Zwei Herren im Anzug
Josef Bierbichler hat seinen Roman "Mittelreich" verfilmt, in dem er über mehrere Generationen eine kleine bayerische Wirtsfamilie verfolgt. Erfolge und Rückschläge des Seewirtes spiegeln dabei auch beispielhaft die Umbrüche einer ganzen Epoche.
Regie
Dauer
139 Min.
Kinostart
22.03.2018
Genre
FSK
12
Produktionsland
Cast & Crew
Pankraz
Simon Donatz
Semi
Theres
Theres als Kind
Benjamin Cabuk
Hanusch
Kammersängerin Krauss
Meinrad
Knecht Ziegelsturm
Aetschi
Josef Staber
Semi als Kind
Johan Simons
Spezialist
Peter Brombacher
Laie
Philomena
Redaktionskritik
Josef Bierbichler hat seinen Jahrhundertroman „Mittelreich“ zertrümmert. Aus den Bruchstücken ist ein ebenso schonungsloser wie radikaler Heimatfilm entstanden
Nach dem Tod seiner Frau will sich der alte Seewirt Pankraz (Josef Bierbichler) endlich erinnern. Im Gespräch mit seinem ungeliebten Sohn Semi lässt er die Vergangenheit, die nicht länger ruhen will, Revue passieren. Pankraz wollte eigentlich Opernsänger werden, doch „die Hoffnung auf ein unbestimmtes Glück“ endete früh. Als sein älterer Bruder mit einer Kugel im Kopf aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt, soll er die Seewirtschaft des Vaters und den dazugehörigen Hof übernehmen. Zeitlebens hadert er mit seinem Erbe, verflucht den „alten Krempel“ und „will heraus aus allem, was ich muss“.
„Zwei Herren im Anzug“ basiert auf Josef Bierbichlers Familienchronik „Mittelreich“. Über drei Generationen hinweg erzählt der Roman von Borniertheit und Bigotterie. Bierbichler hat darauf bestanden, sein Buch selbst zu verfilmen. Ohne Rücksicht auf Verluste hat er die Handlung in ihre Einzelteile zerlegt, neu zusammengesetzt und zwei (überflüssige) Figuren dazuerfunden, die das Geschehen beobachten oder als Stichwortgeber fungieren. Die bruchstückhafte Struktur des Films lässt die erzählerische Wucht, das Berserkerhafte und Ausufernde der literarischen Vorlage nur noch erahnen. Bierbichler hat vieles gestrichen, doch im Grunde ist alles da: der Missbrauch des jüngsten Sohnes, der Jahrhundertsturm und der Faschingsball, die Himmelfahrt der alten Magd, der neue Traktor und Semis Wunsch, in den Schoß der Mutter zurückzukehren.
Die Verfilmung wirkt in ihrer fragmentarischen Erzählweise noch verstörender als der Roman. Dass Bierbichlers assoziative Inszenierung derbe Komik mit opernhaftem Pathos verbindet, wird viele Zuschauer irritieren. Heimat war selten so unbequem wie in diesem Film.
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