„Die Kinder von Blankenese“ folgt einer Gruppe j�discher Waisenkinder, die aus dem Lager Bergen-Belsen kommend, in einer Villa an der Elbe im Fr�hjahr 1945 langsam wieder ins Leben zur�ckfinden. Die St�rke dieses Doku-Dramas liegt in der klaren, flie�enden und nicht auf Effekte setzenden Vernetzung der dominierenden Spielszenen mit den Interview-Passagen. Die gro�e Ausstrahlung der Zeitzeugen schl�gt wunderbar auf die Figuren durch. Raymond Ley illustriert Geschichte nicht, sondern er erz�hlt sie. Ein vorbildliches Doku-Drama.
Foto: NDR / von der MehdenEine der guten Seelen von Blankenese: Krankenschwester Rahel (Hannah Schr�der)
Raymond Ley schl�gt eine unbekannte Seite im Buch der Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Folgen auf. „Die Kinder von Blankenese“ folgt einer Gruppe j�discher Waisenkinder, die aus dem Lager Bergen-Belsen kommend, in einer Villa an der Elbe wieder ins Leben zur�ckfinden. Ihr Aufenthalt in der 1938 von den Nazis „arisierten“ Residenz der Familie Warburg ist nur vor�bergehend. Sie alle tr�umen von Pal�stina und werden von den Erziehern eingeschworen auf das Gelobte Land – doch die Gr�ndung des Staates Israel ist noch nicht vollzogen. So ist es ein Hoffen & Bangen zwischen n�chtlichen Alptr�umen und ersten K�ssen, zwischen �ffentlichen Anfeindungen durch die Deutschen und dem Hass der Kinder auf die Nation der Schl�chter, die ihre Eltern in die Gaskammern schickten.
Foto: NDR / von der Mehden"Es gibt ein Leben – auch nach dem Lager..." Harald Schrott und Alice Dwyer
„Die Kinder von Blankenese“ ist ein vorbildliches Doku-Drama. Es erz�hlt eine vermeintliche Fu�note der deutsch-j�dischen Geschichte, es erz�hlt sie so genau und erf�llt sie so sehr mit Leben, dass dieser Film eine gro�e Wahrhaftigkeit atmet und zugleich an einige politische Ungereimtheiten aus jenen Jahren erinnert: den tief sitzenden deutschen Antisemitismus, die rabiate Pal�stina-Politik der Engl�nder, das Unverst�ndnis, das den europ�ischen Juden in Israel entgegenschlug. Ley illustriert Geschichte nicht, sondern er erz�hlt sie. Sein Mikrokosmos strahlt aus in die Weltpolitik. Dabei behilflich sind ihm die noch Lebenden derer, die sich im Fr�hjahr 1945 in der Villa in Blankenese begegneten: die amerikanische Erzieherin Betty Adler, der Lehrer Ben Yehuda oder Reuma Schwarz, das M�dchen f�r alles. Dazu gesellen sich Kinder von damals. Interessante Menschen, gute Erz�hler, Pers�nlichkeiten.
Foto: NDR / von der MehdenLehrer Ben Yehuda (Harald Schrott) und die Kinder von Blankenese geben sich demonstrativ selbstbewusst, bevor sie Deutschland in Richtung Pal�stina verlassen.
Die St�rke dieses Doku-Dramas liegt in der klaren, flie�enden und nicht auf Effekte setzenden Vernetzung der dominierenden Spielszenen mit den Interview-Passagen. Die gro�e Ausstrahlung der Zeitzeugen schl�gt wunderbar auf die Figuren durch. Was ihnen an narrativer Geschichte mitgegeben wird, muss Doku-Drama-gem�� bruchst�ckhaft bleiben. Das Leben, in Gestalt der realen Personen, haucht den Figuren Geschichte ein. Auch die Schauspieler �berzeugen: da sind die „Kinder“ Rosa Lenz, Neel Fehler oder Willi Gerk, die ihre kleinen Rollen zu runden Charakteren ausbauen. Und da sind die Erwachsenen, Harald Schrott, markant wie gewohnt, Hannah Schr�der und Jennifer Ulrich als die guten Seelen der Villa und da ist Alice Dwyer, die sich einmal frei spielen kann von ihrem Vamp-Image – mit retardierenden Blicken, in denen sich Unsicherheit & amerikanischer Pragmatismus gleichsam spiegeln. „Die Kinder von Blankenese“ ist ein eindringlicher, sehr ber�hrender Film, der auf k�nstliche Emotionalisierung verzichtet und dessen Gef�hle allein den Situationen entspringen.
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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