Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?
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Einzelband oder Reihe? - Wie entscheidet ihr?

Begonnen von Nightingale, 08. Juni 2014, 21:58:04

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Kati

Hallo, ihr Lieben.  :winke: Ich hoffe wirklich, wir hatten einen solchen Thread noch nicht, es lässt sich leider nicht besonders gut zu der Thematik suchen. Ich habe ein bisschen was zu Reihen an sich gefunden, aber nicht genau etwas zu der Frage, die ich mir seit ein paar Tagen stelle. Ich habe es in letzter Zeit relativ oft, dass ich eine Reihe zu lesen beginne, den ersten Band sehr gut finde und den zweiten leider bescheiden. Und das sind oft Geschichten, die unnütz aufgeplustert wurden und in einem Band gut abgeschlossen hätten werden können. Jetzt frage ich mich, wie man sinnvoll entscheidet, ob eine Geschichte zum Mehrteiler taugt, oder als Einzelband besser aufgehoben ist. Ich habe zum Beispiel im Moment das Problem, dass ich für ein Buch eigentlich zu viel Plot habe, für zwei aber zu wenig.

Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man? Kann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben? Ist es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können? Von Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen? Ist das überhaupt sinnvoll? An sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an? Was macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?

Jetzt bin ich mal gespannt, was ihr dazu zu sagen habt.  :)

Klecks

Hallo Kati, das ist wirklich ein tolles Thema!  :vibes:

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Wenn ich einen Helden habe, der sich entwickeln muss, dann würde ich versuchen, auch einen Plot für 1.000 Seiten zu bekommen. Wenn das nicht klappt, würde ich ein einziges, ihn schockierendes Ereignis stattfinden lassen, das ihn radikal verändert - eben zum Helden macht.

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?

Ich finde, das kommt darauf an, wie groß das Ausmaß seines Heldentums ist. Muss er eine Handvoll Menschenleben retten, wie zum Beispiel ein Kriminalkommissar, der einen Serientäter jagt? Da sind 400 Seiten meines Erachtens ausreichend. Muss er wie Harry Potter eine ganze Zauberergemeinschaft retten? Da wäre es schwieriger, etwas so Wichtiges und Schwerwiegendes in 400 Seiten zu pressen.

ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?

Wenn die Geschichte abgeschlossen ist, dann erscheint es mir nicht sinnvoll, nein. Dann wird es eben auch mal ein dicker Einteiler.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?

Ich würde es generell nicht erzwingen und deshalb auch nicht hinzuplotten, aber angenommen, ich würde es tun, weil der Verlag es möchte: Dann würde ich mich in Recherche für das Thema stürzen, um irgendwo den zündenden Funken Inspiration zu finden. Wenn es nicht recherchierbare Fantasy ist, würde ich mich daransetzen, die Geschichte der Fantasy-Welt, in der die Bände spielen, aufzuschreiben - und zwar alle Ereignisse, die vorher stattgefunden haben. Aus irgendeinem dieser Ereignisse entsteht dann bestimmt Inspiration für einen Nachfolgeband, da jedes Ereignis in der Vergangenheit die Zukunft beeinflusst. Andere Möglichkeit: Ich denke mir nicht Plot hinzu, dehne den Plot des eigentlichen Einteilers aber so geschickt aus, dass keine Langweile aufkommt und ich Stoff für mehr als einen Band habe, zum Beispiel, indem ich mehr Beschreibungen und Dialoge einfüge. Allerdings lasse ich persönlich die Finger von dieser Möglichkeit des Ausdehnens. Man merkt das Büchern sehr schnell an.

ZitatIst das überhaupt sinnvoll?

Es ist sinnvoll, wenn es ein Auftrag ist, statt einem Roman mehrere zu schreiben. Ansonsten mag ich dieses erzwungene Mehrteilerschreiben nicht. Wenn Plot für nur einen Roman da ist, zwinge ich mich nicht dem Mehrteilerschreiben willen zu Fortsetzungen.

ZitatAn sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an?

