Ein deutscher Klassiker: Lola rennt - FilmMachen.de

Es ist kaum zu glauben, aber der deutsche Filmklassiker „Lola rennt“ ist bereits über 20 Jahre alt. Obwohl der Indie-Film schon bei seiner Veröffentlichung im Jahr 1998 große internationale Wellen schlug, war dem Regisseur und Filmproduzenten Tom Tykwer damals kaum klar, welch großen Einfluss sein experimentelles Werk auf die Film- und Popkultur haben würde.

So beeinflussten die originelle Erzählweise und Handlungsstruktur von „Lola rennt“ nicht nur die Indie-Film-Szene, sondern auch die Mainstreamwelt und große Hollywood-Produktionen.

Selbst in Folgen von bekannten US-amerikanischen Serien wie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ oder „Die Simpsons“ wird auf den deutschen Film angespielt.

Aber was machte „Lola rennt“ so besonders? Zunächst kommen in diesem ungewöhnlichen Actionfilm drei verschiedene Zeitleisten vor, sodass den Zuschauern drei verschiedene Handlungsabläufe gezeigt werden. Je nachdem, wie sich die Protagonistin Lola, gespielt von Franka Potente, entscheidet, ergeben sich neue Situationen und Ausgänge.

Durch den sogenannten Schmetterlings- oder Dominoeffekt als Stilmittel wird deutlich, dass eine kleine Handlung eine Reihe von weiteren Handlungen auslösen kann, die lebensverändernd sind. So spielt Tykwer gekonnt mit den Themen Zufall und Schicksal und nutzt den Film als flexibles Medium, um die Zeit zurückzudrehen und den Zuschauern vor Augen zu halten, wie bedeutungsschwer kleine Entscheidungen sein können.

Dabei ist die eigentliche Handlung recht simpel. Lola erhält einen Telefonanruf von ihrem Freund Manni (Moritz Bleibtreu), der den Auftrag hatte, einen Stoffbeutel mit einer großen Geldsumme an seinen zwielichtigen Boss zu übergeben. Durch einen Moment der Unachtsamkeit lässt Manni den Beutel in der S-Bahn liegen und befindet sich nun in einer lebensgefährlichen Lage. Treibt er die entsprechende Geldsumme nicht in 20 Minuten auf, wird er von seinem Auftraggeber getötet. Nun liegt es an Lola, das Geld aufzutreiben und ihrem Freund das Leben zu retten. So verfolgt man als Zuschauer, wie sie in drei verschiedenen Läufen losrennt, um eine Lösung zu finden. Jeder Lauf beginnt dabei am selben Ausgangspunkt, hat jedoch andere Konsequenzen.

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Beim ersten Mal gibt es kein gutes Ende. So kommt Lola aufgrund vieler kleiner Ereignisse zu spät, um Manni davon abzuhalten, einen Supermarkt auszurauben. Die Polizei ist schon vor Ort und Lola wird tödlich verletzt. Beim zweiten Lauf entscheidet sie sich dazu, eine Bank zu überfallen. Um schneller zu Manni zu kommen, bittet Lola einen Rettungswagenfahrer, sie mitzunehmen. Am Treffpunkt wird Manni jedoch vom Rettungswagen überfahren. Nur der dritte Lauf hat ein gutes Ende. Während virtuelles Online-Roulette auf dem Smartphone oder Desktop immer beliebter ist, betritt Lola ein tatsächliches Casino. Hier setzt sie alles auf eine Farbe und gewinnt die nötigen 100.000 D-Mark, um Manni das Leben zu retten.

Schaut man sich die Handlung genauer an, bemerkt man, dass sich Tykwer einer spiralförmigen Erzählweise bedient. So nimmt das Tempo im Laufe des Films zu und alles, die Protagonistin miteingeschlossen, scheint sich um sich selbst zu drehen. Die Spirale ist mehrere Male auch als Bildmetapher zu entdecken und wird in Form von Trickfilmsegmenten visualisiert. Dies ist übrigens ein weiteres Stilelement, das den Film so besonders macht. So kommt die Vermischung von verschiedenen Medien äußerst selten vor. Unter anderem liegt das daran, dass ein Spielfilm dann schnell seine Ernsthaftigkeit verliert. Bei „Lola rennt“ ist der Ansatz jedoch äußerst geglückt, da er die Handlung vorantreibt und sich nahtlos in die Erzählweise einfügt.

Dabei ist nicht der Dialog die treibende Kraft des Films, sondern die Handlungsstränge, die schnelle Techno-Musik und die visuellen Reize, die in einem stakkatoartigen Rhythmus auf die Zuschauer einprasseln. Und blickt man auf die allgemeine Popkultur der 90er Jahre, die unter anderem stark vom Musiksender MTV geprägt war, dann ist klar, inwiefern Tykwer von bestimmten Strömungen und Trends inspiriert wurde. „Lola rennt“ ist nämlich ohne Zweifel ein Produkt der Experimentierfreudigkeit, die damals besonders in Musikvideos mit gutem Storytelling zu spüren war.

Aus diesem Grund ist „Lola rennt“ nicht nur ein deutscher Klassiker, der die internationale Filmlandschaft maßgeblich verändert hat, sondern auch ein wahres Zeitzeugnis. Unter anderem katapultierte er auch Franka Potente bis nach Hollywood, wo sie in ihrer späteren Karriere an der Seite von Matt Damon zu sehen war.

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