Inception - Ein Guide durch unsere Träume?
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Inception - Ein Guide durch unsere Träume?

04.12.2015 - 23:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Inception fesselt viele Zuschauer und das auch lange über den Film hinaus. Fällt der Kreisel um oder nicht - Wohl eine der häufigsten Fragen. Manche mögen ihn, manche lieben ihn, den anderen ist er zu hektisch. Jeder hat seine Meinung dazu. Trotz allem gehört Christopher Nolans Meisterwerk, auch wenn man den Film nach dem anschauen für sich abschließt, wohl zu den Filmen, die man gesehen haben sollte. Für alle, die sich immer noch den Kopf darüber zerbrechen, in welcher Traumebene man nun steckt, hier mein Versuch, euch näher in Christopher Nolans Gedankenwelt eintauchen zu lassen.

Natürlich gleich vorab: Da ich mich schon länger mich mit diesem Film beschäftige und er zu einem meiner Lieblingsfilme gehört, ist natürlich eine rein objektive Betrachtung meinerseits nicht ganz möglich.

Da aber auch dies mein erster Artikel ist, habt bitte Nachsicht mit mir - ich versuche etwaige Fehler möglichst gering zu halten.

Dies soll keine pure Kritik oder Interpretation sein, sondern eher gesammelte Gedanken zu Christopher Nolans Meisterwerk Inception.

Im folgenden werden verschiedene Theorien und Interpretationen zu Einzelaspekten und dem Gesamtwerk des im Jahre 2010 erschienenen USamerikanischen Science-Fiction-Heist- Film Inception behandelt.

Eine Inhaltsangabe braucht ja keiner... Aber im voraus wird ein grober Überriss der Hauptthemen (1.) von Nolans Meisterwerk gegeben; selbst wenn man sich dafür interessiert - alle Filmdaten bleiben einfach nicht in unserer Rübe drin. Wenn du den Film gerade erst gesehen hast kannst du natürlich scrollen von hier an...

1.1). Träume und Realität

Bei Nolan unterscheidet sich die Realität objektiv in mehreren Aspekten von den Träumen. Zwar kommt dem Träumer, unabhängig des Architekten oder der Fülle an Details der Traum während er träumt real vor, aber man erkennt an mehreren Punkten die Träume.

Beim "Dream-Sharing", wessen Funktionsweise nicht näher erläutert wird, gibt es stets einen gleichbleibenden Aufbau: Es gibt den Architekten, der mit seinem Verstand den Traum und alle darin befindlichen Dinge erschafft und den Traum mit Details anreichert. Und es gibt den Träumer, der diese Dinge wahrnimmt und mit seinem Unterbewusstsein den Traum "bevölkert".

Dabei projiziert der Träumer Personen in seinen Traum hinein. Der Architekt hat keinen Einfluss auf die Projektionen des Träumers, da diese allein durch dessen Unterbewusstsein kontrolliert werden. Diese zwei Hauptakteure müssen zwangsläufig vorhanden sein, die Anzahl der weiteren Teilnehmer ist irrelevant, sie steuern der Traumwelt nichts außer ihrer Präsenz bei. Bei dem Projekt von Fishers Inception bilden diese Paare

(Architekt = A, Träumer =T):

In der

1. Traumebene Yussuv (A) - Fisher (T)

2. Traumebene Arthur (A) - Fisher (T)

3. Traumebene Iams (A) - Fisher (T).

Dabei sind alle Traumkonstrukte im vornherein von Ariadne vorbereitet worden. Das Unterbewusstsein bemerkt stets die Präsenz des Architekten und greift diesen früher oder später an - dies kann durch die Komplexität des Traumes verzögert werden. Je komplizierter das Labyrinth, desto später erfolgt der Angriff.

Zudem kann das Unterbewusstsein geschult werden, sodass alle "Fremdkörper" (Cobb vergleicht das Unterbewusstsein des Träumers mit weißen Blutkörperchen) besonders schnell und effizient bekämpft werden, wie das bei Fisher während der Inception der Fall ist.