Es kommt auf den Plot an. Reicht er für mehr als einen Band? Dann schreibe ich auch mehr als einen Band. Reicht er für höchstens zwei? Ich mache einen dicken Einteiler daraus, weil ich sonst das Gefühl hätte, jeder würde auf einen dritten Teil warten und eine Trilogie erwarten. Reicht er für nur einen Band? Dann schreibe ich auch nur einen Band. Als Leserin sage ich dasselbe: Wenn mich die Handlung in jedem Band mitreißen kann, lese ich sogar sehr gern Mehrteiler. Der Vorteil ist, dass man wieder neu in die Welt eintauchen und die Figuren wiedersehen kann. Der Nachteil ist das ständige Warten auf den nächsten Teil, der manchmal wirklich die Lust am Lesen und auch die Fähigkeit nimmt, in die Welt und die Figuren einzutauchen. Vorteil eines Einteilers ist eben das Gefühl der Abgeschlossenheit und dass man nicht ständig darauf wartet, dass es weitergeht, während der Nachteil ist, dass man nie wieder in die Welt und die Figuren eintauchen kann, was jedoch nach jedem guten Roman, ob Einteiler oder nicht, ohnehin schmerzen sollte.

ZitatWas macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?

Eine Reihe ist für mich gut, wenn die Rahmenhandlung in sich geschlossen ist, der rote Faden aber - zum Beispiel die Heldenentwicklung oder das Bekämpfen des Antas - noch weiterlaufen kann. Wenn man sich alles aus der Nase ziehen muss, ist das für mich hingegen ein Zeichen, es lieber bei einem Teil zu belassen. Ein Beispiel für eine gut gelungene Reihe - auch, wenn nicht jeder diese Reihe mag - ist auf jeden Fall Harry Potter. Das Ziel ist es, Voldemort auszuschalten, aber in jedem Buch erlebt Harry ein anderes Abenteuer, das irgendwie mit Voldemort verbunden ist. Meines Erachtens die perfekte Reihe. Ein Beispiel für eine schlechter gelungene Reihe ist leider gleichzeitig eine meiner Lieblinge: die Mortal Instruments von Cassandra Clare. Geplant war eine Trilogie, die war richtig toll, aber dann kam noch eine zweite hinterher, und dieser zweiten merkt man, obwohl sie spannend ist und ordentlich Plot hat, leider an, dass sie lange nicht geplant war. Ich mag die Bücher wirklich sehr, aber die zweite Trilogie - so sehr es mir auch gefallen hat, meine Lieblingsfiguren wiederzusehen und so sehr es jetzt schmerzt, sie nach dem letzten Teil loszulassen - wirkt besonders episch und besonders reißerisch. Der Vermarktung der englischen Bücher hat man angemerkt, dass es nur noch darum ging, den Erfolg bloß nicht abreißen zu lassen. Das hat man den Büchern leider angemerkt, obwohl sie trotzdem gut waren.

Uups, das war jetzt viel Gelaber.  ;D

Arcor

Mir persönlich fällt es immer schwer, im Einzelroman-Modus zu denken, gerade bei den Fantasy-Geschichten. Es passiert über kurz oder lang, dass ich einfach zu viele Ideen für einen Band von vernünftiger Länge anhäufe - und Schwups, bin ich beim Mehrteiler.

Wobei ich das tendenziell auch als mein Problem ansehe, weil
a) ein Mehrteiler einfach viel mehr Plotten braucht und viel mehr Zeit zum Schreiben, Korrigieren etc.
und b) ein Mehrteiler nicht unbedingt leicht zu vermarkten ist, wenn man denn veröffentlichen will.

Ich bin in jeden Fall heilfroh, wenn sich ein Prota kurz und knapp vorstellt und eine Geschichte mitbringt, die sich gut auf 400-500 Seiten erzählen lässt. Reihenprotas verfluche ich bereits, wann immer sie auftauchen - auch wenn ich das breite Erzählen sehr mag.

