Alternative zum E-Auto: Forscher macht knallharte Ansage - EFAHRER.com

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Alternative zum E-Auto: Forscher macht knallharte Ansage

09. Juni 2024 | Tobias Stahl
Alternative zum E-Auto: Forscher macht knallharte Ansage

Während in Deutschland aktuell noch Debatten darüber geführt werden, das Verbrenner-Aus ab 2035 zu verschieben, sind Branchenexperten sich weitestgehend einig: Es gibt keine Alternative zum E-Auto und die Regierung muss endlich entsprechend handeln.

Einige konservative Politiker aus Deutschland und der Europäischen Union (EU) versuchen aktuell noch, das Verbrenner-Aus in der EU ab 2035 zu verschieben oder ganz zu kippen. Auch große Automobilkonzerne sehen die Lage kritisch. So hat Volkswagen in seinem E-Auto-Werk Zwickau die Produktion 2023 zeitweilig gedrosselt und Mercedes-Benz möchte wieder mehr Verbrenner bauen. Für Helmut Holzapfel sind die Tage des Verbrennungsmotors trotzdem gezählt, wie der Verkehrsexperte im Interview mit Klimareporter erklärt. Holzapfel ist Bauingenieur, Stadtplaner, Verkehrswissenschaftler und Leiter des Zentrums für Mobilitätskultur in Kassel.

Auf die Frage, ob wir vor einer Renaissance von Benzin- und Dieselautos stehen, vergleicht Holzapfel die Entscheidung vieler Autokäufer, doch erneut auf einen Verbrenner zu setzen, mit dem aktuellen Gasthermen-Boom, der „bei vielen Haushalten bald Schocks durch steigende CO₂-Preise auslösen“ dürfte.

Auch beim Auto werde das so sein, meint Holzapfel. „Stockholm hat jetzt als erste Kommune von der EU die Erlaubnis erwirkt, in Teilen der Stadt Verbrenner ganz zu verbieten. Zahlreiche weitere Städte in Europa planen, schon 2030 oder 2035 CO₂-frei zu sein, was mit Verbrennern nicht geht. Entsprechende Verbote sind jetzt schon in Vorbereitung“, so der Verkehrsexperte, der ergänzt: „Was nützt ein Achtzylinder, wenn ich ihn zu Hause stehen lassen muss? Der Verbrenner hat keine Zukunft, doch es fehlt an Aufklärung dazu.“ Wären die Menschen richtig informiert, würde die Nachfrage stärker sein, meint der Experte.

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Deutsche Autobauer fallen zurück: „,Vorsprung durch Technik' – aber anderswo“

Grund für die fehlende Aufklärung seien diverse Lobbygruppen, vor allem in der Ölindustrie. „Sie steuert eine völlig abseitige Propaganda gegen Elektroautos“, sagt Holzapfel. „Da werden dumme Gerüchte gestreut, etwa im Winter funktioniere ein E‑Auto nicht. Es werden CO₂-Vergleiche aufgestellt, die beim E‑Auto die Vorketten aller Bauteile beinhalten, beim Verbrenner den Beitrag von Ölförderung, -verarbeitung und -transport aber nicht. Die Bilanz wäre sonst für Benziner und Diesel verheerend.“

Auch sei die deutsche Autoindustrie zu langsam bei der Entwicklung von E-Autos gewesen. Anderswo wurde mehr Tempo gemacht, meint der Verkehrsexperte: „In der Tat liegen nicht nur chinesische, sondern auch europäische Hersteller derzeit vor den deutschen Produzenten. 'Vorsprung durch Technik' – aber anderswo. Das ist schade – und gefährlich für letztere, weil Kunden abzuspringen drohen.“ Auch der Branchenverband Verband Deutsche Autoindustrie (VDA) äußere sich nur vage und müsse sich endlich klar zum Verbrenner-Aus bekennen.

