Mordach - Tod in den Bergen: Review zum Krimi-Zweiteiler
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Mordach - Tod in den Bergen: Review zum Krimi-Zweiteiler

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Szenenfoto aus der Serie „Mordach - Tod in den Bergen“
Szenenfoto aus der Serie „Mordach - Tod in den Bergen“ © Das Erste

In „Mordach - Tod in den Bergen“ gerät der BKA-Ermittler Cuma Ozan ins Visier der Polizeichefin eines idyllischen Ortes in Bayern, als eine junge Frau tot aufgefunden wird. Ein Netz von Lügen, Schweigen und Fremdenhass sorgt dabei für Hochspannung.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert

Mordach ist ein in den bayrischen Bergen gelegenes, ruhiges Örtchen, in dem die hiesige Polizeichefin Toni (Sarah Bauerett) einen ruhigen Job hat. Eine Schlägerei unter angetrunkenen Nachbarn oder ein tödlicher Wanderunfall sind das Höchste der Gefühle. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als die Tochter des einflussreichen Unternehmers Jakob Brunner (Dominique Howitz) erschossen aufgefunden wird und der BKA-Undercoverermittler Cuma Ozan (Mehmet Kurtuluş) ins Visier gerät. Er kannte die tote Laura (Lea Louisa Wolfram) und hatte am Tag vor ihrer Ermordung Sex mit ihr.

Außerdem ist seine Waffe verschwunden und er verschweigt offensichtlich einiges. Richtig undurchsichtig wird die Lage, als Cumas Chefin Helene Brecht (Gesine Cukroswki) auftaucht und Toni anweist, gemeinsam mit Ozan zu ermitteln. Denn die Einwohner von Mordach halten ihn nicht nur für den Mörder, sondern schicken dem vermeintlichen „Ausländer“ auch eine Welle der Fremdenfeindlichkeit entgegen. Als sich aber herausstellt, dass Laura ein geheimes Doppelleben führte, jagt eine Spur die nächste.

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Deutsche Krimi-Tugenden

Es gibt sie noch, die guten deutschen Krimis mit ausgefeilten Drehbüchern, verworrenen Fällen und spannend geschriebenen Figuren. Nachdem sich die Tatort-Reihe immer mehr Ausreißer erlaubt und Langzeitserien wie Der Alte kaum mehr vom Hocker reißen, sind es inzwischen eher Miniserien und losere Erzählformate, die das Ruder in Sachen guter Crime-Unterhaltung in hiesigen Landen übernommen haben. Krimis à la Friesland oder Nord Nord Mord sind mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit und klugen Geschichten ausgestattet, die für Schauwerte und Spannung gleichermaßen sorgen.

Der Zweiteiler „Mordach - Tod in den Bergen“ gehört zwar nicht in die Riege von Serien, die sich auf ein bis drei Filme pro Jahr beschränken, sondern ist ein Solo-Projekt, setzt aber auf ähnliche Tugenden. Regisseur Roland Suso Richter verwendet schöne Landschaftsaufnahmen und stellt sie der düsteren, fast schon Nordic-Noir-Stimmung der Geschichte von Drehbuchautor Thomas Berger entgegen, um Atmosphäre zu erzeugen. Das gelingt deshalb gut, weil mit Mehmet Kurtuluş, Sarah Bauerett, Gesine Cukroswki und Dominique Howitz vier hochkarätige Schauspielerinnen und Schauspieler ein gut gewähltes Ensemble anführen, das durch Spiellaune und Einfühlungsvermögen für die Figuren glänzt.

Vor allem Kurtuluş, der den undurchschaubaren BKA-Ermittler Cuma Ozan spielt, sticht aus der Besetzung hervor. Dank ihm wird aus Ozan ein Mann, der nach einem mehrjährigen Undercovereinsatz bei einem libanesischen Clan körperlich und nervlich am Ende ist.

Um wieder zu sich finden, nimmt der eigenwillige Polizist sich eine Auszeit und reist ins beschauliche Mordach, wo er eine Affäre mit der Unternehmerstocher Laura beginnt, die ihm beinahe zum Verhängnis wird. Als die junge Frau ermordet aufgefunden wird, ist zwar schnell klar, dass er nicht der Täter ist, gleichwohl findet seine stark von Sarah Bauerett gespielte Kollegin Toni seine Waffe am Tatort.