Für einen Mehrteiler muss aber in meinen Augen sowohl die Charakterentwicklung (mindestens des Protas, besser aber auch mehrerer Nebenfiguren) wie der Plot alle Teile der Reihe umspannen. Eines alleine trägt keinen Roman. Und am besten sollte man bereits im ersten Band der Reihe dem Leser deutlich machen, dass es ein Mehrteiler wird. Ich habe einmal ein Fantasy-Roman gelesen (hießglaube ich Quicksilver Rising) und erst als ich das Buch aushatte, wurde mir bewusst, dass es ein Mehrteiler wird und nur den Auftakt bildete. Der Band diente zu nichts anderem, als die Figuren zusamemnzuführen. Das fand ich zum einen nicht gut kommuniziert und zum anderen als Plot des ersten Bandes zu dürftig.

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?
Klar, das kommt ja nur auf die Größe der Geschichte und des "Helden" an. Jugendromane sind selten viel dicker als 400 Seiten und da gibt es auch eine überzeugene Heldenentwicklung. Es hängt nur davon ab, was du als "Held" definiert und ob er unbedingt die Welt retten muss. Heldentum im Kleinen kann manchmal richtig schön sein und braucht keinen riesen Rahmen.

ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Wie Klecks schon schrieb, nein. Auf keinen Fall. Gib der Handlung und den Protas so viel Raum, wie sie brauchen, und nicht mehr. Etwas künstlich aufzublähen funktioniert nur ganz selten gut, meistens merkt man das als Leser und ist enttäuscht.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?
Auch hier bin ich bei Klecks. Es passiert, wenn es passiert. Ich plotte nie so lange an etwas herum, bis ich sage "Juhu, jetzt habe ich drei Bände, die sollten es ja schon sein". Meist kommt die Figur oder das Setting (oder noch besser beides zusammmen) als erstes und dann sammel ich im Laufe der Zeit Ideen für diese Figur an, wie ihre Geschichte aussehen könnte. Sobald ich feststelle, dass es mehr wird als nur ein Roman, ergebe ich mich seufzend in mein Schicksal.   :omn:
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Siara

Ehrlich gesagt habe ich mir über die Frage Einzelband/Reihe nie wirklich Gedanken gemacht. Es passiert eben, wie es passiert. Normalerweise beginne ich mit einer Idee und forme daraus einen Plot, sodass ich Anfang und Ende festlege. Da ich nie sehr detailreich plotte, passt diese Geschichte in einen Band. (Allerdings für gewöhnlich nicht in 400 Seiten. ::) ) Es kann aber passieren, dass ich feststelle, dass noch nicht alles erzählt ist. Während des Schreibens kommen neue Handlungsstränge auf, die sich über den Band hinaus entwickeln, ich erkenne eine Folge, der Ausgang des ersten Bandes hat, etc. Dann wird diese Folge und weitere Handlung in einem weiteren Band verarbeitet. So hat der erste Band auf jeden Fall einen Bruch an einer halbwegs passenden Stelle, da es ja ursprünglich als Ende geplant war.

Denn das finde ich wichtig: Wenn man tatsächlich doch von Anfang an Plot für drei Teile hat, ist das in der Regel so oder so ein sehr starker Bruch in der Handlung. Schließlich sind dann keine oder nur sehr wenige Handlungsstränge abgeschlossen. Das finde ich beim Lesen wirklich nervig. Deshalb gibt es für mich auch einen Unterschied zwischen Reihe und unterbrochener Riesenroman, der besser in einen Band gepasst hätte. Das soll nicht heißen, dass man jeden Band einer Reihe auch einzeln lesen können muss. Aber dass sie in sich "rund" sind, ist mir wichtig. Wenn das einfach nicht passt, schreibe ich keine Reihe.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat.
Kann ich so nicht ganz nachvollziehen. Der Held "entwickelt" sich doch durch die Geschehnisse, durch die Handlung. Wenn also seine Entwicklung 1000 Seiten beansprucht, dann doch auch die Handlung, die für seine Entwicklung sorgt. Oder?

