"Ein guter Sommer" – eigentlich sind es nur ein paar Tage. Ein paar Tage, in denen sich drei Menschen begegnen, die sich nie begegnet w�ren, wenn nicht einer von ihnen mit geradezu infantiler Penetranz die N�he gesucht h�tte. Edward Bergers Fernsehfilm ist wie ein „kleiner“ Kinofilm erz�hlt – ausschnitthaft, elliptisch, sprunghaft. Es ist eine bitters��e Tragikom�die �ber Freundschaft, Liebe, Krankheit, Tod. Die Montage gibt den Ton an – nicht der so fernsehtypische fr�h ausgegebene Spannungsbogen. Transzendenz dominiert in „Ein guter Sommer“ �ber kleinm�tigem TV-Abbildrealismus. Und Andreas Schmidt, J�rdis Triebel und Devid Striesow k�nnte man stundenlang bei ihrem Beziehungsalltag zuschauen.
Foto: HR / Johannes KriegSeine letzte Nacht? Der Sprung vom Hoteldach misslingt Andi (Andreas Schmidt).
Andi ist schlecht drauf. Er gibt seinen Job als Reisebusfahrer auf. Nachdem auf der letzten Tour ein Sprung vom Dach des Hotels kl�glich scheitert, entscheidet er sich, weiter zu leben: „Ich w�rde gern was mit Menschen machen“, sagt er dem freundlichen Herrn bei der Arbeitsagentur. Es wird ihm gelingen. Bei seinem Job in der Putzkolonne lernt er Frieder kennen. Der gibt sich abweisend – bis ihn die Nachricht vom Tod seiner Frau aus dem Gleichgewicht wirft. Das ist Andis Chance. Jetzt kann er helfen. Zwar geht Frieder nach wie vor die Aufdringlichkeit des Kollegen auf die Nerven – aber schlie�lich „ergibt“ er sich. Anstrengend findet auch Hanna, die Frau vom psychologischen Dienst, den in seiner Hilfsbereitschaft so naiv wirkenden Mann, der sie bombardiert mit Nachrichten und Anrufen. Aber auch sie erliegt seinem geradezu kindlichen Werben. Finanzielle Sorgen gibt es erst mal keine. Frieders Frau hatte kurz vor ihrem Unfalltod geerbt. Nun erbt Frieder eine Luxus-Wohnung an der Frankfurter Oper. Und Hanna hat die Schl�ssel zu einem gro�b�rgerlichen Landhaus. Die drei verbringen zwei Tage in einem Idyll, das sich bald als tr�gerisch erweist.
Soundtrack: Beyonc� ("Halo"), Rockpilot ("Achtung, Achtung"), Ideal ("Hundsgemein"), Lily Allen ("Fuck You"), Rosie Thomas ("Say hello")
Von einem „guten Sommer“ k�ndet der Titel von Edward Bergers Tragikom�die. Eigentlich sind es nur ein paar Tage. Ein paar Tage, in denen sich drei Menschen begegnen, die sich nie begegnet w�ren, wenn nicht einer von ihnen mit geradezu infantiler Penetranz die N�he gesucht h�tte. Dass jener Andi so bedingungslos um Zuneigung baggert, das hat gute Gr�nde, tragische Gr�nde. Bis zur Aufkl�rung sieht man einem vom Schicksal gezeichneten Trio zu, das nicht aufgibt, zu leben, zu lieben, alte Sehns�chte zu stillen, ausgelassen und ein bisschen verr�ckt zu sein. Die drei suchen nach dem unbeschwerten Gl�ck. Und doch liegt latenter Schmerz auf der Szenerie. Diesen drei Menschen kann das Gl�ck auf Dauer nicht hold sein.
Foto: HR / Johannes KriegHat der Kellner tats�chlich "gn�diger Herr" gesagt?! Striesow, Triebel und Schmidt
Soundtrack: Spa� haben die drei auch zu "Hundsgemein" von Ideal (Live 1981)
„Ein guter Sommer“ ist ein Fernsehfilm, der wie ein „kleiner“ Kinofilm erz�hlt ist – ausschnitthaft, elliptisch, sprunghaft. Berger und Schenk erz�hlen eine bitters��e Beziehungsgeschichte mit bekannten Motiven: Selbstmordversuch, Todesfall, Seitensprung, Erbschaft, Freundschaft, eine neue Liebe, Krankheit, Tod. Doch sie strukturieren ihre Geschichte nicht linear, erkl�ren nicht alles mit Worten. Der Schnitt gibt den Ton an – nicht der von einer funktionalen Geschichte fr�h ausgegebene Spannungsbogen. Die Figuren emanzipieren sich aber nach und nach von der m�chtigen Montage – aus den Charakteren werden Menschen, Individuen, die situativ, nackt, "wesentlich" vor einem stehen, ohne Gef�hlsverst�rker. Andreas Schmidt als der tragische Held, einer, der nichts mehr zu verlieren hat, J�rdis Triebel als weibliche Wucht mit hoher Sensibilit�t und Devid Striesow als Single, der noch einmal aufzuleben scheint – das ist ein Trio, bei dessen Beziehungsalltag man stundenlang zuschauen k�nnte. Auf diesen Gesichtern gibt es so viel mehr zu sehen, als in den durch krimihafte Dramaturgien final zugerichteten Physiognomien. Transzendenz dominiert in „Ein guter Sommer“ �ber kleinm�tigem TV-Abbildrealismus. Dass der Witwer Frieder so bereitwillig mitfeiert, dass die Zeit zu dritt ohne die Buchidee von der Erbschaft kaum m�glich w�re – wen st�rt das schon!? Begegnung ist alles. „Ein guter Sommer“ erz�hlt von M�glichkeiten. Und schlie�lich von der Unm�glichkeit anhaltenden Gl�cks.
Foto: HR / Johannes KriegAndi lernt das Loslassen. Einfach nur Fernsehgucken... Schmidt, Striesow, Triebel
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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