Interview mit Embryo-Begründer Edgar Hofmann – embryoworld.info

Interview mit Embryo-Begründer Edgar Hofmann

Es ist himmelschreiend ungerecht, wenn man im 50. Jahr von Embryo die Menschen vergisst, die nicht nur prägend für die Band waren, sondern ohne die Embryo nie Embryo geworden wäre. Mea culpa!…but the daily life… Deswegen schreibe ich aber an Heiligabend jetzt umso ausführlicher über Uta und Edgar Hofmann, die das Bandgeschehen gerade zu Beginn maßgeblich mitprägten. Edgar machte als Mitbegründer sogar bis weit in die 80ern die Trips mit. Beide, Uta und Edgar haben mir viele wichtige Einblicke in die Welt von Embryo vermittelt. Dafür schon einfach mal: Danke!!

Eigentlich ist es Edgar Hofmann gewesen, der den Spirit hatte, eine Band wie Embryo zu gründen. Und es war seine spätere Frau Uta, die in den Anfangsjahren den logistischen Wahnsinn all dieser Konzerttouren organisierte, Plakate entwarf und sich auch unermüdlich bis in die 90er um den Vertrieb internationaler Künstler mühte, die hier teils noch unbekannt waren. Uta und Edgar Hofmann sind wie Roman Bunka gute Freunde der arabischen Legende Mohamed Mounir und haben auch viel für Musiker der Gnawa aus Marokko getan. Am Saxophon und an der Violine begleitete Edgar Hofmann die ersten Platten von Embryo, war auch bis in die 90er auf Embryo-Platten zu hören, bevor der Kontakt abriss. Interessant die Geschichte, wie es begann, sich der arabischen Flöte, die Nay, zu widmen. Eine ganz eigene Geschichte…

Bild: Embryo

Edgar hat in seine erste Nay, die er erworben hat, Löcher hineingebrannt. Dann hat er bei einer seiner Reisen nach Ägypten rumgefragt, wie er an ein gutes Instrument komme. Türöffner war, dass er mit Mounir spielte, und daraufhin verwies man Edgar an die musikalische Universität für arabische Musik in Kairo. Dort wurde er zur Direktion vorgeladen, die ihm sagte, dass er eine halbe Stunde warten solle. Offenbar prüfte man ihn, ob er solange aushielt. Edgar erinnert sich:„Aber da bin ich stur. Ich habe gewartet.“ Als er dann aufgerufen wurde, saß eine Gruppe von Musikprofessoren vor ihm, die ihn baten, etwas vorzuspielen. Er tat es und hatte bald darauf eine hochwertige Nay, die er bis heute hat und jeden Tag spielt. Wer die Nay nicht kennt, einfach mal zum Warmhören…

Er steht dem Versuch Embryos, arabische Motive nachzuspielen, kritisch gegenüber. Er meint, dass es auch schwierig sei, einem arabischen Publikum, das mit dieser Musik aufgewachsen sei, diesen Versuch nahezubringen. „Man muss etwas Eigenes hineinbringen und nicht versuchen, etwas zu kopieren.“ Als ich antworte, dass der eigentliche Wert vielleicht vielmehr darin liege, auch dem Publikum hier in Europa die Klänge näherzubringen, antwortet er, dass man aber einen bestimmten musikalischen Anspruch pflegen müsse. „Weißt du, man muss ein Instrument beherrschen, um dann seine Seele einfließen lassen zu können. Inner feeling, das ist es, aber wo nichts ist, kann auch nichts entstehen. Zu Beginn von Embryo waren da Leute dabei, die konnten richtig was. Und wenn es musikalisch bei diesen Ansprüchen ein Problem gab, dann wurde es auch direkt angesprochen. Wir haben Roman sogar einmal ein Jahr eine Auszeit gegeben, die er nutzen solle. Wir haben ihm gesagt, dass er so nicht weiterspielen könne. Er hat die Zeit dann genutzt und war nach einem Jahr wieder dabei. Ich selbst habe bei Charlie Mariano oder auch Mal Waldron sofort gespürt, wenn die mit irgendetwas in meiner Spielart nicht einverstanden waren. Da muss man offen und selbstkritisch sein. Mal Waldron war eine unglaubliche musikalische Autorität.“

Mal kam völlig verarmt nach Europa. Damit er sich eine Wohnung in München finanzieren kann, hat die Band ein Jahr lang für ihn gespielt, sogar auf ihre jeweiligen Gagen verzichtet. Edgar berichtet mir, dass er sogar nachts dafür Putzen gegangen ist. Eine solche Wertschätzung und ein solches Engagement sind heutzutage selten geworden. „Aber so dachte man früher. Man hielt zusammen.“

