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BR24

Krebskranke Fran�oise Hardy l�st Sterbehilfe-Debatte aus

Nach eigenen Worten ist die S�ngerin "nah am Ende" und leidet unter einem Nasenrachen-Tumor. Weil ihr Morphium nur in hohen Dosen helfen k�nnte, denkt sie daran, mit Hilfe eines Arztes aus dem Leben zu scheiden – was ihre Prominenz jedoch erschwere.

2018 drehte sie noch Werbespots und ver�ffentlichte mit 74 Jahren ihr Album "Personne d'autre", das 24. in ihrer langen Karriere. Doch im Herbst des Jahres ging sie wegen Ohrenproblemen zum Arzt, der einen Tumor im Nasenrachenraum feststellte. Die Behandlung mit Bestrahlungen und Immunpr�paraten h�tten f�r sie "alptraumhafte Nebenwirkungen" gehabt, so Fran�oise Hardy im Gespr�ch mit der franz�sichen Frauenzeitschrift "femme actuelle". Ihr Leben in den letzten beiden Jahren sei v�llig "ruiniert" worden. Weil die Speichelfunktion beeintr�chtigt sei, w�rden Nase und Rachen zu wenig gesp�lt, die Folgen seien Nasenbluten, Trockenheit, Atemnot, Taubheit und eine l�dierte Schilddr�se: "Ich kann nicht mehr viel schlucken und die Zubereitung meines Essens, immer dasselbe, n�mlich das, was ich schlucken kann, dauert mehr als f�nf Stunden am Tag. Ich habe seit diesen Therapien nichts mehr gehabt, was normal funktioniert und meine N�chte sind schlimmer als meine Tage. Es gibt immer Schlimmeres als das, was man an sich selbst erleidet, aber das ist kein Trost".
 

Sie ist schon lange f�r Sterbehilfe

Bereits als sehr junge Frau habe sie mit f�nfzehn im Fernsehen einen Film �ber Sterbehilfe gesehen, seitdem sei sie daf�r: "Es ist nicht Sache der �rzte, jedem Wunsch nachzukommen, sondern das unn�tige Leiden einer unheilbaren Krankheit zu verk�rzen, sobald sie unertr�glich wird". Ihre Mutter habe eine erbliche Muskelschw�che und "gro�es Gl�ck" gehabt, einen Arzt zu finden, der sie in Zusammenarbeit mit ihr selbst erl�st habe. Laut Fran�oise Hardy, die im April auch im Radio "franceinfo" bereits �ber Suizid gesprochen hatte, k�nnte ihr selbst Morphium kaum helfen, da das Bet�ubungsmittel zus�tzlich austrocknend wirkt und daher nur in maximaler Dosierung anwendbar sei. Sie habe auch Angst vor dem Tod, der sie m�glicherweise zu noch mehr Leiden zwingen werde.
 

Auf die Frage, ob sie schon nach jemandem Ausschau halte, der ihr helfen k�nne zu sterben, antwortete sie, sie wisse gar nicht, wie das gehen solle. Und selbst wenn sie schon mit einem Arzt in Verbindung st�nde, werde sie das nicht �ffentlich best�tigen. Angesichts ihrer Bekanntheit werde wohl kein Mediziner bereit sein, sie zu unterst�tzen, auf die Gefahr, dass er dann seine Approbation verliere.
 

"Junge Menschen sind ein Hoffnungszeichen"

Jede Art von �ffentlichem Auftritt liege definitiv hinter ihr, so die S�ngerin, die zu den sch�nsten Momenten ihres Lebens ihre Schwangerschaft mit Sohn Thomas und ihre Beziehung zu Chansonnier Jacques Dutronc z�hlt. Der zog allerdings von Paris nach Korsika," was sie im Mai 2018 gegen�ber der "Zeit" mit den Worten kommentiert hatte: "Ja, und das ist auch besser so. Es w�re mir viel zu stressig, ihn st�ndig um mich zu haben. Aber ohne ihn g�be es meinen Sohn Thomas nicht, und etwas Wunderbareres als Thomas ist mir im Leben nicht passiert. Ich bin wirklich ein gl�cklicher Mensch".
 

Die Corona-Pandemie f�hrt sie auf die "�berbev�lkerung" der Erde zur�ck: "Auch die gro�en Epidemien der Vergangenheit waren auf ungesunde Lebensumst�nde zur�ckzuf�hren. Aufgrund der �berbev�lkerung haben sich intensive Landwirtschaft und Massentierhaltung mit der damit verbundenen Umweltverschmutzung entwickelt".
 

Bei allem Leid f�r sich pers�nlich und f�r den Planeten bleibt Hardy jedoch auch optimistisch: "Als Hoffnungstr�ger gibt es nat�rlich all die Pers�nlichkeiten, die wie Alexandra Cousteau versuchen, mit einer fairen und langfristigen Vision der Welt Dinge zu verbessern. �kologie sollte nicht fundamentalistisch, radikal, sektiererisch oder politisch sein. Auch die vielen jungen Menschen voller Wohlwollen und Mut sind ein gro�er Hoffnungszeichen".
 

Fran�oise Hardy geh�rt zu den prominentesten franz�sischen S�ngerinnen und ist seit 1961 im Gesch�ft. Damals schrieb der Autor des unvergessenen Johnny Hallyday eigens f�r sie den Titel "Oh oh Ch�rie". Was sie ber�hmt machte, war jedoch die B-Seite der Single, "Tous les gar�ons et les filles". Die weltl�ufige K�nstlerin sang auch auf Deutsch, Spanisch, Englisch und Italienisch". �ber ihr letztes Album von 2018 sagte sie: "Ich hatte aus vielen - sehr vern�nftigen - Gr�nden nicht vor, ein weiteres Album zu machen. Die Umst�nde haben anders entschieden, angefangen damit, dass ich mich in einen Song verliebte, den ich komplett zuf�llig h�rte, 'Sleep' von der finnischen Band Poets of the Fall. Ich spielte ihn Erick Benzi vor, dem er gefiel "�“ und der mir anschlie�end zu meiner �berraschung eine Reihe wundersch�ner Melodien seiner eigenen Kompositionen schickte, die mich dazu inspirierten, einige Texte zu schreiben. Das Album erschuf sich also praktisch von selbst, alles unter der f�higen und wohlwollenden F�hrung Erick Benzis, ohne den nichts von all dem m�glich gewesen w�re".
 

"Das Ber�hmtwerden habe ich gar nicht mitbekommen"

Jahrzehntelang galt die Hardy als Mode- und Stil-Ikone, obwohl sie sich wegen ihres Lampenfiebers nach 1968 auf der B�hne rar machte. "Den ganzen Rummel des Ber�hmtwerdens habe ich eine Zeit lang kaum mitbekommen", so Hardy in der "Zeit". "Ich war damals n�mlich zum ersten Mal in meinem Leben verliebt. Dar�ber habe ich auch Lieder geschrieben, was mich von allem anderen ablenkte. Abgesehen davon war ich dauernd auf Reisen und musste sehr viel arbeiten. Die PR-Arbeit habe ich als unendlich langweilig wahrgenommen, deshalb blickte ich oft so grimmig in die Kameras. Daran hat sich bis heute nicht viel ge�ndert. Ich schreibe gern Songs und nehme sie gern auf "�alles, was danach kommt, �det mich an".

18.06.2021, Peter Jungblut f�r BR24


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Fran�oise Hardy: Krebskranke S�ngerin spricht sich f�r Sterbehilfe aus

Im Herbst 2018 war bei Fran�oise Hardy zum zweiten Mal Krebs diagnostiziert worden. Heute f�hlt sich die 77-J�hrige "��dem Ende nah"� und denkt aufgrund extremer Schmerzen an Sterbehilfe.
 

Als eine der Vorreiterinnen des Y�y�s, aus dem sp�ter Gr��en wie "France Gall" und Brigitte Bardot hervorgingen, wurde Fran�oise Hardy in den 1960er Jahren zur Ikone einer Jugendbewegung. Sp�ter distanzierte sie sich von ihren Anf�ngen, orientierte sich eher am internationalen Markt und arbeitete unter anderem mit Bands wie "Blur und Air” zusammen.
 

Kurz nach dem Release ihrer letzten Platte im Jahr 2018 habe man einen Tumor im Rachenraum gefunden, berichtet Hardy nun im Interview mit "��femme actuelle".
 

Jahrelanger Kampf mit dem Krebs

F�r die 77-j�hrige S�ngerin war es bereits die zweite Krebsdiagnose. Seit Mitte der 2000er Jahre k�mpfte Hardy mit der Krankheit, galt zuletzt jedoch als geheilt. Die jahrelange Strahlentherapie h�tte erheblichen Schaden angerichtet, wie Hardy selbst berichtet. Sie k�nne nicht mehr singen oder schlucken, leide unter Atemnot und st�ndigen Schmerzen. Sterbehilfe unterst�tze sie schon lange und w�nsche sich nun, ein selbstbestimmtes Ende f�r ihr Leiden zu finden.
 

Frankreichs Sterbehilfe-Verbot unmenschlich?

Laut Hardy sei es zwar nicht die Aufgabe der �rzt*innen, jede Anfrage auch tats�chlich auszuf�hren, aber wichtig, "��das unn�tige Leiden unheilbar Erkrankter, ab dem Moment, in dem es unertr�glich wird, zu beenden".
 

Sterbehilfe unter Strafe zu stellen, sei unmenschlich, f�gte die S�ngerin im Interview mit "��Paris Match" hinzu. Aufgrund ihrer Prominenz glaube sie nicht daran, jemals �rztliche Unterst�tzung f�r ein selbst gew�hltes Ende zu erlangen: "��Niemand w�rde das riskieren, die �rztliche Zulassung zu verlieren oder noch schlimmeres".
 

Fran�oise Hardys 24. und letztes Studioalbum "��Personne D’Autre" erschien im April 2018. Auf der Platte reflektiert Hardy ihre jahrelange Krankheit, den n�her r�ckenden Tod und die damit verbundenen Fragen. So auch auf dem Titel "��Sera-tu l� ", auf dem es hei�t: "��Wirst du mir Folgen k�nnen, wirst du da sein, wo ich jetzt hingehe?"

18.06.2021, Jose-Luis Amsler f�r RollingStone Magazin


Deutschlandfunk Kultur

Fran�oise Hardy wird 75

Gallionsfigur der Generation Yeye

 

 

Francoise wird 75

                              Sogar die Beatles oder Mick Jagger schw�rmten f�r sie: die franz�sische S�ngerin Fran�oise Hardy. (picture-alliance / dpa / Abaca)
 

Als junges M�dchen wurde Fran�oise Hardy in den 60ern bekannt. Nun feiert die franz�sische Chanson-S�ngerin ihren 75. Geburtstag. Ihr im vergangenen Jahr ver�ffentlichtes Album soll ihrem eigenen Wunsch nach ihr letztes sein.
 

Unverwechselbar ist ihre Musik, heute genauso wie vor �ber 50 Jahren, denn ihre Chansons sind authentisch und nie beliebig. Musik machen wollte sie schon immer, auch wenn es in ihrer Familie keine Tradition hatte.
 

Am 17. Januar 1944 kommt Fran�oise Madelaine Hardy in Paris zur Welt. Die Mutter ist Buchhalterin und zieht ihre beiden T�chter alleine gro�. Der Vater k�mmert sich eher selten um seine beiden unehelichen T�chter.
 

Eine Gitarre als Geburtstagsgeschenk

Als Fran�oise zum Abitur zugelassen wird, kann sie sich ein Geschenk vom Vater w�nschen:
 

��”Ich war unentschlossen, ob ich ein Transistorradio oder eine Gitarre wollte. Und bis heute wei� ich nicht, was schlie�lich dazu gef�hrt hat, dass ich mich f�r die Gitarre entschieden habe, statt f�r das kleine Radio.”
 

F.Hardy + Serge Gaindburg

                                        Gespr�ch unter Kollegen: Fran�oise Hardy mit Serge Gainsbourg im Taxi (1969). (picture alliance / akg-images / Hugues Vassal)
 

F�r Fran�oise Hardy ist es eine Entscheidung, die ihr Leben zu ihrem Leben macht. Sie, die sehr spirituell ist, nennt es F�gung. Nach dem Abitur studiert sie Germanistik an der Pariser Sorbonne und nimmt nebenbei Gesangsunterricht und mit den paar Akkorden, die sie auf der Gitarre spielen kann, schreibt sie eigene Lieder. Musik fasziniert sie schon als Jugendliche, erkl�rt sie in einem Interview beim franz�sischen Fernsehsender France O:
 

“��Ich hab mich immer f�r das interessiert, was ich im Radio geh�rt habe. Weil ich Partituren von Chansons gekauft habe, von B�caud und Brel, ich war vielleicht 16 Jahre alt und da bin ich per Zufall auf einen englischen Radiosender gesto�en, der nonstop englische Pop-, Rock- und Country-Musik sendete, und da war ich Feuer und Flamme f�r die Shadows, Cliff Richard aus England und Elvis Presley aus Amerika - und ich hab mich nur noch daf�r interessiert.
 

Bereits als Teenager hatte sie ihren ersten Plattenvertrag

1961 unterschreibt Fran�oise Hardy ihren ersten Plattenvertrag. Es ist die Zeit des YeYe, der Beatmusik in Frankreich. Die Schallplattenfirmen suchen ein weibliches Pendant zu Johnny Hallyday und sehen in dem h�bschen jungen M�dchen mit langen braunen Haaren eine zuk�nftige Pop Ikone.


“��T'ous les les gar�ons et les filles” ist ein Chanson �ber Jungen und M�dchen auf der Suche nach der gro�en Liebe und es ist die B-Seite der ersten Single. Das Lied wird nicht nur zum Hit, es wird die Hymne einer ganzen Generation: der G�n�ration Yeye und der Beginn einer unglaublichen Karriere.
 

1963 startet Fran�oise Hardy f�r Monaco beim Grand Prix Eurovision de la Chanson. Sie r�umt etliche Musikpreise ab und ber�hmte franz�sische Kollegen schreiben Lieder f�r sie.


“��Zuerst war da Serge Gainsbourg, der den Instrumental “Hurt to say good bye”� aus Amerika f�r mich adaptierte und er hat diesen Text geschrieben, den auch nur er so schreiben konnte damals: ”Comment te dire adieu"”, mit all diesen Reimen auf ex.”
 

Wegen Lampenfieber ging sie nicht mehr auf Tournee

Hardy feiert gro�e Erfolge auch im Ausland, sogar die Beatles oder Mick Jagger schw�rmen f�r sie. Hierzulande hat sie eine eigene Fernsehsendung, produziert von Truck Branss, Bravo w�hlt sie 1966 unter die beliebtesten S�nger und mit deutschsprachigen Liedern feiert sie ebenfalls gro�e Erfolge.
 

Studioproduktionen sind das eine, Auftritte vor Publikum das andere. Fran�oise Hardy leidet unter Lampenfieber und beschlie�t, ab den fr�hen Siebzigern nicht mehr auf Tournee zu gehen. Erfolgreich bleibt sie trotzdem.
 

1981 heiratet sie den franz�sischen S�nger Jacques Dutronc, mit dem sie seit 1967 liiert ist. 1973 kommt Sohn Thomas Dutronc zur Welt. Ihre gr��ten Erfolge feiert sie bis Ende der Achtziger und selbst ab dann sind ihre Alben, die sie jetzt seltener produziert, sehr erfolgreich, so auch ihr aktuell 24. Studioalbum “��Personne d’autre”. Inspiriert durch einem Titel der finnischen Gruppe “��Poets of the Fall” produziert sie ein wundersch�nes Album und  begeistert erneut die Musikwelt. Franz�sische Popmusik vom feinsten, zeitlos, authentisch und nie beliebig. Bonne anniversaire, Madame Fran�oise Hardy.

17.01.2019 Susanne Wachs f�r Deutschlandfunk Kultur


 

FemBio

(Fran�oise Madeleine Hardy )

geboren am 17. Januar 1944 in Paris

franz�sische Chansons�ngerin, Texterin, Komponistin und Filmschauspielerin
75. Geburtstag am 17. Januar 2019
 

Biografie

Fran�oise Hardy betont, dass sie nicht der �gutb�rgerlichen“ Schicht entstammt. Ihre Mutter ist Buchhalterin und rackert sich ab f�r ihre beiden geliebten T�chter. Durch ihren Flei� erm�glicht sie den M�dchen die Ausbildung und so manche Extras, um deren Leben lebenswerter zu machen als das eigene. Der Vater ist nie da, zahlt kaum Unterhalt und verleugnet seine T�chter. �Es durfte niemand wissen, dass er zwei au�ereheliche Kinder hatte“, erinnert sich die S�ngerin. Briefchen der M�dchen aus dem Urlaub m�ssen immer in einen Umschlag ohne Absender gesteckt werden, damit fremde Augen nicht sehen, von wem die Post kommt. Die junge Fran�oise verinnerlicht durch das Verhalten des Vaters ein tiefes Schamgef�hl, das sie in ihrer sp�teren Laufbahn als S�ngerin lange beeintr�chtigen wird. Oft leidet sie so stark an Lampenfieber, dass sie vor gro�em Publikum den Liedtext vergisst. Die Sch�chternheit in der �ffentlichkeit ist einfach zu gro�. Ihre Jugend beeinflusst auch eine sehr kritische Gro�mutter. Lange Zeit denkt Fran�oise, es bliebe ihr nur der Weg, als Nonne ins Kloster zu gehen, denn f�r ein normales Leben sei sie zu unattraktiv.
 

