Ku'damm 63: Kritik der 3. Staffel der ZDF-Serie
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Ku'damm 63: Kritik der 3. Staffel der ZDF-Serie

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Ku'damm 63 ZDF/Michael Schreitel/Boris Laewen/Thorsten Wiemer
Ku'damm 63 ZDF/Michael Schreitel/Boris Laewen/Thorsten Wiemer © u'damm 63 (c) ZDF/Michael Schreitel/Boris Laewen/Thorsten Wiemer

Wir gehen mit den Schöllacks nun in das Jahr 1963. Dort erwarten uns überraschende Abschiede, große Dramatik und eine Caterina in Bestform. Auf dem Ku'damm wird nun weniger rebelliert, weniger getanzt, weniger gerockt, stattdessen umso mehr gelitten und gestritten.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Auch im Jahr 1963 wird es am Ku'damm wieder dramatisch. In der Tanzschule Galant wird weiter um die Emanzipation gekämpft, doch immer mehr Kämpfe finden außerhalb statt, in den Eheschlafzimmern der drei mittlerweile erwachsenen Schwestern. Das bedeutet jedoch lange nicht, dass Matriarchin Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) ihre Macht einbüßen muss.

Willkommen im Jahr 1963

„Machen wir das Beste draus!“ Das hört man immer wieder aus dem Munde einer Schöllack. Und das könnte auch in den Köpfen der Autoren widergeklungen haben, als sie sich hinsetzten, um die neue dritte Staffel „Ku'damm“ zu Papier zu bringen. Am Ende ist ein etwas neuer Ton herausgekommen, mehr Melodramatik, weniger Rock'n'Roll, mehr Tragikomik, weniger Gesellschaftskritik. An der Serie - von der Pilotepisode an - kann man vieles kritisieren, aber auch vieles wertschätzen. In jedem Fall war es stets unterhaltsam und das bleibt es auch in den jüngsten drei Episoden.

Nun zahlt sich die Vorarbeit aus, die Monika (Sonja Gerhardt) in den ersten beiden Staffel geleistet hat. In dieser Staffel hat sie weniger gegen die Übermutter zu kämpfen während Caterina für Helga (Maria Ehrich) und besonders für Eva (Emilia Schüle) zur Hürde auf dem Weg zur Selbstfindung wird. Die steilste Kurve macht wieder einmal Eva, die mit Dr. Fassbender (Heino Ferch) ein gefährliches Spiel spielt. Wir treffen sie wieder mit neuer Frisur und Oberhand. Sie erpresst ihren Ehemann mit der Aufnahme seiner Verbrechens an ihr und holt dafür eine Karriere als Kunstgaleristin heraus. Doch sie hat die Rechnung ohne ihre Mutter gemacht, denn Caterina heißt das nicht gut. Sie nimmt das Band an sich und sorgt dafür, dass Fassbender Eva vor die Tür setzt. Sie möchte Eva einen neuen Mann suchen, doch die will nicht mehr zur Marionette ihrer Mutter werden und steht auf eigenen Beinen. Selbst in den Momenten, wenn das letztlich bedeutet, auf einer Parkbank zu schlafen.

Ebenso weitreichend und schmerzhaft wird die große Tat, mit der Caterina das Leben ihrer Tochter Helga aus der Bahn wirft. Die schließt nämlich im Laufe der dritten Staffel endlich Frieden mit der Tatsache, dass Wolfgang und sie einfach nicht die Vorgaben einer Bilderbuchehe aus dem Anstandsbuch erfüllen und lässt sich auf eine Affäre mit einem Tango-Tanzlehrer Amando (Giovanni Funiati) ein. Doch auch das nimmt die Übermutter hin, die ja einst mit Fritz (Uwe Ochsenknecht) dasselbe gemacht hat. Hinter Helgas Rücken kündigt sie Amando und sorgt dafür, dass er spurlos aus dem Leben ihrer Tochter verschwindet.

Unterdessen kämpft Monika an zwei anderen Fronten. Sie kämpft um ihre Ehe mit Joachim (Sabin Tambrea), der nicht mit der Fehlgeburt klarkommt, die die beiden zu Beginn des Jahres erleiden. Bald stellt sich heraus, dass seine Probleme viel tiefer wurzeln. Außerdem will Monika endlich als Songschreiberin durchstarten und nimmt die Möglichkeit wahr, ein Lied für die berühmte Sängerin Hannelore Lay (Helen Schneider) für die Teilnahme am Grand Prix zu schreiben.

Caterina selbst erholt sich von einem Verkehrsunfall und kommt langsam Fritz immer näher, den sie zufällig wieder in der Physiotherapie getroffen hat.

