Schwester Jakoba Zöll über das Sonntagsevangelium

Bleibt in meiner Liebe!

Veröffentlicht am 04.05.2024 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Olpe ‐ In Jesus bleiben heißt, in seiner Liebe zu bleiben. Diese Liebe sollen die Jünger untereinander weitergeben, um mit ihm verbunden zu bleiben. Für Schwester Jakoba Zöll ist diese Botschaft des heutigen Sonntagsevangeliums beruhigend und herausfordernd zugleich.

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Das heutige Sonntagsevangelium setzt da ein, wo das Evangelium des letzten Sonntages aufgehört hat, wir befinden uns mittendrin in den sogenannten Abschiedsreden Jesu. Der Evangelist Johannes fügt diese Reden Jesu unmittelbar an seine Erzählung des Abendmahls an, noch bevor Jesus mit seinen Jüngern zum Garten Getsemani aufbricht.

Der heutige Abschnitt ist der zweiten von drei Abschiedsreden entnommen, in der Jesus darüber spricht, wie wichtig es ist, in ihm zu bleiben. Das Bild vom Weinstock Jesu, den Jüngerinnen und Jüngern als Reben und Gott als dem Winzer, hat das "in Jesus bleiben" metaphorisch eindrucksvoll ins Wort gebracht. Wie Reben und Weinstock miteinander verbunden sind, so sind auch wir, die Jüngerinnen und Jünger Jesu, mit ihm verbunden und bringen durch Gottes Kraft reiche Frucht. (vgl. Joh 15,1-8) Die einzige Bedingung für diese Verbindung mit Jesus und seinem Vater ist, dass die Jüngerinnen und Jünger in ihm bleiben.

Jesus geht nach der Metapher nun genauer darauf ein, was genau "in mir bleiben" denn bedeutet. Bisher ist das für die Jünger, die gerade mit Jesus am Abendmahlstisch sitzen, ja noch keine drängende Frage. Sie sind doch schon seit Wochen gemeinsam mit Jesus unterwegs und bleiben so in ihm und wissen noch nichts vom drohenden Leiden und Tod Jesu. Jesus selbst weiß im Johannesevangelium bereits, was ihm geschehen wird und sagt den Jüngern, wie "in ihm bleiben" auch nach seinem Tod und seiner Auferstehung funktionieren kann.

In Jesus bleiben heißt, in seiner Liebe zu bleiben. Das ist das eine, wichtigste Gebot, auf das er hier mehrfach hinweist. Er selbst ist vom Vater so sehr geliebt und hat diese Liebe an seine Jünger weitergegeben, sie geliebt. Diese Liebe, die die Jünger durch Jesus empfangen haben, sollen sie untereinander weitergeben. Wie groß diese Liebe ist, werden die Jünger bald erfahren, Jesus am Kreuz freiwillig für diese Liebe sterben wird, er deutet seinen Tod hier bereits an (vgl. Joh 15,13). Wie groß diese Liebe ist, haben die Jünger auch erfahren, indem Jesus ihnen ungeschützt und ohne etwas zurück zu halten, von der Liebe des Vaters erzählt hat und sie an sie weitergegeben hat (vgl. Joh 15,15).

Die so einfach klingende Antwort auf die Frage nach dem "Wie" der Nachfolge Jesu, nach dem "in ihm bleiben", die sich die Jünger im konkreten Kontext des Gründonnerstags noch gar nicht stellen, die sich aber allen Jüngerinnen und Jünger nach Jesu Tod, Auferstehung und Himmelfahrt ganz existenziell stellt, ist, mit dem johanneischen Jesus gesprochen: "dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe" (Joh 15, 12). Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für mich ist es beides zugleich: Beruhigend und entlastend, dass nicht ein riesiger Kriterienkatalog zu erfüllen ist, um in ihm zu bleiben. Und riesiger Anspruch und Herausforderung, diese empfangene Liebe tagtäglich, immer aufs Neue, weiterzugeben und zu leben zu versuchen, wie er sie gelebt hat.

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 15, 9–17)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt.
Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.
Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.
Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.
Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt,
was ich von meinem Vater gehört habe.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.
Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.

Die Autorin

Schwester Jakoba Zöll ist Olper Franziskanerin. Sie arbeitet an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und schreibt an ihrer Promotion.

Ausgelegt!

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