Diese Einfl�sse spiegeln sich so lange in ihrer Laufbahn als S�ngerin wieder, bis sie durch die Reaktionen der Au�enwelt endlich merkt, wie sch�n und talentiert sie ist. Ihren Jungm�dchencharme beh�lt sie sehr lange, und sie unterstreicht auch heute noch, dass eine Chansons�ngerin ein Leben lang eine �Teenie“ bleiben muss. Sehr fr�h will sie aber unbedingt ihren Traum verwirklichen. Zun�chst ist dieser Traum noch sehr bescheiden: Sie will eine Platte aufnehmen. Kurz nach dem bestandenen Abitur erscheint ihre erste Platte.
 

Mit �Tous les gar�ons et les filles“ gelingt der ganz gro�en Erfolg: ein sanftes Chanson �ber die Jungen und M�dchen ihres Alters. Bald spielt sie ihre Songs auch auf Englisch, Italienisch, Deutsch, Spanisch und Portugiesisch ein. 1963 startet Fran�oise Hardy f�r Monaco beim Eurovision Song Contest mit �L'amour s'en va“ und erreicht den f�nften Platz. 1968 erh�lt sie den Schallplattenpreis �Grand Prix du Disque de l'Acad�mie Charles Cros“. In Deutschland w�hlt die Jugendzeitschrift Bravo Fran�oise Hardy 1966 zur zweitbeliebtesten S�ngerin. Eine Tournee durch Deutschland ist die Folge. Sie macht auch Konzertreisen durch England und �sterreich.
 

Bis heute wundert sie sich, dass sie in den 1960er Jahren als Intellektuelle galt, nur weil sie viele B�cher las. Sie selbst sch�tzt sich nicht so ein - �berhaupt offenbart sie in ihren Reflexionen �ber sich selbst viel Bescheidenheit. Die Welt ist jedoch von ihr begeistert. David Bowie verliebt sich in sie und spricht davon, dass viele M�nner und Frauen sich von Fran�oise Hardy angezogen f�hlten. Ihre �u�ere Erscheinung zeigt im Laufe der Jahre eine deutliche Wandlung; sie tritt zunehmend als androgyner Typus auf. Sie spielt mit den Rollen von weiblich und m�nnlich. 1981 heiratet Fran�oise ihren langj�hrigen Freund, den K�nstlerkollegen Jacques Dutronc. Ihre gro�e Popularit�t h�lt in Frankreich bis weit in die 1970er und 80er Jahre an. Im Jahr 2000 gelingt ihr mit dem Album �Clair Obscur“ eine R�ckkehr in die �ffentlichkeit. 2001 gibt es trotz ihrer selbstkritischen Haltung zur Musik ihrer fr�hen Jahre 50 Lieder der bisherigen Karriere zusammen zu h�ren.
 

Im M�rz 2005 erscheint ein Album mit dem Titel �Tant de belles choses“ und im November 2006 das Album �Parenth�ses…“. Im Fr�hjahr 2010 verbl�fft sie mit �La pluie sans parapluie“. Sie wirkte auch in mehreren Filmen mit.
 

Musik und Texte schreibt sie meist selbst. Die Melodie, oft in einem melancholischen Grundton, inspiriert sie zu den Worten. Ihre Themen kreisen um Liebe, Leid, Einsamkeit, N�he und Distanz wie auch Gl�ck. Sie ist eine S�ngerin, die mit den Nuancen der Liebe spielt. Das Wichtigste dabei ist ihr, authentisch zu sein. Es ist ihr ein Herzensanliegen, an ihre eigenen Lieder zu glauben. �Es geht um den Aspekt der Wahrheit“, sagt Fran�oise. Wenn sie Texte von anderen annimmt, so nur dann, wenn sie sich mit den Worten identifizieren kann. Fran�oise Hardy m�chte Gef�hle zum Ausdruck bringen, und sie m�chte ber�hren, am meisten den geliebten Menschen. Dies sei ihre st�rkste Motivation. Dabei spricht sie so vielen Menschen aus dem Herzen, die sich in ihren Texten wiederfinden k�nnen, dass sie im In- und Ausland ein Star ist, was sich in einer Flut an Fanpost niederschl�gt. Sie wird als freim�tig und direkt beschrieben und als Star ohne All�ren. Wer sie auf der B�hne singen sieht, kann sie nur als charismatisch bezeichnen.
 

Dabei ist ihr das Studio ein magischer Ort. Hier nehmen die Lieder Gestalt an, �ber die sie lange nachgedacht hat. Fran�oise Hardy arbeitet gern mit anderen Menschen zusammen, mit S�ngerInnen und Studiomenschen. Sie braucht aber auch ein sicheres Heim, denn das Wanderleben mochte sie nie. Deshalb ist ihr das eigene Familienleben stets wichtig. Als junge Frau wurde sie einmal in einem Interview gefragt, warum sie nicht verheiratet sei. Sie antwortete, dass sie die richtige Seele noch nicht gefunden habe, und heiraten sei etwas f�r die Zeit, da Kinder gew�nscht werden. Als sie die richtige Seele trifft, ist dies ein Mann, der gro�e M�he mit seinem Selbstwert hat angesichts einer so ber�hmten Frau. Insofern ist sein Hang zum Alkohol erkl�rbar. Mit den Kumpels in der Bar f�hlt er sich sicher. �Die Liebe ist es wert, gelebt zu werden“, sagt Fran�oise. �Man muss aber auch bereit sein, den Preis zu zahlen.“ Die Geburt ihres Kindes wird zur gr��ten Freude ihres Lebens. Und dies ist als best�ndiges Gl�ck geblieben. Ihr Sohn Thomas beschreibt die Eltern als sehr liebevoll und sein Leben als umsorgt und beh�tet. Den alkoholisierten Eskapaden des Vaters wird mit Toleranz begegnet. Der Sohn betont, dass er sehr viel Z�rtlichkeit erfahren habe. �Es wurde viel geschmust“, erinnert er sich. Ihre Leistung als Mutter sieht Fran�oise selbstkritisch. Aber sie lenkt ein mit den Worten: �Niemand ist perfekt und man muss das Leben nehmen, wie es kommt.“ Diese Gelassenheit zeigt sie auch ihrem Partner gegen�ber, sie sch�tzt ihn und bezeichnet ihn als stets einfallsreich und �berraschend. Ihre Reflexion �ber die Liebe offenbart sie in einer Bewertung all ihrer Erfahrungen: �Liebe ist nicht nur Begehren, oder sie verpufft sehr schnell.“ Was sie in der Vergangenheit als Schmerz und Leid erfahren habe, sei ein Ausdruck ihrer eigenen Unreife gewesen. Die reife Liebe erkenne, dass die/der andere anders sein muss und nicht gleich. Die Liebe fordere nichts und tr�gt Sorge daf�r, dass die/der andere wachsen kann.
 

Wenn sie auch eine n�chterne Sicht auf M�nner hat, so konstatiert sie doch f�r sich. “Es lohnt sich nicht wegen Eifersucht zu leiden.“ Allerdings kann sie nur, wenn sie allein ist, ganz und gar tun, was sie m�chte. �Ich m�chte auf keinen Fall auf das Alleinsein verzichten.“ Einerseits ist die Einsamkeit Quelle f�r Kraft und Inspiration, andererseits die Musik. ZeitgenossInnen sagen, Fran�oise n�here sich der Musik unbeschwert. Vorbilder sind f�r sie andere Chansons�ngerInnen. Michel Berger (28.11.1947 - 02 08.1992) verk�rpert f�r sie eine ganze Epoche. Sie sieht in seinem Gesang Perfektion verwirklicht. Bewunderung schenkt sie auch anderen Gr��en des Chansons. Klassische Musik liebt sie nur dann, wenn diese gro�e melodische B�gen aufweist.
 

Dar�ber hinaus interessiert sie an Menschen, was diese zusammenf�hrt. Wir werden von dem angezogen, was wir selbst nicht sind“, konstatiert sie. �Wir Menschen versuchen uns zu erg�nzen durch das, was uns fehlt.“ �ber sich offenbart sie: Ich bin ein sehr ernsthafter Mensch. Ich interessiere mich vor allem f�r ernste Themen: Spiritualit�t, Tod und den Sinn des Lebens.“ Dabei f�hlt sie sich im Gro�en-Ganzen jedoch aufgehoben. Das Universum sei zu geordnet, um ohne eine h�here Macht auszukommen. Gott ist f�r sie das Unergr�ndliche. Er �bersteige unser Fassungsverm�gen. F�r ihr eigenes Leben zieht sie daraus mit gro�er Erleichterung den Schluss, dass es f�r uns Menschen auch Probleme ohne L�sung gibt.

17.01.2019 Evelin Thriene f�r FemBio


DER TAGESSPIEGEL

 

Fran�oise Hardy wird 70:

Die zarteste Versuchung, seit es Chansons gibt
 

Mit achtzehn und ihrem Hit "Tous les gar�ons et les filles" wurde sie weltber�hmt - Fran�oise Hardy, die Prinzessin des Y�y� der Sechziger Jahre. Kleines Lied auf eine Legende, die am 17. Januar real existierende 70 wird.

Francoise in New York
Fran�oise Hardy im April 1965 in New York.FOTO: AFP

 

Eigentlich ziemlich verr�ckt, im Netz nach Musikvideos aus der gro�en, also fr�hen Zeit der Fran�oise Hardy zu suchen. Aber gew�hnt daran, dass ihre sehr fernen Nachfolgerinnen, ob sie nun Lana oder Miley oder Beyonc� hei�en m�gen, sich stets auch visuell positionieren, probiert man es doch. Dabei gab es, erstens, damals noch gar keine Clips. Und bei den Konzerten, die die Anfangzwanzigerin Mitte der sechziger Jahre im Pariser Olympia und bald sogar in S�dafrika gab, hielt auch, zweitens, niemand das Handy alias Filmchenkamera in die H�he. Und drittens: Gen�gte nicht sowieso ein Plattencover mit ihrem Gesicht, um die Verh�ltnisse zum Tanzen zu bringen
 

Manche Fans, die auch heute ihren Fran�oise-Hardy-Clip auf Youtube hochladen, halten es genau so: Sie nehmen ihr Lieblingsfoto und spielen ihr Hardy-Lieblingschanson, fertig, aus. Und dann sind da doch Fundst�cke, Zuf�lle, wie jene verwaschene Schwarz-Wei�-Fernsehaufzeichnung, in der die zarteste Melancholikerin, seit es Chansons gibt, die deutsche Version ihres ersten Hits �Tous les gar�ons et les filles“ zum Besten gibt – und das Lied erklingt pl�tzlich unbarmherzig als der Schlager, der es war: �Peter und Lou, die so alt sind wie ich, gehen tr�umend verliebt durch die Nacht. Nichts ist so sch�n, wie wenn zwei sich verstehn, wenn ganz heimlich die Liebe erwacht …“
 

Wegklicken eigentlich, das Ding, und zwar sofort! Aber dann, vor einer weiteren Deutschversion, gibt es 20 Sekunden hineingeschnittenes Interview – Fran�oise Hardy hat Deutsch studiert an der Sorbonne –, und pl�tzlich ist alles wie immer. �Fran�oise, dr�ckt sich in Ihren Liedern Ihr Wesen aus?“, fragte eine Frauenstimme aus dem Off. Gro�aufnahme Hardy: �Ja, nat�rlich.“ Nachfrage aus dem Off: �Das ist nicht so nat�rlich.“ Ein umwerfendes, verlegenes L�cheln, und dann, z�gernd, aber zielgenau, mit noch umwerfenderem franz�sischen Restakzent: Doch. Das hat immer ein Verh�ltnis. Was man macht, hat immer ein Verh�ltnis mit was man ist.“
 

Es ist ein Schmerz in den Augen, als Fran�oise Hardy diesen Gedanken in der denn doch fremden Sprache aus sich herauswindet, und er passt fast genau auf die zwei oder drei Dinge, die man von ihr ahnt. Dass ihre oft das Gl�ck anderer beobachtenden Liedtexte, ihre fast resignative Eifersuchtslosigkeit wom�glich mit ihrer verschlossenen Kindheit und Jugend zu tun haben, bevor sie mit kaum achtzehn zum Star wurde. Dass die Tochter einer alleinerziehenden Bilanzbuchhaltergehilfin, oft abgeschoben zu einer herrschs�chtigen Gro�mutter, unglaublichen Mut aufbringen musste, um sich ersten Talentwettbewerben zu stellen. Dass sich da jemand durchgebissen hat aus engen Verh�ltnissen von Anfang an
 

Klar, da sind die paar leuchtenden Jahre von 1962 bis 1967, dieses immer gern kometenhaft genannte Aufstiegszeug, das doch sein Vergl�hen schon im schm�ckenden Beiwort tr�gt, und so war ab 1968 Schluss mit den Tourneeauftritten, Schluss mit dem ewigen Lampenfieber, mit der trotz allen Erfolgs unausrottbaren Angst vor dem real existierenden Publikum. Fortan gab es Fran�oise Hardy nicht mehr live, aber sie ver�ffentlichte weiterhin ihre Platten, erst im Jahresrhythmus, dann seltener, ohne deshalb weniger ber�hmt zu sein. Manche, die ihr ganz fest die Treue hielten, wissen sogar von einem Comeback mit dem Album �Clair-obscur“ zur Jahrtausendwende, da war Fran�oise Hardy unfassbare 56 Jahre alt.
 

Aber damals. Wer ihre Musik Jahrzehnte nicht im Ohr hatte, kann sie zumindest mitsummen, wenn er sein empfindlichstes Sinnesorgan an einen Tontr�ger anschlie�t – �Ton meilleur ami“ oder �Mon amie la rose“, �Quel mal y a-t-il � �a?“ oder �Peut-�tre que je t’aime“. Und staunt �ber die Orchesterbegleitungen mancher Gassenhauer der ersten Jahre, die wie aus dem Inneren einer Keksdose her�berscheppern, und freut sich an den leisen Sachen, Gitarre und Stimme und sonst gar nichts. Wenn aber die Stimme doch schon alles ist? Dass sie eine im Umfang und Volumen eher schmale blieb, st�rte �brigens niemanden zu jener Zeit; f�r die deftigeren Sounds waren ohnehin andere zuverl�ssig zust�ndig.
 

So wurde Fran�oise Hardy, scheint’s, ganz von allein zur Ikone. Heute wei� man, ihr Fotograf und mehrj�hriger Liebhaber Jean-Marie P�rier hat sie fr�h f�r eine identifikations- und imitationsbegierige �ffentlichkeit gestylt, Modemacher von Andr� Courr�ges bis Yves Saint Laurent rissen sich um die so ungemein dekorative und zugleich unerforschliche Prinzessin des Y�y�, des franz�sischen Pendants zum �Yeah yeah yeah“ der Beatmusik. Und: Andere gro�e Namen bis hin zu Serge Gainsbourg komponierten f�r sie, sofern sie nicht selber, durchaus h�ufig, auch die Musik zu ihren Texten schrieb. Und irgendwann war da Jacques Dutronc, auch er viel besch�ftigter Chansonnier, mit dem sie, da war sie knapp drei�ig, einen Sohn hatte und den sie acht Jahre sp�ter heiratete.
 

Richtig wichtig aber ist das nicht. F�r viele, die denn doch noch f�hlbar weniger alt sind, als Fran�oise Hardy heute wird, ist sie die romantische unsichtbare Begleiterin erster Lieben und ersten Liebeskummers. Die Stimme, die auf Unterstufen-Schulpartys auch die Sch�chternen auf die Tanzfl�che trieb, am liebsten zum �Slow“. So nannte sich jene keinerlei Tanzstundenkenntnis erfordernde Bewegungs�bung, bei der das M�dchen die H�nde auf die Schultern des Jungen legt und der Junge seine H�nde auf die M�dchenh�ften und sich sodann beide mit so viel Herzklopfen wie K�rperabstand zur Musik voreinander hin- und herbewegen. Und was w�rde Fran�oise Hardy dazu singen? Vielleicht dies: �C’est le pass�“.

Jan Schulz-Ojala f�r “Der Tagesspiegel” am 17.01.2014


LAUT.DE-BIOGRAPHIE

Francoise Hardy

Wenn Serge Gainsbourg  so etwas wie Frankreichs gr��ter Popstar war, dann ist Fran�oise Madeleine Hardy sein weibliches Gegenbild. Die am 17. Januar 1944 in Paris geborene Chanson-S�ngerin ist nicht nur in ihrer Heimat ein Mythos. Die Liste ihrer Bewunderer ist lang; die Beatles schw�rmten ebenso f�r sie wie Salvador Dali, Mick Jagger David Bowie und Bob Dylan. Letzterer schrieb ihr sogar einen Song.

"Mick Jagger schnappte sich dann aber Marianne Faithfull und so bekam ich Jacques Dutronc ab. Aber ich m�chte mich nicht beschweren", scherzte Hardy in einer TV-Dokumentation von 2005 �ber ihre gro�e Zeit Ende der 60er Jahre, als die gesamte M�nnerwelt der sch�chternen Chanson-S�ngerin zu F��en lag.
 

Mit dem S�nger und Schauspieler Dutronc ist Hardy ab 1967 ein Paar, 1973 kommt ihr gemeinsamer Sohn Thomas zur Welt und 1981 treten die beiden schlie�lich vor den Traualtar. Das Paar lebt in Paris und auf Korsika.
 

