Die 499-PS-Susi wurde ordentlich gepimpt

Der Ghostrider von Stockholm kann echt gut Motorrad fahren. Beispielsweise mit 220 Sachen durch die Stadt, das zeigt er uns in seinem neuesten Video. Der Titel: "Ghostrider goes undercover". Oder, anderes Schurkenstückchen: der "Hayabusa-Run".

Gleißend schießt ein schwarzes Motorrad zwischen Autos durch. Echtzeit-Schnelldurchlauf. Die Kamera im Cockpit, der Tacho steht auf 280 km/h, die Drehzahlmessernadel im roten Bereich. Klack, und plötzlich: 340 km/h. Echte 499 PS reißen jetzt das Vorderrad der turbolader-getunten Suzuki GSX 1300 R Hayabusa nach oben. Wheelie!

Das alles auf einer schwedischen Autobahn. Eine seriöse Frauenstimme fragt aus dem Off: "What can you do, when all limits have been broken?" Wir können ihr helfen: Dem Ghostrider ein maximal hochgepimptes Motorrad geben, natürlich. Weissu, wass ich mein?

Der Mann mit der "Ghostrider"-Nummer wohnt in Stockholm. Es handelt sich um einen ausgemusterten Motorradrennfahrer, in die Jahre gekommen. Einer von denen, die nicht mehr dazugehören, die nicht mehr mithalten konnten, die nie richtig vorn lagen, aber schließlich nur noch hinterherfuhren.

Durch eine "Playboy"-Story vor zwei Jahren kam heraus: Der Mann nennt sich Mika, ist um die 40 Jahre alt, hat schlohweißes Haar, ist groß, betreibt Bodybuilding. Er spricht wenig und schlecht, in vorher abgefaßten Sätzen wie "Die Angst in dir ist dein bester Freund."

Arg beschränkt auch das Gestenrepertoire des Motorsportfans: Bei knapp 300 Stundenkilometern – das sind 190 km/h über dem Tempolimit von 110 km/h auf schwedischen Autobahnen – hält er den gereckten Okay-Super-Top-Daumen in die Cockpit-Kamera.

Ghostrider auf Video als "Kult für Kenner"

Der Mann ist mit seinen Motorrädern extrem forsch und illegal unterwegs, seit neuestem auch in Deutschland (Nürburgring ist erwiesen) und Frankreich (Pariser Autobahnring). Und natürlich in Schweden: Vollgas durch den Verkehr, ohne Skrupel, ohne Nummernschild.

Außer den Kameras am Motorrad filmen Gehilfen an der Strecke mit – meist sind es minutiös geplante Szenen, aber im öffentlichen Straßenverkehr. Der Ghostrider ist nicht der erste, der so was macht. Aber er ist der erste, der mit seinen selbstmordattentätermäßigen Ausfällen Gewinn einfährt, seit 2002.

Seine vier, je ein- bis zweistündigen Videos vertreibt er in Videotheken, natürlich auch im Internet (www.ghostrider-germany.de), sie kosten zwischen 20 und 40 Euro. Auf einer Schweizer Internetsite wirbt ein Händler: "Ein Kultfilm für Kenner: Im wahrsten Sinne abgefahrene Bikerszenen der Extraklasse. Ein Spaß für alle Tempofreaks! Mit 300 Sachen auf einer GSX-R 1000 durch den Berufsverkehr, mit 200 Sachen auf dem Hinterrad, echte Verfolgungsjagden mit der Polizei und und und ..."

Erste Szene im jetzt erschienenen, vierten Video "Ghostrider goes undercover": wieder Stockholm. Eine Tiefgarage. Eine Suzuki GSX-R 1000, eine GSX 1300 R Hayabusa, ein Turbo-Hayabusa-Streefighter, ein Pocket-Bike, ein BMX-Kinderfahrrad. Der abgehalfterte Rennfahrer tritt auf in schwarzem Leder, ein schwarzes Visier.

