Trägt der ukrainische Armeechef ein Hakenkreuz am Armband? Was bedeutet das Symbol?

Trägt der ukrainische Armeechef ein Hakenkreuz am Armband? Was bedeutet das Symbol?

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, veröffentlicht ein Foto, auf dem offenbar ein Hakenkreuz zu erkennen ist. Oder doch nicht? Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

Walerij Saluschnyj
Walerij Saluschnyjimago/ZUMA

„In unserem Land geht ein Kampf weiter, dessen Ausmaß die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat“, schrieb Walerij Saluschnyj vor Kurzem auf Twitter. Der 49-Jährige ist ukrainischer General und seit 2021 Oberkommandierender der Streitkräfte der Ukraine. „Wir haben kein Recht, diesen Krieg auf unsere Kinder zu übertragen. Der Feind muss hier und jetzt vernichtet werden. Und wir können es tun.“

Begleitet hat Saluschnyj seine eindeutige Kampfansage an Russland mit einem authentischen Foto von sich selbst in Uniform und einer Schutzweste. An seiner rechter Hand trägt er dabei ein Armband mit einer Art Charms. Was ist daran so heikel? Nun kann man beim genaueren Betrachten entdecken, dass auf einem der Charms offenbar ein Hakenkreuz abgebildet ist. Viele Twitter-Nutzer haben inzwischen ihre Kritik daran geäußert und forderten Aufklärung. „Ukrainisches Militär, das keine Nazi-Symbole trägt? Unmöglich“, schrieb ein Nutzer im meist gelikten Kommentar zum Thema.


Auch staatliche russische Medien werfen Saluschnyj in ihrer Berichterstattung vor, bewusst ein Hakenkreuz zu tragen. Das bedient das Narrativ der „Entnazifizierung“ der Ukraine als eines der Ziele der „militärischen Sonderoperation“ gegen die Ukraine, wie der Krieg in Russland von Anfang an genannt wird.

Die Frage, was für ein Zeichen Saluschnyj eigentlich an einem Armband trägt, lässt sich jedoch auch unabhängig von der russischen Propaganda stellen. Die Unterstützer von Saluschnyj, darunter ein Offizier der ukrainischen Streitkräfte, verweisen ihrerseits darauf, dass die Merkmale am Armband, einschließlich des umstrittenen hakenkreuzartigen Symbols, lediglich skandinavische Wikingersymbole seien und ein ähnliches Armband leicht im Internet bestellt werden könne. Es entstehe infolge der Dateikompression ein falscher Eindruck, dass es ein Hakenkreuz sei, so die ukrainischen Kommentatoren.


Was allerdings ebenfalls auffällt: Das Symbol von Saluschnyj, das aus der Ferne wie ein Hakenkreuz aussieht, wirkt beim näheren Betrachten flach und weiß-silbern und unterscheidet sich hiermit etwas von dem Symbol auf den Armbändern in Internet-Shops.

Experte: „Es gibt Symbole, die historisch gesehen verbrannt sind“

Der deutsche Osteuropaexperte Reinhard Lauterbach, der sich unter anderem mit der ukrainischen Politik und Gesellschaft beschäftigt, will auf Anfrage der Berliner Zeitung nicht entscheiden, ob das Symbol am Armband von Saluschnyj als Hakenkreuz eingestuft werden kann oder nicht. „Die einen verweisen auf skandinavische oder nordische Symbolik, die anderen darauf, dass es ein altindisches Glückssymbol sei – das hatten wir alles schon Dutzende Male“, so Lauterbach. „Es gibt aber Symbole, die historisch gesehen verbrannt seien, und das Hakenkreuz, die SS-Runen und andere gehören zweifellos dazu, egal was irgendwelche Experten für okkulte Wissenschaften sich dazu ausdenken.“

Die ähnlich aussehende Symbolik findet der Osteuropaexperte also problematisch. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass angesichts der geschickten Medienkampagne, mit der die Ukraine den Krieg begleite, niemand Saluschnyj vor dem Tragen ähnlich aussehender Symbole gewarnt hätte, wenn das gewollt gewesen wäre. Es sei also offenkundig nicht gewollt worden.

„Und das überrascht mich nicht. Dass es in der Ukraine – und insbesondere in ihren ,Gewaltapparaten‘ – Nazis gibt, ist seit dem Erscheinen der Bataillone ‚Asow‘ und weniger ‚Ajdar‘ bekannt“, so Reinhard Lauterbach. Der Experte bemängelt: Die Ukrainer würden ihr eigenes problematisches Erbe rund um den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera und den Faschismus seit Jahrzehnten bagatellisieren, das sei nicht neu. „Das dient genau dem Einreißen dieser symbolischen Barrieren rund um den Faschismus.“

Die These des Experten stützt wohl auch der problematische Umgang des Ex-Botschafters der Ukraine in Berlin, Andrij Melnyk, mit der Figur von Stepan Bandera, den die meisten Historiker eindeutig für einen Faschisten halten. Dass die russischen Staatsmedien das Thema immer wieder zu Propagandazwecken aufgreifen, beweist lediglich den komplexen Charakter des russischen Krieges in der Ukraine, rechtfertigt ihn aber keinesfalls.

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