Entgegen der h�ufigen Annahme entstammt Francoise Hardy nicht dem franz�sischen B�rgertum wie ihre Kollegin France Gall, sondern der Arbeiterklasse. Als Tochter einer Buchhalterin erlebt sie eine ungl�ckliche Kindheit, die einiges zur ihrem scheuen Wesen beitr�gt.
 

Ihr Vater l�sst die Familie fr�h im Stich, so dass sich die Mutter alleine um Hardy und ihre j�ngere Schwester Mich�le k�mmern muss. Nach eigenen Worten habe sie sich als junges M�dchen immer gesch�mt, keinen Vater zu haben. Die dominante Pers�nlichkeit ihrer Gro�mutter steigert Hardys Komplexhaftigkeit in ungeahnte H�hen.
 

An der Pariser Universit�t Sorbonne studiert sie Germanistik und nimmt nebenbei Gesangsunterricht. Bereits als Teenager schreibt Francoise ihre ersten Songtexte, beeinflusst von den gro�en Idolen Paul Anka und Charles Trenet. W�hrend ihre Mutter auf die Uni-Laufbahn dr�ngt, bewirbt sich die 17-J�hrige auf mehrere Annoncen von Plattenfirmen, die junge Talente suchen
 

Ende 1961 hat sie Erfolg: Das Vogue-Label, das eine weibliche Antwort auf Teenie-Star Johnny Hallyday sucht, sieht in ihrer gro�en, d�nnen Statur, den langen Haaren und ihrem melancholischen Blick das kommende Pop-Idol. Gleich mit ihrem ersten Auftritt im Fernsehen singt sich das zur�ckhaltende M�dchen mit dem traurigen L�cheln in die Herzen der Nation.
 

"Tous Les Gar�ons Et Les Filles" wird nicht nur ihr erster Hit, sondern die Hymne einer ganzen Generation. Auch in Deutschland schafft es der Song in die Charts. Fortan f�hrt Hardy die "Y�-Y�"-Bewegung an, wie in Spanien und Frankreich die neue Popmusikwelle genannt wird. Unter dem Titel "Tous Les Gar�ons Et Les Filles" erscheint 1962 auch ihr Deb�talbum und macht sie �ber die Landesgrenzen hinaus bekannt.
 

1963 startet Hardy f�r Monaco (!) beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson mit "L'amour s'en va" und erreicht den f�nften Platz. Kurz darauf widmet ihr das deutsche Fernsehen eine ganze Sendung mit dem Titel "Francoise Hardy, ein Portrait in Musik", die ihre Popularit�t weiter steigert. Filmangebote lassen nicht lange auf sich warten (u.a. "Masculine Feminine" von Jean-Luc Godard) und vor Model-Auftr�gen kann sich Hardy ohnehin nicht mehr retten.
 

1968 schreibt der Bewunderer Gainsbourg f�r sie den Hit "Comment Te Dire Adieu", der sp�ter von Jimmy Somerville gecovert wird. Hardy, die seit Beginn ihrer Karriere von starkem Auftritts-Lampenfieber heimgesucht wird, absolviert nun auch Konzerte in Australien sowie in S�dafrika.
 

Ihrer Beliebtheit in Frankreich kann auch der Entschluss nichts anhaben, aufgrund ihrer B�hnenangst ab den fr�hen 70er Jahren nicht mehr auf Tournee zu gehen. Stattdessen konzentriert sie sich voll auf die Familie. Ihre Studioalben verkaufen sich nach wie vor gut. Mit "Message Personnel" landet sie noch einmal einen gro�en Hit.
 

1988 k�ndet die inzwischen 44-J�hrige ihr Album "D�calages" als letztes Album an. Schon in jungen Jahren schwor sich Hardy, im Alter von 50 Jahren nicht mehr zu singen. Fans reagieren jedoch eher entt�uscht �ber das Werk, an dem neben Dutronc auch William Sheller und Popstar Etienne Daho mitwirken.
 

Ungeachtet ihrer fr�heren Aussagen feiert sie 1996 ein Comeback und erfreut sich gr��erer Beliebtheit denn je. Blur laden die Grand Dame des Chamsons f�r ihre Ballade "To The End" ins Studio ein und auch Punk-Gro�meister Malcolm McLaren  l�sst f�r sein Soloalbum bitten.
 

F�r "Tant de belles choses" (2004) sucht sie die Kollaboration mit Songwritern wie Alain Lubrano und  Benjamin Biolay. Das Album wird von der Kritik ebenso begeistert aufgenommen wie "La Pluie Sans Parapluie" (2010) und "L'Amour Fou" (2012), f�r die Hardy wieder alle Texte selbst schreibt.
 

2015 erh�lt sie die Diagnose Krebs. Nachdem sie die Krankheit besiegt hat, entsteht unter der F�hrung Erick Benzis mit "Personne D'Autre" ein zur�ckgenommenes und intimes Album, das im April 2018 in die L�den kommt. F�r ihre Karriere w�re das Werk ein w�rdevoller Schlusspunkt. In einem Interview mit dem ZEITMagazin stellt sie in Aussicht: "Ich bin leer geschrieben, das war es nun". Mittlerweile lebt sie zur�ckgezogen in der N�he der Champs-�lys�es und widmet sich allt�glichen, ganz unspektakul�ren Dingen. F�r aufrichtige Bescheidenheit steht sie aber ohnehin wie kaum eine andere S�ngerin.


 

DER SPIEGEL

Chanson-Legende Fran�oise Hardy
"Mit 17 wusste ich nicht, woher Babys kommen"

Ihre Kindheit war einsam, ihre Lieder sind melancholisch: Die franz�sische S�ngerin Fran�oise Hardy, Stilikone der sechziger Jahre, spricht im KulturSPIEGEL-Interview �ber alleinerziehende M�tter, sp�te Sexualaufkl�rung und den dauerbreiten Bob Dylan

 KulturSPIEGEL: Mit 17 hat man noch Tr�ume. Erinnern Sie sich?


 Hardy: Ich habe davon getr�umt, eine Schallplatte aufzunehmen. Es gab in meiner Vorstellungskraft nichts Aufregenderes, und ich dachte nicht im Traum daran, dass daraus Wirklichkeit werden k�nnte. Aber ich war 17, als der Traum Realit�t wurde. Damals sang ich bei einer gro�en Plattenfirma vor, und die nahmen mich tats�chlich unter Vertrag. Das war wohl das wichtigste Jahr meiner Musikkarriere.


 KulturSPIEGEL: 1962, da waren Sie 18 und hatten gerade Abitur gemacht, wurden Sie mit dem Hit "Tous Les Gar�ons et Les Filles" auf einen Schlag ber�hmt. War das anstrengend?


 Hardy: Es war wirklich eine sehr aufregende Zeit in meinem Leben, obwohl ich den ganzen Rummel mit dem Ber�hmtwerden kaum mitbekommen habe. Ich war n�mlich zum ersten Mal in meinem Leben so richtig verliebt und habe dar�ber dann auch Lieder geschrieben, was mich von allem anderen ablenkte. Ich war wie in einem Strudel, der mich von der Welt abschloss, und abgesehen davon reiste ich durch die Welt und musste sehr viel arbeiten. Aber das erste Mal ein Lied von dir im Radio zu h�ren, ist nat�rlich unglaublich.


 KulturSPIEGEL: Sie haben mal gesagt, dass Sie mit 18 noch nicht wussten, wo die Babys herkommen. Ihr Sohn dagegen sei bereits mit f�nf Jahren aufgekl�rt gewesen. Stimmt das?


 Hardy: Kommt hin, mit 17 Jahren war mir tats�chlich noch nicht klar, woher die Babys kommen, und mein Sohn Thomas wusste mit f�nf bestens Bescheid. Aber wir waren auch zu verschiedenen Zeiten jung, das l�sst sich schwer vergleichen. Ich bin mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, und Aufkl�rung kam bei uns zu Hause nicht vor.


 KulturSPIEGEL: Von Ihrem Vater haben Sie Ihre erste Gitarre bekommen?


 Hardy: Das ging auch eher auf meine Mutter zur�ck. Die dr�ngte meinen Vater, mir etwas zum Abitur zu schenken. Ich hatte dann die Wahl zwischen einem Radio und einer Gitarre. Ich nahm die Gitarre und war sofort begeistert, weil ich schnell begriff, dass man mit nur drei Akkorden bereits sch�ne Melodien schreiben kann.


 KulturSPIEGEL: Die meisten Ihrer Lieder sind von einer melancholischen Grundstimmung gepr�gt. Stimmt es, dass Sie als Teenager eine Einzelg�ngerin waren?


 Hardy: Meine Schwester und ich hatten eine einsame Kindheit, unsere Mutter hatte kein Geld und keine Freunde. Ich f�hlte mich aber auch schon als Kind von traurigen Geschichten angezogen. Mein Lieblingsm�rchen war "Die kleine Meerjungfrau" von Hans Christian Andersen.


 KulturSPIEGEL: Interviews f�hren Sie nur auf Franz�sisch. Sie haben in Ihrer Karriere aber auch Platten auf Englisch, Italienisch und sogar Deutsch aufgenommen. Wie kam es dazu?


 Hardy: Das waren sozusagen Pflichtarbeiten f�r die Plattenfirma. Meine Mutter war sehr streng. Ich bin mit der Haltung aufgewachsen, dass Widerspruch nicht geduldet wird. Ich bereue diese Lieder nicht, aber ich m�chte sie mir heute nicht mehr anh�ren. Nur das deutsche Lied "Tr�ume" hat mir immer sehr gut gefallen.

 KulturSPIEGEL: Sie wurden damals in Paris von den Beatles und Bob Dylan umschw�rmt. Haben Sie mit denen Englisch gesprochen?


 Hardy: Notgedrungen. Aber mein Englisch war sehr rudiment�r. Wir hatten uns auch nicht wirklich viel zu erz�hlen, die waren alle dauerhaft so benebelt, dass eine normale Konversation eh nicht m�glich war. Au�erdem h�tten die ja auch Franz�sisch lernen k�nnen, oder?


 KulturSPIEGEL: Sie haben mal gesagt, nach ihrem 40. Geburtstag nicht mehr singen zu wollen. Seitdem haben Sie noch mit Bewunderern wie Malcolm McLaren, Iggy Pop oder Blur musiziert. Jetzt sind sie 66 und immer noch aktiv.


Hardy: Stimmt, ich wollte nur noch Lieder schreiben. 1988, da war ich 44, habe ich acht Jahre Pause gemacht - aber es mir dann wieder anders �berlegt.

Christoph Dallach f�r den Spiegel, 28. Juni 2010


berliner_morgenpost

"Parenth�ses" - Francoise Hardy hat ein neues Album heraus gebracht

"F�r mich war Mick Jagger der attraktivste Mann der Erde"

In den 60er-Jahren war Fran�oise Hardy Frankreichs gr��ter Popstar. Noch heute ist sie eine der wichtigsten S�ngerinnen des Landes. Johanna Schmeller sprach mit ihr �ber das neue Album "Paranth�ses", Mick Jagger und das Gef�hl von Gl�ck.


Berliner Morgenpost: Bonjour, Ma...
Fran�oise Hardy: Sie sind die zehnte Journalistin heute. Machen Sie schnell, sonst verpasse ich meinen Zug. Ich muss zur�ck nach Paris.


Bonjour, Madame. Man sagt, Sie sprechen gro�artig deutsch.
Non, non, non. Bei manchen Ihrer Kollegen habe ich nicht einmal die Fragen verstanden. Wir sprechen franz�sisch.


Schnell und franz�sisch - in Ordnung. Aber fr�her haben Sie sogar auf Deutsch gesungen.
Ja. Fr�her. Ich h�re auch gern Deutsch, die Sprache ist n�mlich wundersch�n. Sie ist viel melodischer als Franz�sisch.


Ausgerechnet melodischer?
Nat�rlich! Franz�sisch hat keine stimmhaften Akzente, Deutsch dagegen viele Silben, Worte, sogar S�tze, auf denen man sich ausruhen kann. Das gibt der Sprache Rhythmus. Das Franz�sische ist doch kein bisschen rhythmisch!


Auf Ihrem neuen Album "Parenth�ses" gibt es ein St�ck, in dem Sie die Pianistin H�l�ne Grimaud begleitet.
Ich verehre diese Frau in jeder Hinsicht. Eine gemeinsame Freundin hat uns einander vorgestellt, vor sieben Jahren. Ich wollte schon immer mit ihr arbeiten. Aber ich konnte mir beileibe nicht vorstellen, dass es etwas an meiner Arbeit gibt, das sie interessiert.


Wie kam es dann doch zur Zusammenarbeit?
H�l�ne schrieb mir eine kurze Mail, doch ich war voller Selbstzweifel. Ich konnte sie doch nicht einfach so anrufen - wie irgendeine beliebige Studiopianistin!


Sie haben sich f�r die Adaption eines Brahms-St�cks entschieden.
Ich wollte ihr m�glichst weit entgegenkommen. H�l�ne hat das St�ck zun�chst allein eingespielt, sie ist oft unterwegs. Als ich es mir angeh�rt hatte, z�gerte ich erst recht, meinen Gesang dar�ber zu legen. Ich hatte das Gef�hl, alles zu verderben, wollte nicht, dass man mich lauter h�rt als H�l�nes wundervolles Klavier.


Sind Sie mit dem Resultat etwa nicht zufrieden?
Ehrlich gesagt habe ich immer noch Komplexe. Aber dass H�l�ne zur Zusammenarbeit bereit war, betrachte ich als Geschenk.


So viel Selbstkritik erwartet man nicht, wenn man bedenkt, dass Sie im Frankreich der 60er-Jahre das Idol einer ganzen Generation waren. Mick Jagger hat damals gesagt, Sie seien die sch�nste Frau der Welt!
Das stimmt. F�r mich war er der attraktivste Mann der Erde, und er sagte dasselbe von mir. Aber ganz ehrlich: Da war nie was zwischen uns!


Warum eigentlich nicht?
Ach, er lebte in London, ich in Paris, wir reisten beide viel. Es hat einfach nicht geklappt. Au�erdem war ich sehr naiv: Ich wusste doch nicht mal, was Drogen sind!


Na ja, das h�tte man ja leicht herausfinden k�nnen.
Schon. Aber als er sich von seiner Verlobten getrennt hatte, suchte er sich sofort eine andere: Marianne Faithful. Die entsprach ihm offenbar mehr als eine wie ich.


Was ist Ihnen besonders wichtig, wenn Sie singen?
Der Text ist unwichtig, die Melodie geht mir �ber alles. Meist bin ich entt�uscht, aber ich bin eben auch �berkritisch.


Sie sind seit 40 Jahren eine der erfolgreichsten Musiker und haben einen Sohn, der auf Ihrer aktuellen CD auch zu h�ren ist. Entspricht das Ihrer Vorstellung vom vollkommen perfekten Gl�ck?
Es macht Angst, wenn man anf�ngt zu begreifen, dass man �lter wird, die Gesundheit nicht mehr selbstverst�ndlich ist. Solange man jung ist, h�lt man sich zu viel mit der Liebe auf. Man leidet st�ndig und ist sehr auf sich selbst zentriert. Sobald man davon befreit ist, kann man endlich sehen, was um einen herum passiert: die Natur. Ich liebe Spazierengehen im Bois de Bologne. Aber am gl�cklichsten bin ich, wenn ich mit meinem Sohn essen gehe, und eine gute Flasche chilenischen Wein aufmache.


Chilenischen Wein? Das sagen Sie? Als Franz�sin?
Fr�her habe ich nur Bordeaux getrunken, aber der wird immer schlechter. Ich habe schon oft Flaschen zur�ckgehen lassen. Gestern hatte ich einen tollen chilenischen Wein, keine Ahnung, wie der hie�, auf jeden Fall habe ich mir zu viel einschenken lassen.


Haben Sie Idole?
Mick Jagger gefiel mir als Mann. Ihn fand ich verf�hrerisch, fr�her. Heute allerdings - pah! Wenn Sie mich fragen, wen ich f�r den besten Musiker der Welt halte, ist die Antwort klar: meinen Mann, Jacques Dutronc. Und zu dem fahre ich jetzt auch.

Berliner Morgenpost vom 11. M�rz 2007


berliner_morgenpost

Bonjour, ich bin noch da
In den sechziger Jahren war Fran�oise Hardy ein Idol. Ihre neuen Chansons klingen so frisch wie damals


Bob Dylan und Mick Jagger waren in sie verliebt. Im neuen Jahrtausend hat Fran�oise Hardys nichts von ihrem Charme verloren. Die neue CD "Tants de belles choses " verkaufte sich in Frankreich schon 120 000 Mal.


Seit dem vorigen Jahr ist Fran�oise Hardy nun also in jedem Sinn des Wortes eine Sixties-Ikone: Frankreichs nachhaltigster Beitrag zum mirakul�sen Jahrzehnt des Pop und zugleich eine stolze, sch�ne 61J�hrige.


Man mu� das uncharmanterweise thematisieren, weil wohl nicht einmal der treueste Fan einen Sou darauf gewettet h�tte, da� das Idol der franz�sischen Beatjugend zu Beginn des n�chsten Millenniums immer noch da sein w�rde. Die Karriere des Teenager begann mit einem ungeheuren Gl�cksfall: Ihr Auftritt wurde im November 1962 vom Fernsehen als Pausenf�ller gesendet, weil Pr�sident Charles de Gaulle sich mit einer Rede versp�tet hatte. Doch das Popsternchen war stabiler, als es aussah: Ihr vier Millionen Mal verkauftes Lied "Tous les gar�ons et les filles" wurde ein Klassiker, der die Zeiten �berstand wie Charles Trenets "La mer" oder Edith Piafs "La vie en rose ". Ein Erfolg, der auch mit Mi�verst�ndnissen zu tun hatte: "Ich war das Idol der Studenten, galt als Intellektuelle, dabei fehlt mir jedes Abstraktionsverm�gen", erinnert sich Fran�oise Hardy.


