Iron & Wine

„Light Verse“

Sub Pop/Cargo (VÖ: 26.4.)

Fantastisches Comeback nach überstandenen Krisen.

Im erdenschweren Americana-Segment ist Sam Beam ein Meister der Leichtigkeit, ein Dompteur der schwebenden Harmonien. Das fiel in den vergangenen zehn Jahren nur nicht so richtig auf, weil der Mann hinter Iron & Wine seine Talente auf Platten anderer verstreute. Er hat ein Album mit dem Band-Of-Horses-Sänger Ben Bridwell aufgenommen und eines mit der Songschreiberin Jesca Hoop. Zuletzt erschien „Years To Burn“ (2019), eine Zusammenarbeit mit Calexico. „Light Verse“ entschädigt für die lange Wartezeit mit einigen der schönsten Songs in Beams bisherigem Schaffen.

Irgendwer muss ihm als Kind eingeflüstert haben: Dream big! Zumindest in melodischer Hinsicht, denn solche schwelgerischen Bögen, wie Beam sie singt, trauen sich heute nicht mal mehr 20-jährige Herzschmerz-Akrobaten zu. Das geht schon in „You Never Know“ los, das sich von zartem Fingerpicking zu einer Polyphonie aufschwingt, über der Beams himmlische Kopfstimme thront. Und die Streicher! Bereits auf „Ghost On Ghost“ (2013) spielten sie eine tragende Rolle, auf „Light Verse“ bilden sie ein ganzes Orchester.

Irgendwer muss ihm als Kind eingeflüstert haben: Dream big!

„All In Good Time“ ist ein Duett mit Fiona Apple – und da haut es einen völlig aus der Kurve. Wie diese geschundene Seele Beams ungetrübten Vortrag bricht, ihn anzweifelt und schließlich doch mit einstimmt, darin liegt etwas so Versöhnliches, vielleicht gibt es das nur in der Kunst. Es ist, als würden uns die beiden ungleichen Freigeister zurufen: Trotz aller Krisen – es lohnt, sich weiter durch dieses merkwürdige Leben zu schlagen!

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Auch „Cutting It Close“ und „Taken By Surprise“ verströmen so eine Mensch-im-besten-Alter-Weisheit. Das schwärmerische „Yellow Jacket“ erinnert sogar an den romantischen Utopisten Paddy McAloon. Beam wollte keine Songs über die Corona-Pandemie, die ihn gelähmt hat, schreiben. Nichts könnte weiter von der Einöde jener Jahre entfernt sein als dieser von Brian Wilson, Grateful Dead, Jesse Winchester und alten Hollywoodmusicals inspirierte Lichtstrahl.