ich habe schon  die positivsten Reaktionen bekommen. Mir haben Leute erzählt, dass sie vor Lachen fast vom Sofa gefallen sind.


Werben in Los Angeles

Und die Schweiz hat sich entschlossen, „Wolkenbruch“ als ihren Film für den besten fremdsprachigen Film für den „Oscar“ 2020 einzureichen.                  

Ja, und für die „Werbung“ durfte ich mit Regisseur und Hauptdarsteller nach Los Angeles fliegen, es war mein erstes Mal in Amerika und furchtbar aufregend, nicht nur, weil ich am Flughafen in Sophia Loren hineingerannt und ihr dann gleich zu Füßen gesunken bin. Die Resonanz auf den Film war einfach toll, es gab ein Interview und Fotos in der „Los Angeles Times“, sie haben ein Video ins Netz gestellt, wo wir Rede und Antwort stehen, und ich war so glücklich, als man mir in vielen Zeitungsartikeln eine „jüdische Seele“ bestätigte. Und ich konnte ihnen immer nur sagen, dass ich „jewish in my heart“ bin.     


On the Road durch Los Angeles

Nun sind weder Sie noch Ihr Mann Manfred Schmid Juden, aber Sie gelten beide  als deren überzeugendste Darsteller in Österreich?

Ja, als Dino, mein Mann, in den Kammerspielen mit Fritz Muliar „Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde“ gespielt hat, hat der Muliar zu ihm gesagt: „So jüdisch wie Sie möchte ich einmal ausschauen!“

Sind Sie sehr traurig, dass „Wolkenbruch“ es nun doch nicht zum „Auslands-Oscar“ gebracht hat?

Natürlich, aber man muss realistisch sein. Da sind so tolle Filme wie Almodovars „Pain and Glory“ oder der koreanische Film „Parasite“, da hat es eine kleine jüdische Komödie schwer. Und dennoch – dass die Schweiz sich entschieden hat, diesen Film einzureichen, es standen ja schließlich noch andere zur Diskussion, „Zwingli“ zum Beispiel, ist eine Ehre, die mich immer glücklich machen wird.


Inge Maux in „Murer“

Und man wird Sie ja demnächst wieder in einem Filmprojekt sehen, das Aufsehen erregt, nachdem Sie für den österreichischen Film „Murer“ zuletzt den Österreichischen Filmpreis für die beste weibliche Nebenrolle erhalten haben?

Ja, es ist schon ein Glück, bei so wichtigen Projekten dabei sein zu dürfen. Und Ulrich Seidl kommt auch immer wieder auf mich zu, vielleicht, weil ich ganz gut improvisieren kann, was er von seinen Darstellern verlangt. 2020 wird sein Film „Böse Spiele“ herauskommen, und vielleicht gehen wir damit wieder zum Festival nach Cannes. Da spiele ich den Superfan eines alternden Schlagerstars, und ich wackle da wie eine sexy Fellini-Figur daher, das hat viel Spaß gemacht.

Frau Maux, Sie waren im Wiener Theater eine wichtige Erscheinung, aber seit Schottenbergs Abschied vom Volkstheater hat man Sie auf keiner Wiener Bühne mehr gesehen?

Das kommt vor allem daher, weil ich jetzt so viele Angebote von Film und Fernsehen erhalte. Immerhin habe ich im Sommer in Perchtoldsdorf in der Regie von Michael Sturminger in „Onkel Wanja“ gespielt. Es muss halt ein besonderes Angebot kommen, dann gehe ich schon wieder auf Theaterbretter!

Frau Maux, Sie haben mit dem „Oscar“  zwar nur kokettiert, sind ihm aber sehr nahe gekommen. Wir gratulieren!

 

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