Mehr Drama, weniger Rebellion

Die Revolte auf dem Ku'damm ist leiser geworden. Das liegt auch daran, dass die treibende Kraft meistens Monika war und die hat gerade anderes zu tun, als Gesellschaftskritik zu üben. Dass Freddy (Trystan Pütter) von Nazis überfallen wird, bleibt Randnotiz. Das Aufeinandertreffen zwischen der großen Sängerin, die vor den Nazis flüchtete und der Übermutter, deren Lebensgrundlage einer jüdischen Familie entwendet wurde, sticht als Fremdkörper aus der Staffel heraus. Aus den Schöllack-Mädchen sind erwachsene Frauen geworden. Ihre Kämpfe zielen nun mehr ins Innere, in die eigene Ehe, die eigene Karriere. Für Politik ist da zunehmend weniger Platz. So krabbeln wir mit der Serie von der Rock'n'Roll-Bühne und landen direkt in einer düsteren Wohnung, in der ein Ehepaar gegen den unsichtbaren Feind Depression ankämpft ohne ihn auch nur benennen zu können. Mit jeder Episode zeigt sie jedoch deutlicher ihr grausiges Antlitz. Doch erst im Auto mit Monika erkennen wir, wie ernst die Lage ist. Joachim hadert mit vielen, sein ganzes Leben lang, das war immer deutlich. Doch das größte Problem ist nicht der Vater oder das unerfüllte Glück, sondern seine eigene Psyche. Die Serienautoren erklären nicht viel. Sie lassen Monika und uns mit den Fragen und der Wut zurück. Keine Aufklärung, keine Rückblicke, die erklären, was schief gelaufen ist. Die Krankheit bleibt unsichtbar und unerklärlich. Sie fügt sich nicht ein eine runde Story und das spricht für die Serie. Eine Lichtblickszene ist, als Monika ausgerechnet in der Sitzung der Rüstungsfirma auf einen Leidensgenossen trifft, der ihr den besten Trost gibt, den sie bekommen kann: die Gewissheit, dass sie nicht alleine mit ihrer Situation ist, dass es Leute gibt, die sie verstehen können.

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Doch irgendwie ist Joachims Abschied auch ein überaus praktischer Weg, eine ungelegene Romanze aus dem Weg zu räumen, ohne Monika als Charakter zu schädigen oder eine Hintertür offenzuhalten. Joachims Selbstmord hat mit Monika nichts zu tun, er kämpft gegen seine eigenen Dämonen. Und damit muss diese seltsame Liebe, die mit einer Vergewaltigung begonnen hat, auch abschließend nicht weiter erklärt werden. Wir dürfen uns endlich darauf konzentrieren, was von Anfang an vorherbestimmt war: das über alle Zweifel erhabene Charisma von Freddy und die endlich selbstbestimmte Monika, die beide ihre Freiheit auf unterschiedliche Weise hart erkämpfen mussten.

Schon in den ersten beiden Staffeln war das klar und die Darsteller haben uns den Funken in keiner Szene vorenthalten. Doch in der neuen Staffel legen die Autoren endlich offen, was alle wussten. Zwischendurch scheint es fast, als ob die Tanzschule, die Gesellschaftskritik und die schönen Kleider alle nur ein Vorwand waren um uns eine romantische Liebesgeschichte zu erzählen. Das ist durchaus nicht als Kritik gemeint, die Serienmacher haben sich diese Momente erarbeitet und als Zuschauer darf man dahinschmelzen, wenn Freddy für Monika aus London zurückkommt. Vor allem, als sich bestätigt, dass der ganz große Kitsch dann glücklicherweise doch ausbleibt. Nach ein paar schönen Szenen wandert der Fokus auf ein anderes Problem und die Gefahr ist gebannt. Wir dürfen uns weiterhin am Funken erfreuen ohne dass er an der Realität zerschellen muss.

Und die anderen zwei?

Monika ist die Nummer Eins, in dieser Staffel mehr als je zuvor. Dabei bricht doch gerade nun eigentlich die große Stunde der gehörigen Schwestern an. Während Monika mit ihrem Schlagerversuch handzahm erscheint, dass selbst Freddy sich Sprüche nicht verdrücken kann, gehen Eva und Helga auf die Barrikaden und versuchen gegen die Gesellschaft, die Erwartungen, die vorgezeichneten Wege und die Übermutter zu rebellieren. Helga bricht aus dem trostlosen Familienalltag mit einer heißen Affäre aus. Von der bekommen wir leider nur wenig zu sehen. Amando wird nicht zum Charakter, er bleibt attraktive Schablone für Helgas Emanzipationsbemühungen. Schade eigentlich, denn so lässt sein plötzlicher Abgang den Zuschauer eher kalt, egal wie verwirrt Helga dreinblickt. Auch Wolfgangs Entwicklung wird stiefmütterlich behandelt. Als er die Wahrheit von Helga erfährt, entscheidet er sich, zu seiner großen Liebe in den Ostteil der Stadt zu ziehen. Wie es dort für ihn weitergeht, bleibt uns verborgen. Am Ende hat Helga keinen Ehemann und keinen Liebhaber mehr. Die dritte Staffel fühlt sich für sie mehr wie eine Vorbereitung auf die eigentliche Reise an. Hoffentlich bekommen wir dann mehr von ihr zu sehen. Sie ist sich und den Erwartungen der Mutter am längsten treu geblieben. Noch zu Beginn der dritten Staffel sind wir schmerzvoll nah dabei, wie sie versucht das perfekte Weihnachten auszurichten und dabei allen auf die Nerven fällt, sich selbst wahrscheinlich am meisten.

