Hat der Storch genistet oder nicht?
  1. Startseite
  2. Kreis Gießen
  3. Kreis Gießen

Hat der Storch genistet oder nicht?

KommentareDrucken

gikrei_2504_hochsitz_stoe_4c
Neuer Look verärgert Naturschützer: Jagdpächter Lany auf seinem Spitzdach-Hochsitz. Foto: Wißner © Wißner

Dem Jagdpächter wirft der Nabu-Kreisverband eine Ordnungswidrigkeit vor. Jäger hätten den Hochsitz-Nestbau eines Storchen in der Schonzeit verhindert. Jagdpächter Dr. Ulrich Lany wehrt sich nun.

Linden (ww/ib). Brütete der Storch oder nicht? Diese Frage führt gerade in der Leihgesterner Gemarkung zu Ärger zwischen Naturschützern und dem Jagdpächter, und sie zeigt einmal mehr, wie schwierig es ist, Naturschutz- und Jagdinteressen unter einen Hut zu bringen. Dem Jagdpächter wirft der Kreisverband des Naturschutzbundes (Nabu) eine Ordnungswidrigkeit vor. Der Nabu behauptet, dass Jäger den Nestbau eines Storchen auf einem Hochsitz in der Schonzeit verhindert hätten (der Anzeiger berichtete).

Jagdpächter Dr. Ulrich Lany hält dagegen, dass der Storch Einzelgänger sei. Er habe gar kein Nistmaterial herangeschafft, geschweige denn die Vogelhochzeit vollzogen. Lany und Dr. Achim Zedler vom Nabu bieten für ihre Ansicht unbenannte Zeugen auf. Die Behörden sind eingeschaltet.

Vogelliebe zur Kanzel

Längst sind Weißstörche, die einst Seltenheitswert in der Region hatten, wieder bei uns heimisch geworden. Gerade aus südlichen Winterquartieren zurückgekehrt, suchen sie sich jetzt ihre Nester. Dabei ist Meister Adebar gar nicht mehr so wählerisch, nur hoch oben muss es sein. Er besetzt mittlerweile gerne Hochsitze, besonders in der Horloffaue, weiß Zedler.

Nun ließ sich einer der Stelzvögel auf einem Hochsitz in der Leihgesterner Gemarkung nieder. Doch sei dort kurz danach das Holzdach abgesägt worden. Einige Tage danach wurde es durch ein glattes Spitzdach aus Aluminium ersetzt, was der Jagdpächter auch nicht bestreitet.

Nicht um den Storch zu vertreiben, sondern aufgrund des Klimawandels habe er das marode Hochsitzdach neu eingedeckt, sagt Lany, und aus einem typischen Flach- ein leichtes Spitzdach gezimmert und mit einer Aluminiumhaube gedeckt. Aufgrund der Hitzeperioden im Hochsommer würden die bisherigen Bitumenschichten zur Abdichtung schmelzen. Undichte Jagdkanzeln würden jedoch schnell morsch werden, erklärt der bekannte Jagdpächter, der auch Vorsitzender des Jagdvereins »Hubertus« ist. Jetzt würden überall die alten Überdachungen sukzessive mit Alu-Dächern ersetzt. Diese bieten daher Störchen keine Nistplätze mehr.

Dem Nabu wurde berichtet, dass ein Weißstorchenpaar versucht habe, immer wieder auf dem Spitzdach zu landen, auch mit Nistmaterial. Noch immer würden sich die Weißstörche in der Umgebung des Naturschutzgebietes (NSG) befinden, hätten Beobachter weiter gemeldet.

Da der Vorgang den Naturschutzbehörden bekannt ist, hofft der Nabu, dass das Konsequenzen hat. Zum einen sei widerrechtlich während der beginnenden Brutzeit im Naturschutzgebiet gebaut, zum anderen eine Nestanlage verhindert worden.

Laut der Unteren Naturschutzbehörde können Hochstände zu jeder Zeit umgebaut werden - es sei denn, es befindet sich auf dem Hochstand »eine Fortpflanzungs- und Ruhestätte (zum Beispiel der Horst von einem Storch)«. Eine Entnahme des Storches sei dann ohne Absprache »zu keiner Zeit« zulässig. Sitze der Storch aber nur auf dem Hochsitzdach, dürfe das Dach auch ohne Absprache umgebaut werden.

Nistmaterial nicht gesichtet

Dass der Storch ein Nest bauen wollte, bestreitet Lany vehement. Es sei von ihm keinerlei Nistmaterial gesichtet worden. Bereits im vergangenen Jahr wie auch das Jahr zuvor brüte allerdings ein Storchenpaar auf östlicher Seite des Lindener Bahndamms. Hier würden die Jagdpächter, er und Winfried Volz, natürlich die gesetzlich verankerte Rücksicht nehmen. Man dürfe dort derzeit nicht jagen.

Die wachsende Anzahl an Storchenpaaren sieht Lany jedoch kritisch. Diese vertilgten nicht nur unzählige Insekten und Frösche, sondern auch junge Hasen. Letzteres hätten Transponderfunde in Störchen belegt, die ursprünglich der Nachverfolgung des Hasennachwuchses gedient hätten, und das in nicht geringer Menge. Nur seien die Weißstörche nicht auf der Roten Liste zu finden, aber die Hasen.

Je mehr Störche die Hochsitze als Nistplatz nutzten, desto schwerer werde es für die Jäger, ihren Aufgaben nachzukommen. Die vom zuständigen hessischen Ministerium verordnete Wildschweinjagd könne beispielsweise darunter leiden. Einhergehend sei damit zu rechnen, dass sich wieder die afrikanische Schweinepest als Krankheit ausbreite, die das Ministerium mit intensiver Bejagung gerade verhindern wolle.

Waidmann verärgert

Lany ist über die Anschuldigungen verärgert. Er parke auch nicht im Naturschutzgebiet, wie ihm vorgeworfen werde, aber an dessen Rändern. Immerhin betreut der Lindener ein zehn Quadratkilometer großes Gebiet. »Das ist zu Fuß oder mit dem Fahrrad gar nicht machbar.« Als Waidmann betrete er keine Wiesen unbefugt, sondern nur, wenn eine Blutfährte dort hinüberführe. Dann sei es ihm erlaubt, das Naturschutzgebiet zu durchschreiten, um das Wild endgültig zur Strecke zu bringen. Dass man sich beim Nabu allein auf Hörensagen verlasse und derart Despektierliches gegenüber Jägern äußere, sei ein Unding. Er fordere vom Nabu ein Gutachten ein, wie viele Störche ein Biotop vertragen könne, dann werde er sich gerne für einen weiteren Kunsthorst, von denen es bereits drei in Linden gebe, in Leihgestern einsetzen.

Ende gut, alles gut

Wie man hört, ist der Storch auf Brautsuche noch fündig geworden und nistet jetzt in der Nähe auf einem Hochsitz.

Auch interessant

Kommentare