Das heißt, man bemerkt stets, dass man sich in einer Traumwelt befindet, ohne selber der Träumer zu sein dadurch, dass man verfolgt und/oder (durch die Projektionen des Träumers) angegriffen wird.

Des weiteren ist ein weiteres Hilfsmittel ein Totem (s. Leitmotive). Die Schlussfolgerung aus dem Konzept des "Dream-Sharings" ist, dass man weder verfolgt wird, noch einem sein Totem etwas nutzt, wenn man sich in seinem eigenen Traum befindet (Sowohl Träumer als auch Architekt ist), da man selbst alles unbewusst erschafft und auch keine "Fremdkörper" in der Traumwelt sind! (Ausnahme: Cobbs Kreisel (s.Leitmotive)) Das macht die Unterscheidung zwischen Realität und Traum in diesen Fällen besonders schwer, da einem während des Traums alles real vorkommt. Was zum Konzept Traum noch besonders wichtig ist, ist:

1. dass man aufwacht, wenn man im Traum stirbt oder einen "Kick" (plötzliches Fallgefühl) erlebt und

2. je nach Sedierung die Zeit im Traum schneller verläuft.


1.2) Der Limbus

Der Limbus wird als "Rohes Unterbewusstsein" und als "Unentworfenes Traumkonstrukt" beschrieben. Stirbt man in einem Traum, ist aber zu stark betäubt um aufwachen zu können,

oder ein Traum zu instabil wird, "fällt" man in den Limbus.

Der Limbus unterscheidet sich in mehreren Aspekten von einer normalen Traumebene: Die Zeit verläuft zusätzlich in Relation zur Realität langsamer.

Als Cobb mit seiner Frau Mal das erste mal in den Limbus fällt, werden aus ein paar Minuten/Stunden ca. 50 Jahre. - Jeder ist Architekt und Träumer - Jeder kann die Realität des Limbus verändern. Mal und Cobb erschaffen zusammen eine ganze Stadt, später erbaut parallel Saito ein für ihn heimatliches Domizil und bevölkert es mit seinem Unterbewusstsein. Das Unterbewusstsein bemerkt nicht, wie Cobb es ausdrückt, die Fremdheit des Träumers.

Das Unterbewusstsein eines Jeden verhält sich friedlich zueinander. Das Realitätsbewusstsein kommt zusätzlich durcheinander - Saito ist sich nicht bewusst, dass der Limbus irreal ist, hatte aber vorher stets den Durchblick über die Traumebenen behalten.

- Keine weitere Traumebene ist im Limbus möglich.

- Alles, was jemals im Limbus erschafft wird, bleibt im Unterbewusstsein des Erschaffers erhalten - im Gegensatz zu Traumebenen. Auch wenn Cobb bei einem anderen Dreamsharing seine Welt des Limbus erschaffen hat, ist alles während Fishers Inception noch vorhanden. Die Beschaffenheit des Limbus' erschwert extrem die Unterscheidung zwischen Traum und Wirklichkeit.

1.3) Eine Idee

"Was ist der hinterhältigste Parasit?" - So beginnt Nolans Meisterwerk und ist gleichzeitig leitende Frage. Nolan stellt hier in Vordergrund, wie ein Gedanke oder eine Idee den Verstand eines Menschen prägen, beeinflussen, aber auch kontrollieren kann. Er hebt damit die Macht der Gedanken hervor.

1.4) Leitmotive

Mals Kreisel

Totems sind individuelle Gegenstände, deren genaue Beschaffenheit jeweils nur der Besitzer kennt. Durch einen Totem kann man erkennen, ob man im Traum eines anderen steckt.

Wenn der Totem nicht seine typischen Merkmale aufweist, bedeutet das, dass man in einem Traum eines anderen steckt, da in diesem Traum nicht der eigene Verstand das Traumobjekt erschaffen hat.

Mals Kreisel, den nach Mals Tod Cobb besitzt, nimmt eine besondere Stellung hierbei ein. Er hat keine besondere Beschaffenheit, was a-typisch für ein Totem ist (Die Idee des Totems stammt von Mal !!).

