›strohfeuer‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS
Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

strohfeuer, n.

strohfeuer, n.
(älter ströin feuwr Kirchhof wendunmuth 1, 457 Ö.); nl. stroovuur, engl. straw-fire.
1)
ein feuer, welches durch anzünden von stroh entsteht: (hat man) die bauren mit der schärffesten execution beleget, einige bey den ohren an die tische genagelt, andere aber ... bey einem strohfeuer zimlich geschmauchet und geräuchert (1716) Berliner geschr. zeitungen 6 Friedl.; der weiche kalksteinfels, ... ist überall so rein, dass man an ihn nur ein strohfeuer anzulegen braucht, um den so gebrannten kalk ... abzukratzen Ritter erdkde (1822) teil 11, 454; springen über ein strohfeuer und tanzen um dasselbe Böhme gesch. d. tanzes (1886) 159; (es) wird zur vermehrung des zuges am boden des schornsteins ein schwaches stroh- und reiserfeuer angezündet Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 3, 167.
2)
oft in vergleichen und übertragener verwendung, vgl.: es ist nur ein strohfeuer non è ch'un fuoco di paglia, una baldoria Kramer t.-ital. 2 (1702) 1015ᵃ; strohfeuer heiszt gleichniszweise ein feuer, welches nicht lange währet Noel Chomel, öcon.-physic. lex. (1750) 8, 1732.
a)
verschiedene vorstellungen können dem vergleich zugrunde liegen (z. b. schnelles abbrennen, geringe kraft, hohes aufflackern): waren ... diese siege so vorübergehend wie ein strohfeuer Jung-Stilling s. schr. (1835) 3, 124; auch im reiche der geister musz ein gleichgewicht ... stattfinden oder alles flöge wie strohfeuer auseinander Herder 24, 153 S.; denn das gute, das gelingen und wirken soll, ist nicht dasjenige, was sogleich überall ausposaunet wird, aber bald wie ein strohfeuer vergeht Haller staatswiss. (1816) 1, LXXII; jene ewigen klagen, die mit weinerlichen sonetten die alte schöne zeit zurückwinseln wollen, und wie ein strohfeuer weder die schlechten verbrennen, noch die guten erleuchten und erwärmen Eichendorff s. w. (1864) 2, 30. im bilde: darum wisset, so solche strohfewer in ein religion gefuͤrt werden ..., daz auch ein grosz mare magnum darausz wuͤrde vnd noch wird es nicht zu buͤchen kolen werden Paracelsus chirurgia (1618) 317; insonderheit wuͤste der ... poͤfel über edle gemuͤther die schaͤrffe ihres zwanges selten zu maͤssigen, da doch diese meistentheils durch lindigkeit leichter gefuͤhret, wie das ... gold durch ein maͤssiges strohfeuer zerschmeltzt wuͤrde Lohenstein Arminius (1689) 2, 179ᵇ; wäre Russland nicht gewesen, das den kalten ofen eingeheizt — nie wäre das strohfeuer der einen, mit der knorrigen eichenen geduld der andern, zusammengekommen, und der rauch der freiheit wäre nie empor gestiegen Börne ges. schr. (1829) 1, 195. metaphorisch: die wirren ... der fronde, wenn sie auch nur ein bald erloschenes strohfeuer waren ..., hatten ... eindruck ... gemacht Döllinger akad. vortr. (1888) 1, 274; daneben habe ich dramatische und andere spukereien die menge im kopf und, falls es nicht ein strohfeuer gewesen ist, eine schöne zukunft (1845) Keller br. u. tageb. 2, 126 Ermat.
b)
besonders von vorübergehender gemütsbewegung oder -erregung (freude, zorn, begeisterung u. dgl.) ohne nachhaltige wirkung; fuoco di paglia, met. breve allegrezza Kramer t.-ital. 2 (1702) 1015ᵃ: doch ist solcher zorn bald wider hin und verraucht wie ein strohfeuer Harsdörffer teutscher secretar. 2 (1659) 565; das geringste ding macht ihn zornig, aber es ist nur ein strohfeuer, hat keinen bestand Kramer frantz.-teutsch 3 (1715) 2358; konnte ich wissen, dass deine leidenschaft nur ein künstliches strohfeuer deiner phantasie war Kahlenberg Barchwitz (1902) 153; leidenschaften, welche leicht wie ein strohfeuer aufflammen und erlöschen Stolberg ges. w. (1820) 7, 347; vgl. auch strohfeuerbegeisterung Raumer lebenserinn. (1861) 2, 86; Spielhagen s. w. (1877) 5, 241. ähnlich von der liebe: die liebe der junggesellen ist einem strohfeuer gleich, welches so bald auszgelöscht als angezündt wird Lehmann floril. polit. (1662) 3, 197.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1957), Bd. X,III (1957), Sp. 1658, Z. 1.

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Zitationshilfe
„strohfeuer“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/strohfeuer>.

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