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Kopf des Tages Josef Fritzl

24 Jahre sperrte er seine Tochter ein – und zeugte sieben Kinder mit ihr

Inzest in Niederösterreich: Nicht nur vergewaltigte Josef Fritzl aus Amstetten sein eigenes Kind tausendfach. Als er 2008 aufflog, gab er sich erst zerknirscht, suchte aber nach Ausflüchten – bis Elisabeth im Gerichtssaal saß.
Defendant Josef F. (C) prior to the start of the fourth day of his trial for incest on 19 March 2009, at the provincial courthouse in St. Poelten. Josef F., the Austrian father on trial for imprisoning and raping his daughter Elisabeth for 24 years in the cellar of his home, pleaded guilty to murder 18 March 2009. An Austrian prosecutor is urging a jury to hand down a life sentence to Josef F., who imprisoned his daughter in a windowless cell for 24 years and fathered her seven children. Prosecutor Christiane Burkheiser called for the maximum punishment in her closing arguments in Josef F.'s trial in St. Poelten. COURT IMPOSED RESTRICTIONS APPLY: These photographs are being licensed free of charge for editorial use by media representatives covering the ongoing criminal trial. All other uses, including resale of the photographs, are strictly prohibited. The user takes sole responsibility for protecting the image and identity rights of those pictured, by pixellation or other means. EPA/HELMUT FOHRINGER / POOL NO SALES - EDITORIAL USE ONLY +++ dpa-Bildfunk +++ Defendant Josef F. (C) prior to the start of the fourth day of his trial for incest on 19 March 2009, at the provincial courthouse in St. Poelten. Josef F., the Austrian father on trial for imprisoning and raping his daughter Elisabeth for 24 years in the cellar of his home, pleaded guilty to murder 18 March 2009. An Austrian prosecutor is urging a jury to hand down a life sentence to Josef F., who imprisoned his daughter in a windowless cell for 24 years and fathered her seven children. Prosecutor Christiane Burkheiser called for the maximum punishment in her closing arguments in Josef F.'s trial in St. Poelten. COURT IMPOSED RESTRICTIONS APPLY: These photographs are being licensed free of charge for editorial use by media representatives covering the ongoing criminal trial. All other uses, including resale of the photographs, are strictly prohibited. The user takes sole responsibility for protecting the image and identity rights of those pictured, by pixellation or other means. EPA/HELMUT FOHRINGER / POOL NO SALES - EDITORIAL USE ONLY +++ dpa-Bildfunk +++
28. August 1984: Josef Fritzl, hier bei seinem Prozess 2009, sperrt seine eigene Tochter in ein Verlies
Quelle: picture-alliance/ dpa

So sieht wohl völliger Realitätsverlust aus: „Ich bin kein Monster“, beteuerte Josef Fritzl nach seiner Festnahme Ende April 2008. Zuvor hatte er sein eigenes Kind Elisabeth fast 24 Jahre lang, nämlich seit dem 28. August 1984, in einem engen Verlies im Keller seines Hauses in Amstetten (Niederösterreich) eingesperrt.

Und nicht nur das: Regelmäßig vergewaltigte er die Tochter – und schwängerte sie siebenmal. Drei der Kinder mussten mit der Mutter eingesperrt leben, drei „adoptierte“ Fritzl und nahm sie in seine oberirdisch lebende Familie auf. Das siebte Kind, ein Junge, starb 1996 kurz nach der (naturgemäß nicht medizinisch begleiteten) Geburt im Verlies. Kein Monster?

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Quelle: Infografik WELT/mku

Inzest ist aus guten Gründen in den meisten Gesellschaften der Menschheitsgeschichte ein Tabu, und besonders Geschlechtsverkehr zwischen Eltern (in der Regel Väter) und leiblichen Kindern, fast immer Töchter. Aber Fritzls Vergehen ging weit über vielfachen Verstoß gegen dieses Tabu hinaus: Er war nicht nur ein Vergewaltiger und Kerkermeister der eigenen Nachkommen, sondern auch ein Mörder.

Jedenfalls stuften die acht Geschworenen des Landesgerichts in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten den Tod des neugeborenen Jungen als Mord durch Unterlassen ein. Ferner sprachen sie ihn der Sklaverei schuldig. Der 73-jährige Fritzl bekam die Höchststrafe lebenslänglich als „zurechnungsfähiger“, gleichwohl „geistig abnormer Rechtsbrecher“; unwahrscheinlich, dass er jemals wieder freikommt.

Das Urteil war das Ende einer mindestens 41 Jahre langen kriminellen „Karriere“. Fritzl, geboren 1935 in Amstetten, war erstmals 1967 strafrechtlich auffällig geworden – und zwar gleich wegen Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung, wofür er auch bereits hinter Gittern saß. Zu dieser Zeit war Fritzl bereits seit drei Jahren verheiratet; seine älteste Tochter schon geboren.

Es war genau diese Elisabeth, die ihr eigener Vater am 28. August 1984 unter einem Vorwand in den Keller gelockt und in dem fensterlosen, muffigen und feuchten Verlies eingesperrt hatte. Am folgenden Tag meldete er das seinerzeit 18-jährige Mädchen als „vermisst“; Fritzl behauptete, sie sei „bei einer Sekte gelandet“. In Wirklichkeit vergewaltigte der Vater in den kommenden Jahren seine Tochter mehrere tausend Mal.