Dadurch kann man nicht feststellen, ob ein anderer den Traum erschafft, in dem man sich gerade befindet. Der Kreisel besitzt die Eigenschaft, sich immer weiter zu drehen, wenn man sich im Traum befindet. Cobb dreht mehrfach im Film den Kreisel, um sicher zu gehen, ob er sich in einem Traum oder der Realität befindet. Das offenliegende Ende - ob der Kreisel nun umfällt oder nicht - ist die Grundlage vieler Spekulationen.

Doms Totem - War da was?

"Cobb benutzt doch den Kreisel, das ist doch sein Totem!", sagst du jetzt vielleicht - und hättest damit Recht. Oder doch nicht?

DiCabrios Figur benutzt zwar den Kreisel, dem aufmerksamen Zuschauer mag nun aber auffallen, dass dies nicht Cobbs echter Totem ist, da er (wie oben genannt) nur Mals alter Totem ist. Cobbs Totem ist sein Ehering.

Je nachdem, ob er träumt oder nicht, trägt er ihn noch ("in meinen Träumen sind wir noch zusammen"). Wer Lust hat darf jetzt natürlich nochmal nachschauen, ob er ihn am Ende trägt - lies aber ruhig noch zu Ende.

Weitere Leitmotive sind u.a. die Zahl 528491 (Die ersten sechs Zahlen, die Fisher einfallen. Diese Zahlenkombination kommt immer wieder vor, z.b. als Hotelzimmernummern, als Safe-Code oder Handynummer),

aber auch Sätze und Fragen wie "Was ist der hinterhältigste Parasit?[...]" oder

"Du wartest auf einen Zug [...], weil ihr zusammen sein werdet.",

sowie das Musikstück "Non, je regrette rien" von Edith Piaf.


...bis hier. Denn vielleicht ist dir das hier noch neu:


1.5) Kleine Aspekte und versteckte Hinweise.

- Der Name Yussuf (der Chemiker) ist eine arabische Version von Joseph, dessen biblische Figur laut dem 1. Buch Mose die Gabe hatte, Träume zu deuten.

- In der griechischen Mythologie ist Ariadne die Tochter von König Minos von Kreta und der Königin Pasiphae. Sie half Theseus, dem Labyrinth des Minotaurus zu entkommen. Die finale Version eines kreisrunden Labyrinths, das Ariadne im Film zeichnet, gleicht zudem dem Labyrinth der Sage. Laut Regisseur Nolan ist der Bezug zur Sage beabsichtigt.

- In der französischen Sprache bedeutet Mal, der Name von Cobbs Ehefrau, zudem „Das Böse“.


Ab hier verlassen wir den Boden der Tatsachen und stürzen uns in verschieden Theorien. Aber sei gewarnt: Vielleicht tut dir der Kopf danach weh. Wenn du nur wissen möchtest, ob der verdammte Kreisel umstürzt, scroll einfach runter ;)

2. Theorien

Nun folgen anhand dieser Grundlagen und im Hinblick auf den Film verständliche Interpretationen und Theorien.

2.1 Irrt sich Mal?

2.2 Was passiert in Mombassa?

2.3 Bewusste oder unbewusste Inception bei Cobb?

2.4 Die Eigenschaft des Kreisels und dessen Relevanz.

3.0 Fazit: Ist die Realität relevant? Was sagt Inception uns?


2.1) Irrt sich Mal?

Viele Autoren, wie William Irwin oder David Kyle Johnson führen eine gewisse These aus; nachdem das Erwachen von Mal und Cobb, nach ihrem jahrzehntelangen Aufenthalt im Limbus und ihrer Selbsttötung nicht in der Realität, sondern in einer Traumsequenz stattfindet.

Die Autoren untermauern dies durch mehrere Argumente. Zum einen würde dies erklären, warum Cobb nicht mehr ohne Sedierung Träumen kann. Auch die merkwürdigen Ereignisse in Mombasa würden dadurch erklärt, u.a. fälsche dort Iams in sekundenschnelle Jetons, in der surrealen Umgebung tauchen plötzlich Verfolger auf und ein Cafébesitzer macht lautstark auf Cobb aufmerksam. Eine Luftaufnahme lässt die Ähnlichkeit der Stadt zu einem Labyrinth erkennen.

