Die 100 besten Musiker aller Zeiten: Curtis Mayfield – Essay von Boz Scaggs

Seine Stimme brannte mit der Hingabe eines Bluessängers und einer fast femininen Sehnsucht

Wer in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern den magischen Ort auf dem Mittelwellenradio besuchte, wo die wundervollen Rhythmen und Sounds des afroamerikanischen Soul existierten, traf früher oder später auch Curtis Mayfield. Viele von uns hörten ihn zunächst als zweite Stimme hinter Jerry Butler bei den Impressions.

Später sollte er häufiger im Mittelpunkt stehen. Er sang die erste Stimme in „Gypsy Woman“. Nach der Textzeile „She danced around and round to a guitar melody“ feuert er auf seiner Gitarre eine Salve ab, die uns jahrelang nicht aus dem Ohr ging. Wer „Little Wing“ von Jimi Hendrix hört, kann erahnen, dass auch Hendrix gut zugehört haben muss.

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Aber es war vor allem seine Stimme, die lichte Höhen erreichte. Sie brannte mit der Hingabe eines Bluessängers und einer fast femininen Sehnsucht, entschlossen und sensibel zugleich. Vor allem Frauen fühlten sich von diesem Sentiment instinktiv angezogen. Wenn er „The Wonder Of You“ sang, war sein Einfühlungsvermögen, seine Leidenschaft mit Händen greifbar. Was anfangs ein Appell mit religiösen Untertönen war – „get on board, get ready, I know you can make it“ –, bekam im Laufe der Jahre eine soziale Komponente: Mayfield thematisierte die Brennpunkte im Alltag der schwarzen, groflstädtischen Bevölkerung und fragte „What’s going on?“ – eine Frage, die dann auch Marvin Gaye stellen sollte. Das ganze Spektrum seines Engagements, seiner komprimierten Energie schlug sich in „Superfly“ nieder. Musikalisch war es ein Wechselbad der Gefühle: Dynamische Rhythmen, mit Bläsern und Streichern unterfüttert, wechselten mit Funk.

Er war ein packender Performer, bis er 1990 durch einen Bühnenunfall an den Rollstuhl gefesselt wurde. Ich begegnete ihm nur einmal nach einer Show in San Francisco. Er hatte ein wundervolles Lächeln und eine einnehmende Persönlichkeit – ein wahrer Mensch und Gentleman.

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