Bald darauf stellt sich heraus, dass Cuma Ozan aus bisher unerfindlichen Gründen ein Netz von Lügen und Schweigen um sich herum errichtet. Irgendetwas hat er mit der Tat zu tun, doch was? Diese und weitere Fragen gilt es zu beantworten.

Mehr als nur ein Krimi

Den Menschen im Dorf ist indes herzlich egal, ob er unschuldig ist, denn dem „Ausländer“ und „Asylanten“ - wie er von den Bewohnern abfällig genannt wird - schlägt eine Welle des Fremdenhasses entgegen. Damit stellt das Drehbuch ein soziales Brennpunktthema zur Diskussion, das in Deutschland seit der verstärkten Einwanderung, zum Beispiel aus Syrien 2016, noch mal stärker in den Fokus gerückt ist.

Vorverdächtigungen, Angst vor dem Unbekannten, Isolationismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit. Was die Einwohner von Mordach praktizieren, ist im Grunde genommen eine Art von racial profiling, nur, dass es in diesem Fall nicht von der Polizei, sondern von „ganz normalen, unbescholtenen Bürgern“ praktiziert wird. Die Heftigkeit, mit der Ozan unter Generalverdacht gestellt wird, mag ein wenig plakativ erscheinen, ist aber leider nicht unrealistisch.

Als besonders starke Idee erweist sich diesbezüglich, dass all das in einen Zusammenhang mit Toni gebracht wird, die Ozan in ihrem Haus übernachten lässt. Als der verdächtige Ermittler eines Abends von einer vermummten Bande angegriffen und verprügelt wird, findet sie heraus, dass ausgerechnet ihr Verlobter einer der Feiglinge war. So vermischen sich bei ihr Privates und Berufliches zu einem undurchdringlichen Gewirr, das nicht in jeder Richtung gut enden kann... So funktioniert Figureneinbindung, klasse!

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Verdächtige ohne Ende

So wichtig und richtig es ist, dass ein solch herausstechender Themenkomplex zur Disposition gestellt wird - ohne eine spannungsgeladene Geschichte wäre das Unterfangen zum Scheitern verurteilt. „Mordach - Tod in den Bergen“ schafft diesen Spagat und präsentiert dem Publikum eine verworrene Geschichte, bei der nie wirklich klar wird, welche Rolle die Hauptfigur genau spielt und warum sie gerade etwas verschweigt. Sicher ist nur, dass Ozan zwar kein Mörder, aber doch irgendwie in den Fall verwickelt ist. Eine seiner verzwicktesten Lügen wird über den ersten Teil hinweg durch kurze Flashbacks aufgebaut und in den letzten Minuten aufgelöst. Aus Spoilergründen belassen wir es bei dieser Andeutung. Es sei jedoch vorweggenommen, dass es sich um einen Wendepunkt in den Ermittlungen handelt, der den Ermittler früher oder später dazu zwingen wird, Toni reinen Wein einzuschenken, wenn er den begründeten Verdacht gegen ihn entkräften will.

Doch der BKA-Mann ist nicht der einzige Verdächtige, im Gegenteil wird die Liste im Verlauf der rund eineinhalb Stunden immer länger. Angefangen beim Vater der Toten, über seinen unehelichen Sohn, bis hin zu Lauras Freund und sogar einem karrieresüchtigen Politiker oder dessen Frau erstreckt sich die Palette. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ermordete offenbar ein Doppelleben mit zahlreichen Affären führte und das Potential hatte, starke Gefühle in ihren wechselnden Partnern zu erwecken. Eifersucht, Enttäuschung, Sexhunger, Angst vor dem Karriereaus und vielleicht sogar purer Hass. All dies sind gute Motive, die allerdings ausgerechnet auf den Mann nicht zutreffen, dessen Waffe am Tatort lag.

Fazit

„Mordach - Tod in den Bergen“ macht Spaß und weiß gut zu unterhalten. Die schauspielerischen Leistungen sind über jeden Zweifel erhaben, das Setting versprüht Lokalkolorit und die Atmosphäre nimmt fraglos Anleihen an nordische Krimis. Die Geschichte ist mitreißend erzählt, weist ein gutes Tempo auf und die Inszenierung ist ebenfalls gelungen. So darf es in Teil zwei gerne weitergehen.

Wertung: viereinhalb von fünf Verdächtigen.

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