Der wirre Kampf um die Schuldenbremse
  • PartnerLounge
  • Bellevue Funds (Lux) SICAV
  • Metzler Asset Management
  • Comgest Deutschland GmbH
  • Capital Group
  • Robeco
  • Degroof Petercam SA
  • William Blair
  • Columbia Threadneedle Investments
  • Shareholder Value Management AG
  • DONNER & REUSCHEL AG
  • Bakersteel Capital Managers
  • ODDO BHF Asset Management
  • KanAm Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
  • Aberdeen Standard Investments
  • Pro BoutiquenFonds GmbH
  • Edmond de Rothschild Asset Management
  • iQ-FOXX Indices
  • AB Europe GmbH
  • M&G Investments
  • Morgan Stanley Investment Management
  • Carmignac
  • RBC BlueBay Asset Management
  • Pictet
  • dje Kapital AG
  • DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----
Der TiAM FundResearch Wochenrück- und -ausblick.
Kolumne

Der wirre Kampf um die Schuldenbremse

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: Die Ampel-Koalition streitet mit den falschen Argumenten um die falschen Dinge.

13.05.2024 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

Es brauchte in der vergangenen Woche schon eine Titelstory im SPIEGEL über Friedrich Merz, damit man daran erinnert wurde, dass es auch noch eine Opposition außerhalb der Regierungskoalition gibt. Denn die Ministerinnen und Minister der Bundesregierung streiten öffentlich, laut und heftig miteinander ums Geld. Schon wieder. Zuletzt grüßte Verteidigungsminister Boris Pistorius aus Washington und forderte zusätzliche Milliarden für die Bundeswehr. Er schlägt Ausnahmen von der Schuldenbremse vor, um das zu finanzieren. Auch Annalena Baerbock (Außenministerium), Svenja Schulze (Entwicklungshilfeministerium) und Nancy Faeser (Innenministerium) stellen sich bockig, da es aktuell um Streichungen in ihren Ressorts geht. Nun ja, Sparen ist bekanntermaßen nicht unbedingt eine Tugend von Politikern. Ausnahme: die jeweiligen Finanzminister. Natürlich. Denn es gehört zu ihrer Jobbeschreibung, dafür zu sorgen, dass Ausgaben und Einnahmen des Staates im Rahmen bleiben. Ein Gesetz wie die Schuldenbremse, die seit 2009 im Grundgesetz verankert ist, hilft einem Finanzminister, die Idee eines ausgeglichenen Haushalts zu verteidigen, ohne dies ausdrücklich noch einmal inhaltlich begründen zu müssen. Gesetz ist eben Gesetz. Christian Lindner, selbst ernannter „Last Man Standing“ in Sachen Haushaltsdisziplin, sieht sich in der Verantwortung, die schwarze Null zu retten. Schon aus Prinzip.

Und das ist das eigentliche Problem bei der ganzen Diskussion um eine Lockerung, Aufweichung oder Abschaffung der Schuldenbremse. Es geht allen Beteiligten nur um ihr Budget, nicht um die Sache. Als löbliche Ausnahme fällt Robert Habeck auf. Der Wirtschaftsminister will die Schuldenbremse lockern, um ein „kurzfristiges, aber wuchtiges Entlastungsprogramm“ für die Wirtschaft aufzulegen. Chapeau. Ausgerechnet der Mann, der an deutschen Stammtischen so oft als ahnungsloser Poet verspottet wird, hat offensichtlich als einziger erkannt, worum es geht und warum und wo es tatsächlich Sinn machen kann, die Schuldenbremse infrage zu stellen. Nämlich beim Thema Investitionen. Diese werden nämlich entweder vom Staat getätigt oder von ihm gefördert. Und das Ganze in der Regel auf Pump. Anders geht es nämlich nicht.

Dazu ein kleiner volkswirtschaftlicher Diskurs in Sachen Schuldenpolitik: Eine Neuverschuldung stetig auszuweiten, hat nichts mit unvernünftigem Haushalten zu tun, sondern ist durch unser Geldsystem technisch bedingt: All unser Geld wurde und wird durch Schulden erschaffen und durch den Zins in Fluss gehalten. John Maynard Keynes hat den Zins deshalb einmal treffend als „Prämie für den Verzicht auf Liquidität“ beschrieben. Was er damit meint: Durch den Zins ist es klüger, das Geld zu verleihen und zu investieren, als es unter dem Kopfkissen zu horten. Die Geldmenge einer Volkswirtschaft wächst daher ebenfalls stetig. Da es aber keinen Zins ohne Schuld gibt, muss die Gesamtverschuldung (Haushalte, Unternehmen plus Staat) einer Volkswirtschaft im selben Rhythmus wachsen. Die einzige Möglichkeit, in diesem System die Neuverschuldung des Staates nicht auszuweiten, ist es, Haushalte oder Unternehmen zu überzeugen, sich mehr verschulden. Hierzulande haben im Moment aber weder private Haushalte noch Unternehmen große Lust auf höhere Kreditaufnahme – den hohen Zinsen sei Dank. Und auf die Zinsen hat die Regierung keinen Einfluss. Was bleibt, ist also, als Staat einzuspringen und die öffentlichen Investitionen auszuweiten – oder den Unternehmen zusätzliche Investitionen durch Subventionen und/oder Steuererleichterungen schmackhaft zu machen. Das ist der Plan B, den Habeck fordert.