Im Inneren der fragilen 18j�hrigen, die Twiggy aussehen lie� wie eine Wagner-Walk�re, ruhte wohl schon 1962 dieses Selbstbewu�tsein, mit dem sie jetzt in einem Hamburger Hotel mit dem passenden Namen "Reichshof" wahrhaftig Hof h�lt. K�niglich herablassend l�stert sie �ber Kolleginnen: "Jane Birkins letztes Album war grausam schlecht produziert, und Sylvie Vartain sollte wirklich aufh�ren, denn jede neue Platte ist noch schlechter als die vorherige". Genauso entschieden urteilte sie �ber die Qualit�t eigener Produkte: Ende der sechziger Jahre verabschiedete sie sich vom profitablen deutschen Schlagermarkt, weil sie nicht mit den fremden Texten zufrieden war. Deutschland revanchierte sich f�r die Abfuhr ganz ungalant: 1973 konnte man �ber Fran�oise Hardy in der "Bild-Zeitung lesen, sie sei in Frankreich vergessen. Das war genauso voreilig wie all die seit 1969 fast vierzehnt�glich wiederkehrenden Meldungen �ber das Ende ihrer turbulenten Beziehung zum S�ngerkollegen Jacques Dutronc - mit ihm ist sie bis heute verheiratet.


Vielleicht aus altem Groll spricht Fran�oise Hardy heute kein Wort Deutsch mehr, obwohl sie Germanistik studiert hat und fr�her sogar deutsche Interviews gab. Immerhin nimmt sie noch Platten auf, obwohl sie schon 1988 nach "D�calages" verk�ndet hatte, sie wolle damit aufh�ren: Die erste seit fast f�nf Jahren hei�t "Tant des belles choses" und ist der Anla� daf�r, da� Fran�oise Hardy deutschen Journalisten Audienz gew�hrt


Es ist ein echtes Chansonalbum, durchweht von jener Traurigkeit, f�r die die Diva keine andere Erkl�rung hat als: "Das war eben immer mein Markenzeichen". In dem Titellied erkl�rt sie einem jungen lebensm�den M�dchen, wie viele sch�ne Dinge es doch gebe, f�r die zu leben sich lohne - doch sie tr�gt es mit einer Stimme vor, die zum Selbstmord auffordert. Sie lacht, als sie sich an die Aufnahme erinnert: "Ich habe versucht, beim Singen nicht an den Text zu denken".


Fran�oise Hardy hat mehr als jeder andere Chanson-K�nstler mit Ausnahme von Serge Gainsbourg �ber die engen nationalen und k�nstlerischen Grenzen dieses Genres hinaus gestrahlt: In den Sechzigern waren Bob Dylan und Mick Jagger in sie verliebt, und in den Neunzigern nahm sie Duette mit Damon Albarn und Iggy Pop auf. Ihr Album "Le Danger " von 1996 war reiner Rock. Doch nun ist die etwas steril gewordene Chansonszene von j�ngeren K�nstlern wieder belebt worden. Einer der profiliertesten unter den Nachwuchsautoren schrieb jetzt auch f�r Fran�oise Hardy ein Lied. Ein anderer Songlieferant ist der Brite Perry Blake, dessen "So many things" und "Moments" Fran�oise Hardy auf Englisch singt. Sie war nie eine Chauvinistin, die jedes fremde Wort als einen Versto� gegen die Ehre der Heimat betrachtete. Und �ber die in Deutschland als so vorbildlich angesehene nationale Quote bei Frankreichs Rundfunksendern kann sie nur lachen: "Sie spielen trotzdem den ganzen Tag immer nur die gleichen 30 glatten Songs".


In Frankreich hat sich "Tants de belles choses" seit November etwa 120 000 Mal verkauft. Nun wird es gleichzeitig in Deutschland, Japan und einem knappen Dutzend anderer L�nder ver�ffentlicht. Fran�oise Hardy macht nicht den Eindruck, als ob sie das noch besonders erregen w�rde. Vielleicht ist das Weisheit. Vielleicht wei� sie aber auch ohnehin schon aus ihrem Horoskop, was passieren wird. Seit beinahe 20 Jahren betreibt sie die Astrologie als Hauptberuf mit B�chern und Radiosendungen.


Die Sternkunde, sagt sie, sei eine "Humanwissenschaft". Sie klingt dabei zwar nicht wie eine schrille Predigerin � la Brigitte Bardot, wenn sie sich f�r Seehunde und Braunb�ren engagiert - aber ganz ohne Schrullen kommen Diven ab einer gewissen H�he ihres K�nnens offenbar nicht aus.

Matthias Heine in der Berliner Morgenpost vom 25. Februar 2005


Mittelbayrische Zeitung

Chansons�ngerin Francoise Hardy tritt ungern auf
61-J�hrige betrachtet sich nicht als S�ngerin

Auch nach 40 Jahren im Musikgesch�ft scheut die franz�sische Chansons�ngerin Francoise Hardy �ffentliche Auftritte und Star-Rummel. "Schon als kleines Kind hatte ich mit allem ein Problem, was mit Repr�sentation zu tun hatte", gestand die 61-J�hrige der "TV Spielfilm". Es verst�re sie ungemein, wenn alle anderen sie sehen und "mich mit ihren Blicken auseinander nehmen k�nnen", sie aber im Gegenzug von der B�hne aus niemanden im Publikum sehen k�nne.


Angst zu versagen habe sie jedoch nicht. "Ich habe mich auch sowieso nie als S�ngerin betrachtet, da mein Stimmumfang recht begrenzt ist", sagte Hardy, die seit den sechziger Jahren als Chansons�ngerin auftritt.

Mittelbayrische Zeitung vom 24. Februar 2005


tazlo

Die lachende Melancholikerin

Seit 1962 singt Fran�oise Hardy ihre fragilen Chansons. Jetzt ist es wieder einmal so weit. Das neue Album der ewig Skeptischen hei�t "Tant de belles choses" - so viel Sch�nes. Ein Rendezvous mit Frankreichs nach wie vor leisester S�ngerin

Fran�oise Hardy l�chelt ein wenig unsicher, wenn sie den Interviewer anschaut. Was auch daran liegen mag, dass sie deutsch spricht: "Ich wei� nicht, wie ich meinen Erfolg erkl�ren kann. Ich habe viel Gl�ck gehabt". - "Was haben Sie denn in Ihren Chansons zu sagen, auszudr�cken?" - "Ich dr�cke meine Gef�hle aus". - "Was sind das f�r Gef�hle?" - "Ich wei� nicht, Einsamkeit, Liebe, all das ..". - "Hat der Erfolg Sie gl�cklich gemacht?" - Ein irritierter Blick. "Vielleicht ..". Ein versch�mtes Lachen. Ob sich dahinter leiser Spott verbirgt? "Sie haben keine Angst vor der Zukunft?" - "Doch. Doch, man wei� nie, was passieren kann". - "Und diese Unruhe und Lebensangst ist auch ein Teil der Gef�hle, die Sie f�r die jungen Leute von heute ausdr�cken k�nnen, nicht?" Sehr zart und vage haucht Hardy ihre Antwort: "Ja ..".


Diese bestrickend sch�chterne Fran�oise Hardy habe ich in der Tasche, ganz w�rtlich, auf DVD gebrannt: Es ist ein Ausschnitt aus Georg Stefan Trollers ber�hmter Fernsehreihe "Pariser Journal", aufgenommen im Jahr 1963, wenige Monate nach Hardys rasantem Aufstieg zum Idol der g�n�ration yeah yeah. Neunzehn Jahre alt ist sie zum Zeitpunkt der Aufnahme und ihre Unsicherheit bestens nachvollziehbar. Der Eindruck wird noch dadurch unterstrichen, dass das Gespr�ch offenbar im Jugendzimmer der S�ngerin gefilmt wurde; mehrfach ist die Kinderzimmertapete im Bild. Zu diesem Zeitpunkt hat Fran�oise Hardy angeblich bereits mehr Schallplatten verkauft als die Callas. In diesen wenigen Sekunden Film ist schon alles vorhanden, was Hardys Wirkung bis heute ausmacht: der spr�de Charme, die Zur�ckhaltung, die ewige Skepsis gegen�ber dem eigenen Erfolg. Vielleicht ist dieser Schnipsel ein guter Start f�r ein Interview mit Frankreichs leisester S�ngerin.


Aber nein! Aus dem intimen Einstieg wird nichts, zu gro� ist derzeit wieder der Erfolg von Madame Hardy. Das Einzelinterview in einem Hamburger Hotel ist von ihrem deutschen Management zu einem Gruppentermin mit zwei Kollegen umgewidmet worden. Zu vehement sei die Nachfrage der Medien, Pardon! Also bleibt die sch�chterne S�ngerin in der Tasche. Schade drum!


Sch�chtern allerdings wirkt die Fran�oise Hardy von heute gar nicht. 61 ist sie gerade geworden, be�ngstigend schlank ist sie, das Haar nicht mehr kastanienbraun, auch nicht mehr grau meliert, sondern strahlend wei�. Die Frisur mit dem tiefen Pony ist daf�r noch dieselbe wie seit ihrem ersten "ultimativ letzten" Album "Quelquun qui sen va" (Jemand geht) - und das erschien vor 23 Jahren! Hardy ist die Konstanz in Person: Ihre Stimme klingt so unverbraucht wie vor vier Dekaden, noch immer handeln ihre Texte von "Einsamkeit, Liebe, alldem". Deutsch allerdings spricht sie im Interview nur noch selten; kurze, vorsichtige S�tze wie: "Nicht so schlimm!", oder: "Meine Stimme ist wie ich: fragile". Und meist lacht sie dann auf eine Art, dass man ihre nicht ganz ebenm��igen Z�hne sieht und pl�tzlich wieder die junge, ein wenig gehemmte Frau von damals erkennt.


�berhaupt: F�r eine berufsm��ige Melancholikerin lacht Fran�oise Hardy erfreulich oft. Etwa wenn sie Sachen sagt wie diese: "Wenn eine Melodie mir gefallen soll, muss sie etwas Trauriges haben. Erst neulich habe ich Nigel Kennedy erlebt, wie er aus Vivaldis "Vier Jahreszeiten" den letzten Satz aus dem "Sommer" gespielt hat. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass mich eine Melodie umgehauen hat, die nicht melancholisch war! Und wissen Sie was: Ich f�rchte, es wird auch das letzte Mal gewesen sein".


"Tant de belles choses" (So viel Sch�nes; Virgin) hei�t das neue Album, das ab Montag auch in Deutschland erh�ltlich ist; es ist sch�tzungsweise das zwanzigste in den 49 Jahren ihrer Karriere, und es enth�lt tats�chlich fast nur Sch�nes. In einer franz�sischen Rezension hie� es, diese Schallplatte sei das Beste von Fran�oise Hardy, ohne ein Best of zu sein. Allerdings sollte man den Titelsong mit seinem unseligen Solo auf der E-Gitarre �berspringen.


Gerade dieser Titel aber liegt der Hardy besonders am Herzen: "F�r 'Tant de belles choses' hatte ich eine Produktion � la Jean-Jacques Goldman im Kopf. Die erste Fassung gefiel mir aber �berhaupt nicht. F�r mich ist es der einzige radiotaugliche Song, und ich finde, bei so einem Titel muss man den Weg auch zu Ende gehen". Mit aufjaulender Gitarre, nun ja. Zum Gl�ck f�r alle Mitmelancholiker befand die S�ngerin keinen weiteren Titel f�r solcherart hitverd�chtig. Und Gott sei Dank findet sich die erste Version als "hidden track" auch noch auf dem Album.


Mit eigenwilligen, bisweilen verbl�ffenden �u�erungen muss man bei der Hardy immer rechnen: entschieden in der Meinung und gerne auch mal hyperkritisch gegen sich selbst. Erst k�rzlich erz�hlte sie einem franz�sischen Journalisten, dass sie keine Gesamtedition ihrer Chansons w�nsche. "Alle Platten bis 1965, als ich f�r die Aufnahmen dann nach England ging, w�rde ich am liebsten f�r immer verschwinden lassen. Ich singe schlecht, die Arrangements sind nicht gut, und die Titel sind geradezu l�cherlich!"


Ihre zahlreichen Fans sehen das nat�rlich ganz anders und haben ihr gern auch die Zeiten nachgesehen, als sie das Singen ein wenig lustlos und wie einen Nebenjob betrieb. H�l�na Noguerra etwa, selbst S�ngerin, wurde unl�ngst gefragt, welchen Titel sie denn gerne geschrieben h�tte - und sie antwortete: "Jedes Lied, das Fran�oise Hardy gesungen hat. Da ist alles drin: Liebe, Schmerz, Einsamkeit und ... W�rde". Na bitte, Herr Troller! Madame Hardy d�rfte bei diesem Zitat indes nur aufst�hnen und sagen, dass ihr erster und bis heute gr��ter Hit - den sie �brigens selbst geschrieben hat, aber nennen wir blo� nicht seinen Titel! - doch nun wirklich ziemlicher Mist gewesen sei.


Mit "Tant de belles choses " allerdings ist sie sehr zufrieden. "Ich freue mich, dass die Platte in Frankreich sehr gelobt worden ist und sich gut verkauft. Aber pers�nlich brauche ich die �u�ere Anerkennung gar nicht. Ich wei�, was an einer Platte schlecht ist und was gelungen. Mir ist ein Album lieber, auf dem ich alle Lieder mag und das sich schlecht verkauft, als eins, das ein Erfolg ist, aber im Grunde nichts taugt. 'Le danger' vor acht Jahren war so ein Album, auf das ich sehr stolz bin und das kein Publikum fand. 'Message personnel' dagegen war ein gro�er Erfolg, obwohl es ein sehr schlechtes Album ist. Da gab es nur zwei tolle St�cke drauf!"

Wenn das France Gall w�sste, die Witwe von Michel Berger! "Message personnel ", 1973 unter Bergers �gide eingespielt und sogar f�r Hardy-Verh�ltnisse von einer bemerkenswert abgekl�rten Vertr�umtheit, ist nun ausgerechnet ein erkl�rtes Lieblingsalbum vieler Fans. Ein Kritiker von der S�ddeutschen Zeitung schrieb einmal, dies sei die einzige Musik, vor der er auf die Knie gehe.


Auf die fr�hen Jahre ihrer Karriere spricht man Fran�oise Hardy also besser gar nicht erst an. Die Kollegen in Hamburg allerdings sind da ganz arglos . Ob sie denn ihre in den Sechzigerjahren auf Deutsch gesungenen Titel heute noch m�ge, wird gefragt. "Non, non! Non, non!", entf�hrt es der Hardy . "Bis auf zwei, drei Ausnahmen. Die Mehrzahl war wirklich grauenhaft. Mein absoluter Albtraum hie� 'Ich steige dir aufs Dach'. Ich war damals noch sehr jung und traute mich nicht, Nein zu sagen. Meine Plattenfirma wollte, dass ich gewisse Lieder f�r den deutschen Markt und f�r bestimmte Fernsehsendungen aufnahm. In Saarbr�cken gab es diesen Regisseur, Truck Branss, der mit mir ein ganzes Portr�t plante und die St�cke daf�r mehr oder weniger selbst ausgesucht hatte. Okay, es gab Lieder, die waren nicht so �bel, 'Frag den Abendwind' oder 'Er war wie du ', aber da gab es eben auch die anderen. Wenn ich die Sendung machen wollte, musste ich diese Lieder singen".


Das Truck-Branss-Portr�t mit seinen spektakul�ren Schwarz-wei�-Kontrasten! Davon sind auch zwei Titel auf der mitgebrachten DVD. In der einen Aufnahme schreitet la Hardy wie eine d�ster umw�lkte Ophelia durch eine kohlrabenschwarze Fabrikruine, im Hintergrund riesige wei�e Texttafeln mit der deutschen �bersetzung ihres Liedes "Pourtant tu maimes " (Trotzdem liebst du mich). Ein kurioser Klassiker.


Und wie steht es mit dem italienischen Repertoire? "Nicht so schlimm! Die waren zum Teil gar nicht schlecht. 'Parlami di te ' fand ich nicht so toll, aber die B-Seite war wunderbar, 'Ci sono cose'. Ich hab das Lied auch auf Franz�sisch gesungen, 'Il est des choses '. Der letzte Titel, den ich auf Italienisch aufgenommen habe, war auch sehr sch�n: 'Lungo il mare'".
 

Wenn wir schon dabei sind, k�nnen wir auch gleich noch die "synthetische" Hardy-Epoche abhandeln, als Gabriel Yared sie zwischen 1975 und 1982 gelegentlich sogar vor den franz�sischen Disko-Funk-Karren spannte. "Haben Sie heute wieder mehr Kontrolle als auf den f�nf Alben mit Gabriel Yared?" - "Das war ja er, der alles kontrollieren wollte, nicht ich. Yared hat sehr viel Autorit�t. Es gibt da Sachen, die ich sehr bedaure, Lieder, die ich schon damals l�cherlich fand und nicht aufnehmen wollte, aber na ja - pfft -, ich musste sie halt aufnehmen. Ihm tut vieles heute �brigens auch Leid. Und ganz so schlimm wie die deutschen Sachen war es auch nicht. F�r zwei, drei wunderbare Lieder musste ich andere aufnehmen, die weniger wunderbar waren. Aber eins meiner sch�nsten Lieder ist auch von Gabriel Yared und Michel Jonasz, 'Que tu menterres'".

