Franz Josef Strauß: 30. Todestag jährt sich - Tod nach Wiesn-Besuch 1988
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Drama nach Wiesn-Besuch: 30. Todestag von Franz Josef Strauß jährt sich

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Franz Josef Strauß verstarb 1988.
Franz Josef Strauß verstarb 1988. © dpa

Vor 30 Jahren starb Franz Josef Strauß. Ein Tod nach einem Wiesn-Besuch und kurz vor der Hirschjagd – irgendwie passend zu der barocken Lebensart des CSU-Politikers.

München – Sohn Franz Georg Strauß ereilt die Nachricht vom Zusammenbruch des Vaters in den USA. Er ist mit dem Wohnmobil unterwegs, tourt durch den Yosemite-Nationalpark. In Las Vegas findet der Urlaub ein jähes Ende: Seine damalige Freundin ruft ihren Vater an, mitten im Telefongespräch schießen ihr die Tränen ins Gesicht. Da weiß der Sohn Franz Georg, dass etwas Schlimmes passiert war.

Am 1. Oktober 1988, einem Samstag, hatte Strauß mittags zusammen mit dem damaligen Verteidigungsminister Rupert Scholz die Wiesn besucht. Hendl und Kalbshaxe, dazu ein oder auch zwei Mass Bier. Ein üppiges Mahl – opulent, wie es Strauß in vielerlei Hinsicht liebte. Wie es sein Leben eigentlich immer war. Beim Rausgehen aus dem Zelt ein großes Hallo bei den Wiesnbesuchern. Manche knipsen Fotos. Auch Viktor Kohlbecher, heute 82, ist in der Menge. Der Münchner fragt Strauß sogar, ob er fotografieren darf. Kurz bleibt Strauß stehen, lächelt in die Kamera. Dann geht er weiter. Wenige Stunden später ringt er mit dem Tod: Ein totaler Kollaps bei der Jagd – ein Drama, das ganz Bayern mitnimmt.

Viktor Kohlbecher fragte Strauß nach einem Foto.
Viktor Kohlbecher fragte Strauß nach einem Foto. © Haag

Dramatischer Tod: Franz Josef Strauß stirbt nach einem totalen Kollaps

Es hatte ja dramatische Vorzeichen gegeben: Seit August 1988 häuften sich gesundheitliche Probleme bei dem 73-Jährigen. Die Einzige, die Franz Josef zur Umkehr hätte bewegen können, lebte nicht mehr: Ehefrau Marianne, deren Einfluss auf den Vater die Kinder bitter vermissten, war schon 1984 bei einem Autounfall im Alter von nur 54 Jahren gestorben. Ein Einschnitt in vielerlei Hinsicht: „Der entscheidende Faktor war der Tod meiner Mutter“, sagt Franz Georg zum Tod seines Vaters. Es gab nun niemanden, der Strauß bremsen konnte. In Südfrankreich fängt er sich eine Fischvergiftung ein. Kaum genesen, fliegt er zu einem Termin nach Bulgarien. Auf dem Rückflug gibt es in 9000 Metern Höhe Probleme mit der Druckkabine – Strauß am Steuerknüppel geht auf Sturzflug. Er meistert die brenzlige Situation, aber es ist eine Extrembelastung für Kreislauf und Psyche.

Das liegt nur eine Woche zurück, als Strauß am 1. Oktober nach dem Wiesn-Besuch in einen Polizeihubschrauber steigt, der ihn zum Jagdschloss Aschenbrennermarter bei Altenthann nordöstlich von Regensburg fliegt. Das Schloss nebst Jagdrevier gehört Johannes Fürst von Thurn und Taxis – er hat dem Politiker einen kapitalen Hirsch versprochen. Doch noch bevor Strauß vom Hubschrauber in einen VW-Bus umsteigen kann, kommt es vor den Augen des Adligen und seiner jungen Ehefrau Gloria zum Kollaps. „Halt, der Flug war ein bisschen anstrengend. Warten Sie noch“, soll er gesagt haben. Dann sackt der 73-Jährige leblos zu Boden. Es ist 16 Uhr.