An aerial view of the house where a 42-year-old woman was held prisoner and abused by her father for 24 years in Amstetten, Austria, 28 April 2008. The 73-year-old man who was detained in Amstetten on 27 April admitted to holding his daughter captive and fathering seven children with her, police said on 28 April, 2008. Foto: Markus Loitfelder dpa +++(c) dpa - Report+++
Das Haus der Familie Fritzl in Amstetten. Das Verlies befand sind unter dem Neubau mit Dachgarten
Quelle: picture-alliance/ dpa

Zwei Kinder brachte Elisabeth 1988 und 1990 in dem sukzessive erweiterten Kerker zur Welt, ein Mädchen und einen Jungen. Drei Jahre später lag vor dem Haus der Fritzls ein etwa neun Monate altes Mädchen zusammen mit einem Begleitbrief. Darin „bat“ Elisabeth ihre Eltern angeblich um Hilfe, weil sie sich nicht um das Neugeborene kümmern könne. Denn sie habe schon zwei Kinder. Fritzl, zugleich Vater und Großvater der Kleinen, adoptierte sie. Das wiederholte sich im Dezember 1994; wieder ein Mädchen, diesmal zehn Monate alt.

Von der Geburt von Zwillingen, zwei Jungs, im Verlies im April 1996 bekam angeblich ebenfalls niemand im Haus etwas mit. Der eine Zwilling starb nach zwei Tagen, seine Leiche „entsorgte“ Fritzl im Ofen. Der andere wurde im August 1997 bei den Fritzls „gefunden“.

Mehr als zehn weitere Jahre musste Elisabeth mit zunächst ihren beiden ältesten Kindern, ab Ende 2002 mit einem weiteren Sohn ihres eigenen Vaters in dem zur kleinen Zweizimmerwohnung ausgebauten Verlies unterirdisch und ohne Tageslicht vegetieren. Diese drei Kinder bekamen bis 2008 nie Sonnenlicht zu sehen.

ARCHIV - Handout der österreichischen Polizei vom 28.04.2008 zeigt einen Raum in dem Keller im österreichischen Amstetten, in dem der 73-jährige Josef Fritzl seine Tochter gefangen hielt. 24 Jahre lang hielt er sie im Keller gefangen, missbrauchte sie und zeugte mit ihr sieben Kinder. Drei der Kinder mussten mit ihrer Mutter in Gefangenschaft leben, eins starb nach der Geburt, die anderen lebten bei Fritzl und seiner Frau. Am 16.03.2009, knapp ein Jahr nach der zufälligen Aufdeckung seiner Verbrechen, wird Fritzl vor ein Schwurgericht in St. Pölten gestellt. EPA/AUSTRIAN POLICE/HANDOUT (zu dpa Themepaket "Schwurgerichtsprozess gegen Josef Fritzl" vom 15.03.2009) +++ dpa-Bildfunk +++
Blick in die Kerker-"Wohnung", in der Fritzl seine Tochter und drei der Kinder gefangen hielt, die er mit ihr gezeugt hatte
Quelle: picture-alliance/ dpa
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Das Martyrium endete erst, als das älteste eingesperrte Kind, die 1988 geborene Kerstin, schwer erkrankte. Fritzl holte sie aus dem Verlies und legte sie vor seinem Haus ab; Kerstin kam ins Krankenhaus. Als daraufhin das Regionalfernsehen einen Aufruf verbreitete, die Mutter möge sich melden, konnte Elisabeth nach 24 Jahren im Keller ihren Vater überreden, sie und ihre anderen Kinder freizugeben.

Doch zunächst konnte Fritzl noch die Darstellung aufrechterhalten, seine Tochter sei verantwortlich. Erst als die Behörden ihr zusicherten, es werde keinen Kontakt mehr zu ihrem Peiniger geben, sagte sie aus. Österreich war schockiert von dem Verbrechen. Nur zwei Jahre zuvor hatte sich nach mehr als 3000 Tagen Natascha Kampusch aus der Gewalt ihres Entführers befreien können. Der Mann hatte daraufhin Selbstmord begangen, sodass es keinen Strafprozess gab.

Bei Josef Fritzl war das anders: Er wurde öffentlich vor Gericht gestellt, auch wenn natürlich die auf Video aufgezeichnete Aussage von Elisabeth den Geschworenen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgespielt wurde. An diesem Tag saß die inzwischen 42-jährige Frau auf der Besuchertribüne des Verhandlungssaals, in sicherer Entfernung von Fritzl, aber doch für ihn zu sehen. Daraufhin legte der bis dahin zwar schon geständige, aber nach Ausflüchten suchende Täter ein umfassendes Geständnis ab. Der Prozess konnte von den angesichts der eindeutigen Beweislage veranschlagten fünf auf vier Verhandlungstage verkürzt werden. Fritzl nahm das Urteil an und verzichtete auf Rechtsmittel.

Im Zusammenhang mit dem Fall Fritzl wurden ähnliche Taten bekannt: In den USA war eine Elfjährige 1991 entführt und 18 Jahre gefangen gehalten worden; sie brachte nach Vergewaltigungen zwei Kinder im Kerker zur Welt. In Brasilien versteckte ein Fischer seine Tochter zwölf Jahre lang in einer unzugänglichen Hütte und zeugte sieben Kinder mit ihr. In Italien war es sogar eine Mutter, die ihre Tochter 18 Jahre lang gefangen gehalten hatte; hier fiel gewöhnlicher sexueller Missbrauch wie bei Fritzl als Motiv natürlich aus.

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