EGMR: Urteil zum Kundus-Angriff rückt näher
 
EGMR: Urteil zum Kundus-Angriff rückt näher

Gut zehn Jahre nach einem Luftangriff im afghanischen Kundus mit vielen Toten rückt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) näher. Der EGMR müsse nun klarstellen, ob die Ermittlungen Deutschlands nach dem Angriff unzureichend gewesen seien, sagte der Anwalt und Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Wolfgang Kaleck, am 26.02.2020 vor der Großen Kammer des Gerichts in Straßburg. Man rechne mit einem Urteil in den kommenden vier bis zwölf Monaten, so der Anwalt nach der Anhörung.

Viele Tote nach Angriff eines US-Kampfjets auf Tanker

Bei dem Angriff auf Befehl eines deutschen Oberst waren etwa 100 Menschen ums Leben gekommen, darunter zahlreiche Zivilisten. Ein US-Kampfjet hatte in der Nacht zum 04.09.2009 zwei von militant-islamistischen Taliban gekaperte Tanklaster bombardiert, die in einem Flussbett feststeckten. Der damalige Bundeswehroberst Georg Klein befürchtete, dass die Aufständischen die Fahrzeuge als rollende Bomben benutzen könnten. An der Stelle hatten sich aber auch Bewohner aus der Umgebung versammelt, die sich Berichten zufolge mit Treibstoff eindecken wollten.

Entschädigungsklagen vor deutschen Gerichten erfolglos

Hanan sowie weitere Hinterbliebene waren mit Entschädigungsklagen vor deutschen Gerichten gescheitert. Ermittlungen gegen Oberst Klein wurden eingestellt. Zudem urteilte der Bundesgerichtshof, dass das deutsche Amtshaftungsrecht nicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr anwendbar sei (BeckRS 2016, 18944).

ECCHR unterstützt die Beschwerde des Afghanen Hanan

Das ECCHR unterstützt die Beschwerde des Afghanen Abdul Hanan, der Deutschland Menschenrechtsverletzungen vorwirft. Hanan hatte bei dem Luftangriff zwei Söhne verloren. Hanan habe vor keinem deutschen Gericht Gehör gefunden, so Anwalt Kaleck. "Damit wurde ihm ein grundlegendes Recht verwehrt.“ Deutschland müsse für den Kundus-Luftangriff die Verantwortung übernehmen, teilte Hanan über das ECCHR mit. "Ich erwarte Gerechtigkeit - nicht nur für mich, sondern für viele andere Familien."

Redaktion beck-aktuell, 27. Februar 2020 (dpa).