Seltsam, dieses Muster der autorit�ren M�nner. Hat nicht Fran�oise Hardy selbst einmal gesagt, sie habe einen Hang zu frustrierenden Menschen? "Na ja, ich bin ein bisschen masochistisch". Kein Augenblick des Z�gerns, unfassbar. "Und wenn man ein bisschen maso ist, ziehen einen fatalerweise nicht nur Menschen an, die einen frustrieren, sondern man legt auch noch exakt das Verhalten an den Tag, das dazu f�hrt, dass sie einen frustrieren. Ein inad�quates, unterw�rfiges Verhalten, diese Servilit�t, weckt sadistische Impulse. Ich merke das ja selbst, wenn ich auf Menschen treffe, die vor mir auf dem Bauch liegen. Die m�chte ich am liebsten rausschmei�en, so nerven mich die. Und weil ich ein bisschen maso bin, habe ich auch die Tendenz, mich kleiner zu machen. Aber ich verstehe die Ungeduld gegen�ber so einem Verhalten vollkommen".


Dies w�re eine sch�ne Stelle, um nachzuhaken, ob das Leiden am Anderen nicht auch eine unersch�pfliche Inspirationsquelle ist. Immerhin hat Hardy k�rzlich der Lib�ration erz�hlt, sie wohne Seite an Seite mit jemand, der fast stumm sei. Gemeint ist Hardys Ehemann Jacques Dutronc. Und immerhin hei�t es in einem ihrer neuen Texte: "Les gens qui parlent, ne me disent rien " - Menschen, die sprechen, sagen mir nichts. Doch das Bekenntnis "Je suis un peu maso " scheint dem Kollegen wohl etwas brenzlig, schnell fragt er nach Hardys Verh�ltnis zu Udo J�rgens, wozu ihr aber nicht viel einf�llt.


Klatsch und Tratsch w�ren bei Fran�oise Hardy allerdings auch nicht zu erwarten. Umso verbl�ffender die Nachricht, dass in K�rze ihre Autobiografie erscheinen soll. Kann das �berhaupt klappen: diskrete Memoiren? Bei diesem Thema geht sie nun allerdings doch an die Decke. "Diese Biografien nerven mich wirklich. Ich finde das geradezu skandal�s: Pl�tzlich entschlie�t sich jemand, den man kaum oder gar nicht kennt, ein Buch �ber einen zu schreiben - und er hat auch noch das Recht dazu! In Frankreich gab es eine nicht autorisierte Biografie �ber mich und meinen Mann und eine Biografie nur �ber Jacques. Mein Mann w�re zwar selbst nie auf den Gedanken gekommen, aber immerhin, bei diesem Buch wurde er gefragt, ich wurde gefragt und alle Menschen um ihn herum auch. Eine gut dokumentierte, extrem umfassende und intelligente Sache. Dieser Autor hat zwei Jahre daran gearbeitet. Der andere hat nur abgeschrieben, was anderswo schon stand, daf�r hat er zwei Monate gebraucht. Dauernd will jemand so etwas mit einem machen!"


Pardon, aber es war von einer Autobiografie die Rede! "Aber meine Texte sind meine Autobiografie! Und so introvertiert, wie ich bin, bin ich doch auch v�llig uninteressant". Jetzt lacht sie wieder. "Abgesehen von den Plattenaufnahmen und Promo-Auftritten im Fernsehen f�hre ich ein Leben von best�rzender Banalit�t. Bei mir spielt sich alles im Inneren ab. Wochenlang liege ich auf dem Bett und lese. Oder mein Mann! Der liegt monatelang auf dem Bett und sieht fern. Vor allem diese deutsche Krimiserie, wie hei�t die doch gleich? Derrick! Er ist ganz verr�ckt danach. Derrick beruhigt ihn!" Gro�e Heiterkeit.


Nun noch eine Frage zum Filius, Thomas Dutronc, der die H�lfte der Titel auf "Tant de belles choses" produziert und Gitarre gespielt hat. Wie war die Zusammenarbeit? Gab es da eine besondere Spannung im Studio? "Nein, nein. Wissen Sie, ich bin jemand, der viele Zweifel hat und unsicher ist. Das habe ich leider meinem Sohn vererbt. Er zweifelt auch dauernd - und wenn man zu zweit im Studio ist und nicht weiterwei�, ist das nicht so gut f�r die Energie. Ich hab ihm gesagt, dass wir gern unsicher sein k�nnen - Zweifel sind ja etwas Gutes -, aber dass wir es uns besser nicht anmerken lassen".


Nach ein paar Singles mit Stars wie Blur oder Iggy Popp - gibt es da jemanden, mit dem sie besonders gerne zusammenarbeiten m�chte? "Es reicht doch nicht, jemand zu bewundern. Es muss einen Austausch geben. Fifty-fifty. Ich bin auf gute Melodien angewiesen, zu denen ich meine Texte schreibe. Deshalb arbeite ich oft mit jungen K�nstlern wie Perry Blake zusammen, weil ich wei�, ich habe etwas davon - und der andere auch. Ich kann nicht Muse oder Coldplay anrufen und sagen: 'Na ja, ich mag eure Lieder, schreibt mir doch mal einen Song.' Was h�tten die davon? Gar nichts . Ich schon. �ber so etwas muss man sich Gedanken machen, bevor man jemand um etwas bittet". Da ist sie wieder, die Bescheidenheit, die sie schlicht Realismus nennt.


Zum Abschluss noch eine Frage, auf den Elfmeterpunkt gelegt: "Wie kommt es, dass Ihre Simme nach �ber vierzig Jahren Karriere noch immer so intakt ist?" Und tats�chlich, Hardy schie�t sofort: "Weil ich sie so selten gebrauche!" Sagts und lacht noch einmal ihr sch�nstes Fran�oise-Hardy -Lachen. Dann schiebt sie s�ffisant nach: "Und au�erdem habe ich einen sehr guten Toningenieur".


Der Kollege will als Letztes wissen, was es denn mit Bob Dylans Bewunderung f�r sie auf sich hatte. Ach, diese alte Geschichte, sagt sie. Nun gut: Dylan sei Mitte der Sechzigerjahre f�r ein Konzert nach Paris gekommen und habe im Vorfeld erkl�rt, er wolle Brigitte Bardot und eben sie, Fran�oise Hardy, treffen. Bardot habe abgewinkt, sie aber sei in das Konzert gegangen, das �brigens schauderhaft schlecht gewesen sei. Krank habe er ausgesehen, "tout jaune" -gelb. In der Pause habe er ihr ausrichten lassen, er w�rde das Konzert nur fortsetzen, wenn sie ihn in der Garderobe besuche. Das habe sie dann auch getan und weiter sei nichts passiert. Voil� tout. "Und?", will der Kollege noch wissen, "die zweite H�lfte des Konzerts war dann richtig gut?" - "Ach was", sagt die Hardy unger�hrt, "die war genauso schlecht wie die erste".

Reinhard Krause in Tageszeitung vom 19. Febuar 2005


ard.de

Franz�sischer Chanson
Melancholie � la Hardy
Sie ist die franz�sische Pop-Ikone der 60er Jahre und eine bekennende Melancholikerin: Fran�oise Hardy. Jetzt hat sie ein neues Album herausgebracht: "Tant de belles choses".
Es ist eine gewisse Melancholie, die ich in den Liedern suche", sagt Fran�oise Hardy, die Grande Dame des franz�sischen Chansons gegen�ber "MDR Figaro". Im Januar feierte sie ihren 61. Geburtstag, seit 40 Jahren macht sie Musik. Die Lederjacke hat sie inzwischen gegen den Hosenanzug getauscht, die rockigen Kl�nge sind melancholischeren gewichen. Immer noch schreibt sie die meisten ihrer Texte selbst, aufrichtig, stilsicher und mit Niveau. Und auch heute ist ihre Stimme weiterhin unver�ndert jung, als w�re sie noch das M�dchen, das in den 60ern zur Stilikone wurde.


Spargeliger Shooting-Star
Mit 18 wurde Hardy �ber Nacht zum Star: Ihre traurige Liebesballade "Tous les gar�ons et les filles " f�llte 1962 die Pause einer Rede des damals amtierenden Staatspr�sidenten Charles de Gaulles und schlug ein wie eine Bombe. Die Fans st�rmten in den folgenden Tagen die Plattengesch�fte, um den Song zu erwerben, der sich inzwischen vier Millionen Mal verkaufte. Keine Eintagsfliege, sondern der Auftakt einer internationalen Karriere. Bob Dylan machte es 1966 bei einem B�hnenauftritt in Paris zur Bedingung, sie zu treffen, die Rolling Stones schleppten sie zu Partys. Die Sex Pistols wollten mit ihr arbeiten, und heute tritt sie mit Blur oder Iggy Pop auf.


Ein Geheimnis ihres Erfolges: Sie kreierte einen neuen Frauentyp – langbeinig, introvertiert, m�dchenhaft. Das Pendant zum lockenden Vollweib Brigitte Bardot. Man nannte sie "Spargel" und dies war dann auch der Name ihrer eigenen Produktionsfirma. Bis in die 80er Jahre ver�ffentlichte sie regelm��ig Langspielplatten, danach wurde es still um die S�ngerin.


Leichtf��ig und melancholisch zugleich
Im Jahr 2000 erschien ihr Comeback-Album "Clair Obscur ", das sich in Frankreich �ber eine Million Mal verkaufte. Nun steht ein neues Album in den L�den: "Tant de belles choses " - "So viele sch�ne Dinge". Hardy hat sich weiterentwickelt und ist sich zugleich treu geblieben. Das zeigt nicht zuletzt die musikalische Zusammenarbeit, die sie f�r ihr inzwischen 24. Album w�hlte: Eine gute Mischung aus erfahrenen Musikern und jungen Talenten. Zu den alten Weggef�hrten geh�rt Hardys langj�hriger Kreativpartner Alain Lubrano, zu den jungen Talenten der noch unbekannte S�nger und Komponist Pascale Daniel. Eine neue Bekanntschaft ist au�erdem Benjamin Biolay, seit Anfang 2002 der neue Star am franz�sischen Pophimmel . Beide Youngsters steuerten jeweils einen Song zum neuen Album bei. Zwei englische St�cke verdankt Hardy dem irischen Songwriter Perry Blake - charmant umschmeichelt von Madame Hardys franz�sischem Akzent. "Tant de belles choses" - das sind 12 Chansons, modern und zeitlos, leichtf��ig und melancholisch zugleich - raffiniert arrangiert und vorgetragen mit der unvergleichlich sanften Stimme der "La Hardy". Vraiment une "belle chose".

ard.de vom 23.Februar 2005


3sat-Kulturzeit

Popikone

Fran�oise Hardy ist zur�ck
Frankreichs Popikone der 60er Jahre bringt nach einer langen Pause wieder ein neues Album heraus: "Tant de belles choses" beinhaltet zw�lf Chansons, die zeigen, dass Fran�oise Hardy sich selbst treu geblieben und dabei immer noch gut h�rbar ist. Kulturzeit hat sie �ber den D�chern von Paris getroffen und sie zu ihren Erfolgen, ihrem Leben und ihrem neuen Album befragt.


Ihre melancholische, weiche Stimme ist ihr Markenzeichen. Fran�oise Hardy, ein Teenageridol der 60er Jahre, ist zur�ck mit der CD "Tant de belles choses". "Ein Chanson dr�ckt immer eine starke Gef�hlsregung aus, Stimmungsschwankungen, Traurigkeit, Sorgen oder Nostalgie", sagt Fran�oise.


Sie schreibt ihre Texte selbst, aufrichtig, stilsicher und mit Niveau. "Ich isoliere mich," so die K�nstlerin, "h�re immer wieder die Melodie und notiere mir die Rhythmik". Ihre Themen sind jetzt andere, als noch vor 40 Jahren. Damals wurde Fran�oise Hardy �ber Nacht ber�hmt. Am 18. November 1962 trat sie in einer Sendung �ber das Referendum zur Unabh�ngigkeit Algeriens als Pausenf�ller auf. Ein scheues M�dchen, mit dem Lied "Tout les gar�on et les filles de mon age ", das dann vier Millionen mal verkauft wurde.


Ein neuer Frauentyp
Dieses ernsthafte, katzen�ugige Wesen traf unbewusst den Nerv ihrer Zeit im sonst so seichten Schlagergesch�ft. An ihren damaligen Erfolg erinnert, sagt sie: "Dieses Lied entstand genau zu dem Zeitpunkt, als ich das erste Mal verliebt war. Diese erste gro�e Liebe hat mich mehr besch�ftigt, als der pl�tzliche Ruhm. Stimmlich habe ich mich nicht besonders ver�ndert, aber die technischen M�glichkeiten sind heute ganz andere. Der Toningenieur, Dominique Defranka, mit dem ich arbeite, ist der Traum bei Vokalaufnahmen. Ich glaube das merkt man dem Album an".


Fran�oise Hardy ist im 21. Jahrhundert angekommen. Ihr 1973 geborener Sohn Thomas, aus ihrer Ehe mit dem S�nger und Schauspieler Jacques Dutronc, ist als Gittarist zum zweiten Mal auf einer Einspielung mit ihr. "Ich habe schon an der CD zuvor ein bisschen mitgewirkt," sagt Thomas. "Seither konnte ich mich musikalisch weiterentwickeln. Au�erdem bin ich bei dieser st�rker involviert und dar�ber sehr froh". Thomas Dutronc und Fran�oise Hardy auf einer CD. Als Fran�oise ihre Karriere begann, war sie j�nger als Thomas jetzt. Sie hatte einen Frauentyp kreiert: langbeinig, introvertiert – cool h�tte man das sp�ter genannt. "Spargel" apostrophierte man sie und Spargel nannte sie dann auch ihre eigene Produktionsfirma. Bob Dylan machte es 1966 bei einem B�hnenauftritt in Paris zur Bedingung, sie zu treffen, die Rolling Stones schleppten sie zu Partys, die Sex Pistols wollten mit ihr arbeiten, heutzutage treten Blur mit ihr auf und Iggy Popp, oder auch ihr Sohn.


M�dchen mit Komplexen
Mit Fran�oise Hardy �ber den D�chern von Paris, das ist eine Reise in der Zeitkapsel. Sie hat ihr Talent nicht wie eine Leuchtkugel verschossen. Ihre Stimme ist unver�ndert jung, als w�re sie noch das M�dchen, das damals zur Stilikone wurde und einen neuen Frauentypus pr�gte: ohne viel Busen, mit Understatemant. Mal abgesehen von den Wolkenkratzer-Beinen, ein Trendsetter der knabenhaften Linie.


Fran�oise Hardy res�miert: "R�ckblickend kann ich nicht sagen, dass ich das damals analysiert habe. Sicher ist, dass ich zu einem Zeitpunkt aufgetaucht bin, als die Mode eher auf Brigitte Bardot zugeschnitten war, bei der alles am richtigen Platz war und in rosa Vichy-Stoffen. Ich dagegen war ein M�dchen mit Komplexen".


Das M�dchen mit den Komplexen, wurde die Charts rauf und runter gespielt und ist wieder da - mit einer bemerkenswerten neuen CD.

Ursula Bushnell am 21. Februar 2005 f�r Kulturzeit


Stern

Zur Person:
Fran�oise Hardy lebt mit ihrem Mann, dem S�nger und Schauspieler Jacques Dutronc im Zentrum von Paris. Ihr gemeinsamer Sohn Thomas kam 1973 zur Welt. Die Franz�sin, die an der Sorbonne Sprachen studierte, wurde 1962 ber�hmt, als sie im Fernsehen als Pausenf�ller bei einer Rede von Pr�sident Charles de Gaulle auftrat. Es folgte eine internationale Karriere, bald z�hlten auch Bob Dylan und Mick Jagger zu ihren Bewunderern. Anfang der Siebziger zog sich Hardy �berwiegend ins Privatleben zur�ck, ver�ffentlichte aber weiterhin Alben. Das letzte erschien 2000


Fahren Sie in diesem Sommer wie immer nach Korsika?
Ich hasse den Urlaub. Die Hitze da unten, die Wasserknappheit, die Waldbr�nde. Aber ich fahre wieder auf die Insel - mein Mann und mein Sohn sind so gern dort.

Was w�rden Sie lieber tun?
In Paris bleiben.


Wie verbringen Sie da den Tag?
Fr�h aufstehen, ich bin ein Morgenmensch. Dann erledige ich ein paar Dinge am Telefon, gehe ein bisschen einkaufen und h�re stundenlang Musik. Abends liege ich um neun Uhr im Bett und gucke fern.


In den sechziger Jahren haben Sie mit Ihren Chansons die Welt begeistert. Welche Musik gef�llt Ihnen heute am besten?
Vor drei Jahren h�tte ich noch gesagt: Britpop, Gruppen wie Massive Attack oder Blur. Aber jetzt h�re ich fast nur noch Klassik, am liebsten Klavierkonzerte, gespielt von Swjatoslaw Richter. Oder von der Argentinierin Martha Argerich, deren genaue Geburtsdaten ich k�rzlich erfahren habe - nun bin ich dabei, ihr Horoskop zu erstellen.


