Chinesischer Exzeptionalismus
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Chinesischer Exzeptionalismus

14.05.2024  |  John Mauldin
Wie auch immer man es messen m�chte, die Vereinigten Staaten sind die gr��te Volkswirtschaft der Welt. Sie ist jedoch nicht die am schnellsten wachsende Wirtschaft. Und Wachstumsraten sind wichtig, denn unter sonst gleichen Bedingungen k�nnte eine schneller wachsende Wirtschaft den USA irgendwann die F�hrung streitig machen. China ist gerade dabei, dies zu tun. Wohin wird das f�hren? Das war ein h�ufiges Thema auf der diesj�hrigen SIC. Die USA und China sind nicht einfach "Rivalen" im Sinne des Kalten Krieges. Unsere beiden L�nder sind gleichzeitig Kunden, Lieferanten und Konkurrenten des jeweils anderen. Beide befinden sich in einem brodelnden Topf aus wirtschaftlichen, gesch�ftlichen und geopolitischen Zutaten.

Diese Mischung zu verstehen, ist eine schwierige und vielleicht unm�gliche Aufgabe. Selbst Experten sehen die Dinge unterschiedlich. Dennoch habe ich bei der SIC ein China-Panel mit drei verschiedenen Standpunkten zusammengestellt. Ich tat dies, weil ich wusste, dass sie in einigen Punkten gegens�tzlich und in anderen einig sein w�rden.

Und genau das ist passiert, und zwar viel effektiver als ich erwartet hatte. Emily de La Bruy�re, Louis Gave und Lyric Hughes Hale er�ffneten Blickwinkel, die ich nie in Betracht gezogen hatte, obwohl ich Chinas Aufstieg seit Jahrzehnten beobachte. Was auch immer Sie glauben, �ber China zu wissen, sie werden Sie eines Besseren belehren. Das letzte Panel konzentrierte sich dann auf China. Generell war China wahrscheinlich das meistdiskutierte Thema der diesj�hrigen SIC. Das ist auch dann wichtig, wenn Sie kein Interesse an chinesischen Investitionen haben, denn Sie sind ja direkt oder indirekt in China investiert.


Gold-Alternative

In der mehr als 20-j�hrigen Geschichte dieser Publikation habe ich wahrscheinlich etwa einmal im Jahr einen Artikel speziell �ber China geschrieben, zus�tzlich zur Erw�hnung Chinas in Verbindung mit anderen Themen. Wenn man die alten Akten durchsucht, taucht das Wort "China" in fast der H�lfte meiner Artikel mindestens einmal auf - ein weiterer Indikator f�r seine Bedeutung. In meinem Artikel vom Januar 2023 ging es um die damals wichtige Nachricht, dass Xi Jinping die Null-COVID-Beschr�nkungen aufhebt. Ich zitierte einen Bericht von Gavekal, in dem vorhergesagt wurde, dass Chinas Wirtschaft und seine Nachfrage nach Rohstoffen sich erholen w�rden, sobald die neue Infektionswelle abgeklungen sei. Das war genau das Richtige; China erholt sich, aber viele Probleme bleiben bestehen. Ich denke, dass Xis Behauptung einer gr��eren Kontrolle �ber die Wirtschaft - und die Unterdr�ckung unternehmerischer Aktivit�ten - tiefgreifende langfristige Folgen haben wird (siehe unten).

Aber China hat auch unmittelbarere Probleme und Auswirkungen auf die Welt. Hier setzte unsere Diskussionsrunde an. Mein Partner Ed D'Agostino, der die Diskussion moderierte, bat Lyric Hughes Hale zu beschreiben, was derzeit in der chinesischen Wirtschaft passiert. Lyric spricht sechs Sprachen flie�end, darunter Chinesisch und Japanisch, und hat in beiden L�ndern gelebt. Sie brachte 1986 den Super Bowl nach China. Sie ist verdrahtet und kennt China sehr gut. Ihr Artikel ist ausgezeichnet. Hier ist ein Teil von Lyrics Kommentar aus dem Transkript (das �brigens 19 Seiten lang ist, so dass ich nur einige kurze Ausschnitte wiedergeben kann):

"Ich glaube, was wir gerade erleben, ist das Ende des chinesischen Exzeptionalismus, des wirtschaftlichen Exzeptionalismus. Ich glaube, dass Kommunismus und Kapitalismus irgendwie unvereinbar sind. Und gerade jetzt war China in der Lage, nichts zu tun, um viele seiner politischen Institutionen zu reformieren, weil die Wachstumsrate so schnell war und die Basis so niedrig, als sie anfingen, dass es wie ein Wunder aussah, das ewig so weitergehen k�nnte. Und dann, so sagten viele, w�rde China das Wachstum der Vereinigten Staaten �bertreffen. Meinen Berechnungen zufolge stimmt das nicht einmal in demografischer Hinsicht. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts k�nnten die Vereinigten Staaten eine gr��ere Bev�lkerung haben als die Volksrepublik China.