ZitatKann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?
Ein klares Ja. Es ist schwieriger, wenn weniger Platz zur Verfügung steht, aber es kommt immer drauf an, wie es gemacht ist. Überzeugend ist eine Heldenentwicklung für mich dann, wenn sie dem Plot angepasst ist, wie oben schon erwähnt. Sie sollte weder aus dem Nichts kommen noch von den Geschehnissen unbeeinflusst bleiben. Wenn also die Handlung in 400 Seiten passt, dann auch die Entwicklung. Es kommt natürlich, wie Klecks sagte, auch darauf an, welches Ausmaß die Entwicklung hat. Bei 180° Charakterwenden und dem Aufstieg vom Niemand zum Gott wird es schwer, es auf so wenigen Seiten vernünftig unterzubringen. Aber dass es unmöglich ist, würde ich nicht sagen.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?
Das kommt ganz darauf an. Macht der zugedachte Stoff die Geschichte tiefgründiger und festigt sie in ihrem Gerüst? Dann ja. Macht er sie nur komplizierter, und sie könnte ohne Probleme auch ohne funktionieren? In dem Fall nicht. Beim Plotten gehe ich meistens von logischen Entwicklungen aus. Weil dies passiert ist, muss ich jenes bedenken. Daraus ergibt sich wiederum Weiteres. Wenn ich unbedingt eine Reihe schreiben will, suche ich nach Folgen des bisherigen Plots oder vorausgegangenen Ereignissen, deren Folge mein Plot ist. Eine Möglichkeit ist auch, einen Ansatz weiterzuverfolgen, die innerhalb des Plots liegt. So hat alles einen Zusammenhang und stützt sich gegenseitig. Wenn es einfach keine passende und interessanten Folgen, Vorgeschichte oder verknüpfende Parallelhandlung gibt, weil der Band ohne bestens funktioniert, dann lasse ich es. Kein Füllmaterial, nichts "Künstliches", sondern nur, was sich logisch und wie von allein entwickelt.

Oder eben in einem Satz gesagt ;D :
Zitat von: Arcor am 09. Juni 2014, 11:26:19
Sobald ich feststelle, dass es mehr wird als nur ein Roman, ergebe ich mich seufzend in mein Schicksal.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Kadeius

Hallo, liebe Kati  :winke:

Schön, dass du das mal auf den Punkt bringen willst, du hast interessante Fragen gestellt, die - denke ich - das Hauptproblem ausmachen, muss man sich zwischen Ein- oder Mehrteiler "entscheiden".

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Ich will freilich nicht wiederholen, was meine Vorredner geschrieben haben, die meisten Antworten sind ja auch wirklich unstrittig, aber diese Frage fand ich besonders gut:
Ganz klar, du hast eine scheinbare Lücke aufzufüllen und das machst du in dem Moment zum Problem. Wenn du Spaß daran haben willst, die Geschichte weiterzuspinnen, dann lass es nicht zum Problem werden, sondern lös es direkt im Kern. Mit anderen Worten: Triff dich auf der Mitte, lass den Held interessante Leute treffen, Dinge erleben, die ihn reifer, heldenhafter, ambivalenter oder was auch immer machen. Oder es gelingt dir, interessantes und wichtiges "Füllmaterial" zu finden, das dir so gut gefällt, dass es kein "Füllmaterial" im eigentlichen Sinne mehr ist.

Doch auch ein 400-seitiges Werk will gut durchdacht und beschrieben sein, es ist sogar manchmal schwieriger, die Geschichte kurz und knackig zu halten, ich weiß genau, was du meinst. Mein Tipp: Nimm dir auch für eine 400-Seiten-Entwicklung so viel Zeit, um dir Ereignisse und Wendungen zu überlegen, die eine 400-Seiten-Entwicklung plausibel machen. Vielleicht ist dein Charakter so besonders, dass auch scheinbar weniger nachvollziehbare Gründe zu seiner Entwicklung beitragen. Das liegt bei dir. Und wer weiß, vielleicht gelingt es dir von ganz allein durch das Nachdenken über die Ereignisse und Wendungen, die die Handlung und die Entwicklung erfahren sollen, die 400 Seiten auszudehnen. So manch ein Plot hat bei >200 angefangen und daraus ist ein <5000-Epos geworden. Du setzt die Grenze und du entscheidest, was in deiner Welt geschieht.

