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Exorzist: Der Anfang – Kritik

In William Friedkins Exorcist (1973) trieb der mysteriöse Pater Merrin der 12-jährigen Regan den Teufel aus. Im Prequel Exorzist: Der Anfang spielt der Exorzismus nur noch am Rande eine Rolle, stattdessen setzt Regisseur Harlin auf Schockmomente und Ekeleffekte, die mit der Subtilität des Klassikers nichts mehr gemeinsam haben.

Exorzist: Der Anfang

Nachdem Warner Bros., die Produktionsfirma von Exorzist: Der Anfang (Exorcist: The Beginning, die erste Version des Films von Paul Schrader aufgrund mangelnder Spannung und blutarmer Effekte ablehnte, wurde Actionregisseur Renny Harlin zunächst beauftragt zusätzliche Szenen zu drehen. Schließlich entschlossen sich die Produzenten doch dazu, den Regisseur, der immerhin seit Cliffhanger (1993) keinen größeren Erfolg vorzuweisen hat, mit einer neuen Fassung zu beauftragen. Dem für zehn Oscars nominierten Original gerecht zu werden und dabei die Geschichte einer der Figuren auszubauen, war sicherlich eine große Herausforderung - doch dieser stellt sich Harlin erst gar nicht.

Pater Lankester Merrin (Stellan Skarsgård), der durch die Machenschaffen der Nazis im Zweiten Weltkrieg seinen Glauben verlor und sich nun nur noch Mr. Merrin rufen lässt, wird aufgrund seiner Tätigkeiten auf dem Gebiet der Archäologie nach Kenia gerufen. Dort wurde bei Ausgrabungen eine Kirche aus dem 5. Jahrhundert entdeckt, die somit aus einer Zeit stammt in welcher der christliche Glaube in Afrika noch nicht verbreitet war. Schnell wird klar, dass sich in diesem Gotteshaus das Böse verbirgt, das Besitz von den Eingeborenen und den stationierten britischen Besatzungstruppen nimmt, was konsequent in einem Blutbad eskaliert. Die Ärztin Dr. Sarah Novack (Izabella Scorupco), mit der Merrin anbandelt, übernimmt schließlich den Part der Besessenen, mit deren Teufelsaustreibung im eher actiongeladenen Finale Merrin seinen ersten Exorzismus praktiziert und so wieder zum Glauben findet.

Exorzist: Der Anfang

Max von Sydow spielte in William Friedkins Film von 1973 den mysteriösen Pater Merrin und kreierte in seinem relativ kurzen Auftritt einen unvergesslichen Charakter, was Stellan Skarsgård (Ronin, 1998; Dogville, 2003) hier im ganzen Film nicht gelingen kann. Dies liegt aber weniger an Skarsgårds schauspielerischen Qualitäten, sondern vielmehr an der substanzlosen Geschichte, die dem schwedischen Schauspieler kaum den Rahmen gibt, zu agieren. Er mimt den vom Leben gezeichneten Priester zwar überzeugend, doch vermittelt Regisseur Harlin dem Zuschauer den Ursprung seiner Abkehr von Gott einzig durch Rückblenden in die NS-Zeit, in der Merrin unfreiwillig zum Handlanger der Nazis wurde. Dadurch kann Skarsgård nur noch die stereotype Rolle des traumatisierten und gebrochenen Mannes annehmen und sie über den Film aufrecht halten.

Neben den Schauspielern zählt zum weiteren Ensemble des Films Kameramann Vittorio Storaro, der unter anderem bei Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (1979) und Bernardo Bertoluccis Der letzte Kaiser (The Last Emperor, 1986) für die bildgewaltigen Aufnahmen verantwortlich war. Storaro fotografiert den Film gekonnt, doch leistet er für seine Verhältnisse eine eher solide, fast zu routinierte Arbeit. Exorcist: Der Anfang versucht sich als Schocker zu behaupten. Da dies im Gegensatz zu dem Original nicht auf einer narrativen Ebene gelingt, versucht es das Prequel in erster Linie auf der optischen. Für die Make-Up-Effects engagierte man Gary J. Tunnicliffe, der sein Können vor allem in Tim Burtons Sleepy Hollow (1999) und den Fortsetzungen der Halloween- und Hellraiser-Filme unter Beweis stellte. Bei der Maske der besessenen Izabella Scorupco orientiert sich Tunnicliffe stark am Original und ruft dem Zuschauer das grünliche, spuckende Mädchen in Erinnerung. Harlin inszeniert für einen Film, der sich erkennbar an das große Kinopublikum richtet, eine erstaunliche Vielzahl teils sehr ekliger Splatter- und Gore-Effekte, wie zum Beispiel die Geburt eines von Maden zerfressenen und halb verwesten Babys. Aufgrund Tunnicliffes professioneller Arbeit erfüllen die blutigeren Momente des Films zwar ihren Zweck, doch scheinen sie im Film nicht richtig Fuß fassen zu wollen. Sie wirken aufgesetzt, unverhältnismäßig und zu krampfhaft in den Film gezwängt.

Exorzist: Der Anfang

Das jedoch weitaus größere Problem des Films ist die teils sehr fragwürdige Rahmenhandlung, die Bezug auf die Nazizeit nimmt. Die Rückblenden fungieren dabei als fast voyeuristische, immer plakative Elemente und stellen die von den Nazis ausgehende Gewalt in ähnlicher Weise dar, wie sie in dem übrigen Film inszeniert wird. Hinzu kommt, dass der Teufel hier Besitz von der weiblichen Protagonistin Dr. Sarah Novack ergreift, die als Jüdin Auschwitz überlebte. Aber es ist nicht allein dieser fast pietätlose Umstand, sondern es wirkt degoutant, dass der wieder zum Glauben zurückgekehrte Pater Merrin gerade an ihr den Exorzismus praktizieren muss. Das nur beiläufig behandelte Drama um die Figur des gefallenen Priesters Lankester Merrin ist somit leider nur Mittel zum Zweck, um an den Erfolg des Klassikers anknüpfen zu können und den Titel „Exorcist“ tragen zu dürfen. Genauso gut hätte man Stellan Skarsgård auch gegen Zombies oder Vampire kämpfen lassen können, an der Qualität und Richtung die der Film einschlägt, würde dies nichts ändern.

 

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