Nach Wiederbelebungsmaßnahmen: Franz Josef Strauß verstirbt im Krankenhaus

Sicherheitskräfte und Jagdhelfer leisten sofort Erste Hilfe. Beim Versuch, den Ministerpräsidenten wiederzubeleben, werden ihm mehrere Rippen gebrochen. Das kommt bei derartigen Ad-hoc-Maßnahmen häufiger vor und ist nicht lebensbedrohlich. Allerdings durchbohrt eine Rippe einen Lungenflügel. Mit einem Hubschrauber wird Strauß ins Regensburger Krankenhaus der Barmherzigen Brüder geflogen, wo man eine Magenblutung vermutet – die Operation ergibt aber keinen Befund. Strauß erlangt das Bewusstsein nicht wieder – am 3. Oktober um 11:45 Uhr wird der Tod festgestellt.

Todesursache war ein Multiorganversagen: Herz-Kreislauf, Lunge, Nieren. Ein Ärzte-Kollegium unterzeichnet das fünfte und letzte Bulletin mit der Nachricht des Todes. Den Ärzten und Helfern von damals will Franz Georg Strauß keine Vorwürfe machen. „Schon beim Zusammenbruch war das Ende da“, sagt er. „Kein Mensch hätte das überlebt.“

So berichtete der Münchner Merkur über den Zusammenbruch am 1. Oktober 1988.
So berichtete der Münchner Merkur über den Zusammenbruch am 1. Oktober 1988. © Haag

Die Ära Strauß ist zu Ende – was nun beginnt, ist Heldenverehrung. Strauß war stets umstritten und streitbar, jetzt erstarren auch die Gegner in Ehrfurcht. Vielleicht hätte es dem Staatsmann gar nicht so gepasst, wer weiß?

Der geschlossene Sarg wird im Münchner Prinz-Carl-Palais aufgebahrt, Zehntausende pilgern daran vorbei. Der Trauerzug ist pompös – so was kennt man für demokratisch gewählte Politiker eigentlich nicht. „Den Weg von der Münchner Residenz zum Siegestor hatten einst nur die Leichenzüge der bayerischen Könige genommen“, schreibt der Münchner Leiter des Stadtarchivs, Michael Stephan, der das vor Jahren genau untersucht hat: Prinzregent Luitpold 1912, Ludwig III. 1921 und Kronprinz Rupprecht 1955 erhielten solche Abschiede – den für Rupprecht hatte der sozialdemokratische Ministerpräsident Wilhelm Hoegner angeordnet, Strauß war damals als Bundesminister auch unter den Trauergästen. Nun bekommt er am 7. Oktober 1988 selbst einen Trauerzug nach Art der Könige. Aber war er nicht auch ein bayerischer Monarch? Wenigstens ein bisschen? Selbst linksliberale Zeitungen titelten so, von „Bavarias’s King“ schrieb das US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“.

Trauerfeier von Staatskanzlei und CSU geplant: „Familie hat auf Ablauf keinen Einfluss gehabt“

Der Trauerzug entsprach der barocken Repräsentationslust von FJS. „Für keinen König konnte es großartigere Trauerfeierlichkeiten geben“, meint der Historiker Horst Möller. Nach Trauersitzung im Landtag und dem Requiem durch den späteren Papst Joseph Kardinal Ratzinger wird der mit einer weiß-blauen Fahne bedeckte Sarg am 7. Oktober auf einer Lafette, gezogen von sechs schwarzen Rössern des Gestüts Schwaiganger, vom Odeonsplatz zum Siegestor gefahren. Zehntausende stehen am Straßenrand, das Ehrenspalier für den Toten zählte 3600 Personen, darunter 41 Kompanien mit 1400 Gebirgsschützen.

Alles minutiös geplant von Staatskanzlei und CSU. „Die Familie hat auf den Ablauf keinen Einfluss gehabt“, sagt der Sohn heute. Eines aber entscheiden sie doch: Am Siegestor angekommen, wird der Sarg umgeladen. Zielort: ein Dorffriedhof. Obwohl der Münchner OB Georg Kronawitter „sehr freundlich“ (so Franz Georg Strauß) ein würdiges Grab auf dem Münchner Waldfriedhof offeriert, obwohl die Eltern und die Schwester von Strauß auf dem Nordfriedhof bestattet sind (das Grab gibt es noch), findet er im abgeschiedenen Rott am Inn (Kreis Rosenheim) die letzte Ruhe. An der Seite seiner Frau Marianne.

Die Familiengruft ist seitdem Wallfahrtsort für die immer noch sehr große Zahl von Strauß-Anhängern. Am Mittwoch werden dort Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer erwartet.

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