In Frankreich ist gerade Ihr Buch "Les Rythmes du Zodiaque" (Die Rhythmen der Sternzeichen) erschienen. Seit wann besch�ftigt Sie Astrologie?
Seit ich 18 bin. Mein Gyn�kologe hatte mich damals zu einem Astrologen geschickt, und der erz�hlte mir Dinge �ber meine Gef�hlswelt, die alle stimmten. Als ich sp�ter keine Konzerte mehr gab, habe ich mich intensiver damit auseinandergesetzt und einige Kurse besucht.


Bei Elizabeth Teissier?
Nein, bei Jean-Pierre Nicola. Er vertritt nicht wie Madame Teissier eine traditionelle, sondern eine moderne Astrologie


Wo ist der Unterschied?
Wir legen nicht so viel Wert auf Symbolik und machen auch keine Voraussagen �ber die Zukunft.


In Ihrem Buch erkl�ren Sie bestimmte Verhaltensweisen von US-Pr�sident George W. Bush, einem Krebs.
Menschen dieses Sternzeichens wollen meist sich und ihren Clan sch�tzen, zugleich brauchen sie viel Zeit f�r ihre Entscheidungen. Positiv gespochen hat der Krebs eine gewisse Standfestigkeit; die kann auch in Dickk�pfigkeit umschlagen, wenn es zum Beispiel darum geht, Irrt�mer einzugestehen. George Bush ist auch dem L�wen nahe - ein Charakter, der sich nicht leicht entmutigen l�sst, im Negativen allerdings schnell vereinfacht. Ich denke, wenn der Pr�sident von der "Achse des B�sen" spricht, ist das eine Vereinfachung, die beinahe an Dummheit grenzt.


Interessiert sich Ihr Mann, der S�nger und Schauspieler Jacques Dutronc, auch f�r Astrologie?
Nein, er hat nicht mal mein Buch gelesen.


Leben Sie beide in Paris zusammen?
Jeder hat hier in unserem Haus seine eigene Etage. Jacques ist ein sehr unabh�ngiger Mensch. Ich war es nicht, aber ich bin es geworden.


Werden Sie irgendwann mal wieder ein Konzert geben?
Nein. Ich habe mit 24 aufgeh�rt, da werde ich jetzt doch nicht mit bald 60 und einem kaputten Knie wieder antreten.


Bereiten Sie ein neues Album vor?
Das mache ich dauernd. Nach den Ferien geht es wieder los, ich suche noch Melodien, zu denen ich Texte schreiben kann.


Ihre Chansons sind oft sehr melancholisch. Entspricht das Ihrer eigenen Stimmung?
Ja, unbedingt. Unsere Existenz ist doch so dramatisch. Man verl�sst und verliert Menschen, die man liebt. Der Tod ist unausweichlich, das ist f�rchterlich. Und die Zeit vergeht viel zu schnell. Die Melancholie sublimiert das menschliche Leid - in Beethovens F�nfter Sinfonie kommt das wunderbar zum Ausdruck.

Tilman M�ller im Stern am 22. Juli 2003


tazlo

Singender Spargel

Voil� , da ist sie wieder: Fran�oise Hardy, Chansonstar der Sechzigerjahre, hat ihre Karriere nach Jahren des Laisser -faire wieder in die eigenen H�nde genommen. Prompt ist der Erfolg zur�ckgekehrt.

Ein Portrait von REINHARD KRAUSE
Dass sie pl�tzlich wieder auf den Spitzenpl�tzen der Verkaufscharts auftaucht, nimmt Fran�oise Hardy hin wie einen gn�digen Wetterumschwung. "Clair-Obscur" (Virgin), das neue Album der franz�sischen Sixties-Ikone, h�lt sich in Frankreich seit Wochen unter den Top Ten. L�ngst hat die S�ngerin aufgegeben, dar�ber zu gr�beln, weshalb sich manche ihrer Platten gut verkaufen, andere wieder - wohl die meisten - gar nicht. Gerade ihre Lieblingsalben, hat sie festgestellt, wurden vom Publikum verschm�ht; Platten, f�r die sie sich fast sch�mt, verkauften sich wie von selbst. Mit "Clair-Obscur" hat sie endlich einmal beides: Erfolg und Zufriedenheit.


Fran�oise Hardy geh�rt nicht zu den S�ngerinnen, die aus gro�en Gef�hlen mit Pressluft und fuchtelnden Gesten dramatische Lieder machen. Im Gegenteil, sie war die erste, die hartn�ckige Minderwertigkeitskomplexe zu ihrem k�nstlerischen Markenzeichen erhob. Das perfekte Idol f�r alle Sch�chternen: sch�n und doch gehemmt. Mit klarem, aber tieftraurigem Timbre sang sie bei ihrem Schallplattendeb�t im Jahr 1962 Lieder aus der Mauerbl�mchenperspektive: Alle sind sie gl�cklich verliebt, nur ich bin allein. Melancholie total!


Was bei jeder anderen S�ngerin das Futter f�r Hohn und Spott gewesen w�re, weckte im Fall der damals achtzehnj�hrigen Hardy Besch�tzerinstikte. So umwerfend sie aussah, ihr Ungl�ck wirkte v�llig �berzeugend. Mit ihrer K�rpergr��e von einem Meter achtundsiebzig, diktierte sie den Journalisten damals in die Bl�cke, falle sie �berall auf; au�erdem habe sie Schuhgr��e 41 - kein Skandal, aber doch ein Schicksal, so kurz nach den auf Damenhaftigkeit getrimmten F�nfzigern.


Erst sp�ter enth�llte sie die ernsteren Hintergr�nde ihres chronisch kr�nkelnden Selbstwertgef�hls: Sie war der Spross einer unehelichen Verbindung - in den Vierzigerjahren noch Grund f�r H�me und Ausgrenzung. Schwerer noch, vermutet die S�ngerin, wog die rigide Behandlung durch ihre allein erziehende Mutter: Neugeborene, hatte die geh�rt, solle man am besten ignorieren, wenn sie nachts schreien - sie werden sonst "kaprizi�s". Irgendwann stellte Fran�oise tats�chlich das Schreien ein. Eigenwillig wurde sie trotzdem.


Der Erfolg kam rasch und pl�tzlich �ber sie. Zum Abitur hatte sie eine Gitarre geschenkt bekommen, und ihre selbst geschriebenen Lieder wurden entgegen ihrer eigenen Erwartung �ber Nacht zum Hit. "Ich hatte mich extra bei der Plattenfirma Vogue vorgestellt - aus dem Kalk�l, dass die wohl nicht so kritisch sein konnten. So schlecht, wie deren Arrangements waren . . ". Wenn sich Fran�oise Hardy mit etwas auskennt, dann mit Schw�chen - und seien es die eigenen. Erstaunlich allerdings, wie souver�n sie mit ihnen umgeht. Die Aufnahmen f�r ihre erste Platte mit vier Titeln dauerten nur wenige Stunden. Schon damals war sie mit dem Orchestersound nicht wirklich zufrieden. "Tous les gar�ons et les filles" wurde trotzdem zum millionenfach verkauften Hit - und f�r die S�ngerin zu so etwas wie einem Fluch: Noch heute reagiert sie genervt, wenn sie reflexhaft auf ihren ersten und gr��ten Hit angesprochen wird: "Das Lied ist doch von kompletter Einfalt!"


Auch was ihren Gesang angeht, nimmt sie kein Blatt vor den Mund. "Meine Stimme", verk�ndet sie, "ist sehr begrenzt. Sogar beim Sprechen habe ich oft einen Frosch im Hals". Um unger�hrt fortzufahren: "Daf�r haben kr�ftigere S�ngerinnen h�ufig Schwierigkeiten mit der Nuancierung". Serge Gainsbourg, der f�r sie eine Handvoll Songs schrieb - darunter den Hit "Comment te dire adieu" -, sah das �hnlich: "Selbst wenn die Nadel des Aufnahmeger�ts kaum ausschl�gt - wenn Fran�oise singt, passiert etwas Fundamentales".


Mit dem Plattenerfolg kamen auch ganz andere Angebote - mangels Erfahrung nahm sie vieles an, bei dem sie sich dann doch unwohl f�hlte: Sie modelte f�r Modezeitschriften, drehte zwei Spielfilme - "Chateau en Su�de" von Roger Vadim und "Grand Prix" von John Frankenheimer - und sie ging mehrfach auf Tournee. Lampenfieber war ihr st�ndiger Begleiter. Warum sich qu�len? Fortan lehnte sie jedes weitere Filmangebot ab und betrat seit 1967 keine Konzertb�hne mehr. Auch Promotionsauftritte waren ihr stets l�stig, zum Leidwesen ihrer Plattenfirmen.


Mitte der Sechzigerjahre herrschte europaweit Hardy-Mania. Einige ihrer Songs sang sie in angestrengtem italienisch, andere in meist ti-�itsch-losem Englisch. Und zwei Dutzend Lieder sang sie makellos auf Deutsch - eine Folge ihrer vielen �sterreichurlaube als Teenager. Mit der deutschen Phase ihrer Karriere scheint sie jedoch komplett abgeschlossen zu haben. An den Rechten f�r ihre deutschen Titel biss sich Bear-Family-Chef Richard Weitze bislang die Z�hne aus. Die r�ckt Madame in Paris nicht heraus. Warum das alles noch einmal in Umlauf bringen?


Nicht nur optisch war Fran�oise Hardy in den Sechzigerjahren eine Ausnahmeerscheinung. Neben ihr z�hlte einzig noch Barbara ("G�ttingen") zu den S�ngerinnen, die sich ihr Material selbst schrieben. Die Hardy gr�ndete dar�ber hinaus noch ihren eigenen Musikverlag "Asparagus" - Spargel. Ein Kritiker hatte sie einmal die "Twist-Endivie" genannt, was sie auf die Idee brachte, Spargel passe wohl besser.


Bis in die fr�hen Siebzigerjahre verging kein Jahr, in dem nicht mindestens ein neues Hardy-Album erschien. Der Erfolg hatte Ende der Sechzigerjahre zwar schon ein wenig nachgelassen, daf�r jedoch hatte sie fast die komplette Kontrolle �ber ihre Arbeit. Nach einer nahezu unbeachtet gebliebenen LP, die sie 1971 mit der brasilianischen Musikerin Tuca aufnahm und die ihr pers�nliches Lieblingsalbum bleiben sollte, verminderte Hardy allm�hlich ihr musikalisches Engagement und �berlie� es fortan Musikerkollegen, sie in Szene zu setzen. Seit der Geburt ihres Sohnes Thomas spielte die Musik nur noch eine marginale Rolle in ihrem Leben. Eine Zur�ckhaltung, die - wie bei der Zusammenarbeit mit Michel Berger - zu grandiosen Ergebnissen f�hrte ("Message personnelle ", 1973), aber auch zu ungl�cklichen wie bei den f�nf Alben, die Gabriel Yared zwischen 1977 und 1982 mit ihr produzierte. 1982 erkl�rte sie schlie�lich, sie wolle endg�ltig nie wieder eine Langspielplatte aufnehmen.


Ein Schwur, den sie bis heute dreimal gebrochen hat. In den Neunzigerjahren scheint sogar Hardys Interesse, Platten nach ihrem eigenen Geschmack aufzunehmen, wieder erwacht zu sein: wohl nicht zuletzt ein Erfolg der vielen hochkar�tigen Verehrer, die sie um eine musikalische Zusammenarbeit baten. In den letzten f�nf Jahren hat sie mit Blur gesungen, mit Malcolm McLaren, mit Iggy Pop und Air.


Geriet ihr Album "D�calages" (1988) noch ein wenig synthetisch und beliebig, so war "Le danger " (Virgin), vor vier Jahren erschienen, ihr Herzensprojekt: Einmal mit einer veritablen Band arbeiten! Nie sang sie ihre Texte zu lauterer Musik, selten wirkte ihr Gesang so fragil und zugleich so souver�n. Die Wiederauferstehung einer Legende. Doch wie so oft, wenn sie sich engagierte: Kommerziell war die Platte ein totaler Flop.


Heute, im 39. Jahr ihrer Karriere, ist Fran�oise Hardy also wieder auf der H�he des Massengeschmacks. Was ein wenig erstaunt, denn "Clair-Obscur " ist geradezu zeitlos und klingt wie eine bunte Mischung altgedienter Lieblingslieder - von Django Reinhardt �ber Don Everly bis Eric Clapton. Zusammengehalten wird das eher ruhige Album - wie k�nnte es bei der Hardy auch anders sein? - durch eine ausgeglichen melancholische Grundstimmung. Und wundersamerweise klingt ihre Stimme genauso jung wie vor drei�ig Jahren. Auch dies eine Folge ihres ber�hmt-ber�chtigten Phlegmas? "Ich trainiere meine Stimme nie", hat sie j�ngst erkl�rt. "Ich denke ja jedes Mal, das ist nun wirklich meine letzte Platte".


Zur Promotion der Single "Puisque vous partez en voyage" hat sie gar ein Video drehen lassen; Zuschauer in Deutschland k�nnen es gelegentlich auf TV 5 sehen. Die Hardy, ein wenig gealtert, schlendert darin neben ihrem Ehemann - ein wenig aufgedunsen: Jacques Dutronc - �ber einen Bahnhof und geleitet ihn zum Zug. In dem nostalgischen Chanson aus den Drei�igerjahren geht es um ein Liebespaar, das sich zum ersten Mal f�r ein paar Tage trennt. Dutronc kauft ihr im Video zum Abschied einen Blumenstrau� von ausgesuchter Scheu�lichkeit, die Hardy nimmt ihn gn�dig an und wippt mit ihm schlie�lich so nachl�ssig im Takt, als wollte sie ihn gleich in die Tonne werfen. Zauberhaft!

REINHARD KRAUSE taz Magazin Nr. 6205 vom 29.7.2000


DER SPIEGEL 17/2000

Glanz im D�mmerlicht

Fran�oise Hardy, in den Sechzigen als Chanson-Ikone angebetet, ist dank Frankreichs Pop-Aufschwung wieder international im Gesch�ft.

Das Apartmenthaus im Zentrum von Paris, nicht weit von den Champs-Elysees, erinnert an einen Bunker. Ein k�hler, fast lichtloser Bau, in dem die Betonw�nde so massiv erscheinen, als ob drau�en die Welt untergehen k�nnte, ohne dass es drinnen einer mitbek�me.



Das perfekte Versteck also f�r Fran�oise Hardy, die von einer Wohnung vor allem eins erwartet: ihre Ruhe. "Das Leben da drau�en ist so aufregend, dass ich es vorziehe, in meinen vier W�nden zu bleiben".


F�r eine, die sich gern daheim verschanzt, hat die 56-J�hrige einen, auch nach eigener Einsch�tzung, paradoxen Job: Sie ist S�ngerin. Sie hasst Kameras, und die Vorstellung, dass sie "Menschen anstarren", l�sst sie "leiden".


Die Kombination aus Charme und Tristesse pflegt Hardy auch auf ihrem wunderbaren neuen Album "Clair-Obscur" (Virgin), auf dem sie neben eigenen Liedern dezent arrangierte Balladen von Django Reinhardt, Don Everly und Eric Clapton singt.


Einige neunmalkluge Journalisten animierte die gepflegt schwerm�tige Platte dazu, der K�nstlerin depressive Neigungen zu unterstellen. Dabei ist die Melancholie der Hardy l�ngst Legende. Als so unnahbare wie geheimnisvolle Sch�ne mit langem Haar und unendlich traurigen Augen becircte sie in den sechziger Jahren nicht nur die Franzosen, sondern die ganze Pop-Welt.


Die Beatles schw�rmten f�r sie, die Rolling Stones schleppten sie auf Partys, und Bob Dylan verk�ndete 1966 sogar vor einem Konzert in Paris, dass er die B�hne nicht betreten werde, ohne vorher Fran�oise Hardy getroffen zu haben.


Das ist lange her, und die Umworbene erinnert sich angeblich nicht gern daran: "Ich kannte diese Leute fast nicht. Und ich habe damals die schlechtesten Platten meiner Karriere aufgenommen".


Mehr als drei Jahrzehnte sp�ter ist ihr Name au�erhalb Frankreichs bei nachgewachsenen Musikfans in Vergessenheit geraten, doch von geschichtsbewussten Stars des Pop-Gesch�fts wird sie bis heute angebetet. Die Britpop-Jungs von Blur waren mit ihr im Studio, und auf ihrem neuen Album schnurrt Alt-Punk Iggy Pop mit ihr im Duett. Die Eurythmics haben nicht nur einen ihrer Hits gecovert, sondern Dave Stewart gestand obendrein , sein "erstes sexuelles Erlebnis" einer ihrer Plattenh�llen zu verdanken.


Fran�oise Hardy will von all dem wenig wissen. Ihr Englisch habe sie verlernt, behauptet sie - und kam doch beim Interview ganz ohne das dicke englische W�rterbuch aus, das sie auf ihren Knien drapiert hatte.


�berhaupt sei es vor allem einer g�nstigen Konstellation der Sterne zu verdanken, dass sie noch einmal eine Platte aufgenommen habe: "Es war wie ein Befehl aus dem Himmel".


Weil ihr das Pop-Gesch�ft offenbar zu dr�ge war, widmete sie den gr��ten Teil ihrer Zeit seit den siebziger Jahren mit gro�em Aufwand der Astrologie . Sie hat B�cher dar�ber verfasst und f�r einen gro�en franz�sischen Radiosender t�glich Horoskope erstellt.