Cobb zweifelt selber, nicht nur Mal, an der Realität seit ihrem Aufwachen. Sein Unterbewusstsein macht ihn immer wieder darauf aufmerksam ("keine wehementen Zweifel? [...] Du redest dir nur ein was du weißt! Aber woran glaubst du?")

Cobbs Unsicherheit und seine Fantasien von Mal und seinen Kindern wären durch diese Theorie zweifelsfrei geklärt. Mals Vermutung bzw. felsenfester Überzeugung, dass Dom und sie noch schlafen wäre somit richtig. Außerdem wird die Theorie durch die Tatsache gestützt, dass nur ein Erwachen nach ihrem Limbus gezeigt wird. Wie man aber am Ende am Beispiel von Ariadne und Fisher erkennt, wacht man nach dem Limbus wieder in der nächsten Traumsequenz auf und nicht direkt in der Realität.

Wäre dies der Fall, wäre die Inception bei Fisher nicht geglückt.

Da der Limbus das Realitätsbewusstsein stark beeinflusst, wäre es möglich, dass Dom und Mal nach den 50 Jahren vergessen haben, dass sie sich noch im Traum befinden. Nach dieser Theorie dürfte der Kreisel am Ende des Films nicht umfallen, erklärt aber noch nicht, warum selbiger in einer Szene am Anfang umfällt, in der Dom in einem Hotelzimmer sitzt und kurz zuvor mit seinen Kindern James und Philippa telefoniert hat ( s. 2.4 Die Eigenschaft des Kreisels und dessen Relevanz). Des weiteren würde Mal nach ihrem Aufwachen (also ihrem Selbstmord) wohl auch versuchen ihren Mann aufzuwecken. Dies ist nicht der Fall, trotz der Zeitdehnung im Traum dürfte dies bereits passiert sein, da bereits seit Mals "Tod" Jahre vergangen sind und selbst durch Yussufs stärkste Sedierung die Zeit nur zwanzig mal so schnell verläuft (Nun kommt es auf den Traumlevel an, auf dem Cobb sich befinden würde. Dieser kann nicht allzu hoch sein, da er zusätzlich 3 Level während der Inception aufbaut, ohne dass dies instabil wird. Vermutlich max. 2.Traumlevel, bei einem Traumlevel wäre seit Mals Tod (bei einem Jahr Traumzeit) bereits ca. 20 Tage Realzeit vergangen, bei zwei Traumlevel schon 24 Stunden, in denen Mal nicht versucht hat Dom aufzuwecken. Sogar bei drei (unmöglichen) Traumlevel hätte Mal schon über eine Stunde Zeit gehabt.

Glaubst du nicht? Mach kein Sinn? Viel Spaß beim Nachrechen, einfache Mathematik ;)


2.2. Was passiert in Mombassa? Theorie Nummer 2

Die Zweite Theorie, nach der der Kreisel am Ende sich weiterdreht, setzt an einer anderen Stelle des Films an.

Sie nimmt die Argumente, dass der Kreisel am Anfang des Filmes noch umfällt und das Mal versucht hätte Dom aufzuwecken auf und geht davon aus, dass zunächst bis Mombasa die Ereignisse in der Realität stattfinden.

Als Dom Cobb mit Saito und Iams in Mombassa Yussuf in das Team eingliedern, will Cobb Yussufs Sedierung an sich testen. Nach der Betrachtung der Leute in Yussufs Keller, die sich regelmäßig zum Dream-Sharing treffen und der düsteren Aussage "Sie kommen um geweckt zu werden. Ihr Traum ist zu ihrer Realität geworden. Wie kämen sie dazu etwas anderes zu behaupten?", die bei der Interpretation wegweisend ist, legt sich Cobb hin und wird sediert.

Die Theorie geht davon aus, dass alle Ereignisse ab hier nur im Traum stattfinden. Diese Vermutung manifestiert sich kurz darauf: Cobb "erwacht", ob im Traum oder wieder in der Realität in Mombassa ist hier die Frage, und ist merkbar unsicher.

Er ist ganz schwach und unsicher und kommt nicht zurecht. Das könnte auf eine ungewohnte Traumrealität hindeuten. Dom zweifelt an seinem Realitätsbewusstsein und versucht im Bad einen freien Kopf zu kriegen, in dem er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzt. Er will den Kreisel zur Sicherheit drehen, dieser fällt jedoch herunter und Cobb wird unterbrochen. Nach diesem Versuch dreht Cobb den Kreisel erst wieder am Ende des Films! Cobbs verstärkte Unsicherheit und seine Halluzinationen, die ab hier einsetzten, sind ein starkes Indiz dafür, dass er ab Mombassa im Schlaf liegt und nur alles träumt. Auch dass ab diesem Zeitpunkt der Kreisel nicht mehr umfallend gezeigt wird, zudem dass er herunterfällt ist ein starker Hinweis für den Zuschauer.

Gegen diese Theorie spricht, dass Cobbs Team lange danach noch mit der Vorbereitung auf das Projekt beschäftigt ist und dass Cobbs Traumzeit in Mombasa nicht für diesen Zeitraum reicht. Yussufs Sedierung reicht für eine 20fache Beschleunigung der wahrgenommenen Zeit. Es ist unwahrscheinlich, dass Saito, Iams und Yussuf Cobb so lange schlafen lassen. (siehe 3.: Bewusste oder unbewusste Inception bei Cobb).


3. Bewusste oder unbewusste Inception bei Cobb?

Wir kommen immer weiter, immer näher zu unserem Kern der Ereignisse. Dieser Punkt ist zweifellos einer der wichtigsten.

Dieser wesentliche Kernpunkt von Nolans „Inception“ liegt hierbei direkt im Titel.

Wie immer wieder betont wird, geht es um die Macht der Gedanken und das Spiel mit der Realität. Die Inception bei Fisher ist zwar durchaus spannend zu verfolgen, aber für den aufmerksamen Betrachter wird dieses Hauptthema an ganz anderer Stelle verfolgt.

Dabei erscheint ein Konkurrenzkampf zwischen zwei „Stromlieferanten“ Saito und Fisher fast wie ein kleine Ergänzung, um wie bei einem Zaubertrick von der eigentlichen Bedeutung und Handlung abzulenken.

Dass Nolan sich mit dem Prinzip des Zaubertricks und der Ablenkung bestens auskennt, sollte nach „Prestige - Die Meister der Magie“ jedem klar sein. Man kann daraus gewisse Parallelen erkennen: Auch in Prestige wird von Angiers Persönlichkeitswandlung abgelenkt, damit das Prestigio perfekt gelingt.

Eben diese Ablenkung des Zuschauers schlägt eben wieder bei „Inception“ zu!

Aber von was genau wird abgelenkt? Wer genau aufgepasst hat, wird bemerkt haben, dass während der Handlung nicht nur zwei, sondern drei Inceptions ablaufen. Dabei lenken Mals und Fishers Inceptions so gut von der dritten ab, dass metaphorisch der Elefant in der Menschenmenge einfach verschwindet. Die dritte und eigentliche Inception erfolgt bei Cobb. Während das Team immer weiter in Fishers Unterbewusstsein vordringt, geschieht das auch bei Cobb - ein Zug, der durch die Innenstadt fegt, Halluzinationen von Cobbs Kindern und schlussendlich Mal selber sind Zeuge davon.

Dabei ist merkwürdig, dass dies nur bei Cobb geschieht. Jeder hat gewisse Geheimnisse, die einen belasten, aber von den anderen sieht man selbst in der dritten Traumebene nichts. Das dürfte einen aufhorchen lassen.