Warum er nicht mit auf der Indienreise gewesen sei. „Na ja, damals stand ein Hauskauf auf dem Land an, und meine Frau wollte unbedingt ein Haus auf dem Land. Das war für mich wichtiger als irgendwo rumzureisen.“ Edgar hat dann Musik für Theaterstücke geschrieben. Dadurch hat er auch seine Begeisterung fürs Singen gewonnen. Als er damit begann, sich singend in die Band einzubringen, sei das von Bandmitgliedern abgewürgt worden. Da habe er dann irgendwann keine Lust mehr gehabt. Rückblickend sagt er, dass die damalige Zeit einmalig war. Die Sessions mit Amon Düül II, die Offenheit und Kreativität der Musikszene. „Das war der Wahnsinn. Natürlich war da manches technisch auch nicht ganz sauber. Aber das Inner Feeling war da.“ Man merkt ihm an, wie sehr Embryo ihn geprägt hat, wie viel Herz noch in dieser Zeit steckt. „Irgendwann haben wir dann gemerkt, dass unsere Musik vom Publikum nicht mehr angenommen wurde. Mit Uve Müllrich konnte man das offen diskutieren. Mit anderen weniger. Ich habe dann mit Roman Bunka versucht, was Neues einzubringen. Aber das ist auf Widerstand gestoßen. Irgendwann habe ich die Lust verloren, zu kämpfen. Ich meine, man muss doch merken, dass sich die Zeit irgendwann mal verändert.“

Vorausschauend für das weitere Werden der Band sagt er, dass er Marja alle Kraft der Welt wünsche, die es braucht. „Ich kenne sie ja noch als Kind. Ich wünsche ihr, dass sie das weiß Gott schwere Erbe gut pflegt und ausbaut. Das kostet viel Kraft und viel Energie.“ Ich sage ihm: „Die hat sie. Das, was sie in kürzester Zeit neu aus der Taufe gehoben hat, ist einfach großartig.“ Edgar antwortet darauf, dass er die Band dann mal in der Nähe bei einem Auftritt hören wolle. „Ich bin glücklich, dass sie das weitermacht.“ Wir sind uns einig, dass es für eine solche Band mit Seele immer einen Platz geben muss.

Dann betont er zum Schluss, wie schwierig es sei, Künstler zusammenzubinden. Jeder habe seinen eigenen Spirit. Das habe Embryo aber lange Zeit großartig hinbekommen. Er sagt, dass es für Marja nun aber wichtig sei, einen Kern der Band zu finden. Und er rät, dass sie darüber nachdenken solle, auch die Vielfalt einer Stimme mehr einzubinden. Das sei mit Christian nie wirklich möglich gewesen, weil es dann gleich hieß, dass ein Sänger sich allzu sehr in den Vordergrund schiebe. Ich antworte ihm darauf, dass das ja auch zur eigentlichen Philosophie von Embryo gehöre, als Kollektiv zu funktionieren. Darauf sagt er: „Zum Schluss hat jeder dabei nur noch sein eigenes Ding gemacht. Da hat das Zuhören nicht mehr die Rolle gespielt. Die Stimme ist eine eine enorme Bereicherung der Musik. Schau dir Amy Winehouse an. Großartig. Leider tot. Übrigens auch so ein Beispiel, wie man junge, großartige Musiker kaputtmacht. Wie viele sind daran zerbrochen? Wir waren damals in Wuppertal oder so, als wir hörten, Jimi Hendrix ist verstorben. Zwei Wochen vorher haben wir noch vor ihm oder nach ihm auf dem Fehmarn-Festival gespielt. Das hat in uns etwas gemacht, als wir es hörten. Nein, Marja muss das alles weitermachen mit dem Embryo-Spirit. Ich wünsche ihr alles Gute dabei.“

Ich sage Edgar, dass ich einiges von seiner Kritik nachvollziehen kann, in manchen Punkten es aber auch anders sehe. Besser gute, vielfältige Instrumentalmusik als eine durchschnittliche Band mit einem herausragenden Sänger. Embryo hat in seiner langjährigen Geschichte darüber hinaus immer wieder die Stimme eingebaut. Maria Archer war die Sängerin auf den Platten „Embryo live“ und „Bad Heads and Bad Cats“. Auch Christian oder Roman haben teilweise gesungen. Und nicht zu vergessen Mik Quantius, der seit 2003 dabei ist. Was den Spirit der Band angeht, finde ich, ist die Kontinuität erstaunlich, die ich zumindest von 1989 bis heute sehe. Auf den Embryo-Konzerten, auf denen ich war, habe ich dieses „Inner Feeling“ auch gehabt. Es mag sein, dass das nicht immer bei allen Gigs der Fall war.

Jedenfalls ist Edgar, und das ist mir nach dem Gespräch umso deutlicher geworden, ein ganz großer Kopf der Band gewesen, der mit seinem Musikgefühl und seinem Instinkt für Ästhetik eine wirkliche Koryphäe ist. Und man muss sowohl Uta und Edgar für ihre Kraft danken, die sie in diese Band gesteckt haben. Zwei ganz große Köpfe, die immer mit ganz großen Herzen dabei sind.

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