Lieben Gruß,
Kadeius  :)

Zit

#5
In erster Linie würde ich einen Unterschied zwischen Reihe und Serie machen. Zumindest bei den Groschenromanen gibt es den. Reihe ist alles, bei der die einzelnen Hefte nicht untereinander verbunden sind (Bsp: Gaslicht); wohingegen sie es bei Serien sind (Perry Rhodan). Das verbindende Element sind dabei nicht die Figuren, so ist Jerry Cotton auch eine Reihe (oder die Simpsons, um ein TV-Bsp. zu bringen). Criminal Minds oder Navy CIS, etc. sind imho auch Reihen, wenngleich auch immer wieder Serienelemente auftauchen (die große Bedrohung im Hintergrund, die durch Szenen zum Ausdruck kommt, die gerade nichts mit dem aktuellen Fall zu tun haben).

Ich denke, wenn man einen Einzelteiler plant, der dann aber so gut läuft, dass der Verlag sagt: "Hast du da noch was von in der Schublade?", lässt sich der als Reihe leichter fortsetzen, denn als Serie. Gerade weil der Einzelteiler von seinem Plot her ja abgeschlossen ist. Serien hingegen, denke ich, drängen sich meistens von Anfang an auf, einfach weil der Plot sich halt so entfalten will.

ZitatEin anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat. Was tut man?

Ich denke, du meinst den typischen Bauersjungen, der erstmal einen ewigen Weg zum Ritter durchmachen muss bevor er den Drachen köpfen kann? Da würde ich mal frech behaupten, dass es diese 1k Seiten nicht braucht. ;D
Die Frage ist doch: Welche Szenen sind plotrelevant? Klar kann man eine Geschichte nicht nur auf solchen Szenen aufbauen und braucht auch welche, die die Charakterentwicklung voran bringen. Aber bei tausend Seiten Schwert schwingen ist diese Entwicklung erstens nicht so großartig zu erkennen (der Held entwickelt sich ja erst signifikant über die gesamte Geschichte, die dann ihren Höhepunkt im Drachentöten findet) und zweitens verschiebt sie den Fokus ganz stark auf einen Teilaspekt der Handlung, der eigentlich nur Voraussetzungen schaffen soll und nicht die eigentliche Geschichte ist. Die wäre ja, was der Held insgesamt alles erlebt oder erleben muss bis er beim Drachen ankommt.

Aber mir kommt noch ein anderes Gefühl wie du es meinen könntest, aber so sicher bin ich mir nicht, dass ich es in Worte fassen könnte. In erster Linie denke ich, kommt es darauf an, ob du character driven oder plot driven schreibst. Wenn du 400 Seiten Beziehungstamtam hast und nur 100 Seiten "sie klauen einen Diamanten", dann ist das eben charaktergetrieben und ist halt so. Dann liegt der Fokus nicht auf dem Klau des Diamanten sondern auf den Figuren.

ZitatVon Füllmaterial halten wir glaube ich alle nicht so viel, aber wie geht ihr in dem Fall daran, sinnvolle Handlung hinzuzuplotten, damit es sich auch lohnt mehrere Bände aus der Geschichte zu machen?

Bin der Meinung, dass du anderswo geschrieben hast, dass du gerade das Problem hast, dein Plot wäre für zwei Bände zu wenig und für einen jedoch zu viel. Ich nehme mal an, die Frage hat darin ihren Ursprung?
Ehrlicherweise würde ich dann runter plotten und nicht noch etwas hinzufügen wollen. Mann kann sich ja auch Szenen ausdenken, die mehrere Handlungspunkte zugleich voran bringen. Mir fällt gerade kein Beispiel ein, aber ich denke doch mal, du weißt, was ich meine. Eine Szene kann ja nicht nur die Charakterentwicklung voran treiben sondern auch den Plot.

Ansonsten würde ich es als Reihe weiter führen wollen. Die Charakterentwicklung kann sich ja auf mehrere Bände erstrecken, aber das Problem sollte in einem Band abgearbeitet sein. Auf diese Weise kann man die Reihe schön ausbauen.
Genauso kann man aber auch die große Bedrohung™ als Serie (Voldemort) über mehrere Bände aufbauen, die aber wieder in sich abgeschlossen sind, zumindest Teilprobleme behandeln. Wobei ich gerade das schwierig finde, dazu muss man sich von Anfang an entscheiden. Das lässt sich nicht im Nachhinein künstlich hinzu fügen.

