Wissensbibliothek

Thomas Hobbes: Der Erfinder des Gesellschaftsvertrags

Welche Lehren verbreitete Thomas Hobbes?

Der englische Philosoph Thomas Hobbes erreichte seine größte Wirkung mit seinen Lehren zum Naturrecht und zum Gesellschaftsvertrag. In seinem Hauptwerk »Der Leviathan« vergleicht er den Menschen mit einem Tier, das in seinem Naturzustand von seinem rücksichtslosen Selbsterhaltungstrieb beherrscht wird – wie ein böses Tier.

Seine pessimistische Einschätzung des Menschen fasste er in den berühmten Spruch: »Homo homini lupus« – Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Ein friedliches Zusammenleben ist nach der Ansicht des Philosophen nur dann möglich, wenn sich alle an ein System von Regeln halten, den Gesellschaftsvertrag.

Was machte den Theoretiker so pessimistisch?

Seine Umwelt. Thomas Hobbes (1588 bis 1679) lebte in einer Zeit, in der es schwer fiel, an das Gute im Menschen zu glauben. England ging durch eine der blutigsten Epochen seiner Geschichte. Nach dem Studium in Oxford war Hobbes 1608 als Hauslehrer zu Lord Cavendish gekommen. Mehrfach reiste Hobbes als Begleiter des Lords oder seines Sohnes nach Frankreich, Italien und Deutschland. 1637, bei der Heimkehr von einer dieser Reisen, bahnte sich in England gerade eine Katastrophe an.

Es ging um Religion und um Geld. Der mit den Katholiken sympathisierende König Karl I. brauchte das Geld, um gegen die renitenten schottischen Protestanten vorzugehen. Steuern konnte nur das Parlament bewilligen, also musste es der König 1640 einberufen, wohl wissend, dass er da nicht nur Freunde hatte. Die Streitigkeiten wuchsen sich zu einem Bürgerkrieg aus, in dem der Truppenführer Oliver Cromwell (1599–1658) zum mächtigen Oppositionsführer wurde. Der ließ den König 1649 zum Tod verurteilen, löste das Parlament auf und errichtete eine Militärdiktatur, in der strenger Puritanismus den Alltag bestimmte.

War der Philosoph ein Revolutionär?

Eher nicht. In seiner Schrift »Naturrecht und allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen« (The Elements of Law, Natural and Politic, 1640) verteidigte Hobbes das Hoheitsrecht des Herrschers. Aufgrund der antimonarchischen Stimmung wagte er keine Veröffentlichung, statt dessen reiste er nach Paris. Dort unterrichtete er den aus England geflohenen Prinzen von Wales, der im Jahr 1660 als Karl II. in England die Monarchie wiederherstellen sollte.

Außerdem beschäftigte sich Hobbes in Paris mit seiner Staatstheorie: Was ist das überhaupt, ein Staat? Und vor allem: Wie muss so ein Gemeinwesen aussehen, damit seine Mitglieder in Frieden und Ordnung leben können? Seine Antworten auf diese Fragen gab Hobbes in seinem 1651 erschienenen Hauptwerk »Leviathan oder Wesen, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Gemeinwesens«.

Wer überwacht die Regeln des Gesellschaftsvertrags?

Die Staatsmacht. Hobbes geht davon aus, dass der Mensch von Natur aus nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Deshalb herrscht im Naturzustand der Krieg aller gegen alle. Frieden ist im Zusammenleben der Menschen nur möglich, wenn sie sich auf bestimmte Regeln einigen, einen Gesellschaftsvertrag schließen. Mit einem solchen abstrakten »Vertrag« hatten Philosophen seit dem Mittelalter das Phänomen Staat erklärt. Neu war Hobbes' Auslegung, wonach sich die Gesellschaft der Staatsmacht unterwirft und die Staatsmacht im Gegenzug die Einhaltung der »Vertragsregeln« garantiert.

Somit legitimiert Thomas Hobbes die absolutistische Herrschaft, die Macht eines Einzelnen über die Gesellschaft – allerdings ebenso die Revolution. Denn auch unter den Bedingungen des Gesellschaftsvertrags behält jedermann sein natürliches Recht auf Leben, Sicherheit und Eigentum. Widersetzt sich ein Herrscher dem über allem stehenden Naturrecht, oder ist er zu schwach, um es zu gewährleisten, darf ihm das Gemeinwesen die Unterstützung entziehen und sich einem anderen Herrscher anschließen.

Warum kehrte Hobbes nach England zurück?

Die englischen Royalisten, die sich in Paris im Exil aufhielten, sahen nun aufgrund seiner kritschen Gedanken gegenüber einem möglichen tyrannischen König in Hobbes einen Feind. Zudem erregte sich das katholische Frankreich über seine Kritik am Papsttum. So konnte sich der Philosoph nach Erscheinen seines großen Werks in Paris nicht mehr sicher fühlen. Er kehrte 1651 heim ins puritanische England, wo ihm allerdings ein ebenso scharfer Wind entgegenwehte. Auch nach der Restauration der Monarchie im Jahr 1660 blieben seine Schriften umstritten. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Hobbes zumindest in materieller Sicherheit, hatte ihm doch König Karl eine Pension ausgesetzt.

Wussten Sie, dass …

im »Leviathan« das Gemeinwesen, dessen Rechte selbst der Herrscher zu achten verpflichtet ist, Commonwealth heißt – ebenso, wie Cromwell das ehemalige Königreich nach der Revolution genannt hatte?

1666 nur der Einspruch Karls II. eine Verurteilung von Hobbes wegen angeblicher atheistischer Äußerungen verhindern konnte?

Hobbes sein Hauptwerk nach einem Seeungeheuer aus dem Alten Testament benannte? In der jüdisch-christlichen Tradition galt der Leviathan als Verkörperung des Bösen, das jedoch letztendlich von Gott niedergerungen wird.

Phaenomenal_NEU.jpg
Wissenschaft

Tomatensaft nur im Flugzeug

Warum Tomatensaft über den Wolken viel besser schmeckt als auf dem Boden, erklärt Dr. med. Jürgen Brater. Wenn eine Boeing 737 mit rund 70 Tonnen Startgewicht zu einem Flug abhebt, tragen neben dem Flieger selbst, den Menschen an Bord mit ihrem Gepäck sowie dem Treibstoff auch rund 50 Kilogramm Tomatensaft zum Gesamtgewicht bei....

Sternwarte , Space
Wissenschaft

Sternwarte der Superlative

Das James Webb Space Telescope eröffnet Astronomen einen neuen Blick ins All. von RÜDIGER VAAS Es ist ein Leuchtfeuer des menschlichen Leistungsvermögens“, lobte Marc Postman das James Webb Space Telescope (JWST) – die komplexeste Sternwarte überhaupt, die 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt das Universum erforscht und...

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon