Emilia Galotti - Szenenanalyse & Dialoganalyse

Emilia Galotti – Szenenanalyse & Dialoganalyse

Dialoganalyse 2. Akt, 4. und 5. Auftritt

Das 1772 uraufgeführte Drama „Emilia Galotti“ von G. E. Lessing behandelt die Beziehungen und Probleme zwischen Adel und Bürgertum, sowie eine ständige Frage um Schuld, Schuldanteile, Schuldabgabe, Macht und Intrigen.

Über dem stehen während des gesamten Stückes die Fragen, wie weit Liebe gehen darf, was richtige Erziehung ist und welche Aufgaben dabei genau die des Vaters sind. Kann man Tugend und Unschuld bewahren und sollte man es überhaupt?

Emilia Galotti

Emilia Galotti

Genau hier setzt die gewählte Textstelle (umfassend den 2. Aufzug, 4. und 5. Auftritt) an.
Sie behandelt vor allem die gegensätzlichen Standpunkte zu Emilias Erziehung, ihre Hochzeit und zu der Beziehung des Prinzen zu ihr, welche sich aus der Diskussion über den momentanen Aufenthalt in der Kirche entwickeln, bzw. zum Vorschein kommen. Den Dialog führen hier in erste Linie Odoardo und Claudia Galotti, Pirro hat nur eine kurzen Auftritt.

Dieser Textstelle vorausgegangen ist der örtliche Wechsel vom Schloss des Prinzen in das Haus der Galottis. Odoardo Galotti kommt am Tage der Hochzeit seiner Tochter zurück an den Hof und erfährt, dass sie sich in der Messe befindet. Bereits hier ist er erstmals besorgt über diesen umstand.

Kurz darauf fragt Angelo Pirro, den Diener der Galottis, über die Hochzeitsgesellschaft aus und macht ihn zum Mitwisser über den Plan zur Entführung Emilias, der im Vorfeld von Marchese Marinelli entworfen wurde, welcher damit der Verzweiflung des verliebten Prinzen entgegen wirken wollte.

Nach der ausgesuchten Textstelle gesteht der Prinz Emilia Galotti seine Liebe in der Kirche. Später erfolgt dann die verhängnisvolle Fahrt zum Hochzeitsort.

Inhaltlich lässt das Gespräch sich in 5 Teile gliedern. Zunächst wird der momentane Verbleib von Emilia in der Messe behandelt. Die Standpunkte Odoardos und Claudias sind bereits hier eher gegensätzlich, denn Claudia hält ihn entgegen seiner Besorgnis davon zurück Emilia aus der Messe zu holen (S. 24,25 , Z. 31,32,33). Sie sieht darin eher eine Gefährdung Emilias.

Dieser Ansatz führt zu Stellungnahmen beider zur Hochzeit Emilias mit dem Grafen Appiani.
Während Odoardo vom zukünftigen Ehemann seiner Tochter und von der Gewissheit sie in sicheren Händen zu wissen begeistert ist, hat Claudia Bedenken sie aus ihrer Obhut zu entlassen. Odoardo verlangt von Claudia loszulassen (alles: S. 25 , Z. 1-11).

Aus diesem Punkt entwickelt sich einen Grundsatzdiskussion über die Erziehung Emilias. Die Entscheidung Claudias zur Stadterziehung wird von beiden Seiten bewertet. Odoardo kritisiert Claudia aufs schärfste, die ihre Entscheidung jedoch mit dem dadurch gewonnenen Glück für Emilia verteidigt. Eine Entkräftung dieses Arguments von Odoardo bestätigt die gegensätzlichen Fronten der beiden.

Um diesem heiklen Thema zu entgehen lenkt Odoardo das Gespräch wieder auf Appiani. Der Kampf mit den Marinellis um die Würdigung des Prinzen und der daraus resultierende Profit eines Umzugs Emilias und Appianis wird von Odoardo Galotti angesprochen (S. 25, Z.28 – S.26, Z. 4). Dies bestätigt noch einmal seinen Standpunkt, dass Claudia Emilia entgegen ihren eigentlichen Willen mit Appiani ziehen lassen sollte.

Eine umfassende Emilia Galotti Interpretation sollte hier zu Rate gezogen werden.

Da Odoardo die Hasshaltung des Prinzen ihm gegenüber anspricht, berichtet Claudia daraufhin von einer Begebenheit, die mit diesem zusammenhängt. Hierbei wird sowohl die Beziehung des Prinzen zu Emilia deutlich, der wohl gefallen an ihr findet, als auch die Einstellung der Gesprächsbeteiligten zum Prinzen und zu dieser Begebenheit.Claudia ist begeistert, dass ein so hoher Adliger gefallen an ihrer Tochter findet. Die Meinung Odoardos zielt hingegen in eine ganz andere Richtung. Er hat größte Bedenken, dass ein Lüstling wie der Prinz die Tugend seiner Tochter gefährdet (vgl. S 26, z. 7-31).

Daraufhin folgt ein Monolog Claudias, in dem sie sich mit Odoardo auseinandersetzt. Sie Missversteht Odoardo und denkt er wäre egoistisch, da er die Zuneigung des Prinzen zu Emilia als reine Schikane gegen ihn sieht (S.27, Z. 1-9).

