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Zweiter Weltkrieg Franklin D. Roosevelt

Als der „gefährlichste Mann des Krieges“ starb

Am 12. April 1945 schöpfte Adolf Hitler noch einmal Hoffnung. Der Präsident der Vereinigten Staaten, der Kopf der Alliierten, erlag einem Hirnschlag. Doch das „Wunder“ für das Dritte Reich blieb aus.
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Der Sarg mit dem Leichnam von Franklin D. Roosevelt wurde im Weißen Haus in Washington D.C. aufgebahrt Der Sarg mit dem Leichnam von Franklin D. Roosevelt wurde im Weißen Haus in Washington D.C. aufgebahrt
Der Sarg mit dem Leichnam von Franklin D. Roosevelt wurde im Weißen Haus in Washington D.C. aufgebahrt
Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PR

Der 12. April 1945 war ein freundlicher Frühlingsdonnerstag. Jedenfalls in Warm Springs im US-Bundesstaat Georgia. Seit zwei Wochen erholte sich hier US-Präsident Franklin D. Roosevelt in seinem privaten Ferienhaus. Der 63-Jährige hatte die Strapazen des Gipfeltreffens mit Josef Stalin und Winston Churchill in Jalta Anfang Februar nur schlecht verkraftet.

An diesem Nachmittag wollte er der Malerin Elizabeth Shoumatoff Modell sitzen. Nach dem Mittagessen sagte er plötzlich: „Ich habe so einen schrecklichen Schmerz im Hinterkopf.“ Sein Begleitarzt diagnostizierte einen Gehirnschlag. Gegen 15.35 Uhr Ortszeit starb Franklin Roosevelt, der seit 1933 Präsident gewesen war.

In Berlin kam die Nachricht gut eine Stunde später an – etwa gegen 22.45 Uhr Ortszeit. Aus der Führung des Dritten Reiches erreichte die Information zuerst Joseph Goebbels. Der Propagandaminister ließ sich umgehend mit Hitler verbinden. Er gratulierte ihm, denn das Schicksal habe seinen größten Feind niedergestreckt. Gott habe sie nicht vergessen, sagte er pathetisch, um anschließend mit ekstatisch verklärter Stimme von einem „Wunder“ zu sprechen.

Bei seiner letzten Vereidigung als Präsident am 20. Januar 1945 war Franklin D. Roosevelt bereits von Krankheit gezeichnet
Bei seiner letzten Vereidigung als Präsident am 20. Januar 1945 war Franklin D. Roosevelt bereits von Krankheit gezeichnet
Quelle: picture-alliance / dpa

Dann beschwor er das „Mirakel des Hauses Brandenburg“, das in allerletzter Stunde das Preußen Friedrichs des Großen vor dem Untergang bewahrt hatte. Goebbels war sicher: Ähnliches würde sich jetzt wiederholen.

Im Jahr 1762 hatte der Tod der Zarin Elisabeth die österreichisch-russische Koalition gesprengt und damit Preußen die Chance auf ein gesichtswahrendes Ende des Siebenjährigen Krieges eröffnet. Nach diesem Vorbild würde der Tod des „jüdischen“ Erzfeindes Roosevelt nun das Ende der Koalition zwischen den westlichen „Plutokratien“ und Stalins Sowjetunion einläuten.

Wie reagierte Hitler auf die Nachricht aus den USA? Sein Adjutant Nicolaus von Below erinnerte sich, der „Führer“ habe die Nachricht nüchtern und ohne großen Optimismus aufgenommen. „Aber er schloss doch nicht aus, dass dieser Tod politische Folgen für uns haben könnte.“ Von Euphorie gab es auch in den Notizen von Hitlers Sekretär Martin Bormann keine Spur. Der neben SS-Chef Heinrich Himmler und Rüstungsminister Albert Speer mächtigste Mann des Dritten Reiches schrieb schlicht „Roosevelt †“ auf und: „Abends Kesselring. Lange Besprechung“.

