Ein weiblicher Sturkopf trifft in einem Altenheim auf einen eigensinnigen Senior, der sich dem Leben v�llig verweigert. Lebensklug, bewegend, tragikomisch und von Katja Riemann und J�rgen Hentsch ungemein belebend gespielt. Eines der seltenen Degeto-Highlights.
Foto: Degeto / Christine SchroederFluchtwesen: Jessie (Katja Riemann) muss Sozialstunden in einem Seniorenheim ableisten. Dort begegnet ihr der eigenwillige, verbitterte "General" (J�rgen Hentsch).
Sie ist eine Frau, die �berall aneckt, weil sie immer das letzte Wort haben muss. Ihre Chancen, das Leben zu meistern, sind alles andere als gut. Sie ist alleinerziehend und mal wieder arbeitslos. Au�erdem wurde sie zu 100 Stunden gemeinn�tziger Arbeit verdonnert. Diese Jessie Fischer k�nnte die gro�e Schwester von Erin Brockovich sein. Unkompliziert, loses Mundwerk und auf eine sehr charmante Weise zielgerichtet. Katja Riemann spielt sie in „Die Diebin und der General“ zwischen burschikos, klug und sexy. An ihrer Seite ein anderer Gro�er: J�rgen Hentsch, einst bei Breloer ein wunderbarer Heinrich Mann. In Miguel Alexandres Fernsehfilm spielt auch er einen Sturkopf, der sich dem Leben v�llig verweigert.
Im Seniorenheim, wo Jessie ihre Sozialstunden ableisten muss, hei�t er nur „der General“. Schroff f�hrt er das Personal an, beleidigt andere Heiminsassen und weigert sich, zu essen. Ein verbitterter, alter Mann. Auch Jessie begr��t er entsprechend: „h�bsch, dumm und frech“. Doch die wei� zu kontern: „Blond haben Sie noch vergessen“. So was imponiert dem Alten. Bei ihm flippt Jessie nicht aus. Bei ihm zeigt sie dieselbe soziale Kompetenz, die sie auch bei ihrem 11-j�hrigen Sohn an den Tag legt. Beide sp�ren, dass sie sich �hnlich sind, sie kommen sich n�her und lernen, sich respektvoll zu behandeln. Und die Beziehung geht bald tiefer. Bis die Kinder, die ihren Vater einst entm�ndigt haben, dem ein Ende setzen. Doch die kennen Jessie nicht. Heimlich holt sie den „General“ aus der Klinik & f�hrt mit ihm ans Meer.
Foto: Degeto / Christine SchroederJessie verliebt sich in den Lehrer ihres Sohns. Katja Riemann & Heio von Stetten
„Die Diebin und der General“ ist eine ebenso bewegende wie am�sante Tragikom�die. Es muss nicht immer seicht und banal sein im ARD-Unterhaltungsfilm. Der stimmige Wechsel der Tonlage, von kom�diantisch zu gef�hlsbetont, ist die gro�e St�rke dieses Films. Weil man gegen Ende die beiden Figuren gut kennt, weil man sich ihnen wohlwollend verbunden f�hlt, macht man die Reise ans Meer, die eine Reise in die Vergangenheit ist, als Zuschauer gerne mit. Noch dazu, weil die (Erz�hl-)Haltung stimmt: die Gef�hle kommen nicht von au�en, sie entwickeln sich aus dem symbiotischen Zusammensein der beiden Hauptfiguren. Nicht nur darin hat der Film mehr vom „richtigen Leben“ als andere Dramen. Auch die Geschichten am Rande, Jessies innige Beziehung zu ihrem Sohn, die Liebe zu einem seiner Lehrer, der Pflegenotstand im Altenheim, das alles macht den Film �sthetisch dicht und menschlich glaubw�rdig. Martin Rauhaus hat ein kluges Buch geschrieben, und Miguel Alexandre („Gr��e aus Kaschmir“) sensibel Regie gef�hrt. Da stimmt sogar die Musik. Jemand wie Jessie steht nicht auf Kuschelrock, eine wie sie h�rt Sheryl Crow. (Text-Stand: 18.12.2005)
Foto: Degeto / Christine SchroederSehnlichster Wunsch des "Generals": noch mal das Meer sehen. Hentsch, Riemann
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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