Als Fran�oise Hardy 1954 in Paris zur Welt kam, besetzten die Deutschen noch die Stadt, und der Saturn stand sehr hoch. "Hoher Saturn - tiefe Melancholie. Das wei� man doch!" Sie war ein ernstes M�dchen, lernte Deutsch und entwickelte tiefe Leidenschaft f�r den Rock'n'Roll. Zum Abitur bekam sie vom Vater eine Gitarre.


Sie begann, Lieder zu schreiben, und deb�tierte 1962 im franz�sischen Fernsehen: Im Regenmantel schlich sie da, sch�n und scheu, durch eine dunkle, feuchte Gasse und sang davon, dass alle verliebt seien, nur sie nicht. "Tous les gar�ons et les filles" wurde in Frankreich und bald in aller Welt zum Sensationserfolg. �ber Nacht war Fran�oise Hardy zum Star geworden, zum sch�nen Gesicht des jungen Paris. Serge Gainsbourg ("Was f�r ein Trinker!") schrieb ihr Hits wie "Comment te dire adieu", Salvador Dali wollte f�r sie malen, und Paco Rabanne lie� sie auf dem Laufsteg paradieren. Und nat�rlich huschte sie durch einige Kinofilme. Alles belangloser Unfug, beharrt sie.


Ende der Sechziger verk�ndete sie, sie wolle nie wieder auftreten. Anfang der Siebziger versiegten die Hits. Ihrem Ruhm in Frankreich hat das nie geschadet. Sie unterh�lt die Nation seit Jahrzehnten dank ihrer turbulenten Ehe mit dem Musiker und Schauspieler Jacques Dutronc und mit Hilfe diverser anderer Liebschaften. Auch dass sie ein paar missverstandene Dinge �ber den Populisten Le Pen ge�u�ert hat, z�hlt eher zu ihrer Form des mitunter exzentrischen Entertainments. Platten ver�ffentlicht sie nur noch sporadisch. Ihr j�ngstes Album aber ist ein echter Hit, allein in Frankreich wurden in den ersten vier Wochen �ber 100000 Exemplare verkauft. Und auch international ist Fran�oise Hardy wieder im Gesch�ft. Wohl auch deshalb, weil Bands wie Air und Daft Punk dem Land wieder Renommee als Pop-Nation verschafft haben.


Sehr zur �berraschung von Madame Hardy, die die Musik ihrer jungen Landsleute bestenfalls f�r mittelm��ig h�lt: "Englische Musik war schon immer aufregender als alles Franz�sische". Am liebsten h�rt sie Radiohead, PJ Harvey und Massive Attack. Und das sehr laut: "Glauben Sie nicht, dass ich alt und schwerh�rig bin. Ich habe hier meinen Spa� - und besonders dicke W�nde".

Christoph Dallach


Die Wochenzeitung

Ein Idol altert: Die sch�ne Fran�oise Hardy kann das Singen nicht lassen...
Charme  hast du f�r sechs, ach was, f�r zehn! Seit vierzig Jahren ist Fran�oise Hardy  eine Ikone der Popmusik. Eine Liebeserkl�rung


Ernst  Buchm�ller, Journalist und Autor von Fernsehdokumentationen.


Schuld ist eigentlich dieses bl�dsinnige Zappen in einer schlaflosen Nacht.  Pl�tzlich war sie wieder da in meinem Wohnzimmer, nach  all den Jahren; als  TV-Show-Ausschnitt von 1970, diese Frau, von der die halbe Welt ziemlich feucht  getr�umt hat. Die tollen Augen, das  verschmitzte L�cheln, der k�nstliche  Studiowind im Haar, das z�rtlich um das Gesicht wehte, und dann diese Stimme mit  der  deutschen (sic!) Version einer der Songs, die Serge Gainsbourg f�r sie  getextet hat. Der deutsche Text des Herrn W. Brandin, schon fast oscarverd�chtig


Stets war mein Komplex du bist  zu sch�n
Charme hast du f�r sechs, ach was, f�r zehn
Liebt denn so was exklusiv nur misch
Was mach isch ohne disch?


�Diese Stimme wird Sie in eine andere Welt versetzen, in eine Welt der  Freundlichkeit, des Rhythmus und der Jugend: Eine frische, moderne Stimme ist  es, eine Stimme, die Sie nicht mehr losl�sst.�


Das war 1962 und stand auf der  H�lle einer franz�sischen EP, einer dieser 45-Touren-Platten, die - anders als  bei uns - nicht Singles  hiessen und statt zwei gleich vier Songs enthielten.  Kein Wort �ber das Aussehen der Stimme; dabei wurde diese Frau zur meist   fotografierten Popikone vor Madonna und zum Sinn(lichkeits)bild der  franz�sischen sechziger Jahre �berhaupt. Und was die Stimme  betrifft, die war  weder gewaltig noch besonders sch�n, ohne viel Farbe oder Ecken und Enden, recht  verhaucht (�breathy voice�  schrieb der englische �Guardian�) und immer leicht  gelangweilt: eine ziemlich limitierte Stimme, nicht besonders geeignet zum   Singen, und wenn wir ehrlich sind, kaum von dieser Welt. Aber wenn schon von  einer Welt, dann nur von einer romantisch-tr�umerischen, die sowieso nichts mit  der Realit�t zu tun hatte.


Und trotzdem: Diese Stimme brachte 1962 nicht nur  �unseren� Franz Steinegger, sondern ganze Nationen zum Schw�rmen, Schmelzen,  Tr�umen und Fantasieren.


D�nne Stimme, lange Haare, Schmollmund ...
Fran�oise Hardy ist eine Tochter aus gutem Hause, ihre Mutter  Buchhalterin, ihr Vater Direktor einer Firma f�r Rechenmaschinen, dazu  aus  einflussreicher Familie, bei Frau und Kindern liess er sich allerdings kaum  blicken. Die Mutter Madeleine war f�r Fran�oise und  ihre Schwester Michelle  wichtigste Bezugsperson, ist es auch heute f�r Fran�oise.


Am 17. Januar 1944  - ihrem Geburtstag - ist Paris noch von den Deutschen besetzt. Die kleine  Fran�oise geht nicht in irgendeine  Schule, sondern ins renommierte Institut �La  Bruy�re� und besucht Kurse an der Sorbonne, auch in Deutsch!


Die ersten  Schritte in Richtung Showbusiness bringen sie schon fast in die Zielgerade: Das  scheinbar sch�chterne, traurig und ernst  blickende M�dchen wird ins �Petit  Conservatoire de Mireille� aufgenommen. Mireille, Komponistin, S�ngerin, Radio-  und  Fernsehpers�nlichkeit gr�ndete 1955 in Paris eine Schule, die zur Wiege des  neuen franz�sischen Chansons wurde: Neben Fran�oise waren auch Alain Souchon,  Michel Berger oder Hughes Auffray ihre Sch�ler.


1961 h�rt die kleine Fran�oise tagelang Everly Brothers, die mit ihrem echolastigen  Herz-Schmerz-Sound gleich zwei Nummer-  Eins-Hits in den englischen Charts  plazieren. Fran�oise kopiert Note f�r Note, Zeile um Zeile und rennt mit ihren  ersten Songs von Plattenfirma zu Plattenfirma.


1961, da war  Johnny-National-Hallyday in Frankreich schon ein Superstar, aber ein  M�dchen-Pendant dazu fehlte. Ob es wohl die  grossen, fragenden Augen waren oder  doch eher die langen Haare und der Schmollmund, die den k�nstlerischen Direktor  von  �Vogue�, Jacques Wolfsohn, �berzeugten, der Achtzehnj�hrigen eine Chance zu  geben? Die Stimme kann es ja wohl kaum gewesen sein ...


Die K�nigin  der unerf�llten Liebe
�Alle M�dchen und Knaben in meinem Alter gehen  miteinander Hand in Hand spazieren ... Nur ich, ich bin ganz allein�, schluchzte   Fran�oise und kratzte dabei ihre Gitarre im C-Dur-a-Moll-d-Moll-G7-Trott. Und  siehe da, Herr Wolfsohn hatte die richtige Nase: Fran�oise  nahm ihre erste  Platte auf, liess dann aber Platte Platte sein, ging zuerst mal in die  Sommerferien nach �sterreich, und als sie zur�ckkam, war sie der neue  Star.


Europe1 spielte das traurige Lied �ber die Liebe, die doch jetzt dann  bitte, bitte schnell kommen soll, fast t�glich zwischen f�nf und  sieben in der  legend�ren Popsendung �Salut les copains�, und innerhalb k�rzester Zeit wurde die  erste Million davon verkauft. Es sollte  nicht die letzte sein, auch dank dem  englischen Bruder �Find me a boy� und der deutschen Schwester �Peter und  Lou�.


Zum ersten Mal wird �Generation� auch in Europa zu einem  Verkaufsargument: Die Jugendwelle schwappt los und schafft sich neue  Stars und  Idole mit einer cleveren Verbindung zwischen Image, Zeitschriften, Medien und  Musik.
Obwohl Fran�oise sowohl den Text als auch die Musik dieser  herzerweichenden Ballade schrieb, erhielt sie nur die H�lfte der  Royalties: Die  franz�sische SACEM (bei uns heisst das SUISA) zahlte nur Geld an angemeldete  Komponisten. Anmelden konnte man  sich als Musiker aber nur nach einer  erfolgreichen Pr�fung in Solf�ge, und Fran�oise konnte kaum Noten lesen, darum  ging das Geld f�r die Komposition an den Arrangeur Roger Samyn.


Trotzdem, das  grosse Geld und der weltweite Ruhm waren ihr sicher: Sie wurde zusammen mit  Sheila, Sylvie Vartan und France Gall zur K�nigin des franz�sischen Y�  Y�.


1963 liefert sie einen Hit nach dem andern, tourt durch Frankreich, tritt  im �Olympia� auf, tr�llert beim Grand Prix d'Eurovision f�r  Monaco �L'amour s'en  va� und erh�lt den renommierten �Prix de l'Acad�mie Charles-Cros�. Und weil  Frankreich immer schon etwas  anders war, gab es da in den Bars nicht nur  Musikboxen, sondern auch Scopitones, kleine Bildschirme, auf denen man sich f�r  etwas  Wechselgeld die Hits der Saison nicht nur anh�ren, sondern auch ansehen  konnte. Fran�oise tr�llerte ihr Liedchen auf einer Schaukel  an der Chilbi,  umgeben von anderen h�bschen Demoiselles, gefilmt von einem gewissen Claude Lelouche.

F�r ihr Styling war Y�-Y�-Hof-Fotograf Jean-Marie P�rier zust�ndig,  der auch gleich die Rolle des Liebhabers �bernahm.

Das intellektuelle  Topmodel
Das traurige und trotzdem temperamentvolle M�dchen mit den  langen Haaren, die immer wieder ins Gesicht fallen, kommt gut an. Sie  wirkt  geheimnisvoll und sexy und ist nicht dumm, bezeichnet sich selber als eher  unpolitisch, gilt bald mal als die Intellektuelle des  Y� Y� und agiert - wie  sich das wohl miteinander vertr�gt - als Topmodel f�r Courr�ges und Paco  Rabanne. Fran�oise Hardy gibt es  auch im Kino, nicht unbedingt in tragenden  Rollen - eine begnadete Schauspielerin ist sie nicht -, daf�r tritt sie in  denkw�rdigen Filmen  auf: �Masculin - F�minin� von Jean-Luc Godard oder �What's  New, Pussycat� von Clive Donner, dem ersten Film von und mit Woody Allen.


Bei  seinem Pariser Konzert 1966 will Bob Dylan sie unbedingt treffen: Schon 1964 hat  er seinen Fantasien rund um das �frenchy girl�  freien Lauf gelassen und ihr auf  dem Cover der LP �Another Side of Bob Dylan� ein Gedicht gewidmet.


Fran�oise  ist innerhalb weniger Jahre zum Idol geworden, zum Inbegriff des franz�sischen  Pop der sechziger Jahre und zum  Schwarm der ganzen Welt; oder mit den Worten von  David Bowie: �Ich war sehr lange leidenschaftlich in sie verliebt, und ich bin   �berzeugt, dass sie das ahnte. Jedem Mann dieser Erde und nicht wenigen Frauen  ging es genau so, und wir alle sind immer noch in sie verliebt.�


Das Rennen  machte dann aber weder Dylan noch Bowie, auch nicht Mick Jagger oder Brian  Jones, sondern der Intellektuelle des  franz�sischen Pop, Jacques Dutronc. Das  war 1966, sie sang mit ihren 23 Jahren �Ma jeunesse fout le camp� und war von  der Realit�t des Textes absolut �berzeugt.


Dutronc, der Supermacho, liess  sich von der gelangweilten langhaarigen Sirene bezirzen, das ist auch heute noch  so. Nach 33 Jahren  sind die beiden immer noch ein Paar, haben sich erst k�rzlich  an der Pariser Avenue Foch eine neue Wohnung genommen. Hier  wohnen die zwei auf  verschiedenen Etagen, und wenn sie miteinander sprechen wollen, nehmen sie das  Telefon. Diese Liebe war  immer eine Liebe auf Distanz, musikalisch hatten sie  nie viel gemeinsam, und wenn sie miteinander f�r den Fotografen posieren,  dann  bleibt da auch heute noch der Eindruck vom kleinen M�dchen und dem b�sen Wolf.  Wo liegt wohl das Geheimnis dieser l�ngsten  Liebesaff�re des franz�sischen  Showbusiness? R�cksicht oder Taktgef�hl kann es nicht sein, sonst h�tte Dutronc  kaum im August  2000 zu �Lib�ration� gesagt: �Ich konnte nie ein einziges Chanson  von ihr h�ren, das gibt mir den moralischen Kater [cafard]�, dabei  schrieb  derselbe Jacques Dutronc die Musik zu einem ihrer fr�hen Songs �Le temps de  l'amour�; aber das ist dann eben die pers�nliche Geschichtsklitterung eines  Popstars.


Dutronc hat die sch�ne Fran�oise irgendwann 1966 dem erfolgreichen  Fotografen Jean-Marie P�rier ausgespannt, ohne dass dieser  besonders zornig  wurde, im Gegenteil, P�rier verhalf Dutronc 1973 zu seiner ersten Rolle als  Schauspieler im Film �Antoine et  S�bastien�, und wer w�rde wohl bestreiten, dass  Dutronc zu einem wichtigen Exponenten des franz�sischen Kinos geh�rt. Dazu ist   P�rier auch heute noch ein guter Freund des Hauses, und Fran�oise l�sst sich -  wenn �berhaupt - nur noch von ihm fotografieren.


Dutronc und Hardy machten einiges gemeinsam: 1973 den Sohn Thomas, sie heirateten nach Jahren, 1981,  einfach so, wohnten seit  1970 zusammen und doch immer getrennt, und erst 1978  gab es das erste Duo �Brouillard dans la rue Corvisart�. �Ein sch�ner Song�,   meint Fran�oise heute, �aber er entsprach uns eigentlich �berhaupt nicht, weder  mir noch Jacques.� Das ist ganz anders mit dem  zweiten Duo in der Geschichte  Hardy/Dutronc: �Puisque vous partez en voyage�, ein Song aus den dreissiger  Jahren, geschrieben von  Mireille, der Frau, die - Sie erinnern sich - an ihrem  �Petit Conservatoire� in den fr�hen sechziger Jahren Fran�oise in Richtung   Showbiz leitete ... Dieser Song, der auf dem neusten Opus der Hardy  (�Claire-Obscure�, 2000) zu finden ist, ist perfekt f�r das  Chic-et-Choc-Paar:  In einem ziemlich adoleszenten Dialog verabschieden sich zwei Liebende auf einem  Bahnhof, zum ersten Mal  werden sie getrennt. Was im Original in direkter Rede  geschrieben ist, musste f�r Dutronc in die dritte Person Einzahl umgeschrieben   werden. Das direkte �tu� an seine Frau war ihm offensichtlich auch nach 33  Jahren zu viel an N�he, daf�r spielt Sohn Thomas die  Gitarre. Er ist ein  Virtuose auf dem Instrument, komponieren wollte er allerdings nie, das w�re dann  seine Abgrenzung gegen�ber seinen Eltern.


Sie kann das Singen nicht  lassen...
Dass Frau Hardy immer noch neue Platten macht, war nicht immer  so: 1968 hat sie sich �endg�ltig� von der B�hne verabschiedet -  �weil ich vor  lauter Lampenfieber ganz einfach gestorben bin�. Auch mit sechzig - beteuert sie  heute - g�be es kein Comeback.  Warten wir es mal ab. Ihre F�rderin Mireille  stand 1995 mit 89 Jahren pl�tzlich nochmals auf der B�hne des Pariser Th�atre de  Chaillot.  Zwischen 1973 und 1988 gab es nicht viel, aber immerhin sieben LP von  unterschiedlicher Qualit�t, das Image des ewig jungen  Fr�uleins konnte sie nie  ganz absch�tteln, auch wenn ihre Musik ziemlich erwachsen wurde. 1988 war dann  mit �D�calages� endg�ltig  Schluss. Das w�re ihr Abschiedsalbum, mehr g�be es  nicht und �berhaupt interessiere sie die Astrologie viel mehr als die Popmusik,   liess Frau Hardy verlauten. Die Esoterik nahm �berhand, Fran�oise Hardy zog sich  immer mehr zur�ck, wollte niemanden sehen,  kleidete sich nur noch in Schwarz und  hielt auch ihre Wohnung und M�bel in dieser fr�hlichen Farbe.


