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Fotoausstellung

World Press Photo 2024 in Balingen: Ein Jahr Weltgeschichte im Zeitraffer

Balingen / Lesedauer: 3 min

Die besten Pressefotos der Welt zeigen das wahre Leben - seine grausamen wie seine großartigen Seiten. Jetzt sind die rund 125 Aufnahmen in Balingen zu sehen.
Veröffentlicht:16.05.2024, 17:00

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Lotomau Fiafia steht mit seinem Enkel John auf der Fidschi-Insel Kioa im Wasser. In seiner Kindheit, erinnert sich der 72-Jährige, verlief an dieser Stelle die Küstenlinie der kleinen Insel. Weil aufgrund des Klimawandels der Meeresspiegel steigt, ist die 500-Seelen-Gemeinde Salia Bay bedroht. Weder die Fischerei, noch die Landwirtschaft dürften hier eine Zukunft haben. Und die zunehmend erodierenden Küstenlinien haben zur Folge, dass die Bewohner und mehr als 600 Gemeinden in ganz Fidschi in den kommenden Jahren zur Umsiedlung gezwungen sein könnten.

Die Aufnahme, die der Pressefotograf Eddie Jim im August 2023 geschossen hat, ist eines von 125 Bildern, die die World-Press-Photo-Stiftung in Amsterdam zu den besten Pressefotos des vergangenen Jahres gekürt hat. Nun sind die Arbeiten, die die Jury aus mehr als 61.000 Bilder von rund 3800 Fotografen weltweit ausgewählt hat, in einer Wanderausstellung rund um den Globus zu sehen - etwa in London, Rom, Sydney und Rio de Janeiro. Und jetzt auch bereits zum fünften Mal in Balingen (Zollernalbkreis).

Fotografien sind ein Abbild der Realität

2019 war es dem damaligen Leiter der örtlichen Volkshochschule erstmals gelungen, die renommierte Ausstellung in die Stadt zu holen. Sie lockt seither jedes Jahr mehrere Tausend Besucher in die Stadthalle. Weltweit erreichen die „WPP“-Ausstellungen ein Millionenpublikum. Die Bilderschauen sind ein Abbild der Realität, sie sind Zeugnis von Krieg und Leid, aber nicht nur: Auch herausragende Sport- oder Naturaufnahmen haben es in den vergangenen Jahren immer wieder unter die Siegerfotos geschafft. Und auch in diesem Jahr zeigt die Ausstellung die Schönheit der Natur. Auf den Stellwänden in der Balinger Stadthalle finden sich beispielswiese die preisgekrönten Aufnahmen von Jaime Rojo, der mit der Kamera Monarchfalter dokumentiert, die in Minnesota sogar Touristen anlocken.

Zu den besten Pressefotos der Welt wurden in diesem Jahr ebenso die Arbeiten zweier deutscher Fotojournalisten gekürt. Johanna Maria Fritz erhielt für ihre Fotos aus der Ukraine den World Press Photo Award in der Kategorie „Europe Stories“. Und Daniel Chatard schaffte es unter den europäischen Langzeitprojekten auf Platz 1: Der in Heidelberg geborene Fotograf dokumentierte über Jahre hinweg den Braunkohleabbau im Rheinland sowie den Widerstand dagegen.

Pressefoto des Jahres: ein Fanal gegen Krieg

Und freilich ist auch das Pressefoto des Jahres in Balingen angekommen: Auf dem Foto hält die Palästinenserin Inas Abu Maamar ihre im Israel-Gaza-Krieg getötete Nichte Saly in den Armen. Die Aufnahme von Mohammed Salem wurde beim diesjährigen World Press Photo Award zum Siegerfoto des gesamten Wettbewerbs gekürt. Es ist ein gleichermaßen bedrückendes wie preiswürdiges Fanal gegen Krieg.

Ein in den vergangenen Jahren wiederkehrendes Thema unter den preisgekrönten Aufnahmen sind die Migrationsströme in Richtung der USA. In diesem Jahr wurde der Fotograf Alejandro Cegerra für ein Langzeitprojekt ausgezeichnet, in dem er den oft gefährlichen Weg durch Mexiko an die amerikanische Grenze dokumentiert hat - die Aufnahmen zeigen, wie Menschen Flüsse durchqueren, sich auf Güterzügen fortbewegen oder versuchen, Grenzzäune zu überwinden.

Die Ausstellung wird von einem Rahmenprogramm begleitet, das der Balinger „Zollern-Alb-Kurier“ veranstaltet. Unter anderem ist der Preisträger Daniel Chatard in Balingen zu Gast, der von seiner Arbeit im Rheinland berichten wird. Persönliche Einblicke in ihre Zeit in türkischer Gefangenschaft wird die Journalistin Meşale Tolu geben, die heute als Lokalredakteurin bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Biberach arbeitet.


dauert bis 9. Juni