Ganz anders aber gab sich der Chef der Parteikanzlei nach außen. Noch in der Nacht zum 13. April 1945 rief er die Gauleiter der NSDAP in den wenigen verbliebenen noch nicht besetzten Gebieten Deutschlands an. Ein „totaler Umschwung in Europa“ stehe bevor. Die Meldung vom Tode Roosevelts sei „die beste Nachricht, die wir seit Jahren bekommen haben“. Den Grund für seine Zuversicht nannte Bormann auch: „Sagen Sie allen Männern, der gefährlichste Mann dieses Krieges ist tot.“

Der Sarg von Präsident Roosevelt im Trauerzug am 24. April 1945 auf der Pennsylvania Avenue
Der Sarg von Präsident Roosevelt im Trauerzug am 24. April 1945 auf der Pennsylvania Avenue
Quelle: picture alliance / landov

Möglicherweise teilte Hitler im ersten Moment die Begeisterung von Goebbels, um dann aber doch zu erkennen, dass sich mit Roosevelts Tod eigentlich gar nichts an der Lage verändert hatte. Zumindest sagte Albert Speer wenige Monate nach Kriegsende aus, nach dem „Überschwang des ersten Augenblicks“ sei Hitler „zu einer ruhigeren Beurteilung gekommen“.

Jedoch ist Speer ein notorisch unzuverlässiger Zeuge. In seinen 1969 erschienenen Erinnerungen schilderte er die Szene deutlich anders: „Hitler sah mich und stürzte mit einer bei ihm seltenen Lebhaftigkeit auf mich zu.“

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Die Worte des Diktators hätten sich überstürzt: „Hier haben wir das große Wunder, das ich immer vorhergesagt habe. Wer hat nun Recht? Der Krieg ist nicht verloren. Lesen Sie! Roosevelt ist tot!“ Er habe sich gar nicht beruhigen können: „Endgültig glaubte er die Unfehlbarkeit der ihn beschützenden Vorsehung bewiesen.“

Hitlers Bunker bestand aus zwei Teilen

Der Hauptbunker unter der Berliner Reichskanzlei entstand nach dem Vorbild des älteren Vorbunkers - aber mit anderer innerer Struktur durch die abgetrennte Führerwohnung.

Quelle: Die Welt

Keinen Grund zu lügen hatte Gerhard Herrgesell. Der Stenograf, der Hitlers Weisungen an seine Generäle festzuhalten hatte, beschrieb 1948 die Reaktion des Diktators auf die Nachricht von Roosevelts Tod.

„Hitler, der schon eine Weile still und nachdenklich über eine Karte gebeugt dagesessen hatte, wurde plötzlich – wie soll ich sagen – man kann nur sagen: wild. Er sprang auf, mit großer Freude ging er einige Schritte und sagte dann: ,Ich habe es immer gesagt, ich hatte so eine Ahnung.‘“ Herrgesell war konsterniert: „Es berührte mich damals unangenehm, dass ein Staatsmann so die Fassung verlieren und in einer direkt kindlichen Freude aufspringen kann.“

Ähnlich sah es auch Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop. Nach seiner Rückkehr aus dem Führerbunker sagte er in dieser Nacht einem Mitarbeiter, der Führer sei „mit den Beinen nicht mehr auf der Erde. Er schwebt irgendwo im Himmel. Goebbels, diese Kanaille, hat ihm eingeredet, dass der Tod Roosevelts die große Wende sei.“

Führerbunker-Clip 4.mp4

Quelle: Die Welt

Angesichts so unterschiedlicher Zeitzeugenaussagen muss offenbleiben, ob Hitler nun begeistert auf die Nachricht aus den USA reagierte oder nüchtern. Hatte Goebbels ihm tatsächlich noch einmal falsche Hoffnung gemacht? Oder bewegte sich der Diktator nur noch in Wahnwelten?

In seinem letzten Tagesbefehl an die deutschen Truppen vom 16. April 1945 jedenfalls verkündete Adolf Hitler allen Ernstes: „Im Augenblick, in dem das Schicksal den größten Kriegsverbrecher aller Zeiten von der Erde genommen hat, wird sich die Wende dieses Krieges entscheiden.“

Als diese Botschaft die wenigen noch einsatzfähigen Wehrmachtseinheiten erreichte, war sie bereits überholt. Denn seit dem frühen Morgen jenes Montags donnerten mehr als 14.000 sowjetische Geschütze, um die Schlacht um Berlin einzuleiten.

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