Denn staatliche Investitionen sind in Deutschland ein schwieriges Thema. Die Ausgaben Deutschlands für langlebige Güter wie Straßen, Schulen und Kindergärten, für Datennetze, die Reaktion auf den Klimawandel, den sozialen Wohnungsbau, die Gesundheitsversorgung und die Infrastruktur sind laut einer Studie der Europäischen Kommission deutlich geringer als in anderen entwickelten Ländern. Deutschland rangiert in der Eurozone nicht einmal im Mittelfeld. Selbst Griechenland investiert einen größeren Anteil seiner Gesamtausgaben in die eigene Infrastruktur. Von Schweden, das prozentual gemessen doppelt so viel Geld wie Deutschland ins eigene Land investiert, wollen wir erst gar nicht anfangen. Dass wir das hierzulande nicht hinbekommen, hat mehrere Gründe.

Einer davon ist, dass der Exekutive die Strukturen und die Fachkräfte fehlen. Unzählige Milliarden Euro für längst genehmigte Projekte dämmern deshalb in den Schubladen unserer öffentlichen Verwaltung vor sich hin. Ein anderer Hemmschuh ist die nahezu unglaubliche Überregulierung hierzulande, die wiederum auf zu wenige Fachkräfte in den Amtsstuben trifft und das Problem zusätzlich verschlimmert. Siehe oben. 

Ein weiterer Grund ist die Schuldenbremse. Wenn der Staat seine Power schon nicht selbst auf die Straße bringen kann, sollte er wenigstens Investitionsanreize schaffen. Und zwar ohne zu strenge Auflagen, die wieder zu mehr Bürokratie, langwierigen Genehmigungsverfahren und insgesamt höheren Verwaltungskosten führen und die Idee damit wieder ausbremsen würden.

Genau diese Zusammenhänge hat Robert Habeck erkannt. Und er steht damit nicht allein. Auch die OECD schlägt vor, dass die deutsche Regierung Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums ergreifen sollte, einschließlich einer Reform der Schuldenbremse, um Raum für Nettoinvestitionen zu schaffen. 

Und so erleben wir derzeit eine politische Diskussion, über die Außenstehende nur verwundert den Kopf schütteln können: Ein Minister von den Grünen streitet mit einem FDP-Minister darüber, ob es sich lohnen könnte, mithilfe eines Entlastungsprogramms die deutsche Wirtschaft anzukurbeln. Quizfrage: Von welchem der beiden Minister hätten Sie welche Position in der Diskussion erwartet?

Ausblick auf interessante Termine in dieser Woche

Am Dienstag treffen sich die EU-Finanzminister, um unter anderem über die Richtlinie zur schnelleren und sichereren Entlastung von überschüssigen Quellensteuern zu diskutieren. Außerdem soll über ein Paket zur Erhebung und Verwaltung der Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter beraten werden.

Am Mittwoch lädt das Deutsche Aktieninstitut zu einem Pressegespräch ein. Das Thema: „Altersvorsorgedepots. Erfolgreiche Modelle der Alterssicherung im internationalen Vergleich“. Ja, es gibt da sicherlich gute Beispiele. Blöd nur, dass wir in Deutschland in dieser Hinsicht kaum lernfähig sind. Die Art und Weise, wie die Idee einer kapitalgestützten Rente zerpflückt wurde, ist ein abschreckendes Beispiel dafür.

Am Donnerstag lädt die Deutsche Bank zu ihrer Hauptversammlung ein. Ein Ärger ist bereits vorprogrammiert. Die Bank verpflichtet ihre Aktionäre, Fragen bereits vorab einzureichen. Auf der Hauptversammlung, die online stattfindet, sind dann nur Nachfragen erlaubt sowie Fragen, die sich auf ganz neue Entwicklungen beziehen. Die Fondsgesellschaft Union Investment hat deshalb angekündigt, Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank nicht zu entlasten. Union Investment hält rund 0,6 Prozent der Deutsche-Bank-Aktien.

Am Freitag findet die erste Anhörung zum Abwicklungsantrag gegen den verschuldeten chinesischen Immobilienkonzern Country Garden statt. Der Bauträger muss sich in Hongkong gegen den Antrag auf Liquidation eines Gläubigers wehren, dessen Kredit in Höhe von 1,6 Milliarden Hongkong-Dollar der Konzern aus dem südchinesischen Foshan nicht bezahlt hatte. Country Garden ist durch seine Größe und die Anzahl der Immobilienprojekte ein wichtiger Entwickler in dem Sektor, der einen wichtigen Anteil an der chinesischen Wirtschaftsleistung hat. Es geht hier also nicht um eine Petitesse.

Diesen Beitrag teilen: