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Chris Squire 2011 im Wiener Konzerthaus.

Foto: APA/Oczeret

Wien – Sein Bassspiel gehörte zu den großen Eigenwilligkeiten des Progressive Rock. Chris Squire schlug die Saiten seines Rickenbacker 4001 mit dem Plektrum an. Die hohen Frequenzen teilte er vom Klangspektrum ab und jagte sie gesondert durch einen Gitarrenverstärker.

Die 1970er-Jahre waren das golden Zeitalter für "Saurier" wie Yes. Im Schaffen der Londoner hielten sich Momente höchster Delikatesse mit konfusem Overacting die Waage. Songs wie Siberian Khatru (von dem Meisteralbum Close to the Edge 1972) fegten wie der Mongolensturm durch die Konzertsäle. Über allem Theaterdonner aber erhoben sich die Stimmen von Jon Anderson und Chris Squire und vereinigten sich zum Jubelgesang der Seraphim.

Squires wahres Verdienst liegt in der Emanzipation des Bassspiels. So bereicherte Squire die manchmal zwanzigminütigen Yes-Songs um komplexe Linien und melodisches Rankenwerk. Die Verdienste um sein Instrument gleichen allenfalls denjenigen von John Entwistle (The Who). Die irrwitzige Komplexität der Yes-Musik trieb unzählige Freunde des Rock 'n' Roll direkt in die Arme von Punk. Unvergesslich die Bilder, als Keyboarder Rick Wakeman den orgelnden Magier im Glitzermantel gab.

Yes ihrerseits kommerzialisierten ihre Musik ab 1979 und durchliefen zahlreiche Line-up-Wechsel. Es war zeitweise auch für wohlmeinende Zeitgenossen ein Rätsel, wann welches (Ex-)Yes-Mitglied in welchem Bandableger gerade den Ton angab. Squires Einfluss auf die Yes-Ästhetik blieb quer durch alle Fraktionen ungebrochen. Jetzt ist Chris Squire 67-jährig in Phoenix, Arizona, einem Leukämieleiden erlegen. (Ronald Pohl, 30.6.2015)