Der Typ greift zum Fahrrad. Er geht radeln. Dingdiliding, eine lustige Musik spielt. Zu albern aber auch sieht's aus, wenn "Ghost" so mit dem Fahrrädchen herum strampelt. Mit einiger Gewißheit ein Einfall seines Kumpels an der Kamera. Ja, lustig ist es, das Ghostriderlein aus Schweden. Ein Spaßvogel.

Im Ghostrider-Video Nummer eins, "The final Ride", fuhr diese schwarz vermummte Gestalt nach Uppsala. Start in Stockholm, an einer Ampel. Grün und Vollgas, 100, 200, 299 (km/h). Stadtverkehr, es ist gerade rush hour.

Andere Szene: Nachts auf einer dreispurigen Autobahn. Tacho 280 km/h. Der Ex-Rennfahrer fährt mit seinem Motorrad zwischen zwei Lkw durch, dann rechts am nächsten Auto vorbei, es wird eng, er weicht auf den Standstreifen aus, nimmt die Kurve mit 260, zieht von rechts nach ganz links, schaltet schnell runter, um wieder auf ordentlich Drehzahlen zu kommen.

Mit 270 Sachen noch schneller nach Uppsala

Ja, der Ghostrider hat die 68 km von Stockholm nach Uppsala dann in 14.55 Minuten geschafft. Der "Uppsala run" war das. Im Schnitt sind das über 270 Stundenkilometer. Jetzt, im neuen Film gibt es das Kapitel mit dem pathetischen Titel "Live or die". Für was?

Für Folgendes: noch schneller nach Uppsala. Aber erstmal in die Kirche. Die Turbo-Suzuki parkt vor der Pforte, drinnen kniet der Mann, ohne den Helm vorm Herrgott abzunehmen. Und anschließend noch einmal Uppsala und noch'n Rekord außer Konkurrenz.

Abgesehen von Kinderfahrrad, Kruzifix und Kirchenbank hat sich der "Ghostrider"-Produzent noch eine weitere Requisite ins Bild rücken lassen: schwedische Polizeiwagen auf (vorläufig) hoffnungsloser Verfolgungsjagd. Gut möglich, daß die schwedische Polizei die Identität des Stunt-Amateurs längst gelüftet hat. Aber nach schwedischem Recht hat sie ihn in flagranti zu erwischen, und so lebensgefährlich für alle zufällig Beteiligten die Aktionen auch sind – es sind Ordnungswidrigkeiten in Schweden, nicht Straftaten. Der Vertrieb der Videos ist deshalb legal.

Manchmal zieht der Mann eine Schleppe von Einsatzwagen hinter sich her, eine halbe Stunde lang – immer vorbei an den Kameraleuten, die meist auf Brücken stehen. Danach gibt er Gas und bringt sich in Sicherheit. Dieser oft und oft gefilmte Kalauer kehrt jetzt in einer kleinen Variante wieder: Jetzt tritt er als Polizist mit Polizei-GSX-R auf den Plan und ist Jäger, mit Blaulicht und Sirene. Gestellte Verfolgungsjagden, die Verfolgten sind Mitstreiter.

Zwei Lkw fahren nebeneinander auf der dreispurigen Autobahn, sichtlich ganz außen auf ihren Fahrbahnen, um die Mitte breit zu halten. Es ist Nacht, kein Verkehr, die Autobahn ist hell erleuchtet. Die beiden Laster sind von Komparsen gesteuert, die Szene ist gestellt. Aber die Autobahn ist echt und öffentlich. Der abgehalfterte Ex-Rennfahrer fährt gegen die Fahrtrichtung, gegen den Verkehr, zwischen den beiden Lastern hindurch, er bringt es dabei auf 284 km/h. Das wird im neuen Video ganz deutlich gezeigt. Ja, das Ghostriderlein ist echt ein voll lustiger Typ.