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Dramatik

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Stück

Das 1927 erschienene Drama wurde am 1. September 1927 in den Hamburger Kammerspielen uraufgeführt. Das Vorspiel des Erwin Piscator und Walter Mehring gewidmeten Stücks zeigt sechs Revolutionäre, die nach der gescheiterten Revolution 1919 im Gefängnis ihre Hinrichtung erwarten. Einer von ihnen, Wilhelm Kilmann, hat ein Gnadengesuch eingereicht und kommt bald frei, die übrigen – Karl Thomas, Eva Berg, ein anonym bleibender Häftling und die beiden Proletarier Albert Kroll und „Mutter“ Meller – müssen nach ihrer Begnadigung erst noch einige Zeit in einem Internierungslager verbringen.

Das Drama selbst setzt nach dem als Exposition fungierenden Vorspiel im Jahre 1927 ein. Karl Thomas, der 1919 während des zehntägigen Wartens auf seine Hinrichtung wahnsinnig geworden war, ist nun als „klinisch geheilt“ aus der Nervenheilanstalt entlassen. Als ersten seiner einstigen Genossen und Mithäftlinge sucht er Kilmann auf, der zu Thomas' großer Enttäuschung inzwischen Innenminister geworden und in einem Sumpf von Korruption gefangen ist. Thomas gegenüber verteidigt er sich mit einigen Phrasen, die seinen Verrat an der Revolution bemänteln sollen. Auch Eva Berg und Albert Kroll haben sich geändert; sie arbeiten zwar streng nach den Richtlinien der Partei, sind aber in Gefahr, über der täglichen Praxis das große ideelle Ziel aus den Augen zu verlieren, so dass ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt ist. Thomas nimmt eine Stelle als Hilfskellner im Grand Hotel an; dort wird er Zeuge von Bestechungen und Intrigen und gerät in völlige Verzweiflung über die von allen gerühmte angebliche ‚Normalität‘ der Verhältnisse. Die Ironie des Schicksals will es, dass ein nationalistisch gesinnter Student Kilmann wegen dessen ‚roter‘ Vergangenheit erschossen hat, während auch Thomas eine kurze Zeit plante, ihn wegen des Verrats an der Revolution zu erschießen. Schließlich finden sich – mit Ausnahme des toten Kilmann, der ein Denkmal bekommt – wieder dieselben Personen im Gefängnis wie 1919; doch bevor der wahre Täter entdeckt wird, verübt Thomas Selbstmord.

Tollers Stück vergegenwärtigt in einer Revue von Bildern den Zustand der Weimarer Gesellschaft in der kurzen wirtschaftlichen Blütephase nach 1923. Die Szenenfolge gibt einen Querschnitt durch die verschiedenen Gesellschaftsschichten, vom Proletariat bis zur Aristokratie; der revolutionäre Optimismus der unmittelbaren Nachkriegszeit ist verschwunden, die alten Mächte – Kapital und Militär – haben wieder die Oberhand. Toller verstärkt die Wirkungskraft seiner zeitkritischen Reportage durch die Verwendung der von Piscator entwickelten szenischen Experimente und den Einsatz der neuen Medien Radio und Film; Radiomeldungen, filmische Zwischenspiele und -bilder vermitteln zwischen den einzelnen Schauplätzen des Stücks.