Dass in ihr mehr steckt, sieht man auch daran, dass sie angesichts ihrer neuen Lebenslage nicht in Verzweiflung verfällt. Sie nimmt die Herausforderung an, es als alleinerziehende Mutter zu schaffen. Sie hat schließlich zum ersten Mal davon gekostet, was Leben auch sein kann, wenn man es nicht an den Erwartungen der anderen misst. Wo diese neue Einsicht sie hinführt, hat mehr Sendezeit verdient.

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Am dramatischsten geht die Staffel jedoch für Eva zu Ende. Sie sitzt im Gefängnis weil ihr Mann die Treppe herunter gestürzt ist. In einem Rückblick sehen wir die verhängnisvolle Nacht durch ihre Augen. Doch auch ihre Geschichte bekommt neben Monikas Grand-Prix-Bemühungen wenig Sendezeit, zu wenig um richtig darin aufzugehen. Immerhin liefert Heino Ferch die letzten Worte des Professors so gekonnt ab, dass man ihn wirklich ganz herzhaft hassen kann auch wenn man ihn zwischendurch schon fast wieder vergessen hatte. Denn die Story um Evas Eheaus spielt sich so weit am Rande ab, dass ich kaum mehr sagen kann ob es Ungereimtheiten gibt oder ob ich es schlicht wieder verdrängt habe. Wieso landet sie auf der Straße wo er doch weiterhin erpressbar ist, in diesem Fall halt von Caterina, die ja eine großzügige Abfindung für ihre Tochter gefordert hat? Und wieso liefert Caterina das Tonband erst im Prozess ein, ein hochgradig riskantes Spiel? Eva strauchelt eine Abwärtsspirale herunter, die sie wieder in das Haus Fassbender führt. Letztlich bleiben die inneren Bewegungen sowohl von ihr als auch noch mehr vom Professor so um Dunklen, dass der dramatische Abschluss etwas zu gewollt wirkt. Auch bei ihr fühlt es sich an, als ob der interessante Teil der Geschichte entweder abseits der Kameras stattfindet oder erst noch kommen soll.

Im Zentrum Schöllack

Die dritte Staffel der Serie Ku'damm ist Caterinas große Stunde. Ja, sie stürzt ihre Töchter ins Unglück. Ja, sie schlägt einem ihre Doppelmoral gnadenlos um die Ohren. Aber sie ist als Charakter auf der Mattscheibe auch einfach so herrlich urkomisch-furchtbar, dass man nach immer mehr verlangt. Besonders erfolgreich ist sie mit ihrer Erziehungsstrategie nie gewesen. Am Ende sind die Schwestern alleine, zwei tote Männer und ein geflüchteter. Kein Mann ist da, zu helfen, als es wirklich ernst wird. Vor Gericht sieht Caterina eine Menge ihrer Fehler ein, was sie vorher gekonnt weggewischt hat - und bleibt sich doch im Kern treu. Anders wäre es auch einfach zu schade. Für Claudia Michelsen halten die Drehbuchautoren wahres Gold bereit und sie poliert es auch Hochglanz. Noch vor dem neuen Jahr wird sie, die einstige Startänzerin, von einem Bus erfasst und kämpft den Rest der Staffel mit den Folgen ihrer Verletzung. Das bringt ihr völlig neue komödiantische Möglichkeiten, die man von der Serie so gar nicht erwarten würde. Auch mit Korsett verliert sie selten die Fassung. Jeder Satz sitzt genau und trifft diesen bittersüßen Punkt an dem man nicht hin- aber auch auf keinen Fall weghören möchte. Sie ist der Höhepunkt der dritten Staffel, die geschürzten Lippen, das gezielt eingesetzte Hauchen, diese wunderbare Wortwahl, die ein Resultat ihrer Zeit, aber auch dieses interessanten Charakters ist.

Insgesamt sind die drei neuen Episoden unterhaltsam wenn auch leider weniger gesellschaftskritisch. Der Schwerpunkt liegt auf privaten Tragödien, die sich leider weniger mit dem Zeitkolorit verweben, wie das in den ersten beiden Staffeln der Fall war. Dafür gelingt die zarte Komik viel besser und landet dank Caterina immer wieder Punktsiege. Auch die Darsteller liefern wieder Bestleistungen ab, was besonders bemerkenswert ist angesichts der Melodramatik.

Trailer zur dritten Staffel der Serie Ku'Damm 56

Hier abschließend noch ein Trailer zur aktuellen Season der Serie „Ku'damm“ beim ZDF:

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