„Mordermittler sehen oft in menschliche Abgründe“
  1. Startseite
  2. Frankfurt

„Mordermittler sehen oft in menschliche Abgründe“

KommentareDrucken

Luca Hering (links) und Clara Vogt erklären bei der Nacht der Museen, wie sie mit einem Team den Wohnwagenmord aufgeklärt haben. Rechts ist Polizeipressesprecher Thomas Hollerbach zu sehen.
Luca Hering (links) und Clara Vogt erklären bei der Nacht der Museen, wie sie mit einem Team den Wohnwagenmord aufgeklärt haben. Rechts ist Polizeipressesprecher Thomas Hollerbach zu sehen. © Rainer Rüffer

Zwei Kommissare erzählen, wie sie vor zwei Jahren den Mord an Jovanca V. aufgeklärt haben, die in einem Wohnwagen am Danziger Platz getötet wurde.

Frankfurt -Der Wohnwagen, in dem Jovanca V. (40) Schutz gesucht hat, und in dem sie in der Nacht zum 30. Dezember 2021 ermordet wurde, steht seit Kurzem im Kriminalmuseum, das während der Nacht der Museen geöffnet war. Fast so, wie ihn die Kriminaloberkommissare Clara Vogt (39) und Luca Hering (26) am 22. Januar 2022 am Danziger Platz aufgefunden haben. Die Seitenfront mit der Tür ohne Schloss fehlt. Die Vorhänge sind zerrissen. Es sind Spuren des Todeskampfes von Jovanca V.

Zu lebenslanger Haft verurteilt

Den Mörder haben die beiden Ermittler vom Mordkommissariat K 11 mit ihrem Team mühsam ermittelt und ihn am 18. Februar 2022 festgenommen. Er wurde im Juni 2023 am Landgericht Frankfurt wegen „Mordes zur Befriedigung des sexuellen Triebes“ zu lebenslanger Haft verurteilt.

„Jovanca suchte Hilfe und wollte nur ein geregeltes Leben leben“, sagt Hering auf der großen Bühne vor dem Polizeipräsidium. „Sie war wegen traumatischer Vorfälle in der Kindheit abgerutscht, litt an einer psychischen Erkrankung, verlor Arbeit und Wohnung. Sie litt unter einer unerfüllten Liebesbeziehung und suchte Schutz in dem verlassenen Wohnwagen.“

Hering und Vogt wollen der Frau, die erst mit 27 heftigen Schlägen mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen und dann mehrfach vergewaltigt wurde, einen Namen geben. „Die Opfer bekommen oft weniger Aufmerksamkeit als die Täter“, so Vogt, die seit acht Jahren im K 11 arbeitet. „Wir sehen selten Schönes, aber oft menschliche Abgründe.“

Frau war schon dreieinhalb Wochen tot

Das Team hatte Bereitschaftsdienst, als um 10 Uhr der Alarm ging. Ein Passant hatte eine Leiche im einsamen Wohnwagen auf der Brache entdeckt, auf der bis Ende Juni 2021 Besetzer lebten. „Es war ein Samstag, wir wussten nicht, was uns erwartet“, erzählt sie. Zu viert fuhren sie zu dem Platz mit zwei Wohnwagen und einem Auto. Sie fanden die damals noch unbekannte Frau „unnatürlich liegend“ auf und holten deshalb das LKA mit ihrer Panoramakamera sowie die Spurensicherung dazu. „Und die Rechtsmedizin.“ Erst später, beim Umdrehen des Leichnams, waren die tödlichen Verletzungen zu sehen. „Ein Bildabgleich mit Dokumenten im Wohnwagen war nicht möglich. Die Frau war dreieinhalb Wochen lang tot“, so Vogt mit ruhiger Stimme. 14 Stunden habe die Arbeit am Tatort gedauert. „Es war längst dunkel, als die Kollegen vor Ort fertig waren“, erinnert sie sich. Die Frau kam in die Rechtsmedizin, der Wohnwagen zur weiteren Spurensicherung ins Polizeipräsidium. Nach zwei Tagen gaben DNA-Spuren, die unter den Nägeln und im Genitalbereich der Frau gefunden worden waren, einen Treffer in der Datenbank. Einen Monat später wurde der Täter festgenommen.

Mutter hatte sie vermisst gemeldet

Die so brutal ermordete Jovanca V. war Kroatin und lebte seit 2017 ein normales Leben in Deutschland, bis sie unverschuldet obdachlos wurde. Über ihr Handy konnten die Ermittler die Identität ausmachen. „Es gab Fotos mit einer speziellen Zahnfehlstellung“, so Hering. Als sie den Namen der Toten hatten, bekamen Vogt und Hering über ihren ehemaliger Vermieter Informationen zu Freunden und Familie. „Ihre Mutter und ihre Schwester leben in Kroatien. Die Mutter hatte sie dort bereits als vermisst gemeldet, weil sie ihre Tochter nicht mehr erreicht hat.“ Die Schwester kam nach Frankfurt, machte eine Aussage. „Sie wollte unbedingt den Tatort sehen. Wenn man einen geliebten Menschen verliert, ist es schlimm. Wenn man ihn in einem anderen Land verliert, ist es noch schlimmer“, wissen die Mordermittler aus Erfahrung. „Wir haben ihr ihr Bedürfnis erfüllt. Das war für sie ebenso schwierig wie für uns“, so Vogt. „Zu erklären, wie sie ums Leben kam, ist schwer.“

Familie und Freunde als mentaler Ausgleich

Das Publikum will wissen, wie die Ermittler persönlich damit umgehen. Die Arbeit erfüllt beide. Das enge Team, in dem jeder auf den anderen achtet, man viel miteinander spricht und die eigenen Familien und Freunde seien der mentale Ausgleich. „Wir haben eine Aufklärungsquote von mehr als 90 Prozent. Manche Fälle bleiben im Kopf und wir lernen immer mehr daraus“, so Hering. Den Beruf tauschen würden sie nicht.

Kriminalmuseum

Das Kriminalmuseum im Polizeipräsidium, Adickesallee 70, ist dienstags bis donnerstags geöffnet. Telefonische Anmeldung unter 069/75 58 20 08 oder per Mail an: kmf.ppffmpolizei@hessen.de. Der Eintritt ist kostenlos.

Auch interessant

Kommentare