ZitatMuss er eine Handvoll Menschenleben retten, wie zum Beispiel ein Kriminalkommissar, der einen Serientäter jagt? Da sind 400 Seiten meines Erachtens ausreichend. Muss er wie Harry Potter eine ganze Zauberergemeinschaft retten? Da wäre es schwieriger, etwas so Wichtiges und Schwerwiegendes in 400 Seiten zu pressen.

Woran machst du das fest? Wohl kaum an der Größe der zu rettenden Personengruppe? Man kann beides sowohl auf 400 als auch auf 4k Seiten darstellen. Es sind z.T. aber auch einfach Genrekonventionen, dass Serientäter keine 4k Seiten haben. Wo bleibt denn da der Thrill? ;D Wobei es gerade bei Fernsehserien ja auch oft diese Kriminellen gibt, die folgenübergreifend auftauchen und der Heldentruppe das Leben schwer machen (erinnere mich gerade an CSI mit dem Puppenmachertypen oder Profiler mit dem Stalker, bei Crossing Jordan gab es, glaube ich, auch mal einen).
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Guddy

#6
Ich antworte mal allgemeiner:

ich bin ein absoluter Serienfan, was sowohl bei bewegten Bildern, Comics, als auch Büchern zutrifft. Ich liebe es, die Protagonisten lange zu begleiten, langfristig in eine Welt einzutauchen undundund. Den bekannten Griff ins Klo kann man natürlich dennoch erleiden. Allerdings ist mir das bei Serien noch nie wirklich passiert. Ausnahmen bilden kleine Serien wie etwa die ersten X-Men-Verfilmungen.
Dass eine Serie von Band zu Band, Film zu Film oder Staffel zu Staffel schwächer wird, ist natürlich schon etwas häufiger. Manchmal krepiert die betroffene Serie an diesem "Jumping the Shark"-Moment (dann breche ich sie ab) oder sie erholt sich wieder. Bislang habe ich jeder Serie gerne eine Chance gegeben und wurde nur äußerst selten (Akte X) enttäuscht.

Als Möchtegernautorin möchte ich mich absolut nicht auf einen Einzelband beschränken. Zu sehr bin ich auf Serien getrimmt, meine Ideen basieren auf großen, mannigfaltigen Storylines. Mir ist es egal, wie ungünstig das für einen Erstling ist.
Über's Knie brechen würde ich es allerdings auf keinen Fall. Wenn ein Autor eine Serie macht, einzig aus dem Grund, mehrere Teile zu haben, dann merkt man das idR.

Klecks

@Zitkalasa: Wie gesagt, es kommt immer auf den Plot an. Passt der nicht auf 400 Seiten, sind es eben mehr, egal in welchem Genre.  ;D

FeeamPC

#8
Man weiß nie, was aus einem Plot wird. Mein noch unfertiger Dreiteiler hat als einbändiges Werk angefangen, das viel zu dünn ausfiel. Ich suchte Füllstoff, fand den in Form eines zweiten Handlungssstranges, und der wuchs und wuchs und wuchs und verlangte anschließend noch zwei weitere Bände.
Die usprüngliche Hauptgeschichte ist jetzt der Nebenstrang. Und es zeichnen sich ausreichend Möglichkeiten entweder die Serie fortzuführen oder Spin-offs zu machen.
Wenn ich die ersten drei Bände denn erst einmal fertig habe.

An Serien ärgert mich höchstens, dass man meist lange auf die nächsten Bände warten muss. Deshalb lese ich solche am liebsten, von denen bereits mehrere Bände auf dem Markt sind.
Und deshalb kommt mein Mehrteiler erst raus, wenn die Trilogie komplett fertig ist.

Cairiel

ZitatIst es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Das halte ich nicht für sinnvoll, da das Leser durchaus merken können, wie du schon schreibst. Selbst wenn es "sinnvolles" Füllmaterial ist ... Man muss den Leser damit schon sehr zu packen wissen, damit er es nicht als künstliche Aufplusterung empfindet, denke ich.