Das Gespräch befindet sich in einem ständigen Wechsel zwischen Odoardo und Claudia, wobei jedoch die Gesprächsbeteiligung Odoardos größer ist, da seine Redepassagen in aller Regel länger als die Claudias sind.

Eine kurze Themenunterbrechung erfolgt durch Odoardo ( S. 25, Z. 35 – S. 26, Z. 3). Dieser Unterbricht seine Erklärung über Appianis Bezug zum Prinzen und dem daraus resultierenden Profit eines Umzugs, durch das Herbeirufen Pirros, der ihm sein Pferd bereitstellen soll. Ein inhaltlicher, als auch sprachlicher Wendepunkt ergibt sich mit dem Bericht Claudias über das Empfinden des Prinzen zu Emilia. Sprachlich ergibt sich hier eine Abwechslung zwischen schwärmerischen Ellipsen und Wortwiederholungen in Frageform. Inhaltlich wird das Thema von Emilia und Appiani auf den Prinzen im bezug auf Emilia geändert.

Ein Stimmungswandel ins positive lässt sich bei Claudia feststellen, die sich ins schwärmen hüllt, ins negative geht jedoch die Stimmung bei Odoardo. Bereit hier erkennt man die unterschiedlichen Gefühle und Standpunkte Odoardos zu Claudia. Beide sind verheiratet und fühlen sich beide zu gleichen Teilen Mitsprachberechtigt in der Erziehung, wobei Claudias kritisierte Entscheidung zur Stadterziehung wohl doch auf den größeren Einfluss der Mutter schließen lässt. Doch im Gespräch kann man sagen, dass die größere und gewagtere Kritik von Odoardo kommt, was auf die Unterstellung der Frau unter dem Mann hinweist ( S. 26, Z. 24,25).

Im Allgemeinen ist der Dialog sehr Gefühlsgeladen. Vor allem Odoardo scheint von beginn an nervös, ungeduldig und besorgt, da er sich über den langen Ausgang Emilias beklagt (vgl. S. 24, Z. 35).
Außerdem erkennt man an ihm eine konservative Seite, denn er beschert sich über den Umstand, dass Claudia Emilia die Erziehung von Vater und Mutter verwehrt hat („…-fern von einem Manne und Vater, der euch so herzlich liebet“ S. 25, Z. 16,17).

Eine gewisse Hitzigkeit und aggressive Stimmung kann man ebenfalls bei ihm feststellen. Er kommt schnell aus der Fassung und kritisiert Claudia brachial ( „O Claudia! Claudia! Eitle, törichte Mutter“ S. 26, Z. 24,25). Nachdem in Erfahrung gebracht wurde, dass der Prinz Emilia begehrt wandelt sich seine Stimmung in regelrechtes entsetzen und Wut (Hitzigkeit) (vgl. S. 26, Z. 30,31).

Claudias Gefühle scheinen einen regelrechte „Berg und Talfahrt“ zu unternehmen. Bei dem Gedanken an die Hochzeit Emilias und damit den Verlust Emilias, gerät sie in Traurigkeit, was einen allgemein enge Bindung zu ihrer Tochter zeigt ( vgl. S. 25, Z. 6-8). Später verfällt sie in eine Hochstimmung als sie von der Bewunderung des Prinzen für Emilia spricht (vgl. S. 26, Z. 12, 13).

Das sie recht Bodenständig ist zeigt sie in ihrer Verteidigung gegen ihren Mann ( „Aber lass mich heute nur ein Einziges für diese Stadt, …, die deiner strengen Tugend so verhasst sind“ S. 25, Z. 18-20).

So kann man sagen, dass das Gespräch sich von weniger gefühlsbetont zu „Gefühlshöhepunkten“ entwickelt und damit auch immer persönlicher, mit persönlichen Angriffen, wird. Beide wollen mit ihrer Sprechweise, also ihren Ausdrücken und ihrer Wortwahl beeinflussen und überzeugen.

Zusammenfassend beinhaltet diese Textstelle also eine Diskussion über Emilia und ihre Hochzeit, sowie die Beziehung zum Prinzen, welche von den Eltern Emilias unterschiedlich beurteilt werden. Hier erfährt Odoardo zum erstenmal von der Zuneigung des Prinzen zu Emilia.

Innerhalb des Schauspiels hat der Auszug die Funktion dem Leser Hintergrundinformationen zu liefern wann und wo der Prinz sich in Emilia verliebt hat und diese Tatsache deutlicher zu machen. Außerdem soll die Abneigung Odoardos dagegen offensichtlich werden, was Fragen auf Seiten des Lesers aufwerfen soll (Warum?, Was will er Claudia nicht sagen?).

Wichtig für dieses Verständnis sind die Sätze, „Denn hab ich dir schon gesagt, dass der Prinz unsere Tochter gesehen hat?“ (S.26, Z. 9,10), „In der letzten Vegghia, bei dem Kanzler Grimaldi….“ (S. 26, Z. 12,13), „Das gerade wäre der Ort wo ich am tödlichsten zu verwunden bin! – ein Wollüstling, der bewundert, begehrt.- Claudia! Claudia! Der bloße Gedanke setzt mich in Wut!“ (S. 26, Z. 28-31).

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