Während die Autobranche die Politik für die zuletzt schwächelnden E-Auto-Absatzzahlen verantwortlich macht, vor allem im Hinblick auf die weggefallene Förderung, ist Holzapfel allerdings der Ansicht, dass Förderungen von Autos „generell fragwürdig“ seien, auch wenn sie elektrisch sind: „Bei E‑Bikes gibt es ja auch keine. Aktuell werden ja überwiegend Verbrenner gefördert, etwa als Dienstwagen. Schon die Einstellung dieser Förderung würde ein Zeichen setzen. Schon gar nicht sollten E‑SUV gefördert werden“, so Holzapfel.

Gefördert werden müsse hingegen eine Zukunft mit weniger CO₂ im Verkehr, „sonst wird unser Land weltweit ökonomisch abgehängt und kann dann vielleicht noch die letzten Verbrenner in technisch rückständige Gegenden dieser Welt verkaufen“. Der Verkehrsexperte fordert: „Die Politik muss, statt Illusionen über E‑Fuels zu erzeugen, klar das betonen, was auch die Wissenschaft sagt: Es gibt keine Alternative zum Elektroauto.“

Diskussion um das Verbrenner-Aus: Experte spricht von "Phantomdebatte"

Auch Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Forschungsinstituts Center of Automotive Management (CAM), meint, dass es keine Alternative zum E-Auto gibt – dabei ist Bratzel selbst kein Fan des harten Verbrenner-Aus 2035. Im Gespräch mit ntv erklärt der CAM-Direktor: "Das hätte man geschickter angehen sollen: durch CO₂-Einsparziele, die dazu geführt hätten, dass 2035 faktisch kaum noch Verbrenner gebaut worden wären." Die "stark ideologisierte Begründung" eines Verbots habe in der Öffentlichkeit hingegen zu einer heftigen Abwehrreaktion geführt. Das Verbot nun zu kippen, wäre Bratzel zufolge trotzdem falsch: "Das würde dazu führen, dass die Öffentlichkeit denkt, dass wir uns nicht umstellen müssen".

Die aktuelle Diskussion um Technologieoffenheit, hierzulande angeführt von FDP, CDU/CSU oder Porsche, vermittelt Bratzel zufolge den falschen Eindruck, es gebe Alternativen zum E-Auto, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. "Die gibt es nicht", ist sich der Experte sicher. Wasserstoff werde etwa in der Stahlindustrie wichtig, wo es keine Alternative gebe. Bei E-Fuels handle es sich um eine theoretische Diskussion: "Einzelne könnten damit fahren, aber für die Masse fehlen die Mengen".

Auch an der oft bemängelten Ladeinfrastruktur hierzulande werde E-Mobilität nicht scheitern, solange die Politik entsprechende Vorgaben macht, argumentiert Bratzel, der jüngst aus Shanghai zurückgekehrt ist. "Dort ist jedes zweite Auto auf der Straße ein Elektroauto – es funktioniert". Und das, obwohl Shanghai rund 29 Millionen Einwohner hat.

Die Debatte um Technologieoffenheit in Deutschland sei eine "Phantomdebatte", so Bratzel weiter. "Wir diskutieren, ob das geht, statt zu diskutieren, wie es geht." Bei staatlichen Vorgaben, etwa für Energieanbieter, würden die nötigen Stromleitungen genauso gelegt, wie Ladesäulen errichtet. "Die Verteilnetze müssen viel schneller ertüchtigt werden, damit die Leute Wallboxen für zu Hause kaufen können und an Schnellladestationen der nötige Strom bereitgestellt werden kann."

Auch Bratzel ist sich sicher, dass die Politik entscheidend zur Verkehrswende beitragen kann – aber eben nicht über Förderungen: "Der Verbrenner muss teurer werden, sodass die Nutzung eines E-Autos günstiger als Benziner oder Diesel ist", fordert der Branchenexperte. "Man muss politisch Druck machen".

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