Schlussendlich kommt es im Limbus erfolgreich zur Inception bei Cobb. Er lässt seine Erinnerung an Mal los und möchte zu seinen Kindern zurückkehren. „Ich will sie oben wiedersehen, Mal.“ zeigt dem Zuschauer eindeutig, dass Cobb zunächst zur Realität strebt und sich nichts mehr von seinem Unterbewusstsein vorgaukeln lassen möchte.

Vor dieser Inception ließ sich Cobb immer wieder sedieren, um zumindest im Traum bei Frau und Kindern sein zu können. Cobb nimmt daraufhin die „Realität“, in der Mal nicht vorhanden ist, als real an, unabhängig dessen, ob diese ein Traum ist, oder nicht. Autoren wie Thorsten Botz-Bornstein oder David Kyle Johnson und William Irwin assoziieren die Unkenntnis über die Frage, ob Cobb träumt oder sich in der Realität befindet, mit Platons Höhlengleichnis.

Ein Träumender sei sich für gewöhnlich nicht bewusst, dass sich dieser in einem Traumzustand befindet. Das ganze Leben könnte demzufolge nur ein Traum sein, ohne dass die betreffende Person es weiß. Der Zuschauer erahnt demnach nur, wie nah Cobb der Realität ist; es ist jedoch nicht sicher, ob es noch eine Ebene gibt, die der Realität näher ist.

Trotzdem handele jede Figur, die vor einer Wahl steht, nach klassischen Argumenten: Ariadne entscheidet sich für das Leben außerhalb des Traumes, Cobb entscheidet sich gleichermaßen für sein „altes Leben“, und Mal glaubt an ein Leben mit Cobb außerhalb der Realität.

Ob die Entscheidung bedeutet, nicht mehr in der Realität zu agieren, ist irrelevant. Wie im Höhlengleichnis entscheiden sich die Gefangenen für eine andere Realität als der Flüchtling. Auch wenn dies nicht die Realität ist, fühlt sie sich für die Protagonisten als ebensolche an. Sie sei demzufolge nicht eine Frage der Wahrnehmung, sondern eine Frage, woran geglaubt wird. Und genau hierfür kommt die Inception ins Spiel: Cobb will in einer Realität leben, in der er zu seinen Kindern zurückkehren kann.

Dass ihm nicht mehr wichtig ist, ob dies der Wirklichkeit entspricht, wird am Ende des Films deutlich (weiterführung S. 3. Fazit) Nun stellt sich die Frage, ob Cobbs Inception geplant war oder nur zufällig neben Fishers erfolgte. Die Theorien, dass Cobb am Ende noch träumt sprechen eindeutig für Ersteres:

Das Argument, dass ja sicher jemand in Mombassa (Punkt übersprungen? Scroll einfach nochmal hoch) versucht hätte Cobb aufzuwecken wird hier nichtig.

Das Ziel, dass Cobb seine „Realität“ annimmt und zu seinen Kindern eilt, wurde eben durch jene Inception erfolgreich gelöst. Jemand will, dass er weiterschläft und seinen Traum als real annimmt. Auch dass bei jedem Traum weiter in seine Psyche vorgedrungen wird wäre ein Hinweis darauf.

So etwas passiert nicht zufällig; nur bei Cobb erscheint dieser Effekt. Eventuell wurde der gleiche Trick von „Mr. Charles“ , den er bei Fisher anwendet bei ihm umgesetzt: Statt in Fishers Unterbewusstsein einzudringen (der ja selbst glaubt, man erforsche Brownings Unterbewusstsein) erfolgt dies bei Cobb. Wie weit Ariadne Cobb zu dieser Inception bringt, ist bemerkenswert. Sie bringt ihn auf jedem Level mehr dazu, über Mal und die Realität nachzudenken und es ist ihr zu verdanken, dass Cobb am Ende im Limbus landet. Theoretisch hätte auch das geplant sein können. Am Ende vergewissert sie sich davon, dass die Inception bei Cobb erfolgreich war, bevor sie mit Fisher zurückkehrt. (Hilft Ariadne Cobb aus dem Labyrinth seiner Gedanken, wie in der Mythologie Theseus?)

