Tobruk, der Name stand für den unbedingten Willen Großbritanniens, sich Hitlers Welteroberungsplänen zu widersetzen. Fast acht Monate, von April bis Dezember 1941, hatte die riesige Festung im Osten Libyens der Belagerung durch das deutsche Afrikakorps und italienische Truppen unter Erwin Rommel getrotzt. Doch am 21. Juni 1942, zwei Tage nachdem seine Panzer Tobruk erneut erreicht hatten, funkte Rommel: „Die Festung Tobruk hat kapituliert.“ Als US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Nachricht an seinen Gast, den britischen Premier Winston Churchill, weiterreichte, soll der zusammengezuckt sein.
Denn Tobruk war in vielerlei Hinsicht ein Symbol. 1912 hatten die neuen italienischen Kolonialherren den kleinen Hafenort als Rückgrat ihrer Herrschaft zur mächtigsten Festung Nordafrikas ausgebaut. Als es britischen Truppen im Januar 1941 überraschend gelang, den Ort einzunehmen, war dies ein ungemein wichtiger Sieg für Churchill gewesen, der die englische Moral hob und zudem die Eroberung weiter Teile Libyens ermöglichte. Erst der von Mussolini erbetene Einsatz des Afrikakorps verhinderte den Zusammenbruch der italienischen Herrschaft.
Für diesen Krieg war Rommel der richtige Mann. Der Lehrersohn aus Schwaben, der im Ersten Weltkrieg als erfolgreicher Sturmtruppführer mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet worden war, hatte in der Wehrmacht eine steile Karriere gemacht. Mit seiner Panzerdivision trug er in Frankreich mit unkonventionellen Aktionen maßgeblich zum unerwarteten „Blitzsieg“ bei. Dies und die Tatsache, dass sich Rommel in Herkunft und Auftreten deutlich von den preußisch geprägten Kommandeuren unterschied, machte ihn zum „Lieblingsgeneral“ Hitlers.
Obwohl er in Afrika stets mit Versorgungsproblemen zu kämpfen hatte und über deutlich weniger Soldaten und Panzer als die Briten verfügte, narrte er deren Führung ein ums andere Mal mit überraschenden Schachzügen. Denn während diese immer noch in geschlossenen Fronten und Formationen dachte, verwirrte sie Rommel mit weiträumigen Operationen. So konnte er deren Vorstoß auf Tripolis stoppen und im April 1941 bis Tobruk vorstoßen. Doch alle Versuche, die große Festung zu nehmen, scheiterten.
Da zumal von der Luftwaffe erhebliche Kräfte an die Ostfront abgezogen worden waren, gelang es den Briten im Dezember 1941, mit einer groß angelegten Offensive den Gegner nicht nur von Tobruk, sondern aus der Cyrenaika zu vertreiben. Doch Rommel, inzwischen zum Oberbefehlshaber der Panzerarmee Afrika ernannt, schlug zurück. Obwohl er zahlreiche Panzer verlor, konnte er im Mai die zahlenmäßig überlegenen Engländer vor Tobruk schlagen und am 17. Juni 1942 zum Rückzug nach Ägypten zwingen.
Dann setzte er auf einen Trick. Er ließ seine erschöpften Truppen an der Festung vorbei Richtung Osten vorbeiziehen, ließ plötzlich wenden und schloss Tobruk ein. Die Garnison umfasste rund 33.000 Mann, zumeist Empire-Truppen, die sich in einem rund 50 Kilometer langen Gürtel aus Unterständen, Schützengräben und MG-Stellungen eingegraben hatten.
Am 20. Juni begann der Angriff. Wie im Februar 1942, als Singapur gegen die Japaner verloren ging, scheiterte die britische Taktik einer Rundumverteidigung. Nachdem Rommels Leute die erste Linie durchstoßen hatten, bot der südafrikanische General Hendrik Klopper die Kapitulation an.
Doch die Hoffnung, umfangreiche Nachschublager in Tobruk zu erbeuten, trog. Zwar beförderte Hitler seinen General zum Feldmarschall, von dem er die baldige Eroberung Ägyptens erwartete. Aber die Mittel dazu hatte Rommel bei seiner Offensive über Gebühr strapaziert. Zwar setzte er umgehend seinen Vormarsch nach Osten fort. Aber dort konnten die Briten bei El Alamein mit amerikanischen Panzern eine neue Verteidigungslinie aufbauen.
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