ZitatAn sich würde ich gern wissen, wie ihr mit solchen Situationen umgeht, lieber Mehrteiler oder lieber Einzelband, und worauf kommt das an? Was macht eine gute Reihe aus, wann sollte man lieber darauf verzichten mehr als einen Band zu schreiben? Und habt ihr dazu Beispiele?
Ich denke da auch nicht viel darüber nach. Bei meinen Geschichten gehe ich grundsätzlich davon aus, dass es Einzelbänder werden, aber da ich so ein schlechter Enden-Schreiber bin wird dann manchmal ein Mehrteiler draus. Bei meinen Winterchroniken z. B. war der erste Band als Einzelband gedacht, aber das Ende war einfach so offen, dass ich es kurzerhand mit einer anderen Idee fusioniert und eine Trilogie daraus gemacht habe. Ich bevorzuge es aber ganz klar, Einzelbänder zu schreiben (und auch zu lesen). Grund dafür ist, dass ich es nicht so lange mit einer Geschichte aushalte (wenn ich sie selbst schreibe) und von Mehrteilern anderer Autoren fast schon genervt bin. Ich bin froh, wenn ich mit der Geschichte nach einem Band durch bin und nicht den zweiten besorgen oder gar darauf warten muss.

Ich persönlich habe irgendwie höhere Anforderungen an Mehrteiler als an Einzelbände. Wenn renommierte Autoren einen Mehrteiler schreiben (Rowling, Rothfuss, Martin, ...), kaufe ich ihn mit Freuden. Bei anderen Autoren bin ich da vorsichtig. Ich frage mich, ob der Autor es wirklich schafft, mich mit der Geschichte über mehrere Bände mitzureißen, während ich bei einem Einzelband diese Bedenken nicht habe. Es fällt mir schwer, das zu erklären, ich hoffe, ihr versteht ungefähr, wie ich das meine.  :versteck:

Moni

Ich persönlich bin ein Fan von mehrteiligen, durchaus episch erzählten Geschichten. Aber dann muß der Plot auch reichen und sollte nicht künstlich aufgeplustert werden.
Wenn ich schreibe, kommt es ganz drauf an, was ich erzählen will. Ich habe zb mein Opus magnum, die Schattenhüter, von Anfang geplanten 3 Bänden auf 2 heruntergedrückt, als ich merkte, dass die Handlung des ersten Bandes eigentlich maximal für einen halben reichte. Und die des zweiten dafür eigentlich zu viel für einen ist. Darum habe ich alles neu konzipiert und arbeite jetzt mit drei Büchern, verteilt auf zwei Bände. Bei den Flüsternden Steinen habe ich nach dem Durchplotten gemerkt, dass ich mir ein wunderbar offenes Ende lassen kann und damit Raum für einen zweiten Band gebe, für den ich auch noch genug Plot haben werde. Und Underdark hat sich sehr schnell als Reihe herausgestellt, weil das Ganze ja auch auf dem Serienkonzept basiert.
Gerade aber schreibe ich etwas definitiv in einem Band abgehandeltes, bei dem ich auch keine Fortsetzung plane.

Es kommt immer darauf an, wieviel sich während des Schreibens an Handlung und Charakterentwicklung ergibt. Gerade letzteres muß passen, aber bei mir läuft die Plotentwickung mit der Charakterentwicklung in der Geschichte Hand in Hand. So habe ich zb nicht das Problem, dass mein 500 Seiten Plot auf 1000 Seiten Charakterentwicklung gestreckt werden muß.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Cailyn

Wenn du zu wenig Handlung hast, um die Entwicklung der Person darzustellen, dann bist du - meiner Meinung nach - einfach noch nicht fertig mit dem Plotten.
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass dein Buch charakterbezogen ist bzw. die Persönlichkeit im Fokus ist. Dadurch ist es sicherlich so, dass die Handlung auch ein bisschen weniger wichtig ist. Trotzdem finde ich, sollte für die innere Entwicklung des Protas eine äusserlich stimmige Handlung gefunden werden. Und das scheint bei dir noch nicht der Fall zu sein, zumindest nicht bis zum Schluss. Also demzufolge würde ich nicht kürzen, sondern eine wirklich gute Handlung austüfteln (keine proforma-Handlung, damit einfach was dasteht), die zum Charakter und ihrer Entwicklung passt.

