Stadt Gießen installiert einen „Innenstadtmanager“ für Strukturwandel
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Stadt Gießen installiert einen „Innenstadtmanager“ für Strukturwandel

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Ein Ort mit der vielzitierten Aufenthaltsqualität: Das soll die Gießener Innenstadt auch noch in zehn Jahren sein. Helfen soll dabei unter anderem ein Konzept »Innenstadt 2030«. © Oliver Schepp

Die Coronakrise setzt dem Einzelhandel und damit der gesamten Gießener Innenstadt seit einem Jahr schwer zu. Trotzdem richtet die Stadt ihren Blick voraus - auf die Zeit nach der Pandemie.

Gießen – Kein Klick and Meet mehr, kaum noch Fußgänger-Frequenz zwischen Kugelbrunnen und Elefantenklo, und dann noch kalter Wind mit Schneeschauern. „Bonjour, Tristesse“, heißt es in den Tagen nach der sonnigen und warmen Vorosterwoche. Wer mit Blick auf die Gießener Innenstadt in diesen Tagen nach Aufbruchstimmung suchte, wurde auf der Homepage der Stadt fündig. Da war von »neuen Projekten« die Rede, die dazu beitragen sollen, Gießen »auch künftig als hochattraktiven Wirtschaftsstandort zu positionieren«, hieß es in einer Stellenausschreibung der städtischen Wirtschaftsförderung. Denn die hat in den vergangenen drei Wochen einen Referenten bzw. eine Referentin für »Sonderprojekte« gesucht, mit denen Gießen seinen Status als eine der »attraktivsten mittleren Einkaufsstädte Deutschlands« halten und ausbauen soll.

Gießen bekommt Strategiepapier „Innenstadt 2030“

»Über die Position haben wir mit dem Innenstadthandel schon länger gesprochen. Das ist im Grunde der Innenstadtmanager, wie wir das Aufgabenprofil in den Gesprächen mit den BID-Vereinen umschrieben haben«, erklärt der für die Wirtschaftsförderung zuständige Bürgermeister Peter Neidel. Nach Beendigung der Bewerbungsfrist möchte der CDU-Dezernent die Zwei-Drittel-Stelle »möglichst schnell besetzen«.

Die Stellenbesetzung ist laut Neidel ausdrücklich kein Bestandteil des Krisenmanagements in der Coronazeit, sondern eine konzeptionelle Unterstützung des Strukturwandels in der Innenstadt, mit dem sich die städtischen Ämter bereits vor Ausbruch der Pandemie beschäftigt haben. »Bei der Wirtschaftsförderung geht es in erster Linie um die Stärkung des stationären Einzelhandels. Das Planungsamt arbeitet darüber hinaus an einer eigenen Studie, da geht es dann mehr um die städtebaulichen Fragen«, erläuterte Neidel. Es sei das Anliegen der Stadt, »den Strukturwandel positiv zu begleiten«.

Bestandteil dieser Begleitung soll unter anderem das Erstellen eines Strategiepapiers »Innenstadt 2030« sein, das die Stadt gemeinsam mit dem Innenstadthandel erarbeitet. Die City von Gießen soll auch in zehn Jahren ein »hochattraktiver Treff- und Anziehungspunkt für unterschiedliche Bedarfe und Personengruppen sein«, wird in der Stellenausschreibung unter der Überschrift »Aufgabengebiet« formuliert. Diese langfristige Ausrichtung steht freilich in Widerspruch zur Befristung der Stelle auf vorerst zwei Jahre. In denen soll der/die gesuchte »Generalist/in« »lösungsorientiert und pragmatisch« auch die Themen Digitalisierung und Arbeitswelt beackern.

Gießen: Hölscheidt weiter Marketingchef

Mit der Ansiedlung der Stelle bei der Abteilung Wirtschaftsförderung knüpft Neidel auch seine Ankündigung von Ende 2019 an, wonach die Wirtschaftsförderung künftig stärker die Themen Innenstadt und Einzelhandel bearbeiten soll. Damals wurde Frank Hölscheidt als neuer Leiter der Abteilung Wirtschaftsförderung und Interims-Geschäftsführer der Stadtmarketing Gießen GmbH vorgestellt. Eigentlich war geplant, dass Hölscheidt das Stadtmarketing übergangsweise für ein Jahr leitet. Mittlerweile hat Neidel aber Gefallen an dieser Aufstellung gefunden. »Das funktioniert sehr gut. Ich kann mir vorstellen, dass Herr Hölscheidt in dieser Konstellation weitermacht«, sagte der Bürgermeister.

Wie sich die Dinge thematisch und personell entwickeln werden, wird der Fortgang der von den Grünen geführten Parteiengespräche nach der Kommunalwahl zeigen. Denn davon hängt auch ab, ob der CDU-Dezernent überhaupt in seinem Amt verbleibt und wie eine mögliche neue Stadtkoalition die Innenstadtthemen bewerten wird.

Das wollen die grünen Wahlsieger

Fußgängerzone und Innenstadthandel sind allen Parteien in Gießen wichtig. Über den Weg indes, wie die Innenstadt am besten gestärkt werden könnte, war vor der Kommunalwahl ein heftiger Streit entbrannt, der sich an dem geplanten Verkehrsversuch am Anlagenring entzündete. Gegen den vom Stadtparlament am 4. März auf Antrag der SPD und der Grünen beschlossenen Verkehrsversuch hatten sich der organisierte Innenstadthandel mit einer Anzeigenkampagne und einem eigenen Bürgerantrag im Wahlkampf positioniert. Da werden der Handel und die grünen Wahlsieger wohl erst einmal Friedensgespräche führen müssen. Das Wahlprogramm der Grünen steht dem nicht entgegen. »Wir wollen natürlich den städtischen Handel als zentralen Akteur mit der Gießen Marketing und den BIDs weiter unterstützen«, heißt es in dem Programm. In dem wird weiter formuliert: »Wir sind sicher, dass unser Konzept eines fußgängerfreundlichen autofreien Verkehrs innerhalb des Anlagenrings die Innenstadt attraktiver macht und den dortigen Handel belebt«.

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