Wie weit Cobbs Inception von Bedeutung ist, wird dem Zuschauer am Filmende direkt vor die Nase gesetzt. (Weiterführung: 2.4 Die Eigenschaft des Kreisels und dessen Relevanz und 3. Fazit)


2.4 Die Eigenschaft des Kreisels und dessen Relevanz

Die wichtigste Frage bei Mals Kreisel, die sich einem stellen muss, lautet: Woher weiß der Kreisel, ob es ein Traum ist oder nicht?

Der Kreisel hilft auf jeden Fall nicht herauszufinden, ob man in einem Traum eines anderen ist, da er kein individuelles Merkmal aufweist, sondern lediglich aussagt, ob geträumt wird oder nicht. Dabei stellt sich die Frage: Wodurch wird der Kreisel gesteuert?

Im Traum zweifelsohne, werden alle Gegenstände durch den Architekten erschaffen und gesteuert; unabhängig davon wer das ist, denn jeder um Cobb weiß, dass der Kreisel in einem Traum nicht umfallen darf.

Also gibt es zwei Fälle, die beide Möglich sind:

a) Der Kreisel wird doch durch das Unterbewusstsein des Benutzers gesteuert.

b) Er wird durch den Architekten gesteuert - ob bewusst oder unbewusst, oder ob Benutzer und Architekt dieselbe Person ist ist dabei irrelevant.

Zu b): Wenn der Architekt die Macht über den Kreisel besitzt und dies nicht Cobb ist, gewinnt man Macht über Cobb. Wenn man den Kreisel im Traum so erschafft, dass er umfällt, wird Cobb nicht zweifeln, in der Realität zu sein, auch wenn das nicht der Fall ist.

Zu a): Es stellt sich die Frage, woher das Unterbewusstsein weiß, was real ist und was nicht. Bei Cobbs Inception im Limbus wird Cobbs Verstand (und Unterbewusstsein!) davon überzeugt, welche Ebene die Wirklichkeit darstellt. Wenn Cobb also bewusst oder unbewusst überzeugt ist, in der Realität zu sein, wird der Kreisel immer umfallen.

Daraus ergibt sich, dass dem Kreisel so oder so nicht zu glauben ist - man kann sich nur ganz sicher sein in einem Traum zu sein, wenn er sich weiterdreht. Der Kreisel ist nur ein weiteres Instrument um Cobb - und den Zuschauer - zu verwirren.


3. Fazit: Ist die Realität relevant?

Für Cobb ist sie es jedenfalls nicht. Aber was sagt uns die Inception? Nolans hauptsächliche Absicht ist es nicht, dass der Zuschauer daran zweifelt, ob der Kreisel umfällt oder nicht. Auch hier lenkt Nolan allerdings wieder perfekt damit ab. Das wesentliche ist, dass Cobb zwar Zweifel hat und deswegen den Kreisel dreht, aber ihn dann nicht mehr beachtet. Er nimmt diese Realität als seine an und eilt zu seinen Kindern. Es ist ihm nicht mehr wichtig. Diese Inception bei Cobb, die ihn eine (womöglich falsche) Realität annehmen lässt, in der er glücklich ist, ist der wahre Titelgeber und die eigentliche Aussage sowohl der Inception als auch von „Inception“: Glücklich zu werden unabhängig der Randbedingungen. Ob der Kreisel sich nun wirklich weiterdreht oder nicht ist dabei völlig unwichtig.

Anmerkung: Leider ist der letzte Punkt keine Spekulation mehr meinerseits. Wie in einem Interview mit Chris Nolan (moviepilot berichtete) geht es zudem darum, dass Cobb seine Träume als Teil seiner Realität akzeptiert - so wie wir alle(?)

Puh, das reicht dann auch mal wieder zu Inception - hoffentlich war's nicht zu viel und du hattest Spaß beim lesen!

Kennst du noch eine andere Interpretation zu Inception, hast eine Kritik oder einen Kommetar? Oder wünscht du dir das gleiche zu einem anderen Film? (vielleicht nur nicht ganz so umfangreich?)

Schreib's einfach unten in die Kommentare!


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