Doch dann kam  1994 der K�nig des Punk und wollte die K�nigin der unerf�llten Liebe zu einem  Comeback �berreden: Malcolm  McLaren dachte sich eine perfekte  Fran�oise-Hardy-Geschichte aus. F�r sein Album �Paris� schrieb er f�r sie einen  Song, beeinflusst  von Emil Zola. In der Geschichte von Zola ist da ein junges  M�dchen, das sein Bett mit Blumen bedeckt und sich in diesem  Blumenmeer  umbringt, sch�n drapiert, damit der Tod zu den Blumen passt. Und siehe da,  Fran�oise war von dem Projekt angetan,  sang �Revenge of the Flowers� und  begleitete McLaren sogar in eine TV-Talkshow.


Und dann ging es wieder los:  1995 nahm sie zusammen mit Blur die franz�sische Version von �To the End� auf,  pr�sentierte 1996 eine  neue Seite von sich: mit �Le Danger�, einer ziemlich  rockigen, gitarrenlastigen CD, die den Kritikern gut gefiel, dem Publikum aber   �berhaupt nicht. Das war doch nicht die hauchende, schmachtende Fran�oise, an  die wir uns all die Jahre gew�hnt hatten. Und im Mai  dieses Jahres kam dann mit  �Clair-Obscure � eine Sammlung von Songs, die nicht nur mich entt�uscht haben;  auch wenn Leute wie Iggy Pop, Etienne Daho oder Jacques Dutronc  mitsingen.


Die erw�hnte schlaflose Nacht mit dem Zapping brachte mich  �brigens in meinen Keller: Hier zwischen den alten Vinyl-Platten fand ich  das  tolle Doppelalbum �A Touch of Music, a Touch of Fran�oise Hardy� von 1969. Eine  Doppel-LP, wobei eine ganze Platte (A- und  B-Seite!) voller deutsch gesungener  Lieder ist. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob mir jetzt �Ich steige  dir aufs Dach�, �Er  war wie du� oder doch �Ich hab das Gl�ck� am besten gef�llt.  Nicht zu untersch�tzen ist der Text auf der Innenseite der H�lle. Ein gewisser  Michael Deruba schliesst seine Hymne mit folgenden S�tzen:


�Fran�oise Hardy  ist das geblieben, was sie wohl irgendwie schon immer war: eine �berragende  Pers�nlichkeit, die ihr Publikum mit  ihren Liedern in einen Bann zu ziehen  versteht und die einfach mehr ist als irgendeine S�ngerin.� Zum Gl�ck wurde die  Platte viel gespielt und kratzt ganz sch�n auf dem Grammofon.

Ernst Buchm�ller WoZ Ausgabe 1000 vom 26.10.2000


SR-Online

Francoise Hardy ist wieder da
Mit einem Chanson von Mireille und Jean Nohain ist sie seit einigen Wochen in Frankreich zu h�ren: "Puisque vous partez en voyage". Sie singt es mit ihrem Lebensgef�hrten Jacques Dutronc. Jetzt ist das neue Album von Francoise Hardy auf den Markt gekommen und gleich ganz oben in die Hitparade gerutscht, Claire-obscur hei�t es (Virgin). Nostalgie, s��-saure und gemischte Gef�hle, ein trauriges L�cheln: Markenzeichen der ehemaligen Deutschstudentin ist immer noch die Melancholie

Quelle: rfi-musique, 5.5.2000


Audio zu “Le Danger”

Von ihrem 1988 angek�ndigten R�cktritt ist sie jetzt zur�ckgetreten. In den 60ern Frankreichs Pop-Diva Nummer eins, sorgt Francoise Hardy nach eher stillen Jahren im Popgesch�ft nun wieder f�r einen Knalleffekt: Souver�n pendelt sie zwischen zupackendem Rock-Sound und einschmeichelnden Popmelodien - �hnlich funktionierte vor acht Jahren France Galls Comeback. Bob Dylan und Mick Jagger schw�rmten einst f�r die langen Beine der Hardy - als Mittf�nfzigerin lenkt sie die Aufmerksamkeit prim�r auf musikalische Reize.

© Audio


Stereoplay “zu Le Danger”

Eine reife Leistung: Francoise Hardy; das Ex-Fotomodell, die adrette Schlagerpuppe der 60er Jahre, begn�gt sich nicht mit nostalgischer R�ckschau. �hnlich wie die Britin Sandie Shaw - auch sie ein Kind der Sixties - sucht die Franz�sin den Kontakt zu j�ngeren Rockmusikern. Mit Blur-S�nger Damon Albarn traf sie sich k�rzlich zum Duett, das Album "Le Danger" spiegelt jetzt die Aufgeschlossenheit dieser Mitf�nfzigerin in perfekter Weise. Zu raffinierten Gitarrensounds singt Madame Hardy sehr bestimmt und auch etwas untergr�ndig-geheimnisvoll von der Sch�nheit des Teufels ("La beaut� du diable "), dem obskuren Objekt der Begierde ("L'obscur objet") oder zehn Stunden im Sommer ("Dix heures en �t� "). Wer wollte da wiederstehen?

07-08 © Stereoplay


Tages Anzeiger

Rumpelt�ne f�r die leichte Stimme

Fran�oise Hardy rockt wie noch nie zuvor
Nein, sagt Fran�oise Hardy, sie sehe sich kaum als ein Modell f�r eine besondere Art des Gesangs - und wir dachten dabei an einige ausgesprochene Velours-Stilisten der vergangenen franz�sischen 10 Jahre, Daho, Murat, Dalcan. Es habe schon fr�her, in den 50er Jahren, solche Stimmen gegeben, solche unfarbige, konturenarme, leichtkalibrige. Eine Verweigerin, ein Antistar avant la lettre ist sie, die Vedette der Ye-Ye-Jahre, die seit Ende der Sechziger jeden Live-Auftritt ausschlug und sich auch sonst rar machte, �ffentlich und musikalisch. Die sich um dieselbe Zeit entschloss, die Schrummgitarre und ihre f�nf Grundakkorde auf die Seite zu legen, um fortan, wenn �berhaupt, nur noch mit besseren, vielseitigeren Musikern zusammenzuarbeiten.


Entzugserscheinungen
Was ist es denn, das sie trotzdem singen macht, das sie dazu treibt, den vor acht Jahren ausgesprochenen endg�ltigen Schluss doch wieder r�ckg�ngig zu machen und erneut ein Album zu ver�ffentlichen? "Lieder schreiben", antwortet Fran�oise Hardy, "texten, dichten". Und sie kann dann richtiggehend ins Schw�rmen geraten, �ber die Spielereien des Eingangsst�ckes "Mode d'emploi", Wort- und Sinnspiele in alter gainsbourgscher Tradition. Eigentlich sei es eine "devinette", ein R�tsel, eingewickelt in ein halbes Dutzend - extra verst�mmelte oder abge�nderte - Redensarten, denen allen nun derselbe Begriff fehlt.


Und umgehend kann die S�ngerin die Bedr�ckung im Titelsong "Le Danger" nachempfinden, entstanden in der Zeit, als die Mutter des Alain Lubrano im Sterben lag. Und dieser Lubrano eben, ein unscheinbarer junger Musiker und Studioassistent, von Hardy erstmals bei der Produktion des 88er Albums getroffen, nimmt eine zentrale Rolle im neuen Werk ein; acht der dreizehn Lieder hat er komponiert (drei weitere stammen von Rodolphe Burger, dem Leader der els�ssischen Band Kat Onoma). So wechselt sich jetzt auf "Le Danger" ein grollender, rumpelnder, grungiger Rock a la Noir Desir mit verhaltenen, langgezogenen Bluest�nen ab, in der Art wie sie Sonny Landreth etwa bei Bashung schon gleiten und liegengelassen hat, und macht es gar m�glich, dieser angeblich so eint�nigen Stimme einige unterschiedliche Farbeinstellungen abzugewinnen. Und der 52j�hrigen Aussenseiterin ihr aktuellstes, modernstes Album, vielleicht sogar ihr bestes.

Benedetto Vigne im Tages Anzeiger am 19. Juni 1996


S�ddeutsche Zeitung

Kein Wunder, dass Malcolm McLaren, Erfinder der Sex Pistols, ewig b�ser Junge, einiges daf�r gab, sie auf seinem Album Paris dabeizuhaben. Er traf sie - “Kennen Sie das, wenn man sich trifft und sofort sympathisch ist? Mit ihm war es das Gegenteil!” - “und dann trafen sie sich erst mal nicht mehr. Fran�oise: ,Ich hatte gehofft, die Sache w�rde ins Wasser fallen.” [...] Mag sein, dass sie mir unbedingt den Topf mit Azaleen, den Jacques Chirac ihr neulich zum Geburtstag geschickt hat, zeigen und dazu sagen muss: “Ich hasse Azaleen.”

5. Mai 1995 in S�ddeutsche Zeitung Magazin


Les Inrockuptibles, April 1990

",Sie haben einmal gesagt, Ihre Karriere h�tte anders ausgesehen, wenn Sie einen Meter zwanzig gro� und hundert Kilo schwer gewesen w�ren.' Hardy: ,Das war ein Witz, aber ungew�hnlich h�tte ich dann wohl auch ausgesehen (lacht). Fakt ist, dass ich genau im richtigen Moment kam; knabenhafte M�dchen wie mich mochte man vorher �berhaupt nicht. Wir waren Heranwachsende mit K�rpern von Heranwachsenden. Vielleicht waren wir auch deshalb so d�nn, weil wir Kriegskinder waren.
 

Hugues de Courson �ber Hardys Pressereise durch Deutschland, 1974: "Und dann fragten sie irgendwelche Leute mit Stolz in der Stimme, warum sie sich entschieden h�tte, einige Titel auf Deutsch zu singen. Und sie sagte: “Man hat mich dazu gezwungen. Ich hasse diese Lieder, ich finde sie richtig schlecht. Ich habe sie nur aus vertraglichen Gr�nden aufgenommen.” Die deutsche Plattenfirma war nat�rlich am Boden zerst�rt".

aus Etienne Daho, Fran�oise Hardy - superstar et ermite, 1986


Star Szene '77

Francoise Hardy wurde 1954 in Paris geboren.

Als die frischgebackene Abiturientin 1962 mit ihrem ersten Lied "Tous les garcons et les filles" Furore machte, wurde auf einmal den Erwachsenen bewu�t, dass die Welt ihrer Kinder ganz anders war, als ihre eigene. Wie konnte nur dieses etwas zu lang geratene, sch�chterne, linkische, ja sogar langweilige M�dchen ihren Gleichaltrigen gefallen? Dazu noch mit ihren nichtssagenden, monoton gesungenen Liedern? Ja, so dachten die Eltern. Sie verga�en aber eines dabei: dass bis zu diesem Zeitpunkt alle S�nger ihrer eigenen Generation angeh�rten ... Brassens, B�caud, Gr�co, Aznavour, Brel, Ferr�...


Niemand vertrat die Jugend in dieser Chansonwelt. Francoise Hardy kam als erste, und obwohl ihre Lieder sicher nicht sehr originell waren, hatten sie dennoch den Vorzug, �ber eine Welt zu erz�hlen, in die die Erwachsenen keinen Eintritt hatten. Nach Francoise folgten viele: Adamo, Sylvie Vartan, Sheila. Die Plattenindustrie entdeckte zuerst und ermutigte dann eine junge gierige Kundschaft, die bereit war, das Taschengeld in Singles umzusetzen. Auch das war neu. Ohne zu �bertreiben kann man also sagen, dass Francoise Hardy mit ihren sanften, fast kindlichen Chansons eine wichtige Rolle gespielt hat - wahrscheinlich ohne sich dessen bewu�t zu sein.
 

Heute geh�rt sie zwar nicht mehr zu den gro�en Stars, aber mit ihren neuen nostalgischen Liedern erfreut sie immer noch ihre treugebliebenen Freunde im In- und Ausland.

1000 Top-Stars p�sentiert von Ilja Richter VN Verlagsgesellschaft f�r Nachschlagewerke mbH, Taunusstein, 1977


Der Spiegel, 1968

"Karlheinz Stockhausen, 40, Elektronikkomponist, der “die ganze Welt des Klingenden als Material der Musik” (Stockhausen) verwendet, fand ein neues Instrument. F�r die Auff�hrung seines Improvisierwerks ,Unbegrenzt' heftete Stockhausen der franz�sischen Schlagers�ngerin Fran�oise Hardy mehrere Kontaktmikrophone mit Pflastern auf den K�rper und lie� ihr von Lautsprechern �bertragenes Herzklopfen stundenlang von acht Instrumentalmusikern begleiten. Der Komponist �ber sein Werk: “Es war irrsinnig aufregend.”


Neue Illustrierte

Fran�oise Hardy singt bei Uns
Zwei Augen voller Tristesse “ Ich mag diese Zeug nicht in meinem Gesicht”, sagt sie und schiebt die Schminke weg. “ Ich mag nicht” ( je n’aime pas...) das geh�rt zu Fran�oise Hardy. Das ist ein Satz, den sie oft sagt.


Das klingt aus ihrer leisen, unausgebildeten Stimme, wenn sie vor dem Mikrophon ihre traurigen kleinen Lieder singt: “ Die Liebe geht...”, “Ich hab’ das Gl�ck...”.


Sie sagt so oft: “Ich mag nicht �ber meinen Vater sprechen...”, “Mit f�nfundzwanzig werde ich vergessen sein. Ich mag das grosse Star-Leben nicht...”.


Und ihr Blick geht dabei ins leere. Sie sieht selten jemanden an, wenn sie spricht. Die Arme h�ngen lose an ihrem schmalen, knabenhaften K�rper herunter. So als w�re sie gar nicht da.


Fernsehregisseur Truck Branss holte sie f�r seine Show-Serie “ Portr�t einer Stimme” vor die Kamera.


In weissen, unwirklichen Kleidern und Anz�gen stellt er sie in genauso unwirklichen Kulissen. Sie liegt in einem Rokoko-Sessel. Sie steht allein im W�stensand wie die Erscheinung von einer anderen Erde. Sie singt in einer leeren Maschinenhalle.


Das M�dchen Fran�oise lebt ausserhalb dieser Welt. Unbeteilgt, unber�rht. Und im Wirbel des Aufnahmestudios, zwischen Beleuchtern und Kameraleuten steht das M�dchen Fran�oise wie ein fremdes, k�hles Standbild. Sie l�chelt nicht.

Sie schaut in den Spiegel und sagt leise und ohne Betonung: “ Ich mag nicht ...”.

Neue Illustrierte 15.11.1964


Twen, Juli 1964

Und wenn pl�tzlich alles aufh�rt', frage ich sie, ,wenn auf einmal Ihre Platten nicht mehr gehen und das Publikum andere S�ngerinnen vorzieht?' Sie zuckt die Achseln. Sie sch�rzt die Lippen. Wahrscheinlich h�lt sie das f�r eine dumme Frage. Wahrscheinlich ist es eine dumme Frage. Fran�oise Hardy ist der Typ, bei dem sich fast alle Interviewfragen dumm anh�ren.


Stern, Januar 1964

Karriere ohne Kamm

Ihr Name ist in Frankreich bereits so bekannt, dass sie nur noch “die Hardy” hei�t. Von Fran�oise Hardy, Teenager-Idol und Gesangsstar wurden bisher fast vier Millionen verkauft. Auch im Film werden wir sie bald sehen: mit Curd J�rgens in dem Sagan-St�ck “Ein Schlo� in Schweden”. Und all das mit 19 Jahren!
 

Fran�oise ist ein Ph�nomen: etwas zu gro�, 1,72 Meter, eine Figur wie ein B�gelbrett und dazu eine Frisur, die keine ist. Nur ihr Gesicht ist ausdrucksvoll, der Mund sensibel, die Augen sind melancholisch. Ihre Stimme? Es ist die Stimme eines jungen M�dchens. Warum also ist sie so erfolgreich? Weil eine Neunzehnj�hrige von Ihren Gef�hlen spricht, von der Einsamkeit junger Menschen, von der ersten Liebe zu einem Mann.
 

Sie vertont diese Gedichte selbst, singt sie und begleitet sich mit der Gitarre. Nur das ist es: Sie spricht in ihren Liedern Gedanken aus, die alle jungen Leute bewegen. Deshalb ist Sie so beliebt. Denn sie ist einfach, ehrlich und ohne Pathos.
 

Ihre Karriere verdankt sie einem politischen Ereignis. Vor zwei Jahren bei den Parlamentswahlen, als ganz Frankreich am Bildschirm sa�, wurden zwischen den Wahlergebnissen unbekannte K�nstler vorgestellt. Fran�oise Hardy sang das Lied, das sie ber�hmt machen sollte: “Tous les gar�ons et les filles ”, deutscher Titel “Peter und Lou”. Heute ist Sie so bekannt wie Juliette Greco.


Der Spiegel, 1963

Zusammen mit Juliette Gr�co, der Ex-Ophelia der Existentialisten, rezitiert nun Fran�oise Hardy �ber den Sender ,Europa 1' Meisterwerke klassischer Liebeslyrik. Hardy: ,Ein Wunsch hat sich erf�llt.' Ein anderer Wunsch der S�ngerin scheint ihr jetzt hingegen versagt: Wenn aller Ruhm verblasst sei, so �u�erte sie einmal vor Monaten, wolle sie gern als Putzfrau sterben. Jetzt hat sie Geld in Immobilien angelegt.

Liebe Freunde von Francoise Hardy! Wenn Sie Ausschnitte aus Zeitungen oder Magazinen haben, k�nnten Sie diese hier anderen Personen zug�nglich machen.