Ich glaube, dass der wirtschaftliche Niedergang, den wir derzeit erleben, real ist. Und der beste Weg f�r Investoren, dies zu messen, ist meiner Meinung nach derzeit der Goldpreis. China ist jetzt der gr��te Goldk�ufer, und zwar nicht nur auf der Ebene des Einzelhandels, wo sie die indischen K�ufe bei weitem �bertroffen haben, sondern auch auf der Ebene der Regierungen. Der Anstieg des Goldpreises ist f�r mich ein umgekehrter Indikator f�r die Probleme der chinesischen Wirtschaft..."


Louis Gave lieferte dann eine weitere Erkl�rung f�r die chinesischen Goldk�ufe. Er glaubt, dass chinesische Investoren die Sanktionen des Westens gegen Russland sehen, nicht die n�chsten sein wollen und daher dringend versuchen, aus Dollar-Anlagen auszusteigen. Hier ist Louis:

"Eine der wichtigsten Priorit�ten der chinesischen Politiker besteht heute darin, ihren Handel zu entdollarisieren, d.h. ihre Abh�ngigkeit vom US-Dollar zu verringern. Und das hat mehr geostrategische als wirtschaftliche Gr�nde. Ich denke, in den letzten 15, 20 Jahren wurde der US-Dollar immer wieder als Waffe eingesetzt, um geopolitische Rivalen oder Probleml�nder zu bek�mpfen, sei es der Iran, Venezuela, Sudan oder Russland... Und die US-Politiker haben den Hammer des US-Dollar benutzt, um Leute zu verpr�geln, und China will nicht auf der anderen Seite dieses Hammers stehen...


Die meiste Zeit meiner Laufbahn galt Gold immer als das Gegenmittel zum US-Dollar. Es hie� immer, wenn der Policy-Mix in den USA falsch ist, wenn die Geldpolitik zu locker ist, wenn die Fiskalpolitik zu locker ist, dann spiegelt sich das in einem st�rkeren Goldpreis und einem schw�cheren Dollar gegen�ber Gold wider. Ich habe also gel�chelt, als ich h�rte, dass ein schw�cherer Dollar und ein st�rkerer Goldpreis eher auf China als auf die USA zur�ckzuf�hren sind. Ich denke, wenn man Chinese ist und sich umschaut... wenn meine Wahl zwischen Vancouver-Immobilien und Gold besteht, weil ich nicht in China investieren will, macht Gold jetzt vielleicht mehr Sinn."

Wenn das stimmt, dann geht es bei den chinesischen Goldk�ufen nicht so sehr um den Wunsch nach Gold, sondern darum, dass es keine besseren Alternativen gibt. Emily de La Bruy�re sagte dann, dass es noch weiter gefasst sei: China wolle auch die Abh�ngigkeit von allem anderen verringern.

"Es wurde bereits auf Chinas Bem�hungen hingewiesen, sich aus der Abh�ngigkeit vom US-Dollar zu befreien. Das ist wichtig, denn Chinas Industriepolitik h�ngt ganz allgemein davon ab, sich von der Abh�ngigkeit von anderen Akteuren zu befreien oder zumindest das relative Gleichgewicht der Abh�ngigkeit so zu verschieben, dass China bei jedem Produkt relativ unabh�ngiger ist als seine Konkurrenten, Gegner oder sogar Partner, denn das verschafft Peking ein Druckmittel."

Ich fand das in gewisser Weise d�ster am�sant. Wir scheinen uns in die Zeit zur�ckzuversetzen, als physisches Gold - "Hartgeld", wie sie es nannten - das Ma� der Macht war. Und dieses Mal ist es Gold und ein Haufen moderner Gold�quivalente wie Mikrochips.



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