Vic

Ich finde das ist wirklich eine Einzelfall-Entscheidung.
Der Hauptgrund für weitere Bände ist, meiner Ansicht nach, wenn man im ersten Band vor allem "World building" betrieben hat und vielleicht eine komplette Gesellschaft und ganz viele tolle Charas eingeführt hat - und es gab zwar einen Plot und der ist auch zu  Ende, aber die ganze Welt und ihre Probleme und die Charaktere und ihre Ziele sind ja immer noch da. Und dann ist es ja oft spannend die weiter auszubauen.
Mir geht es oft umgekehrt so, dass mich viele Buchwelten erst richtig ab dem zweiten, dritten Band reizen wenn man richtig tief eintauchen kann und nicht kapitelllang damit beschäftigt ist zu erklären wie was funktioniert in der Welt. 

Das Ding ist, wenn man das macht, braucht man natürlich eine übergreifende Handlung PLUS Einzelhandlungen in jedem einzelnen Band.
Siehe Harry Potter zum Beispiel. Da ist der bandübergreifende Handlungsfaden immer die Harry vs. Voldemort Kiste und dass es auf einen Krieg mit Voldemort hinausläuft. Jeder Band hat aber auch eine in sich geschlossene Geschichte, die gleichzeitig für sich selbst steht und den übergreifenden roten Faden weiterspinnt.

Doof finde ich es, wenn die Bände untereinander nur durch das gemeinsame Universum verbunden sind.
Also wenn die Helden im ersten Band Drachen jagen und im zweiten Band einen Schatz suchen und im dritten Band auf Einhörner stoßen - schön und gut, aber dann muss  auch ein roter Faden da sein, WARUM sie das alles machen. Sind das alles Schritte damit der Held am Ende der mächtigste Magier des Landes sein kann und gegen  seinen Erfeind antreten? Sind das alles Versuche der Heldin endlich ihre tote Mutter zu rächen.
Whatever. Es muss ja nicht viel sein, aber Fortsetzungsreihen brauchen halt einen roten Faden sonst funktionieren sie nicht.

Demnach würde ich das auch entscheiden.
Wenn am Ende des ersten Bandes das Böse endgültig vernichtet ist und die Guten alles bekommen haben was sie wollen, braucht man mMn keinen zweiten  Band mehr.

Churke

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Kann man eurer Meinung nach eine überzeugende Heldenentwicklung auch auf 400 Seiten schreiben?

Also wenn jemand meint, er brauche über 400 Seiten, um eine Figur zu entwickeln, dann finde ich das seltsam.
Eine Figur entwickelt sich, weil die Handung Spuren im Charakter hinterlässt. Das sollte wie von selbst geschehen, im Gegenteil: Wenn man es nicht will, muss man es aktiv verhindern.
Tyrion Lannister z.B. bleibt immer so, wie er ist, weil ihn sein Vater immer wieder auf seinen Platz verweist.

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Ist es sinnvoll, sich irgendwelche Handlung dazu auszudenken, obwohl die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist, nur, um mehrere Bände schreiben zu können?
Wenn im Klappentext von Bd. wasweißichnicht steht "... zieht eine neue, noch finsterere Bedrohung auf", lege ich das Buch gleich wieder zurück auf den Wühltisch. Reihen - ja, gerne. Aber auch wenn man sich selbst kopiert, ist es immer noch eine Kopie.



Aphelion

Zitat von: Kati am 08. Juni 2014, 21:58:04
Ein anderes Szenario wäre, dass die Figurenentwicklung zum Helden vielleicht 1000 Seiten braucht, aber man nur Plot für ein Buch mit höchstens 400 Seiten hat.
Hier stelle ich mir unweigerlich die Frage, wie die Figur sich zum Helden entwickeln soll, wenn nicht über die Handlung? Ein "Held" wächst nicht von allein. Durch irgendwas muss die Entwicklung vorangetrieben werden - und die treibende Kraft ist nunmal die Handlung, wie auch immer sie aussieht.

Ich denke ebenfalls, dass sich das Problem löst, wenn du in die Geschichte tiefer einsteigst - sei es durch genaueres Plotten oder durch den Beginn des Schreibens. :)