›Kavalier‹ in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen | DWDS
Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Kavalier

Kavalier m. ‘höflicher und zuvorkommender, besonders Frauen gegenüber rücksichtsvoller Mann’, scherzhaft auch ‘Begleiter, Verehrer einer Frau’. Das von lat. caballus ‘Pferd’ (ursprünglich ‘in der Landwirtschaft genutztes Pferd’ im Unterschied zu lat. equus ‘Reitpferd’) abgeleitete spätlat. caballārius ‘Pferdeknecht’ wird im Mlat. zur Bezeichnung für die ohne Panzer kämpfenden Ritter aus dem niederen fränkischen Adel und ergibt afrz. cheval(i)er (frz. chevalier), aprov. cavalier ‘Reiter, Ritter’ (s. Chevalier). Auf der aprov. Form beruht ital. cavaliere ‘Reiter, Soldat zu Pferde, Ritter, Adliger’ (14. Jh., in älterer Schreibung daneben cavalliere, cavagliere), das seinerseits um 1470 als mfrz. cavalier ‘Reiter, Soldat zu Pferde’ wieder ins Frz. entlehnt wird. Die Übernahme ins Dt. setzt, wenn man von dem für zwei Quellen der 1. Hälfte des 14. Jhs. nachgewiesenen, aber zunächst ohne Nachfolge bleibenden mhd. cavali(e)r ‘Ritter’ (aus dem Ital. oder Aprov.) absieht, im letzten Drittel des 16. Jhs. ein. Dabei weist nhd. Caval(l)ier, Cavaglier, Cavalierer anfangs auf ital. Vorbild (im frühen 17. Jh. neben dt. Pluralbildung häufig noch Cavalieri), doch setzt sich (auch semantisch) bald der Einfluß von frz. cavalier ‘Reiter, Kavallerist, Edelmann, Herr, Begleiter einer Dame’ durch (um 1640 gelegentlich die Pluralform Cavaliers). Kavalier, um 1600 ‘Reiter, Ritter (besonders Mitglied eines Ritterordens), adliger Herr’, wird infolge seines Vorkommens in der galanten Dichtung (‘vornehmer Liebhaber’) sowie durch die Gepflogenheit der Soldaten, die den adligen Offizieren zukommende Benennung für sich ebenfalls in Anspruch zu nehmen, im Laufe des 17. Jhs. Modeausdruck, allgemein verwendete höfliche Anrede (entsprechende Entwicklungen bei Dame, Galan, s. d.) und schließlich (2. Hälfte 17. Jh.) geläufiges Kennwort für den das Persönlichkeitsideal jener Zeit verkörpernden weltgewandten und gebildeten Mann (im 19. Jh. abgelöst durch Gentleman, s. d.). Aus dieser Bedeutungsgeschichte erklärt sich auch der gegenwartssprachliche Gebrauch (vgl. ferner Kavalier(s)tuch, Kavalierstart, Kavaliersdelikt). Eine alte Übertragung begegnet in Kavalier ‘die Brustwehr des Hauptwalls überragende und daher bessere Sicht- und Schußmöglichkeiten bietende Erhöhung’ als Terminus des Festungsbaus (bereits 1573, entsprechend gleichbed. frz. cavalier, seit 1546), heute noch lebendig in Kavalierperspektive für eine schiefe Parallelprojektion, bei der alle in die Tiefe führenden Linien unter einem Winkel von 45 Grad und um die Hälfte verkürzt wiedergegeben werden (18. Jh.).
Zitationshilfe
„Kavalier“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Kavalier>.

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