„Ein Sommer im Elsass“ best�rkt den Eindruck, dass „Ein Sommer in…“ die zeitgem��este Sonntagsfilm-Reihe im ZDF ist. In dem �rtchen Louiswiller ist die Lebenskunst noch zuhause. Qualit�t hat hier noch einen Wert, Gemeinschaft und M��iggang als Quell des Lebens werden gesch�tzt. Jedes Bild atmet diese Idee von der Entschleunigung unserer Welt. Durch diese Geschichte schimmert sehr viel mehr (un)gelebter Zeitgeist als durch die vielen anderen TV-Romanzen und sogar die Wunschvorstellungen erfahren eine lebenskluge Relativierung. Ein aufgekl�rter Wohlf�hlfilm, superb besetzt, frisch gespielt, beil�ufig im Umgangston und f�r einen Unterhaltungsfilm mit ungewohnt vielschichtigen Dialogen.
Foto: ZDF / Thomas KostErst schleppt er sie mit dem Traktor, dann mit dem Cabrio ab... Wedhorn & Berteloot
Jeanine Weiss will im Elsass ihr Erbe abwickeln und dabei ein bisschen auf Jugendnostalgie machen. Mal wieder einen leckeren Riesling trinken und in der Schuhmacherwerkstatt ihres Onkels Jean das gute Leder riechen. Die Berlinerin, die mit Gro�stadt-Elan in den verschlafenen Landstrich hineinbraust, wird zun�chst durch eine Autopanne auf Elsass-Betriebstemperatur heruntergefahren. Der Verursacher, ein Esel, geh�rt Aussteiger Marc. Ein Baron, der K�se verkauft, weltm�nnisch, gut aussehend, ein Franzose, wie er im Buche steht. Von dem l�sst sich die quicke Deutsche gern mal abschleppen. Zun�chst mit dem Trecker, dann mit Hilfe seines Charmes. Und in der Hauptstadt wartet der Verlobte. Eigentlich wollten Jeanine und ihr Onkel das Schuhmacherhaus, das beiden zur H�lfte geh�rt, verkaufen. Doch es scheint, als ob dieser Flecken Erde mit seinen liebenswerten Menschen die schnelllebige Jeanine „ganzheitlich“ ausbremsen k�nnte. Vielleicht also ein Sp�tsommer mit Folgen?
Foto: ZDF / Thomas KostErst mal hei�t es: die Schuhmacherwerkstatt des geliebten Onkels auf Vordermann bringen. Bei ihm hat der els�ssige Schlendrian Einzug gehalten. Vogler & Wedhorn
In dem �rtchen Louiswiller ist die Lebenskunst noch zuhause. Qualit�t hat hier noch einen Wert, Gemeinschaft und M��iggang als Quell des Lebens werden gesch�tzt. In „Ein Sommer im Elsass“ wird dieser Grundgedanke vom „anderen“ Leben nicht nur vom Drehbuch behauptet, sondern jedes Bild atmet diese Idee von der Entschleunigung unserer Welt: der Sp�tsommer im Elsass wird so zu einem gro�en Fest f�r die Sinne und das Sch�ne. Romantik mischt sich mit Erinnerungen aus der Kindheit, mit Wunschvorstellungen, die in vielen Menschen schlummern. Jeanine Weiss, ihr Onkel Jean und Marc von der Lohe durchleben 90 f�r den Zuschauer wohlige Minuten stellvertretend einen (Aussteiger-)Traum, den auszuleben nur wenige wagen. Die Geschichte holt den modernen Menschen bei seinen Empfindungen ab. Und der schreibende Regisseur Michael Keusch ("Die Samenh�ndlerin"), Deutsch-Kanadier, einst bekannt f�r seine Hochglanz-TV-Movies, macht das richtig gut.�����
Foto: ZDF / Thomas KostSp�tsommertag in Strasbourg. Da ist Berlin schnell vergessen. Wedhorn, Berteloot
Soundtrack: Zaz ("J'aime � nouveau"), Les N�gresses Vertes ("Voil� L�t�"), Gus Viseur ("Jeannette", "Flamb�e montalbanaise")
In „Ein Sommer im Elsass“ erfahren die Bild gewordenen Wunschvorstellungen eine lebenskluge Relativierung. „Jeder hat seinen Platz und spielt seine Rolle“, kommentiert der Franzose das Kneipen-Idyll, das sich der fremde (Zuschauer-)Blick aus einem solchen Mikrokosmos alsbald gerne bastelt. Auch der touristische Blick, den Fernsehfilme an Sehnsuchtsorten h�ufig bei Zuschauern aktivieren, wird wunderbar durch einen Running Gag mit einem Augenzwinkern belegt. F�nf Mal f�hrt der Reisebus in Louiswiller ein: the same procedure – nur die Sprachen wechseln. Keuschs Film ist ein „Gef�hls-St�ck“, geboren aus dem Geiste der Normalit�t, aus dem Geiste moderner Befindlichkeiten. Durch diese Geschichte schimmert sehr viel mehr (un)gelebter Zeitgeist als durch die vielen anderen TV-Romanzen. Es geht um Lebensgef�hl, dann erst kommt die Liebe. Und so ist es nur logisch und angenehm, dass da einmal nicht der Verlobte aus Berlin angedackelt kommt.
Foto: ZDF / Thomas KostNass im Elsass. Das �ffnet Jeanine den Zugang zum Schloss des Aussteigerbarons!
„Ein Sommer im Elsass“ kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: auf Stimmungen, Atmosph�re, Gef�hle, Elsass-Aura. Der Film besitzt ein angenehmes Tempo, viel Esprit in seinen Details, gelegentlich eine leicht ironische Beil�ufigkeit im Umgangston und f�r einen Unterhaltungsfilm ungewohnt vielschichtige Dialoge. „Alt werden geht ganz von alleine“, grummelt Jean vor sich hin, jener Alt-68er-Schuster mit Cannabis-Plantage. „Und ist besser als die Alternative“, bringt es Jeanine illusionslos auf den Punkt. Ein bisschen mehr deutsch-franz�sische Mentalit�tsgeschichte h�tte dem leichtf��igen, perfekt besetzten Film noch beigemengt werden k�nnen. Fazit: „Ein Sommer im Elsass“ best�rkt den Eindruck, dass „Ein Sommer in…“ die zeitgem��este und ausbauf�higste Sonntagsfilm-Reihe im ZDF ist.
Foto: ZDF / Thomas KostEndlich bekennen sich Onkel Jean & seine Liebste �ffentlich zueinander. Kr��ner
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
Sie k�nnen den fernsehfilm-beobachter unterst�tzen: Werden Sie Fan & Freund oder spenden Sie oder kaufen Sie bei amazon, indem Sie von hier, vom amazon-Button oder von jedem beliebigen DVD-Cover dorthin gelangen.