Glück ist, Gott nahe zu sein. Glück ist nicht die Abwesenheit von Leid: Kirche im HR
Glück ist, Gott nahe zu sein. Glück ist nicht die Abwesenheit von Leid
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Glück ist, Gott nahe zu sein. Glück ist nicht die Abwesenheit von Leid

Ein Beitrag von Helwig Wegner-Nord, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Bei allem, was die Bibel ist, eine Anleitung zum Glück scheint sie nicht zu sein. Von Glück ist nur selten die Rede. Dagegen taucht dreimal so oft das Wort Unglück auf. Und doch: an einer Stelle des Neuen Testaments finden sich Sätze, die wie kaum ein anderer Text davon sprechen, wer glücklich zu nennen ist. Das sind die sogenannten „Seligpreisungen“. Da sagt Jesus:

Glücklich sind, die arm im Geist sind; denn ihnen gehört das Himmelreich. Glücklich sind, die trauern; denn sie sollen getröstet werden. Glücklich, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.

Und dann nennt Jesus weiter die, die sanftmütig und barmherzig und friedfertig sind, die verfolgt werden. Man reibt sich die Augen. Wer wird da als glücklich aufgezählt? Die Einfältigen, die Naiven, die Leidenden, die Schwachen – diese in unseren Augen ausgesprochen elenden und benachteiligten Menschen nennt Jesus – glücklich. Das klingt ziemlich befremdlich, ja schon verrückt in unseren Ohren. Die Thesen Jesu stehen quer zu allen gängigen Vorstellungen. Heute wie auch damals: Schon vor zweitausend Jahren hielt man für glücklich und von Gott gesegnet, wer Erfolg, Gesundheit und Wohlstand auf seiner Seite hatte.

Wenn Jesus den Trauernden und Mühseligen zuruft, dass sie doch glücklich, ja glückselig sind, und wenn er ihnen Himmel und Erde zuspricht, dann klingt das zunächst zynisch. Aber wenn man genau hinschaut, dann liegt in Jesu Augen das Glück nicht darin zu leiden. Das Glück erfährst du, wenn du getröstet wirst und Barmherzigkeit erfährst. Jesus nennt die glücklich, die sich als Gottes Tochter oder Sohn sehen und sich bei ihm zu Hause zu fühlen.

Weil Glück für Jesus nicht darin liegt, irgendetwas an sich zu raffen und sozusagen auf dem eigenen Habenkonto festhalten zu wollen, ist er selbst glücklich gewesen: der „glücklichste Mensch, der je gelebt hat“, wie mal jemand gesagt hat2. Er hatte Gott so nahe bei sich, ja in sich, dass er nichts anderes festhalten musste, weder Besitz, noch Herkunft, nicht mal sein Leben. Jesus war so selbst-los, dass nur die wenigsten darin ein glückliches Leben sehen konnten. Und doch war es genau dies.

Denn unter Glück versteht die Bibel etwas anderes als die Abwesenheit von Leiden, Trauer und Armut. Von Glück spricht das Evangelium, wenn Gottes Nähe erlebt wird. Und dafür sind Menschen gerade dann am empfindsamsten, wenn sie barmherzig sind und gewaltlos, wenn sie sich ohne alle weiteren Absichten nach Gott und seiner Gerechtigkeit sehnen.