RTL hat mit „G�tz von Berlichingen“ nun auch das (Sp�t-)Mittelalter entdeckt. Doch das sogenannte „Event-Movie“ ist so weit entfernt von Goethes Sturm-und-Drang-Schauspiel wie RTL von HBO. In die Fernsehgeschichte wird dieser 110min�tige Ausflug ins Blut-und-Busen-Genre nicht eingehen, bestenfalls wird er in Erinnerung bleiben als ein dramaturgisch biederes Ritter-TV-Spektakel zwischen passabel geschnittenem Schlachtenget�mmel und ungelenken Indoor-Szenen. Es sind vor allem die Dialoge, die einem diesen weitgehend ohne (epische) Totalen inszenierten Mummenschanz verleiden. Schade um Henning Baum.
Foto: RTL / HainzlAls Raubritter wurde er zur Legende: G�tz von Berlichingen (Henning Baum)
Der fr�nkische Reichsritter G�tz von Berlichingen ist zum Raubritter verkommen. Mit dem �berfall auf eine Kutsche scheinen sie das gro�e Los gezogen zu haben. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn die drei Kisten Goldtaler geh�rten dem franz�sischen K�nig Franz – eine Aufmerksamkeit f�r die Gattenm�rderin Adelheid von Walldorf, die mit Giftmorden und Bestechung ihm den Weg auf den Kaiserthron ebenen will. Ihr intimer Verb�ndeter ist ausgerechnet ein alter Freund von Berlichingens: Adalbert von Weislingen, ein Ehrgeizling und Vaterm�rder. G�tz durchschaut zwar die Intrige, aber was hilft es: der ehemalige Freund l�sst ihn zwar am Leben, das aber ist nicht mehr viel wert mit nur noch ein paar M�nnern an seiner Seite und ohne seine schlagkr�ftige rechte Hand, die ihm in Adalberts Auftrag abgeschlagen wurde. Doch einer seiner Getreuen ist Erfinder – und so k�nnte G�tz von Berlichingen bald seinen Ruf als harter Recke zur�ckerlangen: jetzt als der Ritter mit der eisernen Hand.
Foto: RTL / HainzlEine Frau, die G�tzens Kopf will: Giftmischerin Adelheid von Walldorf (W�rner)
Ja so san’s die alten Rittersleut. Wein, Weib & Gesang, derbe Spr�che und das letzte Wort hat stets die Klinge. RTL hat nun also auch nach Sat 1 („Wanderhuren“-Trilogie), Pro Sieben („Isenhart“) und ZDF („Die Pilgerin“) das (Sp�t-)Mittelalter entdeckt. Ausgerechnet mit einem Ritter, dessen Name untrennbar mit Deutschlands Dichterf�rst verbunden ist, meldet sich der Sender, der sich zuletzt nur noch zu einem TV-Movie pro Jahr hinrei�en lie�, nach der peinlichen Weltuntergangsm�r „Helden – Wenn dein Land dich braucht“ zur�ck an der Event-Fiktion-Front. Doch „G�tz von Berlichingen“ ist so weit entfernt von Goethes Sturm-und-Drang-Schauspiel wie RTL von HBO (und beispielsweise seinem monumentalen Fantasy-Spektakel „Game of Thrones“). Selbstredend wartet man als Zuschauer auf das Zitat der Zitate. „Sag dem Bischof, er soll mich – im Arsch lecken.“ Endlich in der 27. Filmminute, nachdem die Nebenchargen das A-Wort schon des�fteren antizipierend im Mund f�hrten, ist es heraus. „Am Arsch, nicht im Arsch“, verbessert ihn einer seiner Kumpanen. „Herrgott noch mal, ich hab mich eben versprochen; es wird schon nicht in die Geschichte eingehen.“
Foto: RTL / HainzlEine Frau, die G�tz den Kopf verdrehen m�chte: Saleema (Dennenesch Zoud�)
In die Fernsehgeschichte wird dieser 110min�tige Ausflug ins Blut-und-Busen-Genre nicht eingehen – bestenfalls in Erinnerung bleiben wird „G�tz von Berlichingen“ als ein Ritter-Spektakel zwischen passabel geschnittenem Schlachtenget�mmel und ungelenken Indoor-Interaktionen. Die Story um die Verschw�rung gegen den deutschen Kaiser, die F�rstinnen-Intrige und den Verrat des Freundes, ist schlicht und wird dem Zuschauer dennoch mehrfach im Dialog erkl�rt. Eine altbackene Dramaturgie steht der d�rftigen Geschichte in nichts nach: „Du wirst tief st�rzen, aber du wirst wieder aufstehen“, prophezeit die amazonenhafte Heilerin dem Helden. Und noch etwas sieht die von der sp�rlich bekleideten Dennenesch Zoud� gespielte „Hexe“ in der Zukunft. Was, das l�sst sich alsbald erahnen bei einem Helden, der mit seiner Abkehr vom egoistischen R�uber auch zunehmend Gef�hle zul�sst. Bieder ist auch die Montage, vorzugsweise eine Parallelmontage, bei die Schnitte gelegentlich sogar verbal angek�ndigt werden („Aber wenn dieser hier nicht G�tz ist, wo ist er dann?“ – und Cut!).�
Foto: RTL / HainzlMit dem Verlust seiner Kameraden wird von Berlichingen (Baum) nachdenklich.
Henning Baum („Der letzte Bulle“) ist nicht zu beneiden in seiner Rolle, die in den 70er Jahren einmal Raimund Harmstorf („Der Seewolf“) in einer brav-biederen, Goethe-getreuen „G�tz“-Verfilmung spielte. Es sind vor allem die Dialoge, die einem diesen ansehnlich von Carlo Rola („Rosa Roth“) inszenierten Mummenschanz verleiden. Au�erdem fehlt es der UFA-Fiction-Produktion an eindrucksvollen Szenen, an pittoresken Totalen beispielsweise, in denen die Emotionen beim Zuschauer nachschwingen k�nnen, an Bildern, die man als Zuschauer mitnimmt (wie bei „Die Pilgerin“), aber auch an einem Subtext, der reizvoll ist (wie bei „Isenhart“) oder zumindest die Zielgruppe solidarisiert und einbindet (wie bei „Die Wanderhure“). Rola r�ckt ganz nah an seine Figuren, die Handlung bleibt im Kleinklein stecken. Die K�mpfe werden so zwar physisch und actionreich; in Gespr�chsszenen wirkt das aber in Verbindung mit den gestelzten Dialogen allzu h�ufig h�lzern. Allenfalls der wie so oft in sogenannten Event-Movies �berzogene Score konnotiert ein klein wenig „Weite“. Und so ist „G�tz von Berlichingen“ letztlich nur eine uninspirierte, oberfl�chliche Heldensaga, die selbst den Fans des Genres nicht wirklich zu empfehlen ist. (Text-Stand: 22.11.2014)
Trailer zum RTL-Ritter-Movie "G�tz von Berlichingen" mit Henning Baum.
1979 spielte "Seewolf"-Darsteller Raimund Harmstorff den G�tz in Liebeneiners "G�tz von Berlichingen mit der eisernen Hand". Hier gibt's den kompletten Film
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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