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kma Entscheider BlogWird Karl Lauterbach bald neuer Präsident der BZgA?

Mit seinem Spitzenergebnis bei den Erststimmen ist Prof. Karl Lauterbach der Wiedereinzug in den Bundestag gelungen. Wohin führt seine politische Karriere, wenn es mit dem Gesundheitsministerium wieder nichts wird? Ein Weg könnte ihn zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) führen.

Philipp Köbe

Philipp Köbe ist freiberuflicher Dozent und Unternehmensberater im Gesundheitswesen.

Prof. Karl Lauterbach ist sicherlich eine der kontroversesten Personen, die im Laufe der Corona-Pandemie die eigene Bekanntheit enorm gesteigert hat. Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Zweifelsohne hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass die Bevölkerung informiert und die aktuelle Lage und Entwicklung für sie eingeordnet wurde.

Mit der Erläuterung von Studien konnte er seine Expertise unter Beweis stellen, sodass sich viele Menschen mit seinen Informationen gut aufgehoben fühlen. Seine Omnipräsenz in den Medien hat ihn für die einen zur Nervensäge der Nation, für die anderen zum Cororna-Helden gemacht. Egal zu welcher der beiden Gruppen man gehört, sollte die mediale Bekanntheit und das damit verbundene Vertrauen vieler Menschen für eine kommende Aufgabe zielführend genutzt werden.

Im Dienste der öffentlichen Gesundheit

Beschäftigt man sich intensiver mit Lauterbachs Lebenslauf, erfährt man viel über die idealistischen Ideen, die ihn in seiner medizinischen Laufbahn geprägt haben. So entschloss er sich während seines Aufenthalts in den USA gegen eine Karriere als Herzchirurg, zugunsten eines präventiven Ansatzes zur Vermeidung jener Herzerkrankungen, die infolge schlechten Gesundheitsverhaltens entstehen.

Mit dem Fokus auf die öffentliche Gesundheit und die Bandbreite an Maßnahmen zur Krankheitsvermeidung hatte er sein zukünftiges Themengebiet entdeckt. Es brachte ihm einen neuen Lehrstuhl für Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Uniklinik Köln ein. Folglich ist die warnende und risikoaverse Rolle des Gesundheitsexperten Lauterbach während der Corona-Pandemie die logische Konsequenz seines Dienstes für die Volksgesundheit. In dieser Rolle ist er bestens qualifiziert als neuer Präsident der BZgA anzutreten. Die Direktorenstelle ist derzeit vakant (Stand 18.10.2021 wird sie kommissarisch von Prof. Martin Dietrich besetzt). Der Leitungsposten könnte sicherlich problemlos vom Direktor zum Präsidenten umgetitelt werden.

Große Aufgaben erfordern starke Persönlichkeiten

Auf den ersten Blick dürfte der Posten für den deutschlandweit bekannten und populären Lauterbach eher langweilig und uninteressant wirken. Tatsächlich ist die Behörde in einem eher schlechten Zustand. Die geringe Digitalkompetenz und langatmige, ineffektive Prozesse machen die BZgA träge und wenig schlagkräftig. Genau darin könnte aber auch der Reiz liegen, eine grundlegende Umstrukturierung vorzunehmen und die gesundheitliche Aufklärung von staatlicher Seite auf ein zeitgemäßes Niveau zu heben. Zumal es thematisch genau in das Fachgebiet Lauterbachs fiele.

Wie viele Menschen könnten über moderne digitale Aufklärungskampagnen erreicht werden oder wie viele Krankheiten verhindert werden? In diesem Job könnte er seine Berufung als Advokat der Volksgesundheit am besten ausüben. Seine Popularität würde zu einer Aufwertung der drögen Behörde führen. In den Koalitionsverhandlungen könnte sicherlich auch die eine oder andere Budgeterhöhung zugunsten besserer Aufklärung und Prävention beschlossen werden, sodass Lauterbach die Behörde zu einer schlagkräftigen Instanz aufrüsten kann.

Mit dem Gesundheitsministerium wird es nichts mehr

Die politische Bilanz von Lauterbach ist eher ernüchternd. Nachdem er Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bei den Gesundheitsreformen der Schröder-Regierung maßgeblich beraten hatte, verlief seine Karriere als Abgeordneter im Bundestag (seit 2005) unbefriedigend. In drei großen Koalitionen hat die SPD ihm kein wichtiges Amt übertragen. Nicht einmal parlamentarischer Staatssekretär wurde der Harvard-Absolvent. Auch dieses Mal wird die SPD ihn nicht im Gesundheitsministerium platzieren.

Neben dem Kanzleramt wird die SPD voraussichtlich sechs weitere Ministerien bekommen. Davon werden dann drei mit Ministern (drei weitere mit Ministerinnen) besetzt werden. Bei der Knappheit zu vergebender Ministerjobs wird die SPD den Außenseiter Lauterbach, der nicht einmal einen aussichtsreichen Listenplatz bei der Bundestagswahl erhalten hat, nicht in Betracht ziehen. Und das ist auch gut so!

Denn bei der BZgA ist er viel besser aufgehoben und hat viel mehr Möglichkeiten seine Kompetenzen und seine mediale Reichweite vollständig zur Geltung zu bringen. Sollte Prof. Karl Lauterbach wirklich dem Ethos folgen, sich ganz in den Dienst einer gesunden Bevölkerung zu stellen, dann sollte er sogar um diesen Job kämpfen!

Endlich mehr Gerechtigkeit bei den Bedürftigen

In seinen Büchern „Der Zweiklassenstaat“ (2007) und „Gesund im kranken System“ (2009) beschreibt Lauterbach ausführlich seine Vision von einem gerechteren Gesundheitssystem. Der von ihm angestrebten Bürgerversicherung haben die Sondierungspartner einer möglichen kommenden Ampel-Regierung eine Absage erteilt.

Auch viele andere Themen konnte er in zwölf Jahren Regierungsbeteiligung nicht umsetzen. Besonders die Besserstellung benachteiligter Bevölkerungsgruppen, durch bessere Ernährung, bessere Aufklärungsangebote oder mehr Prävention, sind bislang nicht zielführend umgesetzt worden. Mehr Gerechtigkeit bei der Erreichung gesunder Lebensjahre, gerade in Arbeitermilieus der SPD, bei Menschen mit Migrationshintergrund oder bei Kindern und Jugendlichen in prekären Familiensituation, könnte Lauterbach zukünftig erreichen.

Als Präsident der BZgA säße er an den Stellschrauben, die Situation dieser Menschen tatsächlich zu verbessern und wirklich etwas zu bewegen, anstatt in Berlin in der politischen Bedeutungslosigkeit auszuharren.

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